Paul Heidemann vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888 – 1929); Quelle: www.virtual-history.com; Photochemie-Karte Nr. K 156; Lizenz: gemeinfrei Der Schauspieler und Filmregisseur bzw. -produzent Paul Heidemann wurde am 26. Oktober 1884*) in Köln geboren. Als junger Mann machte er zunächst eine Kaufmannslehre in der Zigarrenbranche, entschied sich dann für die Schauspielerei und ließ sich von dem Meininger Hofschauspieler Leopold Teller1) (1844 – 1908) entsprechend ausbilden. Schon während seiner Schulzeit an einem Kölner Gymnasium hatte Heidemann mit Klassenkameraden eine kleine Schauspielertruppe gegründet, die vornehmlich witzige Stücke aufführte.
1906 gab Heidemann im hessischen Hanau2) in der erfolgreichen, musikalischen Romanze "Alt-Heidelberg"2) von Wilhelm Meyer-Förster2) mit der Hauptrolle des Erbprinzen Karl-Heinrich sein Bühnendebüt. Über verschiedene Provinztheater kam der junge Schauspieler 1909 an das "Schauspielhaus Breslau"2), wo er unter anderem in der Operette "Bub oder Mädel"2) von Bruno Granichstaedten2) als Buffo Aufmerksamkeit erregte und sich den Ruf eines begabten Komödianten erwarb. Auf Empfehlung des Komponisten Jean Gilbert2) wechselte Heidemann 1911 nach Berlin und machte in Gilberts Operette "Die keusche Susanne"2) Furore. Er feierte auch in der Gilbert-Posse "Das Autoliebchen" oder der musikalischen Groteske "Hoheit – der Franz!" von Artur Landsberger2) und Willi Wolff2) Erfolge, avancierte rasch zum Liebling des verwöhnten Berliner Publikums.
Schon früh wandte sich Heidemann neben seiner umfangreichen Bühnentätigkeit der noch jungen Kinematographie zu und war erstmals in "Die keusche Susanne" (1911), einem von der "Deutschen Mutoskop und Biograph GmbH"2) hergestellten kurzen, bewegten Tonbild2) bzw. Szene aus der komischen Oper "Il segreto di Susanna"2) "Susannens Geheimnis") von Ermanno Wolf-Ferrari2) aufgetreten. Vor allem in den Kriegsjahren zwischen 1914 und 1918 etablierte sich Heidemann in der Stummfilmszene und drehte unzählige Lustspiele, aber auch Melodramen, in denen er oft elegante Charmeure und Galane mimte.
   
Foto: Paul Heidemann vor 1929
Urheber: Alexander Binder2) (1888 – 1929)
Quelle: .virtual-history.com; Photochemie-Karte Nr.  K 156;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier
Unter anderem entstanden ganze auf Heidemann zugeschnittene heitere Kurzfilm-Serien, in denen er als Protagonist "Teddy"2) oder "Paulchen" ("Paulchen Semmelmann"-Reihe"2)) in Erscheinung trat. Heidemann selbst beschrieb seine Anfänge beim Film so: "1911, im Kometenjahre, erschien ich in Berlin, und zwar am "Nollendorf-Theater"2). Regisseur Porten3), der Vater der Henny, holte mich zum Film. Dann kam Direktor Duskes4), der mir eine Hauptrolle in dem Film "Die Apachenbraut oder der rote Joel" anvertraute. Als ich mich zum erstenmal auf der Leinwand sah, gefiel ich mir gar nicht. Doch der Film entwickelte sich weiter, und wir entwickelten uns mit ihm. Dann kam ich zur "Literaria"4) und filmte dort unter dem internationalen Namen "Teddy" mit "Max" (Linder), inszenierte dann selbst beim "Oliverfilm"5) Filme mit der unersetzlichen Dorrit Weixler, mit Erika Gläßner und Hanne Brinkmann2). Worauf ich meine eigene Produktion gründete. Das amüsante und charmante Lustspiel ist dasjenige, was mir am Film persönlich am besten gefällt und worin ich am liebsten arbeite."**)

