Über zwei Jahrzehnte lang war er einer der größten deutschen Schauspieler, für viele sogar "der Jahrhundertschauspieler": Heinrich George

Geboren am 9. Oktober 1893 in Stettin1) (heute Polen) als Georg August Friedrich Hermann Schulz (seit 1932 auch mit bürgerlichem Namen Heinrich George) und Sohn eines ehemaligen Deckoffiziers besuchte er später die Oberrealschule in Berlin und zeigte schon als Schüler großes Interesse für das Theater; noch vor dem Abitur verließ er die Schule, um in seiner Geburtsstadt Schauspielunterricht zu nehmen. Erste Engagements am Stadttheater in Kolberg (heute Kołobrzeg1), Polen),  in Bromberg (heute Bydgoszcz1), Polen) sowie am Hoftheater von Neustrelitz1) in Mecklenburg schlossen sich ab 1912 an. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges meldete sich der junge Schauspieler freiwillig zu den Pionieren, wurde im Winter 1915 schwer verwundet und 1917 aus dem Kriegsdienst entlassen.
Sogleich setzte George seine Laufbahn als Schauspieler fort, zur Spielzeit 1917/18 erhielt er ein Engagement am "Albert-Theater"1) in Dresden, wechselte dann für drei Jahre nach Frankfurt am Main an das dortige Schauspielhaus1) (1918–1921), gab seit 1920 bereits erste Gastspiele in Berlin, wo er sich als Ensemblemitglied des "Deutschen Theaters"1) 1922 endgültig niederließ. Ein Jahr später gründete er unter anderem mit Alexander Granach und Elisabeth Bergner das "Schauspielertheater", ein Versuch prominenter Schauspieler, sich vom kommerziellen Theaterbetrieb unabhängig zu machen.

Heinrich George als Goethes "Götz von Berlichingen"
Foto um 1935 → Info-Karte
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_bika024_0000497_motiv)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Heinrich George als "Götz von Berlichingen"; Foto um 1935; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_bika024_0000497_motiv); Eigentümer/Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Quelle: www.deutschefotothek.de
Im Verlaufe der nächsten Jahre avancierte George zu einem der renommiertesten Charakterdarsteller des Theaters, brillierte sowohl in klassischen als auch modernen Stücken, feierte Triumphe beispielsweise als Wallenstein1), Falstaff1), Faust1), Götz von Berlichingen oder als Kurfürst im "Prinz Friedrich von Homburg"1). Er arbeitete mit den Galionsfiguren des linken Theaters zusammen, so mit Bertolt Brecht1) und zwischen 1925 und 1928 an der "Volksbühne"1) mit Erwin Piscator1); ab 1927 inszenierte George auch selbst am Theater.
Auf der expressionistischen Bühne der 1920er Jahre hatte George unter der Regie Erwin Piscators als Protagonist Hinkemann in Ernst Tollers1) gleichnamigen Kriegsheimkehrer-Stück1), in Dramen von O'Neill und anderen die ersten Erfolge gefeiert, die zu Stufen eines raschen und eindrucksvollen Aufstiegs zu jener Höhe wurden, auf der Künstlerpersönlichkeiten wie Paul Wegener, Werner Krauss, Eugen Klöpfer und Emil Jannings die Bühne jener Zeit beherrschten. Eine beeindruckende Darstellung brachte George beispielsweise 1925 mit der Figur des Dieners Länsmann in August Strindbergs1) Märchenspiel "Die Kronbraut" ("Kronbrude") auf die Bühne, Shakespeare, Schiller, Hebbel und Ibsen gaben ihm große Heldenrollen als "Othello"1), "Macbeth"1), "Falstaff", "Peer Gynt"1) oder dem Reichsvogt Gessler im "Wilhelm Tell"1), zu denen 1930 seine stärkste Rolle, der "Götz von Berlichingen" in der Urfassung, trat, den er in unvergesslicher Weise verkörperte. Weitere Rollen waren unter anderem "Der Marquis von Keith" von Frank Wedekind1), die Gerhart Hauptmann1)-Figuren "Florian Geyer"1) und  "Fuhrmann Henschel"1) sowie später immer wieder Calderón de la Barcas "Der Richter von Zalamea"1).
Foto (Originalbeschreibung): Besuch bei Heinrich George in Wannsee, Bismarckstr. 34, vor seinem Haus mit seiner Dogge "Fellow" (Foto: Waske, Aufnahme: 1930er Jahre);  Fotograf: Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-H09160; Bruno Waske / Datierung: 1930 / Lizenz CC-BY-SA 3.0. Seit Anfang der 1920er Jahre übernahm George Rollen in Stummfilmproduktionen, gleich mit einem seiner ersten Filme, dem Biopc "Kean"1) (1921) über den Schauspieler Edmund Kean1) machte er als Protagonist auf sich aufmerksam. Es folgten Streifen wie "Die Perlen der Lady Harrison" (1922) oder "Der Mensch am Wege"1) (1923), in Stummfilmen wie "Das Panzergewölbe"1) (1926) oder Fritz Langs Klassiker "Metropolis"1) (1927) fühlte sich der Schauspieler jedoch ohne Sprache beengt, erst mit dem Tonfilm konnte er die gesamte Bandbreite seiner schauspielerischen Möglichkeiten voll zum Ausdruck bringen → Übersicht Stummfilme. Der Erfolg seiner ersten Tonfilme führte den Schauspieler im Januar 1931 auch nach Hollywood, wo er an zwei deutschsprachigen Filmen der "Metro-Goldwyn-Mayer" mitwirkte. Doch George kehrte nach Deutschland zurück, da er als deutschsprachiger Schauspieler im amerikanischen Film keine Zukunft für sich sah.
 
