Ernst Rückert gehörte zu den Filmpionieren bzw. Schauspielern der ersten Stunde, wirkte zwischen 1910 und 1930 in mehr als 140 stummen Produktionen mit, von denen etliche heute als verschollen gelten. Trotz dieser beeindruckenden Filmografie ist er in Vergessenheit geraten und heute kaum noch ein Begriff. Geboren am 20. Dezember 1886 in Berlin als Anton Ernst Rücker (= ohne t), begann Rückert seine Karriere 1908 auf der Theaterbühne. Bevor er 1910 zurück in seine Geburtstadt kam und ein Engagement am ehemaligen Berliner "Luisen-Theater" in Kreuzberg antrat, wirkte er an Häusern in der Provinz, unter anderem in Bleicherode (Thüringen), Königsberg und Kiel.
In Berlin kam Rückert mit der aufstrebenden Kinematografie in Berührung und wurde von der "Deutschen Mutoskop- und Biograph GmbH" als Partner von Frida Richard1) für die von Charles Decroix in Szene gesetzte kurze Ludwig Anzengruber-Adaption "Das vierte Gebot" (1910) mit dem Untertitel "Du sollst den Vater und die Mutter ehren" engagiert. Rasch etablierte sich Anton Ernst Rückert, wie er den ersten Jahren meist auf den Besetzungslisten geführt wurde, in der Stummfilmszene und trat nun überwiegend mit Hauptrollen in den Melodramen und Abenteuern jener Ära auf der Leinwand in Erscheinung. Der gut aussehende junge Mann spielte unter anderem 1911 neben Henny Porten und Friedrich Zelnik in dem Kurzfilm "Das Glöckchen des Glücks"2) (Regie: Adolf Gärtner) einen Königssohn, an der Seite von Eva Speyer in dem Drama "Zweimal gelebt" (1912; Regie: Max Mack) den Geliebten einer Frau, die einen tödlichen Autounfall vortäuscht, um mit dem Geliebten ein neues Leben zu beginnen → verleihfilme.deutsche-kinemathek.de.

Ernst Rückert, fotografiert von Mac Walten
alias Max Grünthal (1872 – 1936)
Quelle: Wikimedia Commons;
 Lizenz: gemeinfrei; weitere Angaben  siehe hier

Ernst Rückert, fotografiert von Mac Walten alias Max Grünthal (1872 – 1936); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: Gemeinfrei
Als der rumänische Regisseur Mime Misu1) bereits zwei Monate nach der Schiffskatastrophe der "RMS Titanic"1) im Auftrag der "Continental-Kunstfilm GmbH" das schreckliche Ereignis vom 14. April 1912 erstmals auf die stumme Leinwand bannte und damit Kinogeschichte schrieb, wurde Rückert in dem Seedrama "In Nacht und Eis"1) als der 1. Offizier besetzt, Otto Rippert1) verkörperte den Kapitän. Im Vorspann angekündigt als "Lebenswahr gestellt nach authentischen Berichten", wurde der Film auf einem Plakat mit der Zeile "In Nacht und Eis wird das Tagesgespräch der Theaterbesucher sein." beworben. Die Dreharbeiten fanden im "Continental-Film-Atelier" in der Berliner Chausseestraße 123 und auf dem Krüpelsee bei Königs Wusterhausen statt. Die Aufnahmen auf dem Schiff wurden auf der "Kaiserin Auguste Viktoria" gedreht, das den Eisberg rammende Schiff hingegen ist ein acht Meter langer Modellbau. Die Studiobauten entwarf Siegfried Wroblewsky. "Für die Darstellung der Innenszenen an Bord der "Titanic" errichtete man im Hinterhof der Berliner Chausseestraße auf einer Kippbühne schwankende Kulissen, durch die der Wellengang auf See sowie die Erschütterungen unter Deck anschaulich wurden. Pressevertreter berichteten: "Wasser, Dampf, Feuer, Rauch und alles mögliche erfüllt die Luft. Man sieht schrecklich Verunglückte über den Unglücksort hinweg, und während das stockende Herz lähmenden Schreck verursacht, ruft ein vermeintlich wahnsinnig Gewordener: "Noch mehr Feuer! Der andere Kessel muß auch explodieren! Laßt die Menschen ersaufen! Mehr Wasser!’" Mit dem vermeintlich wahnsinnig Gewordenen war Regisseur Misu gemeint."3) Trotz der groß angelegten Werbekampagne fand der Streifen nach der Premiere am 17. August 1912 nur wenig Zuspruch. Nahezu 86 Jahre später konnte der als verschollen geglaubte Klassiker des frühen Katastrophenfilms infolge des weltweiten Erfolges von James Camerons "Titanic"-Film bei einem deutschen Privatsammler wiederentdeckt und von der "Deutschen Kinemathek" weitgehend restauriert werden.