Foto: Paul Heidemann vor 1929
Urheber: Alexander Binder2) (1888 – 1929)
Quelle: .cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Paul Heidemann vor 1929; Urheber: Alexander Binder (1888 – 1929); Quelle: www.cyranos.ch; Lizenz: gemeinfrei
Paul Heidemann ca. 1920 auf einer Fotografie von Nicola Perscheid2) (1864 – 1930); Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: gemeinfrei Heidemann arbeitete mit den namhaften Regisseuren jener Ära zusammen, beispielsweise besetzte ihn Ernst Lubitsch2) neben der legendären Pola Negri in dem Drama "Die Bergkatze"2) (1921) als Leutnant Alexis, für Johannes Guter2) mimte er in dem Abenteuer "Der Sprung ins Leben"2) (1923) neben Xenia Desni den jungen Gelehrten Dr. Rudolf Borris oder für Georg Jacoby2) den Jerômes Bonaparte2), Bruder des Franzosen-Kaisers Napoleon Bonaparte2) (Egon von Hagen), in der Kostümstummfilmkomödie "So sind die Männer"2) (1923, auch "Der kleine Napoleon") – u.a. mit Harry Liedtke sowie Marlene Dietrich in ihrer ersten Leinwandrolle.
Der Schauspieler schuf sich zudem mit seiner eigenen Produktionsfirma, der "Paul Heidemann-Film GmbH", etwa um 1919 ein zweites Standbein und inszenierte meist mit sich selbst in der Hauptrolle kurze, launige Geschichten wie "Der Kammerdiener seiner Frau" (1919) oder "Die verflixten Küsse" (1920). Seit Mitte der 1910er Jahre führte er auch vereinzelt Regie, inszenierte beispielsweise 1916 mit Dorrit Weixler drei Filme der "Klein-Dorrit"-Reihe, "Dorrit bekommt eine Lebensstellung", "Die gestörte Hochzeitsnacht" und "Dorritchens Vergnügungsreise".

Paul Heidemann ca. 1920 auf einer Fotografie
von Nicola Perscheid2) (1864 – 1930)
Quelle: Wikimedia Commons; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Heidemann trat in zahllosen stummen Streifen, vornehmlich Lustspielen in Erscheinung, beispielsweise in "Die vertauschte Braut"2) (1925), in "Die dritte Eskadron"2) (1926) oder in "Klettermaxe"2) (1927), wo er das Publikum als Titelheld Max Malien alias "der Klettermaxe" erfreute. In "Frühere Verhältnisse"2) (1927) nach der gleichnamigen Posse2) von Johann Nestroy2) sah man ihn als den Kellner Franz, eine seine letzten Rollen im Stummfilm war der Baron Béla Cardossy in der von Curt Wilhelm2) in Szene gesetzten Adaption "Der Zigeunerprimas"2) (1929) nach der gleichnamigen Operette2) von Emmerich Kálmán2) (Musik) mit Raimondo van Riel als Rácz Pali, der Zigeunerprimas → Übersicht Stummfilme
Parallel zu seiner umfangreichen Filmtätigkeit trat Heidemann weiterhin an Berliner Bühnen wie der "Alten Komischen Oper"2) oder der "Volksbühne am Bülowplatz"2) auf und spielte vorwiegend in Operetten, so unter anderem 1928 an der "Volksbühne" in der Opéra bouffe "Orpheus in der Unterwelt"2) von Jacques Offenbach2) in einer Inszenierung von Fritz Holl2), bei der Theo Mackeben2) die musikalische Leitung übernommen hatte. Bei der Uraufführung der Lehár-Operette "Der Zarewitsch"2) am 21. Februar 1927 am "Deutschen Künstlertheater"2) mit Richard Tauber in der Titelrolle des russischen Thronfolgers Alexej und Rita Georg2) als junge Sonja gestaltete Heidemann Alexejs getreuen Diener Iwan. Einige von Heidemann gesungene Lieder sind bis heute erhalten, so auch das 1924 auf einer Schallplatte erschienene, im Duett mit Lori Leux vorgetragene "Warte, warte nur ein Weilchen" aus der am 22. Dezember 1923 im "Metropol-Theater"2) uraufgeführten Operette "Marietta" mit der Musik von Walter Kollo2) und den Gesangstexten von Willi Kollo2) → felix-bloch-erben.de,

