Filmografie / Hörspiel
Der Schauspieler und Regisseur Ernst Stahl-Nachbaur erblickte am 6. März 1886 als Ernst Julius Emil Guggenheimer in München das Licht der Welt. Der Sohn des Staatsanwaltes1) Dr. Guggenheimer besuchte 1904 die Kadettenschule in München, um auf Wunsch des Vaters eine Offiziers-Laufbahn einzuschlagen. "Meine schauspielerische Begabung wurde schon gelegentlich einer Kadetten-Aufführung von "Wallensteins Lager"2), in der ich den Kapuziner gab, entdeckt. Später marschierte ich als jugendlicher Held auf die Bretter. Vorher hatte es aber noch einen sehr schlichten Abschied zu Hause gegeben, denn mein Vater gab jeden Verkehr mit dem Komödiantensohn auf. Erst ein volles Jahrzehnt später, als ich mich durchgesetzt hatte, söhnten wir uns wieder aus." ließ Stahl-Nachbaur sein Publikum später wissen.*) 
Nach einer Ausbildung in Dresden (1904/05) bei dem Schauspieler, Theaterwissenschaftler und Regisseur Professor Adolf Winds (1855 – 1927) erhielt Stahl-Nachbaur 1905 ein erstes Engagement in Hanau und debütierte als Ferdinand in dem Schiller-Drama "Kabale und Liebe"2). Bis 1913 sammelte er weitere Bühnenerfahrungen in der Provinz, trat unter anderem am "Stralsunder Theater"2), in Neustrelitz2), Lübeck1) und Straßburg2) (Elsass) auf. Zur Spielzeit 1913/14 wurde er an die "Münchner Kammerspiele"2) verpflichtet, wo er mit Unterbrechungen bis 1916 blieb – zwischen 1914 und 1916 leistete er als Freiwilliger seinen Dienst während des 1. Weltkrieges ab.
Noch während des Krieges zog es ihn Anfang 1918 nach Wien an die "Neue Wiener Bühne"3), anschließend in die Metropole Berlin. Hier wirkte Stahl-Nachbaur zunächst an der "Volksbühne"2) (1918–1921), wo man ihn unter anderem 1918 in Inszenierungen von Friedrich Kayßler erlebte, so im Oktober in der Komödie "Der Kirschgarten"2) von Anton Tschechow2) (P: 09.10.1918) und im November in dem Schiller-Drama "Wilhelm Tell"2) (P: 23.11.1918).
Ernst Stahl-Nachbaur 1919 in dem Drama "Die Bürger von Calais"an der Berliner "Volksbühne" auf einer Fotografie des Fotoateliers "Zander & Labisch"; Urheber Siegmund Labisch1) (1863–1942); Quelle: www.cyranos.ch Anfangs als jugendlicher Held und Liebhaber, später als Grandseigneur oder mit väterlichen Figuren besetzt, avancierte Stahl-Nachbaur rasch zum gefeierten Bühnenstar. An der "Volksbühne" brillierte er in Stücken von Georg Kaiser2), so 1919 mit der Hauptrolle des Milliardärssohns in dem expressionistischen Schauspiel "Gas" (P: 25.02.1919) und als reicher Bürger Eustache de Saint-Pierre in dem Drama "Die Bürger von Calais"2) (P: 20.09.1919) – jeweils inszeniert von Paul Legband2). Unter anderem zeigte er sich im Frühjahr 1920 in den Aufführungen der Hebbel-Tragödie "Gyges und sein Ring"2) (P: 18.02.1920, R:  Guido Herzfeld), dem Strindberg-Drama "Nach Damaskus2), Teil 1" (P: 18.03.1920, R: Friedrich Kayßler), dem Versdrama "Der Richter von Zalamea" von Pedro Calderón de la Barca2) (P: 21.05.1920, R: Guido Herzfeld), zur Spielzeit 1920/21 in dem Schiller-Trauerspiel "Kabale und Liebe"2) (P: 02.10.1920, R: Johannes Klaudius) sowie erneut unter der Regie von Friedrich Kayßler in dem 2. und 3. Teil von Strindbergs "Nach Damaskus". Zuletzt gehörte er als Kreon2), König von Theben, zur Besetzung der von Jürgen Fehling inszenierten Tragödie "Antigone"2) des Sophokles2) (P: 09.04.1921). (P = Premiere, R = Regie)
    
Ernst Stahl-Nachbaur 1919 in dem Drama "Die Bürger von Calais"
an der Berliner "Volksbühne"
auf einer Fotografie des Fotoateliers "Zander & Labisch"
Urheber: Siegmund Labisch2) (1863–1942)
Quelle: cyranos.ch; Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
Anschließend wirkte Stahl-Nachbaur am "Preußischen Staatstheater"2), an den von Victor Barnowsky2) geleiteten "Barnowsky-Bühnen" (ab 1924), an der "Tribüne"2) und am "Theater in der Königgrätzer Straße" ("Hebbel-Theater"2)). Daneben spielte er bei Max Reinhardt2) am "Deutschen Theater"2) (1926), bei Erwin Piscator2) am "Theater am Nollendorfplatz"2) (1927/28, "Piscator-Bühne"2)), gab Gastspiele in Wien am "Theater in der Josefstadt"2) und am "Schauspielhaus Zürich"2) (1926/27).