Foto (Originalbeschreibung): Besuch bei Heinrich George in Wannsee, Bismarckstr. 34,
vor seinem Haus mit seiner Dogge "Fellow" (Foto: Waske, Aufnahme: 1930er Jahre)
 
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-H09160;
Fotograf: Bruno Waske / Datierung: 1930 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz
wurde am 11.10.2010 erteilt. Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-H09160 bzw. Wikimedia Commons
Zu seinen bedeutenden frühen filmischen Leistungen gehören beispielsweise der Gastwirt Dickert in Robert Wienes "Der Andere"1) (1930), einem Remake des gleichnamigen Stummfilms1) von Max Mack1) aus dem Jahre 1913, an der Seite von Fritz Kortner, der hartgesottene Knastbruder Butch in "Menschen hinter Gittern"1) (1931), der (grandiose) Franz Biberkopf in "Berlin – Alexanderplatz"1) (1931), die Rolle des Rektors in Carl Froelichs "Reifende Jugend"1)  (1933), der Baron von Wehrhahn in Jürgen von Altens Hauptmann-Adaption "Der Biberpelz"2) (1937) oder die Titelfigur in "Der Postmeister" (1940), nach der Novelle von Alexander Puschkin1). Hans Steinhoff besetzte ihn mit der Figur des Arztes Dr. Hans Stockmann in seiner Ibsen-Verfilmung "Ein Volksfeind"1) (1937), in "Das unsterbliche Herz"1) erlebte man ihn 1939 als "Uhrenerfinder" Peter Henlein1), in "Don Pedro soll hängen"2) (1941) als Kellner Manuel, in "Hochzeit auf dem Bärenhof"1) (1942) als den Herren auf Bärenhof, Baron von Hanke, und in "Der Verteidiger hat das Wort"2) (1944) war er der Strafverdteidiger Justizrat Jordan.
George, der seine Schauspieltechnik einmal als "kontrollierte Trance" bezeichnet hat ("Berliner illustrierte Nachtausgabe", 08.10.1943), hatte seine besten Szenen immer dann, wenn er ganze Passagen in einem Stück durchgehend spielen konnte, so gilt beispielsweise seine als Schriftsteller Émile Zola1) gehaltene Verteidigungsrede in Richard Odwalds Drama "Dreyfus"1) (1930) mit Fritz Kortner in der Rolle des Hauptmanns Alfred Dreyfus1) noch heute als "meisterlich".