Paul Heidemann etwa 1928 auf einer Fotografie
von Mac Walten***) (1872 – 1944?)
Quelle: Wikimedia Commons; Photochemie-Karte Nr. 2547
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

Paul Heidemann etwa 1928 auf einer Fotografie von Mac Walten (1872–1944?); Quelle: Wikimedia Commons; Photochemie-Karte Nr. 2547: Lizenz: gemeinfrei
Den Übergang zum Tonfilm schaffte Heidemann problemlos, auch hier waren es vornehmlich, mitunter belanglose Lustspiele bzw. Komödien, in denen der Schauspieler in einer Vielzahl von Produktionen nun überwiegend mit prägnanten Nebenrollen bedacht wurde. Hierzu gehörten Anfang der 1930er Jahre etliche der beliebten Militärklamotten, aber auch Schwänke wie der unverwüstliche Klassiker "Pension Schöller"2) (1930) von Wilhelm Jacoby2) und Carl Laufs2), wo er neben Paul Henckels (Direktor Schöller) und Jakob Tiedtke (Philipp Klapproth) den Dr. Alfred Klapproth mimte. In "Prinzessin Turandot"2) (1934) nach einer Erzählung aus der orientalischen Sammlung "1001 Tag" machte er neben Titelheldin Käthe von Nagy und Willy Fritsch (Vogelhändler Kalaf) als Prinz von Samarkand eine gute Figur, kam als Baron von Western bzw. Komplize des Betrügers Marquis de la Tours (Hubert von Meyerinck) in der Krimikomödie "Spiel an Bord"2) (1936) daher oder mimte in dem musikalischen Lustspiel "Der Unwiderstehliche"2) (1937) den Monsieur Pellerine an der Seite von Anny Ondra und Hans Söhnker. Rund zehn Jahre lang tauchte Heidemann in zahllosen, eher harmlosen Unterhaltungs-Produktionen auf und entzog sich weitgehend der NS-Propaganda-Maschinerie. Ab 1940 verlegte er sich ausschließlich auf die Regie und inszenierte heitere Geschichten wie "Mein Mann darf es nicht wissen"6) (1940) nach dem Lustspiel "Flitterwochen" von Paul Helwig2) unter anderem mit Mady Rahl, "Krach im Vorderhaus"6) (1941) nach dem Roman von Maximilian Böttcher2) mit Lotte Werkmeister als Witwe Bock und zuletzt "Floh im Ohr"6) (1943) nach dem Bühnenstück von Friedrich Hedler (1898 – 1987) → Übersicht Tonfilme bis 1945.
Prominente Bühnen- und Filmschauspieler als Kochkünstler auf der Kochkunstausstellung am Kaiserdamm! Ein lustiges Trio, die Filmschauspieler Paul Heidemann1) (links), Otto Gebühr2) (Mitte) und Wilhelm Bendow (rechts) auf der Kochkunstausstellung (März 1931). Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 102-11400; Fotograf: unbekannt / Datierung: März 1931 / Lizenz CC-BY-SA 3.0. Foto (historische Originalbeschreibung): Prominente Bühnen- und Filmschauspieler als Kochkünstler auf der Kochkunstausstellung am Kaiserdamm! Ein lustiges Trio, die Filmschauspieler Paul Heidemann (links), Otto Gebühr (Mitte) und Wilhelm Bendow (rechts) auf der Kochkunstausstellung (März 1931).
 
