Mit rund 170 nachweisbaren Kinoproduktionen zählte der Schauspieler Max Gülstorff seit Mitte der 1910er Jahre zu den vielbeschäftigten Leinwanddarstellern, wurde jedoch meist nur mit prägnanten Nebenrollen besetzt. Dennoch erlangte er einen enormen Bekanntheitsgrad, machte sich auch als exzellenter Theaterschauspieler einen Namen.
Max Gülstorff auf einer Fotografie von Mac Walten (1892–1943); Quelle: cyranos.ch; Photochemie-Karte: Lizenz: gemeinfrei Geboren wurde Max Gülstorff am 23. März 1882 als Max Walter Gülstorf im ostpreußischen Tilsit1) (heute: Sowetsk, Russland). Nach einer Ausbildung bei dem Hofschauspieler Georg Link (1833 – 1903) sammelte Gülstorff zunächst Erfahrungen am Theater im thüringische Rudolstadt1) sowie ab 1908 am "Staatstheater Cottbus"1), 1911 kam er nach Berlin an das "Schillertheater"1).
1915 holte ihn der legendäre Max Reinhardts1) (1873 – 1943) an das "Deutsche Theater"1), wo sich Gülstorff bald einen Ruf als begnadeter Komiker bzw. Interpret schrulliger Sonderlinge erarbeitete. In Berlin war er ein gefragter Bühnen-Mime, wirkte unter anderem am "Großen Schauspielhaus"1), am "Komödienhaus"1) und an der "Volksbühne"1). Im Sommer 1922 gastierte er in Wien an der "Neuen Wiener Bühne", ab Juni 1924 wechselte er zeitweise an das "Theater in der Josefstadt"1). Auch hier konnte er mit seinem Spiel Kritiker und Zuschauer begeistern, unter anderem seit der Premiere am 1. Juli 1924 mit der Figur des reichen Fürsten in der Komödie "Onkelchen hat geträumt" von Karl Vollmoeller1) nach der Novelle "Onkelchens Traum"1) von Fjodor Dostojewski1) → josefstadt.org oder unter der Regie von Max Reinhardt als Viehzüchter Harvey Howell in der Varietékomödie "Artisten" von G. Watters und A. Hopkins (Premiere: 28.11.1928; → josefstadt.org). Zudem inszenierte Gülstorff in Wien einige Stücke, beispielsweise den Einakter "Ein Heiratsantrag"1) von Anton Tschechow1) (Premiere: 20.07.1924, → josefstadt.org) mit sich selbst in der Rolle  Iwan Wassiljitsch Lomow, Nachbar des Gutsbesitzer Tschubukow (Wilhelm Voelker), sowie Dagny Servaes als Tschubukows Tochter und die Komödie "Die Spieler"1) von Nikolai Gogol1) (Premiere: 17.07.1924).

Max Gülstorff auf einer Fotografie von Mac Walten*) (1892 – 1943)
Quelle: cyranos.ch; Photochemie-Karte; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier

1945 holte ihn der damalige Intendant Gustav von Wangenheim zurück nach Berlin an das Anfang September wieder eröffnete "Deutsche Theater". Eine Paraderolle für Gülstorff war sicherlich die des Bürgermeisters Dr. Obermüller in der Tragikomödie "Der Hauptmann von Köpenick"1) von Carl Zuckmayer1), rund 150 Mal gab er diese Figur zwischen Anfang März und Ende Juli 1931 am "Deutschen Theater". Der Theaterkritiker Herbert Ihering1) (1888 – 1977) schrieb damals unter anderem: "Himmlisch, Gülstorff  als Bürgermeister von Köpenick, ein liebenswert rührender Kleinbürger in Uniform." Auch in Richard Oswalds1) Verfilmung1), die am 22. Dezember 1931 Premiere feierte, überzeugte Gülstorff mit diesem Part, an der Seite von Max Adalbert als Schuster Wilhelm Voigt1) und Käthe Haack als seiner Film-Ehefrau Mathilde Obermüller.