Foto: Heinrich George als Peter Henlein
in "Das unsterbliche Herz"1), einem Drama aus dem Jahre 1939 
Foto mit freundlicher Genehmigung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Heinrich George als als Peter Henlein in "Das Unsterbliche Herz", einem Drama aus dem Jahre 1939; Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
"Der Postmeister" ist einer der nachhaltigsten Filme des großen deutschen Schauspielers Heinrich George. Es ist nicht nur einer seiner berühmtesten Filme, sondern auch eines der besten Beispiele für Filmpropaganda während des Dritten Reiches, auch wenn der Filminhalt scheinbar ganz unpolitischer Natur war. Denn nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 verschwand "Der Postmeister" schnell aus den deutschen Lichtspielhäusern, weil er vom nunmehrigen Feind ein zu menschliches und freundliches Bild zeichnete. In der Zeit vor dem "Unternehmen Barbarossa"1), der Ära des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts1) zwischen Hitler1) und Stalin1), war es genau umgekehrt.
  
Der Postmeister
Uraufführung: 25. April 1940
Regie: Gustav Ucicky
Drehbuch: Gerhard Menzel
Musik: Willy Schmidt-Gentner
Darsteller/-innen:
Heinrich George (Der Postmeister), Hilde Krahl (dessen Tochter Dunja),
Siegfried Breuer (Rittmeister Minskij), Hans Holt (Fähnrich Mitja),
Ruth Hellberg (Elisawetha), Margit Symo (Mascha),
Frida Richard (alte Frau im Zugabteil), Alfred Neugebauer (Gutsbesitzer),
Franz Pfaudler (Knecht Pjotr), Leo Peukert (Oberst),
Erik Frey (Sergej), Reinhold Häussermann (Schneider),
Auguste Pünkösdy (Wirobowa), Oskar Wegrostek (Hausknecht beim Rittmeister),
Hugo Gottschlich (Diener des Rittmeisters), Anton Pointner (Kavalier an der Newa-Brücke),
Karl Ehmann (alter Hausbewohner Sascha), Mimi Stelzer (Katja, Köchin des Rittmeisters),
und andere

"Der Postmeister" gilt als eine der schönsten Novellen Alexander Puschkins, die in der Sammlung
"Die Geschichten des verstorbenen Iwan Petrowitsch Belkin" enthalten ist.
Regisseur Gustav Ucicky hat den Stoff mit hervorragenden Darstellern und kunstvoller Kameraführung meisterlich verfilmt.
Die Produktion gewann bei den "Internationalen Filmfestspielen von Venedig" 1940 den "Mussolini-Pokal" als "Bester ausländischer Film". 
Heinrich George und Hilde Krahl während der Dreharbeiten zum Film "Der Postmeister" in Wien; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft / Urheber: Franz Blaha; Copyright ÖNB/Wien/Franz Blaha; Datierung: 17.11.1939; Bildarchiv Austria (Inventarnummer 12590/1)

Wer immer die schöne Dunja, Tochter des liebenswürdigen, etwas naiven Postmeisters, erblickt, ist bezaubert von der Anmut und dem Charme der jungen Frau. So ergeht es auch dem Rittmeister Minskij, der Dunja gehörig den Kopf verdreht und sie schließlich überredet, ihr Dorf zu verlassen und mit ihm nach St. Petersburg zu gehen. Dem Vater erzählt der weltgewandte Offizier, er wolle Dunja heiraten – doch anstatt seine ehrbaren Absichten wahr zu machen, entehrt der zynische Lebemann das Mädchen und degradiert es zur Maitresse der vornehmen Petersburger Gesellschaft.
Zwar ist Dunja der Mittelpunkt jeder Feierlichkeit, aber in den Armen der dekadenten Herren findet sie weder Respekt, noch Liebe. Als sie eines Tages den gutherzigen Fähnrich Mitja kennen lernt, der nichts von ihrem Leben weiß, glaubt Dunja, die Liebe ihres Lebens gefunden zu haben. Ihren unglücklichen Vater erreichen derweil Gerüchte vom Treiben seiner Tochter. Voller Wut und Verzweiflung macht sich der Postmeister auf den Weg nach St. Petersburg. Um ihm die grausame Wahrheit zu ersparen, lässt Dunja sich auf einen Handel mit ihrem Verführer Minskij ein: sie verspricht ihm wieder gefügig zu sein, wenn er ihr hilft, dem Vater eine glückliche Vermählung vorzuspielen…