Stahl-Nachbaur arbeitete mit den renommierten Regisseuren jener Ära zusammen, überzeugte sowohl in Stücken der Moderne als auch mit klassischen Rollen. Unter der Regie von Jürgen Fehling gestaltete er  Eduards2) Günstling Piers Gaveston2) in Bertolt Brechts2) Frühwerk "Leben Eduards des Zweiten von England" (1924) nach Edward II2) von Christopher Marlowe2), mit Leopold Jessner2) erarbeitete er den Herzog von Alba2) in dem Schiller-Drama "Don Karlos"2) (1922; "Preußisches Staatstheater"). In der gleichzeitig in mehreren Städten präsentierten Uraufführung (20.11.1926) des Schauspiels "Dorothea Angermann"2) von Gerhart Hauptmann2) interpretierte er in der Inszenierung von Max Reinhardt am "Theater in der Josefstadt" den Vater der von Dagny Servaes dargestellten Titelheldin, den gestrengen Dorfpastor Angermann, konnte ein Jahr später (12.11.1927) in einer weiteren Uraufführung mitwirken – als Ministerpräsident Alexander Kerenski in dem von Erwin Piscator an seiner eigenen Bühne in Szene gesetzten Stück "Rasputin, die Romanows, der Krieg und das Volk, das gegen sie aufstand" von Alexei Graf Tolstoi2) und Pawel Schtschegolew.
  
Neben seiner Arbeit als Bühnendarsteller trugen auch verschiedene Inszenierungen Stahl-Nachbaurs Handschrift, zur Spielzeit 1932/33 ging er als Regisseur und Schauspieler an das "Neue Schauspielhaus"2) in Königsberg2), wurde dort jedoch aus "rassischen Gründen" entlassen, da sein Vater Jude war. Dieser "Tatbestand" hatte bereits im Jahr der Machtübernahme2) zu seiner sofortigen Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis mit dem im städtischen Besitz der (nunmehr nationalsozialistisch kontrollierten) Ostpreußen-Metropole Königsberg befindlichen "Neuen Schauspielhaus", für das er als Regisseur wie als Schauspieler tätig gewesen war, geführt. Dass Ernst Stahl-Nachbaur nicht sofort automatisch einem Totalboykott zum Opfer fiel, verdankte er anderen Besitzverhältnissen, die bei seinen anschließenden Arbeitgebern (der Spielzeit 1933/34), dem Berliner "Theater in der Stresemannstraße"2) (Berliner Hypothekenbank A.G.) und dem Frankfurter "Neuen Theater"2) (Theaterbau A.G.), herrschten.**)   
Seit April 1934 aus der "Reichstheaterkammer"2) (RTK) ausgeschlossen, konnte Stahl-Nachbaur nur noch an Privatbühnen arbeiten, mit Antritt seines Engagements am Berliner "Schillertheater"2) wurde ihm im April 1937 auf besondere Fürsprache des Intendanten Heinrich George eine weitere Mitgliedschaft in der RTK bestätigt, was auch eine neuerliche Zulassung in der "Reichsfilmkammer"2) (RFK) nach sich zog. Im Tauziehen zwischen RTK und RFK wurde am 12. Januar 1939 ein neuerlicher Ausschlußbescheid der RFK erlassen mit dem ausdrücklichen Hinweis: "Diese Entscheidung ist endgültig, da sie im Einvernehmen mit dem Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ergeht"; ebenfalls im Januar 1939 verständigten sich RFK und RTK dahingehend, "daß mit Herrn George Einigkeit darüber bestände, daß Stahl-Nachbaur sein jetziges Engagement noch erfülle und dann (aus dem "Schillertheater") ausscheide. Im übrigen wisse Stahl-Nachbaur bereits, daß er ausscheiden müsse. Eine Begründung des Ausschlusses sei daher nicht notwendig" (mögliches Motiv: Stahl-Nachbaur hatte dort im Februar 1939 mit George