Max Gülstorff als verarmter Gutsbesitzer Iljá Iljítsch Telégin in
dem Dramas "Onkel Wanja"1) von AntonTschechow1), inszeniert
von Ernst Legal Ende 1945 am "Deutschen Theater", Berlin
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: pk 0000038 023; Ausschnitt des Fotos)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek → Dokument
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 12.1945 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung der Deutschen Fotothek zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 12.11.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Wikimedia Commons bzw. Wikipedia

Max Güstorff 1945 als Iljá Iljítsch Telégin in einer Inszenierung von Anton Tschechows "Onkel Wanja" am "Deutschen Theater" in Berlin; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: pk 0000038 023; Ausschnitt des Fotos); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 12.1945 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.; Originalfoto und Beschreibung: Wikimedia Commons bzw. Wikipedia
Gülstorffs Leinwandkarriere begann mit dem Part des Burschen von Leutnant Harry Lindström (Harry Liedtke) in dem von Danny Kaden1) in Szene gesetzten Stummfilm-Lustspiel "Leutnant auf Befehl"1) (1916), in dem auch der berühmte Ernst Lubitsch1) zur Besetzung gehörte. Es folgten Auftritte wie als Detektiv Fix, Freund von Detektiv Engelbert Fox (Reinhold Schünzel), in "Freitag der 13."2) (1916) und als Kriminalrat Hans Osten in "Der chinesische Götze"1) (1916), dem zweiten und dritten Teil von Richard Oswalds1) Krimis "Das unheimliche Haus", oder als Stadtrat Dr. Struve in der Adaption "Stein unter Steinen"1) (1916) nach dem Schauspiel von Hermann Sudermann1), gedreht von Felix Basch mit Paul Bildt als Steinmetz-Lehrling bzw. Ex-Häftling Jakob Biegler und Emil Jannings als Schurke Göttlingk. Bis Ende der 1920er Jahre wirkte der Schauspieler in etlichen weiteren stummen Produktionen mir, drehte mitunter bis zu sechs Filme pro Jahr, musste sich jedoch überwiegend mit Nebenrollen zufrieden geben.
Zu nennen ist unter anderem der Detektiv Fix in "Die Reise um die Erde in 80 Tagen"1) (1919) nach dem gleichnamigen Roman1) von Jules Verne1) mit Conrad Veidt als Phileas Fogg, der Hofnarr in dem Historiendrama "Der Henker von Sankt Marien"1) (1920) mit Paul Richter in der Titelrolle, der Journalist Beauvallion in "Lady Hamilton"1) (1921) mit Liane Haid und Conrad Veidt als das historisch verbürgte Liebespaar Emma Hamilton1) und Horatio Nelson1) oder der Freiherr von Attinghausen in "Wilhelm Tell"1) (1923) nach dem gleichnamigen Drama1) von Friedrich Schiller1) mit Hans Marr als Schweizer Freiheitskämpfer Wilhelm Tell1).
 
Szenenfoto/Standfoto aus "Der Henker von Sankt Marien" (1920) von mit (v.l.n.r.) Wilhelm Diegelmann (Burggraf von Rawenau), Wolfgang von Schwind1) (Pfalzgraf von Schroffenstein) und Eva May (Tochter Beatrix von Rawenau); oben links: Max Gülstorff als der Hofnarr; Regie/Drehbuch: Fritz Freisler; Produktion: Joe May; Quelle: virtual-history.com aus "Vom Werden deutscher Filmkunst"/1. Teil: "Der stumme Film" von Dr. Oskar Kalbus (Berlin 1935, S. 64) bzw. Ross-Verlag 1925;  Unbekannter Fotograf; Lizenz: gemeinfrei
Szenenfoto aus "Der Henker von Sankt Marien" (1920) von Fritz Freisler1) (Regie), 
mit (v.l.n.r.): Wilhelm Diegelmann (Burggraf von Rawenau),
Wolfgang von Schwind1) (Pfalzgraf von Schroffenstein) und
Eva May als des Burggrafen Tochter Beatrix von Rawenau;
oben links: Max Gülstorff als der Hofnarr
Quelle: virtual-history.com aus "Vom Werden deutscher Filmkunst"
1. Teil: "Der stumme Film" von Dr. Oskar Kalbus
1) (Berlin 1935, S. 64) bzw.
Ross-Verlag 1925;  Unbekannter Fotograf;
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier
  
