Er begann als
Eleve am Schweriner Hoftheater, sammelte weitere Erfahrungen an
Provinzbühnen sowie in Hamburg, Halle und Breslau, kam dann 1911
nach Berlin, wo er bis 1919 an verschiedenen Theatern tätig war und
sich vor allem in französischen Komödien bewährte. Stationen seiner
Zeit in Berlin waren das Residenztheater (1911 1913), bis 1915 stand
er am Lessingtheater auf der Bühne, wechselte dann für zwei Jahre an
das Deutsche Künstler-Theater, ging dann bis 1919 an die Meinhard-Bernauer-Bühnen.
In Berlin war bereits 1911 der Schauspieler und Regisseur Curt A. Stark
(1880 1916), der ein Jahr später erster Ehemann der Stummfilmlegende
Henny Porten (1890 1960) wurde, auf den Schauspieler aufmerksam
geworden. Stark war bei der vom Filmpionier Oskar
Eduard Messter1) (1866 1943) gegründeten
"Messters Projektions GmbH" tätig und verschaffte
Mierendorff eine Rolle in Adolf Gärtners stummen Streifen "Das
Adoptivkind" (1911) an der Seite von Henny Porten. Im gleichen
Jahr kam die Liebestragödie "Der fremde
Vogel"1) von Regisseur Urban Gad mit Asta Nielsen
als Miss May in die Lichtspielhäuser, Mierendorff spielte den Vater
Sir Arthur Wolton, wurde in verschiedenen anderen Dramen mit ähnlichen
Figuren besetzt und mimte meist elegante, distinguierte Herren, oft mit
englischen Flair, Gutsbesitzer, Adlige, hohe Militärs aber auch
Detektive und Schurken gehörten zu seinem Repertoire.
Foto: Hans Mierendorff vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder1) (1888 1929)
Quelle: Wikipedia;
Photochemie-Karte (Ausschnitt)
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
 |
 |
Eine enge Zusammenarbeit ergab sich mit Regisseur und Drehbuchautor Joe May1), der
Mierendorff in zahlreichen Produktionen besetzte.
Beispielsweise mimte er den Fürst Heinz von der Esche in dem
Melodram "Ein
einsam Grab"1) (1916), den Intendanten Hans von Wengraf
in der Tragödie "Hilde Warren und der Tod"1) (1917),
den Brauereibesitzer Ralph O'Donell in "Ehre"2) (1917) oder den
schurkischen Baron Murphy in dem Achtteiler "Die
Herrin der Welt"1) (1919/20).
Große Popularität erlangte Hans Mierendorff mit der Titelfigur des
Detektivs Harry Higgs und reihte sich damit in die beliebten
Detektivserien der 1920er Jahre um Stuart Webbs (gespielt
von Erfinder Ernst Reicher3)),
Joe Deebs
(gespielt von Max Landa3),
Ferdinand
von Alten3), Carl Auen3)),
Rat Anheim (gespielt von Carl Auen)
und Joe Jenkins (verschiedene Darsteller) ein.
1916 hatte der Regisseur und Drehbuchautor Ewald André Dupont1) (1891 1956) sein erstes Drehbuch für den
"Harry Higgs"-Krimi1)
"Mein
ist die Rache"1) verfasst, unter der Regie von
Rudolf Meinert1)
entstanden bis 1920 etliche weitere Filme der Reihe. Mierendorff
gab den Londoner Gentleman- und Meisterdetektiv Harry Higgs in
Streifen wie "Die
Fußspur"1) (1917), "Der Saratogakoffer"1) (1917), "Die sterbenden Perlen"1) (1918),
"Nur um tausend Dollar"1)
(1918) oder "Der Wüstendiamant"1) (1918).
Bei "Halloh. Hier Harry Higgs, wer dort?" führte ein
Unbekannter Regie, die letzte Geschichte "Der Mann im Nebel"1) (1920)
wurde von Mutz Greenbaum1) in Szene gesetzt.
