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Charles Willy Kayser erblickte am 28. Januar 1881 als
Charles Wilhelm Kaiser im damals zum Deutschen Reich gehörenden
Metz (heute Frankreich) das Licht der Welt. Der Sohn eines in der
französischen Armee dienenden Offiziers wuchs mit Schwester Martel
auf, besuchte nach dem Gymnasium als 17-Jähriger gegen den Willen der
Eltern in Wien das Konservatorium der "Gesellschaft
der Musikfreunde in Wien"1),
wo er von Mila Kupfer-Berger1)
(1852 1905) eine gesangliche Ausbildung erhielt.
18-Jährig gab er beim "Hamburger Opern-Ensemble" sein
Bühnendebüt als lyrischer Bariton in "Das
Nachtlager von Granada"1)
und gestaltete den Jäger, Ende 1899 trat er erstmals in Berlin auf.
Gastspiele führten ihn unter anderem nach Breslau, New York,
Amsterdam und Riga, nach vierjähriger Tätigkeit bei der Oper
wechselte Kayser in das Schauspielfach und kam als erster jugendlicher
Held nach Wien an das "Raimund Theater". Zwischen 1911
und 1914 wirkte Kayser am Wiener "k.k. Hof-Burgtheater"1),
dann ging er im Mai 1914 in das damals zum Russischen Reich gehörende
Riga (heute Lettland), da man ihn zum Direktor des "Deutschen
Lustspielhauses" berufen hatte. Der Ausbruch des
1. Weltkrieges im Ende Juli 1914 bedeutete für Kayser eine
Zäsur in seiner Karriere, wenig später wurde er im August 1914 von
den russischen Behörden wegen angeblicher Spionagetätigkeit
verhaftet und zusammen mit seiner Ehefrau Betty nach Sibirien in das Gouvernement
Wjatka1)
verschleppt. Erst nach knapp vierjähriger Leidenszeit glückte ihm
Anfang 1918 eine von langer Hand vorbereitete Flucht. Durch das
schwedische "Rote Kreuz" ausgetauscht, kam Kayser
anschließend völlig mittellos nach Berlin und erhielt ein Engagement
am "Lustspielhaus"; etwa zeitgleich begann die Filmkarriere
des inzwischen über 35-Jährigen.
Charles Willy Kayser im Jahre 1912
Privatfoto freundlicherweise zur Verfügung gestellt
von Enkel C. William Karel
© C. William Karel
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Obwohl Charles Willy Kayser eine beachtliche Filmografie aufzuweisen hat,
konnte er sich dennoch nicht nachhaltig in das Gedächtnis der
Filmgeschichte einschreiben. Das mag daran liegen, dass er bezogen
auf die Stummfilm-Ära – überwiegend in Produktionen mitwirkte, die
heute als verschollen gelten oder zu denen es nur noch wenige Informationen
gibt.
Kayser avancierte ab Ende der 1910er Jahre zu einem vielbeschäftigten,
vielseitigen Leinwanddarsteller in den Lustspielen, Krimis oder Melodramen
jener Jahre, der meistens Persönlichkeiten von Rang wie Offiziere, Fürsten
oder Grafen, aber auch Lebemänner oder Detektive verkörperte. Zu seinen
frühen Filmen zählt der ganz auf Mia May zugeschnittene Streifen
"Fräulein Zahnarzt"2) (1919),
wo er den Verlobten der Titelheldin mimte, mit Mia May stand er auch
für die Komödie "Der Amönenhof"2) (1920)
vor der Kamera und machte als Graf Leo von Zimburg eine gute Figur. In
dem Melodram "Die Siegerin"3) (1920)
trat er als Spielsüchtiger in Erscheinung, in der "Tragödie" mit
dem Titel "Der
ewige Fluch"2) (1921)
als Matrose Jan. Vor allem in den Jahren zwischen 1920 und 1924
tauchte Kayser in zahllosen stummen Produktionen auf, nach Rollen als
Offizier in "Die elf
Schillschen Offiziere"3) (1926)
und "Unsere
Emden"3) (1926)
spielte er beispielsweise an der Seite von Asta Nielsen in
Rudolf Meinerts Drogen-Drama "Laster
der Menschheit"1) (1927)
den Baron Beythen, verlieh in Karl Grunes monumentalem Historienfilm
"Waterloo"1) (1927
dem König Friedrich Wilhelm III.1)
Kontur. Einer seiner letzten Stummfilme war der Krimi "Masken"1) (1929)
aus der "Stuart Webbs"-Reihe1),
hier agierte er neben Karl Ludwig Diehl (Stuart Webbs) als
Bankier Clifford, der in einen mysteriösen Überfall verwickelt wird.
Charles Willy Kayser fotografiert von Rudolf Dührkopp1)
(1848 – 1918)
Quelle: www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier
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"Kayser, ein prächtig gewachsener Mensch, hoch, breitschultrig, im
Gesicht (die Freude eines jeden Berufsphotographen) ein paar treuherzige
Augen, ist ein jeder Aufgabe gewachsener Darsteller, der noch nie in
irgendeiner Rolle versagte, der seine Sache im Lustspiel ebensogut wie im
Drama macht, sich ebenso erfolgreich als Sensationsdarsteller betätigte.