 
Wenig später verfilmte Mime Misu Karl Gustav Vollmöllers Bühnenwerk "Das Mirakel" mit dem Titel "Das Marienwunder – Eine alte Legende" (1912) ohne Zustimmung des Autors – ebenfalls 1912 war eine autorisierte Version (→ Das Mirakel1)) von Max Reinhardt mit Maria Carmi entstanden – und betraute Rückert mit der Figur des Ritters, Lore Giesen spielte als Nonne Beatrix die weibliche Hauptrolle, auch der Regisseur selbst übernahm einen Part.
Bis zum Beginn des 1. Weltkrieges tauchte Rückert mit tragenden Rollen in weiteren, zum Teil auch patriotischen Streifen auf, musste dann zwischen 1914 und 1917 seine Filmtätigkeit weitgehend unterbrechen, da er zum Kriegsdienst einberufen wurde. Ab 1918 stand er dann wieder unermüdlich vor der Kamera, zeigte sich auch in einigen Produktionen, die heute als Meisterwerke des Genres gelten: So übernahm er für Ernst Lubitsch die Rolle des Herrn Montekugerl in der Groteke "Romeo und Julia im Schnee"1) (1920) und die des Pfarrers in Fritz Langs "Der müde Tod"1) (1921).
Rückert mimte aufgrund seines Aussehens oftmals Personen adligen Geblüts oder schneidige Militärs, gab Barone, Prinzen und Fürsten. Mehrfach verkörperte er historische Figuren, etwa Wallensteins Schwager Terzky1) in Rolf Randolfs zweiteiligen "Wallenstein"-Verfilmung1) (1925) mit Fritz Greiner in der Titelrolle. Zwei Mal schlüpfte er in die Maske des Dichters Theodor Körner1): 1925 in Rolf Randolfs "Was Steine erzählen" (Untertitel: "Historische und vaterländische Erinnerungen des deutschen Volkes") mit Fritz Greiner in der Rolle des Andreas Hofer und 1927 in Richard Oswalds zur Zeit Napoleons spielendem Streifen "Lützows wilde verwegene Jagd", der auch unter dem Titel "Das Heldenschicksal Theodor Körners und seine letzte Liebe" in die Kinos gelangte. Für Hans Kyser verkörperte er in "Luther – Ein Film der deutschen Reformation"1) (1928) den Reichsherold Kaspar Sturm1), der Martin Luther (Eugen Klöpfer) auf seiner Reise zum Reichstag zu Worms im Jahre 1521 und zurück schützte und unterstützte. Zu seinen letzten Stummfilmen zählte Curt Blachnitzkys vaterländischer Streifen "Rosen blühen auf dem Heidegrab"1) (1929), doch schon hier musste sich Rückert als Leutnant de Vale mit einer Nebenrolle zufrieden geben.
 
Den Übergang zum Tonfilm schaffte der Schauspieler zwar problemlos, rückte jedoch vermehrt in die hinteren Reihen. Er erhielt nur noch Chargenrollen und auch am Theater wurde er nur noch selten verpflichtet. Zwischen 1930 und 1936 wirkte Rückert noch in knapp zwanzig Produktionen mit, seinen letzten Film drehte er mit Jürgen von Alten und hatte einen winzigen Part in dem Krimi "Parkstrasse 13"4) (1939, auch "Verhör um Mitternacht").