Foto: Hans Mierendorff vor 1929
Urheber bzw. Nutzungsrechtinhaber: Alexander
Binder1) (1888 1929)
Quelle: www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier
|
1919 gründete Mierendorff die "Lucifer-Film GmbH", fungierte
bis zum Verkauf der Firma im Jahre 1923 auch als künstlerischer Leiter
und führte selbst Regie. Es entstanden vor allem Abenteuer- und Kriminalfilme,
aber auch Literaturadaptionen wie "Die
Teufelskirche"1)
(1919) in denen der Schauspieler die Hauptrolle übernahm. In nachhaltiger
Erinnerung bleibt er wohl mit seiner Doppelrolle des Archäologen Prof. Olaf Bruhn
bzw. des Globetrotters Erik Olthov in Urban Gads Drama "Ich bin Du" (1921):
"Ein seltsam-tragisches Geschehnis in 5 Akten" nennen Ludwig Marr und James Bauer ihr Manuskript,
das als erster
"Lucifer-Film" mit Hans Mierendorff in das Kino gekommen ist. (
) Professor Bruhn,
der berühmte Ägyptologe, hat einen Doppelgänger; Erik Althov ist Globetrotter, ein Mann mit
einem weiten Herzen. Eine jäh entfachte Leidenschaft zur Gattin des Forschers treibt
ihn zum Verbrechen. In der neuentdeckten Grabkammer des Amasis überrumpelt
er ihn, nimmt ihm die Papiere, verlässt ihn als scheinbar
Toten und übernimmt, dank der auffallenden Ähnlichkeit, seine
Rolle im Leben. Nur den Instinkt der Gattin und des Kindes kann er
nicht täuschen, und so war sein Verbrechen umsonst. Gewissensangst martert
ihn, aber er spielt seine Rolle weiter, bis der Totgeglaubte wiederkehrt.
Niemand erfährt von dem seltsamen Vorgang selbst Frau Bruhn nicht.
Der an seinem eigenen Wagnis zerschellte Althov findet den Tod im Hochgebirge. (
) Darstellerisch
beherrscht die Handlung Hans Mierendorff, der die beiden von ihm gespielten Rollen
von der ersten bis zur letzten Szene in einheitlicher Charakterisierung durchführt;
nirgends von der Starrheit, die schon manchesmal bei ihm störte, sondern lebensvoll,
stellenweise mit überraschenden Nuancen.
(Quelle: Lichtbild-Bühne, Nr. 5, 29.1.1921)
Mit Beginn des Tonfilm konnte sich Mierendorff nur noch in Nebenrollen
auf der Leinwand beweisen, zu seinen bekanntesten Rollen zählen
beispielsweise der Kammerherr von Treskow in dem Historienfilm "Fridericus"1) (1937, mit Otto Gebühr),
der Old Shatterhand in dem Albers-Abenteuer
"Wasser
für Canitoga"1) (1939), der irische Patriot O'Morrow
in dem Spionagedrama "Der
Fuchs von Glenarvon"1) (1940) oder der Rechtsanwalt Wetterkopp
in "Frau über Bord"2),
eine 1944 von Wolfgang Staudte
gedrehte Komödie, die erst 1952 unter dem Titel "Das Mädchen Juanita"1)
in die Kinos kam.
Danach zog sich der Schauspieler vom Filmgeschäft zurück und betrieb
im Ostseebad Scharbeutz eine Fremden-Pension.
Hans Mierendorff starb am 26. Dezember 1955 im Alter von 73 Jahren im
holsteinischen Eutin. Er war seit 1903 mit der Malerin Gertrud Schmidt
verheiratet, nach der Scheidung ehelichte er 1923 die Sängerin und Schauspielerin
Hertha Katsch, mit der er auch vereinzelt vor der Kamera stand; aus der
Verbindung stammte der gemeinsame Sohn Klaus (1923 1966). In dritter
Ehe war Hans Mierendorff seit 1940 mit der Schwester seiner zweiten
Frau, Antonie Katsch, verheiratet.
|