Die Schauspielerin Olga Engl gehörte zu den vielbeschäftigten Darstellerinnen der Stummfilm-Ära, fand auch im Tonfilm mit prägnanten Nebenrollen ihren Platz. Im Laufe ihrer Karriere als Filmschauspielerin  wirkte sie in über 200 Kino-Produktionen mit.
Geboren am 30. Mai 1871 als Tochter eines Rechtsanwalts in der damals zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn1) gehörenden Stadt Prag1) (heute Hauptstadt von Tschechien1)), wurde sie in einem Kloster der Ursulinen1) erzogen, später nahm sie bei Anna Viersing-Hauptmann2) (1834 – 1896) am "Prager Konservatorium"1) dramatischen Unterricht. Ihr Bühnendebüt gab sie im August 1887 mit der Rolle des unschuldigen Mädchens Bertha in dem Schiller-Drama "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1) am Prager "Deutschen Theater"1), zur darauffolgenden Spielzeit wechselte sie an das "Stadttheater Danzig"1), gab dort ihren Einstand mit der Rolle der Emma in dem Lustspiel "Doktor Klaus" von Adolph L'Arronge1). Zwischen 1889 und 1892 trat sie an Berliner Bühnen auf, wirkte dann bis1895 am "Königlichen Hof- und Nationaltheater"1) in München, wo sie mit der Titelrolle in dem Stück "Frou Frou" von Ludovic Halévy1) und Henri Meilhac1) debütierte. Anschließend folgte sie einem Ruf an das Hamburger "Thalia Theater"1) und zeigte sich dort erstmals mit dem Part der Königin Anne1) (Anna) in dem Lustspiel "Das Glas Wasser"1) von Eugčne Scribe1). 1897 nahm sie ein Engagement in Hannover an, spielte am "Deutschen Theater" bzw. "Residenz-Theater"1).