(Quelle: www.deutsches-filminstitut.de)
 
Heinrich George und Hilde Krahl während der Dreharbeiten
zum Film "Der Postmeister" in den Wiener "Rosenhügel-Filmstudios"
 
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)
Körperschaft / Urheber: Franz Blaha → bildarchivaustria.at;
© ÖNB/Wien/Franz Blaha; Datierung: 17.11.1939
Bildarchiv Austria (Inventarnummer 12590/1)

Die Darstellung des Postmeisters gilt – neben der Rolle des Franz Biberkopf in der Verfilmung des Romans "Berlin Alexanderplatz" (1931) von Alfred Döblin – als Georges größte filmschauspielerische Leistung. Der Regisseur Jürgen Fehling (1885 – 1968) schrieb über Georges Interpretation des getäuschten, liebenden Vaters: "Ich habe ihn geliebt wie keinen anderen Schauspieler deutscher Zunge. Er war ein elementarer Schauspieler (…) der heisere Rabe konnte wie ein Troubadur zur Laute bestrickend singen, und im Postmeister tanzte er wie ein (…) mozärtlicher Elephant (…) ein Granitblock, dem diamantene Tränen entfallen (…) mit einem Ausmaß an Phantasie, das Gott in hundert Jahren nur ein paar Mal an Schauspieler verschenkt."

Siehe auch Wikipedia

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Heinrich George (Mitte) bei einem Gastspiel des Gastspiel des Berliner Schiller-Theaters mit Robert Ley und Gisela Uhlen (1941); Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-R1213-0502; Fotograf: Unbekannt / Datierung: Januar 1941 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Heinrich George (Mitte) bei einem Gastspiel des Berliner "Schillertheaters"
im besetzten Frankreich mit Robert Ley1) und Gisela Uhlen (1941)
 
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Bild 183-R1213-0502;
Fotograf: Unbekannt / Datierung: Januar 1941 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv Bild 183-R1213-0502 bzw. Wikimedia Commons
    
War Heinrich George in den 1920er Jahren Sympathisant der Kommunisten gewesen, so wandelte er sich jedoch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zum bereitwilligen Unterstützer der neuen Ideologie. Er spielte Hauptrollen, wenn auch nur wenige, in notorischen NS-Propagandafilmen wie "Hitlerjunge Quex"1), dem unsäglichen Hetzfilm "Jud Süß"1) und dem Durchhaltestreifen "Kolberg"1). Schließlich wurde er als "Staatsschauspieler" ausgezeichnet und bekam 1937 die Intendanz des Berliner "Schillertheaters"1) übertragen, die er Ende 1938 nach dem Umbau des Hauses antrat. George holte die großen Regisseure jener Zeit wie Jürgen Fehling1) und Walter Felsenstein1), Schauspieler wie Paul Wegener und Horst Caspar, Ernst Legal und den jungen Will Quadflieg an die Bühne und spielte seine berühmten Rollen mit vitaler Kreatürlichkeit und Urigkeit. "Er war ein so besessener Schauspieler, dass er ohne Theater nicht hätte leben können", urteilte Will Quadflieg über seinen ehemaligen Kollegen und Intendanten Heinrich George. Er nahm jedoch auch Künstler unter Vertrag, die dem NS-Regime "unerwünscht" waren, darunter den Kunsthistoriker Wilhelm Fraenger1) (als Kommunist 1933 in Heidelberg entlassen), den katholischen Schauspieler Robert Müller1) (gemäß der so genannten nationalsozialistischen Rassegesetze1) als Jude entlassen), den Grafiker Karl Rössing1) (Kommunist) und dessen Schüler Günther Strupp1)
Heinrich George als Herzog Karl Eugen von Württemberg in "Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies", einem Historienfilm aus dem Jahre 1940; Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung Vielleicht war es gerade Georges Besessenheit, die ihn die Augen vor der Propaganda-Maschinerie der Nazis verschließen ließ: In "Hitlerjunge Quex" (1933), einem der ersten Filme, die die Machtübernahme offen feierten, spielte er einen zum Nationalsozialismus bekehrten Kommunisten. In den folgenden Jahren gehörte auch George zu den herausragenden Repräsentanten des NS-Films, wobei er sich als überaus wandlungsfähiger Schauspieler erwies: In historisch-biografischen Filmen, wie "Das unsterbliche Herz"1) (1939) und "Andreas Schlüter"1) (1942) verkörperte der wuchtige Schauspieler Führerpersönlichkeiten, die unbedingten Gehorsam fordern.
 
