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Der Schauspieler Rudolf Lettinger wurde am 26. Oktober 1865 in
Hamburg geboren. Ludwig Eisenberg1) (1858 1910) schreibt
in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Er
ist ein Theaterkind und scheint von seinen Eltern die
Vorliebe für den Schauspielerstand geerbt zu haben. Von Kindesbeinen
lockten ihn die Bretter, allein als er einst mit der Bitte hervortrat,
in Kinderrollen auftreten zu dürfen, wurde ihm dies von seinem
Vater aufs Strengste untersagt."
Nach dem Besuch der Schule musste Lettinger auf Geheiß des Vaters in
Hamburg eine Lehrstelle in einem Kaufmannsgeschäft antreten, den
Plan, Schauspieler zu werden hatte der junge Mann jedoch nicht
aufgegeben. Schon während der Lehrzeit studierte er verschiedene Rollen
ein, am 2. März 1883 war es dann so weit und Lettinger gab im schleswig-holsteinischen
Eckernförde als Bandit Kosinsky in Schillers
"Die
Räuber"1) sein Bühnendebüt. Mit dem Segen seiner Eltern
begann nun eine erfolgreiche Karriere als Schauspieler, ein erstes
Engagement erhielt er 1884 in Detmold, wechselte im darauffolgenden
Jahr nach Heidelberg, um danach drei Jahre lang am Stettiner
"Stadttheater" im Fach des jugendlichen Helden und Liebhabers
das Publikum zu erfreuen.
Weitere Theaterstationen wurden Magdeburg (1890), Nürnberg (1891/92) und Zürich (1893), bei einem mehrjährigen Engagement am
"Großherzoglichen Hoftheater" in Oldenburg (heute "Oldenburgische
Staatstheater"1)) gelang ihm
dann der Wechsel in das jugendliche Charakterfach.
Rudolf Lettinger, um 1917 fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 1943)
Quelle: www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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"Lettinger hat Temperament, natürlichen Scharfblick, einsichtiges
Verständnis, macht gute Figur, ist ein trefflicher Sprecher, ein denkender
Künstler und besitzt Kraft der Empfindung, die an die besten Vorbilder
gemahnt. Alle diese Eigenschaften wurden am "Großherzoglichen Hoftheater"
vollinhaltlich anerkannt und daher sein Scheiden (1897) aufrichtig
bedauert." notiert Eisenberg*). Von 1897 bis 1901
stand Lettinger am Breslauer "Stadttheater" auf der Bühne, kam dann 1901 nach Berlin
an das "Schillertheater". Später wirkte er auch an der
"Volksbühne", spielte unter anderem im Oktober 1918 in Ludwig Bergers Shakespeare-Inszenierung "Maß für Maß"
und in Ibsens "Komödie der Liebe" (Regie: Guido Herzfeld). Mehrfach arbeitete er
mit dem legendären Max Reinhardt zusammen, besonders gerühmt wurden seine Darstellungen des
Reichsvogts Hermann Gessler in Schillers "Wilhelm Tell"1) sowie
die Verkörperung des
"Cyrano de Bergerac" in dem gleichnamigen
romantisch-komödiantischen Versdrama1) von Edmond Rostand.
Anfang der 1910er Jahre kam der inzwischen über 45-jährige Rudolf Lettinger
zum aufstrebenden Medium Film und trat erstmals 1912 in dem von der Berliner "Deutsche Bioscop GmbH"
produzierten kurzen Streifen "Das Geheimnis von Monte Carlo"2)
auf der Leinwand in Erscheinung. Der Theaterschauspieler konnte sich
rasch in der Stummfilmszene etablieren, ab 1915 gehörte er zu den
vielbeschäftigten Darstellern der Branche, der gerne als hochgestellte
Persönlichkeit, aber auch komischer Alter besetzt wurde. Lettinger spielte in
etlichen Produktionen mit, die heute zu den Meisterwerken jener Ära zählen,
beispielsweise unter der Regie von Fritz Lang den Tempeldiener Karan in dem
Drama "Harakiri"1) (1919) und den Diamantenkönig
John Terry in dem zweiteiligen Abenteuer "Die
Spinnen"1) (1919). Für Joe May mimte er den Detektiv Hunt
in dem 8-Teiler "Die
Herrin der Welt"1) (1919) und auch in Robert Wienes, als Meilenstein der
Filmgeschichte geltenden
expressionistischem Stummfilm "Das
Cabinet des Dr. Caligari"1) (1920) gehörte er als Sanitätsrat Olfers zur Besetzung.
Rudolf Lettinger, fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 1943)
Angaben zur Lizenz siehe hier
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Es folgten Rollen beispielsweise als Klosterbruder Bonafides in
Manfred Noas, lange Zeit als verschollen geltenden Lessing-Adaption "Nathan
der Weise"1) (1922), als Kutscher Grobleben in
Gerhard Lamprechts ersten Verfilmung von
Thomas Manns Roman "Buddenbrooks"3) (1923) oder als
Generalkonsul Mertens in Erich Schönfelders Drama "Gehetzte Menschen"2) (1924), unter anderem mit Hans Albers.
Gerhard Lamprecht besetzte ihn als Orts-Schulzen Merkel
in seiner Sudermann-Verfilmung "Der Katzensteg"3) (1927), in der
deutsch-schweizerischen Gemeinschaftsproduktion "Petronella"1) (1927) zeigte
sich Lettinger als Vater der tapferen Kämpferin Pia Schwiek (Maly Delschaft)
und in dem ersten "Fußballfilm" mit dem Titel "Der
König der Mittelstürmer"1) (1927) als Jacob Meelig, Fabrikant und Vorsitzender des "FC Alemannia".
Einen prägnanten Part hatte er als Luthers Vater in Hans Kysers Historienfilm
"Luther Ein Film der deutschen Reformation"1) (1928) mit
Eugen Klöpfer als Reformator Martin Luther1). Eine der letzten
Arbeiten Lettingers für den Stummfilm war die Figur des Kahnführers Schulze
in dem Drama "Freiheit in Fesseln"3) (1930)
mit dem Untertitel "Bewährungsfrist".
Obwohl Lettinger als renommierter Theaterschauspieler sprachlich versiert war,
endete seine filmische Karriere mit dem Aufkommen des Tonfilms. Nach kleineren
Auftritten in eher zu vernachlässigenden Produktionen sah man ihn in Gerhard Lamprechts Kästner-Verfilmung "Emil
und die Detektive" (1931) letztmalig auf der Leinwand, wo er einen
Polizeipräsidenten spielte.
Rudolf Lettinger starb am 21. März 1937 im Alter von 71 Jahren in
Berlin-Schöneberg; er war bis 1916 mit seiner Kollegin Maria Wendt1)
(auch Marie; 1876 1961) verheiratet, die unter anderem bis 1901 ebenfalls am Breslauer "Stadttheater" auftrat.
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Quelle (unter anderem*)):
Wikipedia,
www.cyranos.ch
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*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903);
Digitalisiert: Rudolf
Lettinger: S. 595/596
Link: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung, 3) filmportal.de
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Willinger): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre
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