Olga Engl in der Wiener Zeitschrift
"Der Humorist"1) (10.11.1893, 13. Jahrg., Nr. 32)
Quelle: Wikimedia Commons; Urheber: Jan Vilímek1) (1860–1938);
digitalisiert von der Österreichischen Nationalbibliothek;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Olga Engl in der Wiener Zeitschrift "Der Humorist" (10.11.1893, 13. Jahrg., Nr. 32); Quelle: Wikimedia Commons; Urheber: Jan Vilímek1) (1860–1938); digitalisiert von der Österreichischen Nationalbibliothek; Lizenz: gemeinfrei
Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Von ihrer ersten Rolle, der "Gräfin Fritzi" (Anm.: Lustspiel von Oskar Blumenthal1)) angefangen, bis zum heutigen Tag wußte sie sich die erworbenen Sympathien voll und ganz zu erhalten und unterstützt von einer einnehmenden, sympathischen Erscheinung gilt diese talentvolle Künstlerin als eines der beliebtesten Mitglieder dieser Bühne, wird vom Publikum verwöhnt und von der Kritik stets an erster Stelle genannt. Die Rollen der eleganten Salondame1) im französischen wie deutschen modernen Stück gelingt ihr nicht minder, wie die Heldinnen des realistischen Schauspiels. Engl ist ebenso vortrefflich als Clara in "Über unsere Kraft" (Anm.: von Bjřrnstjerne  Bjřrnson1)), als Magda in "Heimat" (Anm.: von Hermann Sudermann1)) und "Theodora" (Anm.: "Theodora von Alexandrien" von Ferdinand Bannenberg; 1858–?) wie als frische naturwahre "Rösslwirtin" (Anm.: "Im weißen Rößl", Lustspiel von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg1)). Sie weiß ihre Gestalten völlig lebensecht hinzustellen und den verschiedenartigsten Ansprüchen an ihre Charakterisierungsfähigkeit zu genügen. In Konversationspartien erfreut diese vortreffliche Darstellerin durch Leichtigkeit und Gewandtheit."
Unter anderem feierte Olga Engl zur Spielzeit 1903/04 auch mit der Figur der Leontine von Breitenbach in dem Schwank "Liebesmanöver" von Curt Kraatz (1856 – 1925) und Freiherr von Schlicht1) Erfolge → karlheinz-everts.de
Als das "Berliner Theater"1) im Juni 1904 ein Gastspiel am "Theater des Westens"1) mit Franz von Schönthans1) und Freiherr von Schlichts Militärschwank "Im bunten Rock" gab, in dem Olga Engl die Missis Anny Clarkson darstellte, notierte die Berliner Mittagszeitung "Das Kleine Journal" (06.06.1904) unter anderem: "Das Publikum amüsierte sich vortrefflich und nach dem zweiten Akt konnte Freiherr v. Schlicht sich dankend verneigen. Für die Aufführung, die sich sehr flott abspielte, war nur die Akustik des Hauses schädlich, die alle Mitwirkenden zwang, einen höchst lärmenden Wettkampf ihrer Lungenkraft auszufechten. Und die Herrschaften vom "Berliner Theater" haben alle merkwürdig kräftige Lungen. Auch Olga Engl vom "Deutschen Theater" in Hannover, die die Missis Clarkson spielte, mußte sich wohl oder übel an diesem Wettstreit beteiligen. Vielleicht erhielt ihre Leistung nur dadurch stellenweise eine etwas allzu derbe Färbung. Im übrigen wirkte die Dame in jeder Weise erfreulich. Frau Engl ist eine interessante Erscheinung und mit kluger Liebenswürdigkeit und sicherem Humor wußte sie nicht bloß dem Dialekt, sondern der ganzen Rolle die hübschesten Wirkungen abzugewinnen. Sie wurde dafür mit Recht durch lebhaften Beifall auch bei offener Szene ausgezeichnet." (Quelle: karlheinz-everts.de)
Olga Engls Domäne war anfangs das Fach der jugendlichen Heldin und Salondame in verschiedenen Komödien, wie beispielsweise 1917 am "Berliner Theater" in der Schwank-Operette "Die tolle Komtess"3) von Rudolf Bernauer1) und Rudolf Schanzer4) mit der Musik von Walter Kollo1). Dass sie jedoch nicht nur im heiteren, sondern auch im ernsten Fach zu überzeugen wusste, bewies sie beispielsweie als Henriette Flamm in dem Drama "Rose Bernd"1) von Gerhart Hauptmann1) oder mit Rollen in Dramen von Henrik Ibsen1): So gestaltete sie im Februar 1898 in Hannover die Ella Rentheim in "John Gabriel Borkman"1) an der Seite von Protagonist Friedrich Holthaus1) (→ ibsenstage.hf.uio.no) und im Oktober 1899 unter der Regie von Hermann Haack1) die Christine Linde1) in "Nora oder Ein Puppenheim"1) mit Agnes Sorma1) in der Titelrolle der Nora  Helmer1) → ibsenstage.hf.uio.no. Seit Ende Januar 1913 erlebte man sie am "Theater in der Königgrätzer Straße"1) in einer Inszenierung von Rudolf Bernauer1) als Mutter des jungen Vikars Brand (Ludwig Hartau) in dem Schauspiel "Brand"1) (→ ibsenstage.hf.uio.no), später im Rahmen von Gastspielen (1937) als Fräulein Juliane Tesman in "Hedda Gabler"1) an der Seite von Hilde Hildebrand als Hedda (Regie: Carl-Heinz Klubertanz1); → ibsenstage.hf.uio.no.

Olga Engl vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929)
Quelle: Wikipedia; Photochemie-Karte Nr. 1621
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier

Olga Engl vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: Wikipedia; Photochemie-Karte Nr. 1621; Lizenz: gemeinfrei