Foto: Heinrich George als Herzog Karl Eugen von Württemberg1)
in "Friedrich Schiller – Der Triumph eines Genies1)
einem Historienfilm aus dem Jahre 1940
 mit Horst Caspar als Friedrich Schiller
Foto mit freundlicher Genehmigung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
In dem Hetzfilm "Jud Süß"1) (1940), einem der infamsten NS-Propagandafilme, lieferte er als dekadent-vergnügungssüchtiger Karl Alexander1), Herzog von Württemberg, sein Land bedingungslos seinem jüdischen Finanzberater Joseph Süß Oppenheimer (Ferdinand Marian) aus. In dem Durchhaltestreifen "Kolberg"1) (1945), einer von Georges letzten Filmen, rief er als Bürgermeister Joachim Nettelbeck1) die von Napoleons Truppen belagerten Stadt zur Verteidigung um jeden Preis auf; diese beiden Produktionen gelten bis heute als "Vorbehaltsfilme"1) und dürfen nur mit Zustimmung der "Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung"1) bzw. zu deren Bedingungen gezeigt werden → Übersicht Tonfilme mit Heinrich George.
Nach dem Zusammenbruch und Ende des 2. Weltkrieges wurde George im Juni 1945 nach einer Denunziation von den Russen verhaftet und in Hohenschönhausen1) (Speziallager Nr. 3) interniert, später in das sowjetische "Speziallager Nr. 7"1), das ehemalige "KZ Sachsenhausen"1) bei Oranienburg verbracht, das den Russen nach dem Sieg über die Nazis in die Hände gefallen war.

Heinrich George Mitte Februar 1943 bei einer Kundgebung
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Ausschnitt Bild 183-J03249;
Fotograf: Schwahn / Datierung: 18.02.1943 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz wurde
 am 11.10.2010 erteilt. Originalfoto und Beschreibung:
Deutsches Bundesarchiv Bild 183-J03249 bzw. Wikimedia Commons

Heinrich George Mitte Februar 1943 bei einer Kundgebung; Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, Ausschnitt Bild 183-J03249; Fotograf: Schwahn / Datierung: 18.02.1943 / Lizenz CC-BY-SA 3.0; Genehmigung des Bundesarchivs zur Veröffentlichung innerhalb dieser Webpräsenz wurde am 11.10.2010 erteilt. Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv Bild 183-J03249 bzw. Wikimedia Commons
Trotz geschwächten Gesundheitszustandes und seelischen Leidens gelang es dem besessenen Theatermimen während der Internierung eine Lager-Theatertruppe zusammenzustellen und mit dieser den "Faust"1) mit sich selbst in der Titelrolle einzustudieren.
Der einst so vitale und schwergewichtige Heinrich George starb am 25. September 1946 – zwei Wochen vor seinem 53. Geburtstag – völlig entkräftet in Sachsenhausen vermutlich an einem Hungerödem. Die Lagerverwaltung hatte den praktischen Arzt Dr. Schumann gedrängt, als Todesursache "An den Folgen einer Blinddarmoperation" einzutragen, was dieser als offenkundig falsch jedoch ablehnte, notiert Wikipedia. Als "Sondervergünstigung" wurde von der Lagerkommandantur ein Sarg bewilligt, in dem Heinrich George im angrenzenden Oranienburger Wald begraben wurde. Nach dem Ende der DDR wurde das lange verschollene Grab ausfindig gemacht, die sterblichen Reste identifiziert und George schließlich Mitte Oktober 1994 auf dem Berliner "Friedhof  Zehlendorf"1) im Kreise von Familie und Freunden beigesetzt → Foto der Grabstätte bei Wikimedia Commons.
 