in der Titelrolle Selma Lagerlöffs2) "Der Kaiser von Portugallien"2) inszeniert. Staatskommissar Hans Hinkel2) äußerte sich zu Stahl-Nachbaurs erfolgreichen Inszenierung folgendermaßen: "Ein Mann in ihrer Situation hätte sich klar darüber sein müssen, daß er sich einen solchen Erfolg nicht gestatten kann"; anschließend Verbot der Aufführung); das Engagement blieb aber auch über diesen Zeitpunkt hinaus bestehen; schließlich folgte Oktober 1939 ein nächster Erlaß der RFK, daß in Abänderung der früheren Entscheidung nunmehr "keine Bedenken bestehen, wenn der Schauspieler Ernst Stahl-Nachbaur im Film in Nebenrollen beschäftigt wird"; er spielte dann ca. 10 Filmrollen und wechselte 1943/44 vom "Schillertheater" ans "Theater in der Saarlandstraße" (vorher "Theater in der Stresemannstraße").***)
In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass auch Stahl-Nachbaur nach Kriegsende von den Sowjets zur nationalsozialistischen Haltung Heinrich Georges befragt wurde. George befand sich, nach einer Denunziation im Juni 1945 vom sowjetischen Geheimdienst des NKWD2) verhaftet, zunächst im Internierungslager Hohenschönhausen (Speziallager Nr. 32)), später im sowjetischen "Speziallager Nr. 7"2), dem ehemaligen "KZ Sachsenhausen"2) bei Oranienburg2). In der "Akte George" des KGB2) befindet sich ein Brief von Ernst Stahl-Nachbaur, der zwar auf die "väterliche Fürsorge des Intendanten" hinweist, George habe sich aber während des Krieges immer öfter zu "Lobhudeleien und 'Sieg Heil'-Wünschen" hinreißen lassen. Nach dem gescheiterten Attentat am 20. Juli 19442) habe George dem Schicksal gedankt und von allen verlangt, sich für den Sieg einzusetzen: "Wenn ihr nicht richtig arbeitet, schicke ich euch alle an die Front!" soll George geäußert haben.6)

   
Schon früh kam Ernst Stahl-Nachbaur zum Film, erhielt 1917 von Alfred Halm2) eine erste kleine Aufgabe im 1. Teil des nach dem Roman von Fedor von Zobeltitz2) gedrehten Drama "Das Geschlecht der Schelme"2) neben Friedrich Zelnik und dessen späteren Ehefrau Lya Mara. Seit Ende des 1. Weltkrieges stand er dann regelmäßig vor der Kamera und etablierte sich mit meist prägnanten Nebenrollen in der Stummfilmszene. Überwiegend mimte er in den Melodramen, Krimis und Abenteuern jener Ära Personen adligen Geblüts wie Fürsten, Barone und Grafen, Herren der Gesellschaft wie Minister, Professoren oder Direktoren. Wie schon am Theater arbeitete er intensiv mit Paul Legband2) zusammen, der ihn unter anderem mit der Titelrolle in der Frank Wedekind2)-Verfilmung "König Nicolo"2) (1919) an der Seite von Wedekind-Ehefrau Tilly (geborene Tilly Newes2)) als Prinzessin Alma sowie mit der Figur des Felippo in der nach der gleichnamigen Novelle2) von Heinrich von Kleist2) realisierten Adaption "Die Marquise von O."2) (1920) neben Hans Albers (Marquis von O.) und Herta Hedén (Nadine von Rochell) besetzte. Weitere von Legband realisierte Filme waren "Aus eines Mannes Mädchenjahren"2) (1919) mit Erika Glässner als "Bubmädchen" und Stahl-Nachbaur als "Bösewicht", gedreht nach dem 1907 von Karl M. Baer2) unter dem Pseudonym "N. O. Body" veröffentlichten gleichnamigen autobiografischen Buch, sowie das Drama "Nixchen" (1920) mit der heute vergessenen Ria Jende und Georg Alexander.