Anfang der 10er Jahre des vergangenen Jahrhundert wandte sich Olga Engl der noch in den Kinderschuhen steckenden Kinematographie1) zu, ihren nachweislich ersten Auftritt hatte sie 1911 in dem von Adolf Gärtner1) gedrehten kurzen Streifen "Das Adoptivkind", in dem auch der spätere "Topstar" Henny Porten mitwirkte, mit der sie noch öfter vor der Kamera stand. In dem von Carl Froelich1) in Szene gesetzten Historienfilm "Richard Wagner"1) (1913) verkörperte sie an der Seite von Giuseppe Becce1) als Komponist Richard Wagner1) dessen spätere zweite Ehefrau Cosima Wagner1), zeigte sich in den kommenden Jahren in zahllosen stummen Melodramen, Abenteuern, Komödien oder Kriminalgeschichten und avancierte zur unverzichtbaren Nebendarstellerin. Sie deckte die ganze Palette der Mütter, Großmütter und Tanten ab, vornehmlich mimte sie bis ins hohe Alter Frauen von adeligem Geblüt wie Fürstinnen, Herzoginnen und Gräfinnen. Den Höhepunkt ihrer Karriere als Filmschauspielerin bildete zweifellos der Stummfilm, wo sie unter der Regie so legendärer Filmemacher wie Joe May1) (1919: "Veritas vincit"1)), Friedrich Wilhelm Murnau1) (1922: "Der brennende Acker/Phantom"1)/"Phantom"1)) oder Arthur Robison1) (1926: "Manon Lescaut"1)) mit prägnanten Frauenfiguren besetzt wurde.

Zu ihren letzten Arbeiten für den Stummfilm zählte die Adaption "Die seltsame Vergangenheit der Thea Carter"1) (1929) nach dem Theaterstück "The House of Glass" von Max Marcin (1879 – 1948) und George M. Cohan1) mit June Marlowe1) als Thea Carter, deutlich jüngere Ehefrau von Direktor Carter (Olaf Fönss), wo sie als Großmutter Carter in Erscheinung trat → Übersicht Stummfilme.
  
Im Tonfilm konnte sie sich Olga Engl trotz des vorgerückten Alters behaupten. So mimte sie unter anderem die Großmama in Gerhard Lamprechts1) Verfilmung "Emil und die Detektive"1) (1931) nach dem gleichnamigen Jugendroman1) von Erich Kästner1) mit Rolf Wenkhaus1) als Emil Tischbein, zeigte sich als Mutter des Severin Anderlan (Luis Trenker; auch Regie) in dem Historienstreifen "Der Rebell"1) (1932) oder als Tante der Ilona Paulus (Zarah Leander) in der Boulevard-Komödie "Der Blaufuchs"1) (1938) nach dem Bühnenstück "A kék róka" von Ferenc Herczeg1). Zu den letzten Leinwandauftritten der inzwischen über 70-Jährigen gehörten der Krimi "Dr. Crippen an Bord"1) (1942) mit ihrem Part der alten Nachbarin des Mörders Dr. Frank Crippen ( Rudolf Fernau) sowie das Melodram "Das alte Lied"1) (1945) nach Motiven aus den Romanen "Stine"1) und "Irrungen, Wirrungen"1) von Theodor Fontane1), in dem sie als die Generalin in Erscheinung trat → Übersicht Tonfilme.

Olga Engl vor 1929
Urheber: Alexander Binder1) (1888 – 1929);
Quelle: Wikimedia Commons;
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Olga Engl vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888–1929); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei
Neben ihrer umfangreichen Arbeit vor der Kamera blieb Olga Engl stets der Bühne treu, trat noch bis kurz vor ihrem Tod an Berliner Theatern auf. Besonders am "Theater in der Behrenstraße"1), am "Renaissance-Theater"1), am "Komödienhaus"1) sowie zuletzt an der "Tribüne"1) war sie ein gern gesehener Gast. So wirkte sie beispielsweise Mitte der 1930er Jahre am "Renaissance-Theater" unter anderem neben Hilde Körber und Hilde Hildebrand in der Gesellschaftskomödie "Lady Windermeres Fächer"1) von Oscar Wilde1) in einer Inszenierung des damaligen Direktors (1933–1943) Alfred Bernau1) (1879 – 1950) mit.
  
Olga Engl starb am 21. September 1946 im Alter von 75 Jahren in Berlin; über ihr Privatleben ist nichts bekannt.

Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch
*) Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert" (Verlag von Paul List, Leipzig 1903, S. 232/233)
→ digitalisiert Textarchiv – Internet Archive)
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Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei "The German Early Cinema Database
(Fremde Links: filmporta..de, Wikipedia, Murnau Stiftung, cyranos.ch; R = Regie)
Stummfilme (Auszug Tonfilme
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