1940 wurde Ernst Rückert als Soldat eingezogen, konnte zur Spielzeit 1941/42 noch einmal als Schauspieler und Regisseur ein Engagement am "Berliner Tourneetheater" (Gastspieldirektion IX) antreten. Zuletzt wurde er laut Wikipedia einem der nationalsozialistischen Organisation "Kraft durch Freude"1) (KdF) unterstellten Fronttheater zugeteilt.
Laut Wikipedia erhängte sich Rückert wenige Monate nach Ende des Zweiten Weltkrieges in seiner Wohnung in Berlin. Er wurde am 3. September 1945 tot aufgefunden.
Quellen (unter anderem): Wikipedia, www.cyranos.ch
Fotos bei www.virtual-history.com
Link: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung, 4) filmportal.de
3) Quelle: Wikipedia (abgerufen 19.08.2013)
Lizenz Foto Ernst Rückert (Urheber: Mac Walten alias Max Grünthal (1872 – 1936)): Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 80 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfilme bei www.earlycinema.uni-koeln.de
(Link: Murnau Stiftung, Wikipedia (deutsch/englisch), filmportal.de, Kurzportrait innerhalb dieser HP)
Stummfilme
  • 1910: Das vierte Gebot / Du sollst den Vater und die Mutter ehren
  • 1910: Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
  • 1911: Karl der Große
  • 1911: Das Glöckchen des Glücks
  • 1912: Zweimal gelebt (→ verleihfilme.deutsche-kinemathek.de)
  • 1912: In Nacht und Eis
  • 1912: Das Marienwunder – Eine alte Legende / Das Mirakel
  • 1912: Die gelbe Rasse
  • 1913: Auf dem Felde der Ehre
  • 1913: Fabrik-Marianne
  • 1913: Ein Ausgestoßener: 1. Teil – Der junge Chef
  • 1913: Das ist der Krieg
  • 1913: Die Sterne wollten es
  • 1913: Surry der Steher
  • 1913: Der Diamantensucher
  • 1913: Das Fischermädchen von Skagen
  • 1913: Korsikanisches Blut
  • 1913: Lotos, die Tempeltänzerin
  • 1913: Vendetta
  • 1913: Wie die Blätter
  • 1913: Zwischen Himmel und Erde (Eva Speyer Kunstfilm-Serie I)
  • 1914: Es lebe der König
  • 1914: Sein Rekordflug / Der Flug nach dem Westen 
  • 1915: Der dritte Leutnant – meine Frau
  • 1916: Des Nächsten Weib
  • 1917: Sein letzter Bericht / Aus dem Vaterhaus verstoßen 
  • 1918: Maria Magdalena
  • 1918: Die Tochter des Rajah
  • 1918: Die lachende Maske
  • 1918: Die Flucht des Arno Jessen
  • 1918: Der Dornenweg
  • 1918: Die Einsame Frau
  • 1918: Das Hexlein von Gross-Tornau
  • 1918: Die Tochter des Rajah
  • 1918: Das Tor der Sühne
  • 1918/19:  Lotte Neumann-Serie
    • 1918: II. Das Spiel mit dem Feuer
    • 1918: III. Schweigen im Walde: 1. Ein Erbfolgestreit 
    • 1918: IV. Schweigen im Walde: 2. Eine Außergerichtliche Einigung
    • 1919: V. Wem nie von Liebe Leid geschah
    • 1918: VIII: Die Töchter des Herrn von Dornberg
  • 1919: Die Maske (Max Landa-Serie II)
  • 1919: Geflüster des Teufels
  • 1919: Im Schatten der anderen
  • 1919: Maria Pavlowna
  • 1919: Tropengift
  • 1919: Verschlungene Wege
  • 1919: Das Vollendete Schicksal
  • 1920: Versiegelte Lippen
  • 1920: Kaliber fünf Komma zwei ("Joe Deebs"-Reihe)
  • 1920: Die Stunde nach Mitternacht
  • 1920: Die Liebe vom Zigeuner stammt…
  • 1920: Der Würger der Welt (Max Landa-Serie V)