Karl Gerhardt2) betraute ihn mit der Titelrolle in der Tragödie "Johannes Goth"4) (1920) mit Carola Toelle (1893 – 1958) als Partnerin, die seine dritte Ehefrau wurde. Mit ihr spielte er unter anderem auch in dem Drama "Hazard"5) (1921) und in dem Historienfilm "Christoph Columbus"2) (1923), wo er neben Christoph Columbus2)-Darsteller Albert Bassermann den Herzog von Medina-Celli gab. Stahl-Nachbaur präsentierte sich auch schon mal als Kommissar wie in den Krimis "Vom Täter fehlt jede Spur"2) (1928) und "Kolonne X"2) (1929). Seine letzten beiden Stummfilme drehte er mit Regisseur Fred Sauer2): Mit Willi Forst als jungem Charmeur und Frauenheld Baron van Geldern sowie Marlene Dietrich als Evelyne Carstens entstsnd die tragisch endende Geschichte "Gefahren der Brautzeit"2) (1930), in der er den Amerikaner namens McClure mimte, der seinem Freund van Geldern schon zwei Mal das Leben gerettet hatte und diesem bei einer Einladung als "Überaschung" seine Verlobte Evelyne präsentierte. Was McClure nicht weiß, Evelyne und van Geldern hatten sich bereits zuvor kennen. und lieben gelernt … In "Stud. chem. Helene Willfüer"4) (1930) nach dem Roman von Vicki Baum2) war er der unglücklich verheiratete Professor Ambrosius, der von der Chemiestudentin Helene Willfüer (Olga Tschechowa) verehrt wird und schließlich nach melodramatischen Umwegen sein Glück mit ihr findet → Übersicht Stummfilme.
  
Szene mit Ernst Stahl-Nachbaur und Marlene Dietrich aus "Gefahren der Brautzeit" (EA: 21.02.1930); Quelle: virtual-history.com aus "Vom Werden deutscher Filmkunst/1. Teil: Der stumme Film" von Dr. Oskar Kalbus (Berlin 1935, S. 78); Lizenz: gemeinfrei
Szene mit Ernst Stahl-Nachbaur und Marlene Dietrich aus
"Gefahren der Brautzeit" (EA: 21.02.1930)
Quelle: virtual-history.com aus "Vom Werden deutscher Filmkunst/1. Teil: Der stumme Film"
von Dr. Oskar Kalbus2) (Berlin 1935, S. 78); Angaben zur Lizenz (gemeinfrei) siehe hier
  
Im Tonfilm sowie später im Fernsehen blieb Ernst Stahl-Nachbaur ein begehrter, vielbeschäftigter Darsteller, stand zwischen 1930 und Ende der 1950er Jahre für rund 70 Produktionen vor der Kamera. Eine seiner ersten Erfahrungen mit dem neuen Medium war die als Stummfilm begonnene, dann als Tonfilm fortgesetzte Liebesgeschichte "Es gibt eine Frau, die Dich niemals vergißt"2) (1930) mit Iván Petrovich und Lil Dagover sowie der Krimi "Der Schuss im Tonfilmatelier"2) (1930), wo er sich als Kriminalrat Holzknecht zeigte. Er "spielte soignierte Herren und hochgestellte Staatsrepräsentanten wie Stasatsmann Malesherbes2), Verteidiger von König Ludwig XVI.2), in dem Revolutionsepos "Danton"2) (1931) mit Fritz Kortner als Georges Danton2) und Gustaf Gründgens als dessen Gegenspieler Robespierre2), den Polizeichef in Fritz Langs2) frühem Tonfilm-Meisterwerk "M – Eine Stadt sucht einen Mörder"2) und den Kaiser Napoleon Bonaparte2) in Erik Charells2) Operetten-Kassenschlager "Der Kongreß tanzt"2) mit dem "Traumpaar Lilian Harvey (Christel Weinzinger) und Willy Fritsch (Zar Alexander von Russland bzw. dessen Doppelgänger Uralsky) – alle drei kurz hintereinander abgedrehte Spitzenproduktionen der Spielzeit 1930/31."**) Seine Arbeit für den Film schätzte Stahl-Nachbaur folgendermaßen ein: "Zuerst glaubte ich, als Bühnenschauspieler meine Filmaufgaben ohne weiteres bewältigen zu können, doch bald wurde mir der Unterschied klar. Der Film ist Bild- Gestaltung und wird immer nur im Bildlichen seinen Ausdruck finden können. Der Film-Schauspieler muß immer unmittelbar, scheinbar absichtslos, körperlich und mimisch das Leben der von ihm ganz erfühlten Rolle ausstrahlen. (…) Ich bin glücklich in meiner Tätigkeit als Filmschauspieler, der täglich, wenn gedreht wird, ganz da und gegenwärtig zu sein hat. Ich bin stolz darauf, einer Sache zu dienen, von deren ganz großer künstlerischer und dadurch menschlicher Bedeutung ich tief überzeugt bin."*)
  