Man sah Gülstorff unter anderem als den Franzosen Laharpe in "Zopf und Schwert"1) (1926) nach dem Lustspiel von Karl Gutzkow1) mit Mady Christians als Prinzessin Wilhelmine1), Tochter des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I.1) (Albert Steinrück) bzw. Schwester von Kronprinz Friedrich von Preußen1) (Walter Janssen) sowie Wilhelm Dieterle als Friedrich1), Erbprinz von Bayreuth, Wilhelmines späterem Gemahl, als Goldschmied Veit Pogner in "Der Meister von Nürnberg"1) (1927) mit Rudolf Rittner1) als Hans Sachs1), als Diener des Grafen von Knee (Paul Otto) in "Die Sandgräfin"1) (1928) nach dem Werk von Gustav Frenssen1) mit Christa Tordy als des Grafen Enkelin Gertrud, genannt "die Sandgräfin", oder als Oberstudienrat Arminius Niedlich in "Don Juan in der Mädchenschule"1) (1928) nach dem Schwank "Der ungetreue Eckehart" von Hans Sturm von und mit Reinhold Schünzel. Letzte Arbeiten für den Stummfilm waren der Gaillard, Onkel von Aline (Daisy D'Ora), in der Adaption "Der Mann, der nicht liebt"1) (1929), in Szene gesetzt von Guido Brignone1) nach dem Roman "Kean, ou Désordre et génie" über den berühmten englischen Mimen Edmund Kean1) von Alexandre Dumas d. Ä.1) mit Gustav Diessl als Titelheld bzw. Schauspieler Mérone, und der Jakob Reuß, Inhaber einer Auto-Firma, in dem Streifen "Achtung! – Auto-Diebe!"1) (1930) mit dem Untertitel "Ein Abenteuer in den Straßen der Großstadt" von und mit Harry Piel → Übersicht Stummfilme.
  
Mit Beginn des Tonfilms wurden Gülstorffs Aufgaben zwar größer, doch auch hier spielte er in den Unterhaltungs-Produktionen jener Jahre meist Neben-Figuren, denen er jedoch durch sein komödiantisches Talent einprägsame Kontur verlieh. er mimte die unterschiedlichsten Figuren, gab Kammerdiener oder Nachtwächter ebenso glaubwürdig wie Personen der gehobenen Gesellschaft, etwa Hofräte, Bürgermeister Gutsbesitzer, Ärzte, Professoren, Anwälte, Bankiers oder Direktoren. Vor allem seine Darstellung des Typus "überkorrekter Beamter" oder die Verkörperung kleinlicher Spießbürger gelangen dem vielseitigen Menschendarsteller mit seiner ihm ureigenen Komik grandios. Eine wunderbare Interpretation bot er als verschmitzter Gerichtsschreiber Licht in Gustav Ucickys1) Adaption "Der zerbrochene Krug"1) (1937) nach dem Lustspiel "Der zerbrochne Krug"1) von Heinrich von Kleist1) mit Emil Jannings als Dorfrichter Adam. In nachhaltiger Erinnerung bleibt Gülstorff als vertrottelt wirkender Oberschulrat in dem Rühmann-Klassiker "Die Feuerzangenbowle"1) (1944) nach dem gleichnamigen Roman1) von Heinrich Spoerl1), ein Film, der auch noch heute immer mal wieder im Fernsehen gezeigt wird. Zu seinen wenigen tragenden Rollen zählt Robert A. Stemmles1) Verfilmung des unverwüstlichen  Schwanks "Der Raub der Sabinerinnen"1) (1936) nach dem gleichnamigen Theaterstück1) der Brüder Franz und Paul von Schönthan1), hier glänzte Gülstorff als der um seine Reputation fürchtende Gymnasialprofessor Martin Gollwitz bzw. Partner von Bernhard Wildenhain1), der den Schmierentheater-Direktor Emanuel Striese darstellte. Dem nationalsozialistischen Propaganda-Film konnte sich Gülstorff mit Streifen wie "Ohm Krüger"1) (1941) oder "Blutsbrüderschaft"1) (1941) nicht ganz entziehen, trat hier mit Randfiguren in Erscheinung. Seine letzte Arbeit vor der Kamera war die heitere Geschichte "Sag' die Wahrheit"1) (1946), zugleich die erste, mit westalliierter Lizenz realisierte Filmproduktion nach dem 2. Weltkrieg. Hier zeigte er sich an der Seite der Protagonisten Gustav Fröhlich und Mady Rahl als Bankdirektor Förster → Übersicht Tonfilme.
 