Mag Georges Wirken während der Nazi-Zeit auch umstritten sein, unbestritten ist die schauspielerische Kraft und Dominanz des vielschichtigen Charakterdarstellers. Mehr als 50 Jahre nach dessen Tod im NKDW-Lager Sachsenhausen plädierten mit Will Quadflieg, Gisela Uhlen und vielen anderen nicht zuletzt auch Georges Söhne Götz und Jan für ein Ende der Verurteilung Heinrich Georges als Nazi und Staatskünstler des "Dritten Reiches".
Heinrich George als "Quacksalber" Rasmus Thomsen in "Der kluge Mann", einer Komödie von Paul Sarauw (1883-1959) am Berliner "Schillertheater"; Datierung: 17.12.1937; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: New York Times Photo; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 17.12.1937; Bildarchiv Austria (Inventarnummer FO300154/01) Tatsächlich war George nie Mitglied irgendeiner Parteiorganisation der NSDAP, tatsächlich hat seine Moskauer Akte kein belastendes Material hervorgebracht. Beifall und Begünstigung der braunen Elite hat er freilich gern genossen, hat ihr formell gehuldigt und in den meisten "großen" Propagandafilmen wichtige Rollen gespielt. Heinrich George war der einzige unter Deutschlands bedeutenden Künstlern, der nach Kriegsende ein solch tragisches Ende fand, zurück blieb das hässliche Bild eines Mitläufers. Ihm bot sich nicht wie seinen Kollegen die Chance, durch neue Arbeiten das einstige Bild verblassen zu lassen und Korrekturen einzufordern. Überlebt hat er in den Erinnerungen, in den Filmen – und in seinem berühmten Sohn Götz George.
Seit 1933 war Heinrich George mit der Schauspielerin Berta Drews (1905 – 1987) verheiratet gewesen, die häufig mit ihm auf der Bühne stand. Sohn Götz George kam 1938 zur Welt und avancierte später ebenfalls zu einem hoch angesehenen Schauspieler; Götz George starb am 19. Juni 2016 rund vier Wochen vor seinem 78. Geburtstag. Der ältere Bruder Jan George (geb. 1931) machte sich einen Namen als Fotograf, Dokumentar- und Werbefilmer.
 
Heinrich George als "Quacksalber" Rasmus Thomsen in
"Der kluge Mann", einer Komödie von Paul Sarauw (1883-1959)
am Berliner "Schillertheater"; Datierung: 17.12.1937
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: New York Times Photo; © ÖNB/Wien; Datierung: 17.12.1937
Bildarchiv Austria (Inventarnummer FO300154/01)
Über den großen Charakterdarsteller Heinrich George ist viel geschrieben worden: Im März 2000 veröffentlichte der Historiker Kurt Fricke1) "Spiel am Abgrund. Heinrich George, eine politische Biographie"; das Buch entstand 1999 aus einer Dissertation an der MLU Halle-Wittenberg und enthält eine Fülle von dokumentarischem Material.
Behandelt wird der Aufstieg Georges zum umjubelten Film- und Theaterstar in der Weimarer Republik, sein Engagement für die sozial Schwachen in dieser Zeit, seine Tätigkeit unter Erwin Piscator, seine Entscheidung 1933 in Deutschland zu bleiben, die Einbindung in den NS-Kulturbetrieb, die Hilfe für gefährdete Kollegen und Mitmenschen sowie das Ende in sowjetischer Lagerhaft.
Bereits 1996 war von Peter Laregh  das Werk "Heinrich George. Komödiant seiner Zeit" erschienen sowie zwei Jahre später "Heinrich George. Mensch, aus Erde gemacht. Die politische Biographie" von Werner Maser1). Basierend auf teils sensationellen Dokumenten aus deutschen und russischen Archiven, zeichnet das Buch umfassend die immer wieder kontrovers diskutierten politischen Intentionen des großen Schauspielers Heinrich George nach, seine "Beziehungen" zu den jeweiligen Machthabern, seine innere Haltung wie öffentliche Wirkung. 