Daß er Sportsmann durch und durch ist, schwimmt, reitet, rudert, boxt, Auto
fährt usw., brauche ich wohl nicht erst besonders zu erwähnen. Seinen
guten Namen, den er heute besitzt, hat er sich lediglich durch ehrliches
Können, durch unermüdliches "An-sich-selbst-arbeiten", durch
eisernen Fleiß und Willenskraft erworben, und das ist ihm besonders hoch
anzurechnenen, ihm, der jegliche unfeine Reklame verschmähte, der immer
bescheiden im Hintergrund blieb." konnte man 1923 in der "Neuen
Illustrierten Filmwoche"*) lesen.
Charles Willy Kayser auf einem Werbefoto,
fotografiert von Rudolf Dührkopp1)
(1848 – 1918)
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt
von Enkel C. William Karel
Angaben zur Lizenz siehe hier |
Verschiedentlich versuchte sich Kayser mit einer eigenen Film-Gesellschaft
auch als Regisseur und Schauspieler in Personalunion wie erstmals 1920
mit dem Streifen "Die Autofahrt unter der Erde", gefolgt von
"Tschetschensen-Rache" (1921), "Im Fasching der
Sinne" (1921), "Schuldlos gesündigt" (1921) und
"Tanz der Leidenschaft" (1922). In den 1930er Jahren
inszenierte er neben der Kurz-Doku "Feurioh" (1934) den unter
Verwendung von authentischen Aufnahmen realisierten Kriegs-Dokumentarfilm
"Im Trommelfeuer der Westfront" mit dem Untertitel "Ein Film
vom Heldenkampf unbekannter Soldaten" (1936), unter anderem mit
Viggo Larsen; die Produktion wurde nach Kriegsende in die Liste der
unter alliierter Militärzensur verbotenen deutschen Filme aufgenommen.
Werbeplakat zu dem Film "Tschetschensen-Rache"
Freundlicherweise zur Verfügung gestellt
von Enkel C. William Karel |
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Den Übergang zum Tonfilm schaffte Kayser, der unter anderem eng mit Box-Legende
Max Schmeling4) befreundet war, zwar problemlos, blieb jedoch
überwiegend auf kleinere, mitunter kleinste Nebenrollen reduziert. Letzte
Auftritte hatte er in den Propagandastreifen "Venus
vor Gericht"1) (UA: 04.06.1941)
und "Kameraden Ritt
zwischen den Fronten"2)
(UA: 26.09.1941).
Ein dreiviertel Jahr später starb Charles Willy Kayser am
10. Juli 1942 im Alter von 61 Jahren in Berlin. Trotz
schlechten Gesundheitszustandes er litt an
Bluthochdruck war er von den Nazis gezwungen worden,
weiterhin schauspielerisch tätig zu sein. Nach einem Auftritt im
Ostseebad Ahlbeck brach er zusammen, erlitt eine Gehirnblutung und verstarb
am darauffolgenden Tag in einem Berliner Krankenhaus; die
letzte Ruhe fand der Künstler auf dem Berlin-Wilmersdorfer Waldfriedhof Stahnsdorf1)
(Abt. II Reihe 15 Nr. 595); laut Auskunft der Friedhofsverwaltung
(Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf) ist das Grab noch existent.
Charles Willy Kayser während Dreharbeiten mit Ehefrau Ruth Sersen
und einem unbekannten Darsteller
Privatfoto freundlicherweise zur Verfügung gestellt
von Enkel C. William Karel
© C. William Karel
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Der Schauspieler war in erster Ehe mit der aus Ungarn stammenden, streng
katholischen Opernsängerin Betty Szalok verheiratet; aus der Verbindung ging eine Tochter namens Vera
(† 1964) hervor, die später als Regie-Assistentin bei der UFA tätig war. Erst kurz
nach dem Tod von Betty Szalok gab Kayser am 21. März 1938
in Berlin der am 2. Februar 1911 in Frankfurt/M geborenen, 30 Jahre
jüngeren Martha Ruth Schleifer das Ja-Wort, die unter dem Künstlernamen Ruth Sersen
eine bekannte Unterhaltungsängerin war und unter anderem auch am
Berliner "Kabarett der Komiker" sowie in einigen Filmproduktionen
mit kleinen Rollen auftrat; Ruth Sersen starb am 19. Juli 2010 im hohen
Alter von 99 Jahren in Honolulu (Hawaii, USA). Die gemeinsame Tochter Gabriella,
genannt Gaby, war bereits am 9. September 1929 in München geboren worden,
auch sie wählte als Tänzerin und Malerin einen künstlerischen Beruf;
später ehelichte sie in Deutschland einen US-amerikanischen Regierungsbeamten. 1958 ging die gesamte
Familie, zu der inzwischen auch Charles Willy Kaysers Enkel Charles jun. (C. William Karel,
geb. 10.01.1949), heute ein auf Hawaii lebender angesehener
Schriftsteller, und dessen Bruder Raymond (geb. 11.11.1952) gehörte, in die USA.
Von 1926 bis 1936 gab es in Berlin-Wilmersdorf auf der Gasteiner
Straße 26 die "Charles-Willy-Kayser-Lichtspiele", die der
Schauspieler 1927/28 kurzzeitig als Inhaber selbst betrieb.
Charles Willy Kayser mit Ehefrau Ruth Sersen
und Tochter Gabriella
Privatfoto freundlicherweise zur Verfügung gestellt
von Enkel C. William Karel
© C. William Karel
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