Ganz sporadisch stand
Gülstorff im Hörspielstudio, die ARD Hörspieldatenbank weist vier Produktionen aus, an denen der Schauspieler beteiligt war: So wirkte er bereits Mitte der 1920er Jahre unter der Regie des Rundfunk-Pioniers Alfred Braun1) in zwei Live-Sendungen der "Funk-Stunde AG Berlin"1) mit, als Stadtrat Adalbert Mangelsdorff in "Polnische Wirtschaft"3) (EA: 03.11.1926) nach der gleichnamigen Posse1) mit Gesang von Jean Gilbert1) (Musik) bzw. den Libretti von Kurt Kraatz (1856 – 1925) und Georg Okonkowski (1865 – 1926) sowie als Iwan Wassiljitsch Lomow, Nachbar des Gutsbesitzer Tschubukow (Hermann Vallentin), in "Ein Heiratsantrag"3) (EA: 30.12.1926) nach dem gleichnamigen Einakter1) von Anton Tschechow1). Nach Ende des 2. Weltkriegs gehörte er als Oberlehrer zur Besetzung des vom "Berliner Rundfunk"1)  (BERU) ausgestrahlten Stücks "Nun singen sie wieder"3) (EA: 24.11.1946) nach dem gleichnamigen Drama1) von Max Frisch1) und als der Falschspieler Uteschitelny in dem von "RIAS Berlin"1) gesendeten Hörspiel "Die Spieler"3) (EA: 15.12.1946), inszeniert von Hanns Korngiebel1) nach der gleichnamigen Komödie1) von Nikolai Gogol1) unter anderem mit Erich Fiedler (Spieler Icharew), Max Grothusen1) (Spieler Schwochnew) und Harry Flatow (Spieler Oberst Krugel).
 
Der Ende Januar 1938 zum "Staatsschauspieler"1) ernannte Max Gülstorff starb am 6. Februar 1947 – wenige Wochen vor seinem 65. Geburtstag – in Berlin an den Folgen einer Lungenentzündung. Noch wenige Tage zuvor hatte er unter der Regie von Thomas Engel1) in der deutschen Uraufführung (Premiere: 24.01.1947) des Dramas "Pastor Hall" von Ernst Toller1) am "Deutschen Theater" auf der Bühne gestanden und an der Seite von Protagonist Ernst Sattler1) sowie unter anderem Käthe Haack (Halls Frau Ida), Eduard von Winterstein (General bzw. Arzt von Grotjahn), Angelika Hurwicz (Jule, Hausmädchen im Pfarrhaus) und Gerhard Bienert (Häftling Hofer) den Schuhmachermeister Traugott Pipermann verkörpert. Tollers letztes Werk "Pastor Hall" (1938) behandelte die authentische Geschichte des protestantischen Geistlichen Martin Niemöller1), der aufgrund kritischer Stellungnahmen gegen das NS-Regime in das "KZ Dachau"1) deportiert wurde → spiegel.de.
Die letzte Ruhe fand der Schauspieler auf dem evangelischen "Friedhof Lichtenrade"1) (16 W 614/615) im Berliner Ortsteil Lichtenrade1); die Grabstätte wurde seit dem Senatsbeschluss vom 11.02.1952 bis 2014 als "Ehrengrab des Landes Berlin"1) geführt → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons sowie knerger.de.
  Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) ARD Hörspieldatenbank
*) Mac Walten, das ist der Verwandlungskünstler Max Grünthal, der als "Mac Walten" bzw. der "Mann mit dem geheimnisvollen Rock" auftrat. Er verabschiedete sich 1920 von der Bühne, eröffnete in der Berliner Friedrichstraße ein Fotostudio und lichtete viele Artistenkollegen in Originalposen ab. Seine Spur verliert sich im Jahre 1936, nachdem er als Jude vor den Nazis in die Niederlande geflohen war. (Quelle: www.scheinschlag.de)
Lizenz Foto Max Gülstorff (Urheber: Mac Walten): Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei.
Lizenz Standfotos/Szenenfoto aus "Der Henker von Sankt Marien" (1920): Dieses Bild ist gemeinfrei, da das Urheberrecht abgelaufen und der Autor anonym ist. Das gilt in der EU und solchen Ländern, in denen das Urheberrecht 70 Jahre nach anonymer Veröffentlichung erlischt.
  
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de,  Murnau Stiftung, geschichtewiki.wien.gv; R: Regie)
Stummfilme (Auszug) Tonfilme
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