Porträt Heinrich George 1943
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Weltbild; © ÖNB/Wien; Datierung: 07.10.1943
Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P619)

Porträt Heinrich George 1943; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Weltbild; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 07.10.1943; Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P619)
Große Resonanz rief das von SWR-Autor Joachim A. Lang1) in Szene gesetzte Doku-Drama "George"1) hervor, welches nach der Uraufführung (21.06.2013) beim "Festival des deutschen Films" sowie der Präsentation (02.07.2013) im Berliner Kino "Babylon" am 22. Juli 2013 erstmals bei ARTE und zwei Tage später in der ARD ausgestrahlt wurde. Der Film fand nicht zuletzt wegen seines Hauptdarstellers ungemeine Beachtung und sorgte für Schlagzeilen – Sohn Götz George schlüpfte in die Rolle seines "Übervaters", der wegen seiner Verstrickungen im Nationalsozialismus nicht ganz unumstritten ist. Wikipedia notiert: "Szenische Filmelemente und Rückblenden durch historisches Filmmaterial zeigen die wichtigsten Stationen im Leben des Schauspielers Heinrich George seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten bis hin zu seiner letzten Theatervorstellung im Gefangenenlager Hohenschönhausen. Der Film baut sich anhand von Verhören auf, denen sich Heinrich George stellen muss. Das russische Volkskommissariat für innere Angelegenheiten (NKWD) versucht Georges Verstrickungen im NS-Regime nachzuvollziehen. Thematisiert werden Georges Rollen in den Propagandafilmen "Jud Süß" oder "Kolberg", ebenso wie sein Engagement für jüdische Kollegen und Oppositionelle, während er das "Schillertheater" leitete. In realen Szenen erklärt Götz George, wie es für ihn war, seinen eigenen Vater zu spielen."
Auch die anderen Rollen waren prominent besetzt, so spielte unter anderem Martin Wuttke1) den NS-Propagandaminister Joseph Goebbels1), Muriel Baumeister1) Georges Ehefrau Berta Drews, Thomas Thieme den Schauspieler Paul Wegener, Hanns Zischler den Maler Max Beckmann1) und Burghart Klaußner den Pianisten Helmut Maurer, Heinrich Georges Mithäftling im sowjetischen Gefangenenlager Hohenschönhausen; als Zeitzeugin  kam die damals 95-jährige Anneliese Uhlig zu Wort.
Textbausteine des Kurzportraits aus:
"Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars"*)
"CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" sowie prisma.de;
Siehe auch www.dhm.decyranos.ch, Wikipedia, www.ufa.de sowie
Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR, deutsches-filminstitut.de und filmportal.de
Fotos bei virtual-history.com
*) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 120/121)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de
Lizenz Portrait Heinrich George (Urheber Hans Rewald): Der Urheber dieses Werks ist 1944 gestorben; es ist daher gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für das Herkunftsland des Werks und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 75 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Portrait des Heinrich George von Hans Rewald (1886 – 1944), veröffentlicht in "Jugend" – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben (Ausgabe Nr. 20/1929 (Mai 1929)); Quelle: Wikimedia Commons von "Heidelberger historische Bestände" (digital); Lizenz: gemeinfrei Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia (deutsch/englisch), filmportal.de)
 
Portrait des Heinrich George
von Hans Rewald (1886 – 1944),
veröffentlicht in "Jugend" –
Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben
(Ausgabe Nr. 20/1929, Datum Mai 1929)
Quelle: Wikimedia Commons
von "Heidelberger historische Bestände" (digital)
Angaben zur Lizenz siehe hier
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