  • 1920: Alkohol → Wikipedia
  • 1920: Romeo und Julia im Schnee
  • 1920: Das Milliardentestament
  • 1920: Der Hirt von Maria Schnee
  • 1920: Die Augen als Ankläger
  • 1920: Das ausgeschnittene Gesicht
  • 1920: Moral
  • 1920: Der Mann auf der Flasche
  • 1920: Das ganze Sein ist flammend Leid
  • 1920: Der Ochsenkrieg → Wikipedia
  • 1920: Der letzte Schuss
  • 1920: Jungmädchenstreiche
  • 1920: Die Tänzerin von Dschiapur
  • 1920: Das Ende des Abenteurers Paolo de Caspado
  • 1920: Der Überfall auf die Telegraphenstation
  • 1920: Der unterirdische Tempel
  • 1920: Der Kelch der Keuschheit
  • 1921: Die Rattenmühle
  • 1921: Alfred von Ingelheims Lebensdrama
  • 1921: John Long, der Dieb
  • 1921: Die Flucht ins Jenseits oder Die dunkle Gasse von New York
  • 1921: Der Christus von Oberammergau 
  • 1921: Der müde Tod
  • 1921: Der Schicksalstag
  • 1921: Das zweite Leben
  • 1921: Villa Mephisto
  • 1921: Jolly, der Teufelskerl
Noch: Stummfilme
  • 1921: Der Schicksalstag
  • 1921: Die rote Fledermaus
  • 1921: Der Bagnosträfling
  • 1922: Im Rausche der Milliarden
  • 1922: Der Mann aus Zelle 19
  • 1922: Die sündige Vestalin
  • 1922: Das Blut der Schwester
  • 1922: Die Rache des Marquis Dokama
  • 1922: Der schwarze Harlekin
  • 1923: Gehetzte Frauen
  • 1923: Die Frau aus dem Orient
  • 1923: Des Kaisers alte Kleider
  • 1923: Der Weg zum Licht
  • 1923: Judith
  • 1923: Das rollende Schicksal
  • 1924: Im Schatten der Anderen
  • 1924: Der Traum der Zalavie
  • 1924: Malva
  • 1924: Vitus Thavons Generalcoup / Der gestohlene Professor
  • 1925: Wallenstein
    • 1. Teil: Wallensteins Macht
    • 2. Teil: Wallensteins Tod
  • 1925: Der Schrecken der Westküste
  • 1925: Aschermittwoch
  • 1925: Im Namen des Kaisers
  • 1925: Was Steine erzählen / Wenn Steine reden
  • 1925: Das alte Ballhaus (2 Teile)
  • 1925: Volk in Not / Ein Heldenlied von Tannenberg
  • 1925: Bismarck, 1. Teil
  • 1926: Familie Schimeck – Wiener Herzen
  • 1926: Die elf schillschen Offiziere
  • 1926: Herbstmanöver
  • 1926: Der Liebe Lust und Leid
  • 1926: Das Geheimnis von St. Pauli
  • 1926: Nixchen
  • 1927: Elternlos
  • 1927: Der Fahnenträger von Sedan / Feinde von gesten
  • 1927: Das war in Heidelberg in blauer Sommernacht
  • 1927: Lützows wilde verwegene Jagd
  • 1927: Die Hochstaplerin
  • 1927: Das rosa Pantöffelchen
  • 1927: An der Weser (hier hab' ich so manches liebe Mal…)
  • 1927: Das Mädchen von der Heilsarmee
  • 1927: Ein Tag der Rosen im August…
  • 1927: Vom Leben getötet
  • 1927: Das gefährliche Alter
  • 1927: Petronella – Das Geheimnis der Berge
  • 1927: Steh' ich in finstrer Mitternacht
  • 1927: Das Mädchen aus Frisco
  • 1928: Ich hatte einst ein schönes Vaterland
  • 1928: Luther – Ein Film der deutschen Reformation
  • 1928: Dornenweg einer Fürstin
  • 1929: Es war einmal ein treuer Husar
  • 1929: Was eine Frau im Frühling träumt
  • 1929: Die Garde-Diva
  • 1929: Rosen blühen auf dem Heidegrab
  • 1930: Man schenkt sich Rosen, wenn man verliebt ist
  • 1930: Sturm auf drei Herzen
Tonfilme
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