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 102-11400;
Fotograf: unbekannt / Datierung: März 1931 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 102-11400 bzw. Wikimedia Commons
Erst Ende der 1940er Jahre nahm Heidemann seine Arbeit für den Film wieder auf und erschien erstmals in dem Melodram "Madonna in Ketten"2) (1949) wieder auf der Leinwand. Sowohl in bundesdeutschen als auch in einigen DEFA2)-Produktionen konnte er an seine früheren Erfolge anknüpfen, so beispielsweise als "Presskopp"7) in der von Curt Bois in Szene gesetzten turbulenten, in der Biedermeierzeit spielenden Komödie "Ein Polterabend"2) (1955) nach der Altberliner Posse von Werner Bernhardy jr.2), als der Bürgermeister in dem Kinderfilm "Bärenburger Schnurre"2) (1957) oder als Direktor Nielsen in dem Revuefilm "Meine Frau macht Musik"2) (1958) mit Lore Frisch2) und Günther Simon. Unter der Regie von Paul Verhoeven zeigte er sich als Ernst Punkall in dem Streifen "Jede Nacht in einem anderen Bett"2) (1957), neben Harald Juhnke (in einer Doppelrolle) als Oberst Stiefels in dem Verwechslungsschwank "Piefke, der Schrecken der Kompanie"2) (1958) → Übersicht Tonfilme nach 1945.
Letzte schauspielerische Auftritte hatte Heidemann im Fernsehen, so sah man ihn unter anderem als Hoteldirektor Noll in dem Komödien-Klassiker "Der müde Theodor"8) (1959) von Max Neal2) und Max Ferner2) in einer Aufzeichnung aus dem Kölner "Millowitsch-Theater"2) mit Willy Millowitsch als Marmeladenfabrikant Theodor Hagemann sowie als Kranzler in "Die göttliche Jette" (1961) von Alfred Braun2) (auch Regie) und Ernst Nebhut2), einem Volksstück mit Musik frei nach Günther Bibo (1892 – 1944), Emil Rameau2) (Buch) und Walter W. Goetze2) (Musik) mit Sabine Hahn2) als Sängerin  Henriette Sonntag2).
 
Der Schauspieler, Regisseur und Produzent Paul Heidemann starb am 20. Juni 1968 im Alter von 83 Jahren in Berlin. Sein Buch "Hopsa – ein Mädel: Der lustige Lebensroman" hatte er bereits 1920 veröffentlicht.
Quelle (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei
virtual-history.com
*) Geburtsjahr gemäß Wikipedia und IMDb
**) Aus: "Filmkünstler: Wir über uns selbst", Hrsg. Dr. Hermann Treuner (Sibyllen Verlag, Berlin 1928)
***) Mac Walten, das ist der Verwandlungskünstler Max Grünthal, der als "Mac Walten" bzw. der "Mann mit dem geheimnisvollen Rock" auftrat. Er verabschiedete sich 1920 von der Bühne, eröffnete in der Berliner Friedrichstraße ein Fotostudio und lichtete viele Artistenkollegen in Originalposen ab. Seine Spur verliert sich im Jahre 1936, nachdem er als Jude vor den Nazis in die Niederlande geflohen war. (Quelle: www.scheinschlag.de)
Fremde Links: 1) Wikipedia (englisch), 2) Wikipedia (deutsch), 6) filmportal.de, 8) Die Krimihomepage
3) gemeint ist der Regisseur und Filmpionier Franz Porten (1859 – 1932), Vater von Henny Porten (1890 – 1960) und Rosa Porten (1884 – 1972)
4) gemeint ist Alfred Duskes, Inhaber der Berliner Firma "Duskes GmbH, Atelier für künstlerische und wissenschaftliche Kinematographie", die Ende 1912 in die "Literaria Film-GmbH" überging.
5) es handelt sich um die Berliner "Oliver-Film GmbH" des Produzenten David Oliver, der bei Kriegsausbruch 1914 rund 25 Prozent des deutschen Stummfilm-Marktes beherrschte und zudem Chef der deutschen Filmverleih-Organisation "Nordische Film-Gesellschaft" war.
7) laut Volker Wachter sind die im Internet  zu findenden Angaben, dass Paul Hoffmann in "Der Polterabend" den "Presskopp" gespielt habe, falsch. Hier liegt wohl eine Verwechslung vor.
Lizenz Fotos Paul Heidemann (Urheber: Alexander Binder/Nicola Perscheid/Mac Walten): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme / Tonfilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
"The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: Wikipedia, Murnau Stiftung, filmportal.de, cyranos.ch, defa-stiftung.de, Die Krimihomepage)
Stummfilme (Auszug)
(Filme als Produzent ("Paul Heidemann-Film GmbH") bei filmportal.de
Tonfilme Fernsehen
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