Seine Domäne waren Honoratioren und "gravitätische Gentlemen der alten Schule"**), immer wieder wusste er sich als Arzt, Professor oder ranghoher Militär gekonnt in Szene zu setzten. In dem ganz auf Zarah Leander zugeschnittenen Historienfilm "Das Herz der Königin"2) (1940) über das Leben der schottischen Königin Maria Stuart trat Stahl-Nachbaur als Calvinistenführer John Knox2) auf, in Paul Verhoevens "Der große Schatten"2) (1942), mit Heinrich George gedreht nach Motiven des Stücks "Der Richter von Zalamea"2) von Pedro Calderón de la Barca2), als Intendant des Provinztheaters, in Veit Harlans mit Ehefrau Kristina Söderbaum gedrehten Melodram "Opfergang"2) (1944) als Sanitätsrat Dr. Terboven. Der bereits 1942/43 von Herbert Selpin gedrehte, tendenziöse Katastrophenfilm "Titanic"2) über den Untergang des Luxusliners "RMS Titanic"2) im Jahre 1912 mit Stahl-Nachbaur als Oberrichter gelangte erst Anfang Februar 1950 in die Lichtspielhäuser → Tonfilme bis 1945.
Im Nachkriegsfilm konnte der Schauspieler, wenn auch nur mit Nebenrollen, problemlos Fuß fassen. In dem von der DEFA2) produzierten, im Zirkus- und Varietémilieu angesiedelten Streifen "Allez Hopp"7) (1946; Regie: Hans Fritz Köllner2)) sollte er als alter Artist Karl Urmann eine Hauptrolle spielen, die Dreharbeiten wurden jedoch bereits nach wenigen Tagen abgebrochen, nachdem die DEFA-Leitung erhebliche handwerkliche Mängel konstatierte; das Material gilt als vernichtet. Mehrfach zeigte er sich in Uniform, so als deutscher Abwehr-General in dem melodramatischen Spionagefilm "Rittmeister Wronski"2) (1954) mit Willy Birgel in der Titelrolle, als Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe in "Der 20. Juli"2) (1955) über das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler2) vom 20. Juli 1944 mit Wolfgang Preiss als Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg2) und einmal mehr als General in der Satire "Der Hauptmann und sein Held"2) (1955), von Max Nossek2) gedreht mit Ernst Schröder und Jo Herbst nach der gleichnamigen Tragikomödie/dem Roman von Claus Hubalek2). Für Helmut Käutner2) verkörperte er in "Der Schinderhannes"2) (1958) nach dem Theaterstück "Schinderhannes"2) von Carl Zuckmayer2) an der Seite von Protagonist Curd Jürgens als Räuberhauptmann Johannes Bückler2), genannt "Schinderhannes", dessen Vater Kaspar Bückler. Bereits ein Jahr zuvor hatte er diese Figur in Peter Beauvais'2) TV-Fassung (1957) übernommen, in der Hans-Christian Blech den "Schinderhannes" darstellte. Mit der Rolle des Fürsten von Sachsen-Karlsburg, Onkel des Erbprinzen von Sachsen-Karlsburg Karl-Heinrich (Christian Wolff), in der Romanze "Alt Heidelberg"2) (1959) nach dem Schauspiel "Alt-Heidelberg"2) von Wilhelm Meyer-Förster2) verabschiedete sich Ernst Stahl-Nachbaur von seinem Kinopublikum → Übersicht Tonfilme nach 1945.
 
Nach Kriegsende wirkte Ernst Stahl-Nachbaur als Regisseur und Schauspieler weiterhin erfolgreich an Berliner Bühnen, unter anderem am "Theater am Kurfürstendamm"2), am "Hebbel-Theater"2), am "Renaissance-Theater"2), am "Schlosspark Theater"2), an der "Freien Volksbühne"2) und an der "Tribüne"2); daneben übernahm er Gastverpflichtungen am "Düsseldorfer Schauspielhaus"2) und den "Münchner Kammerspielen"2). Am "Renaissance-Theater" spielte er beispielsweise im Juni 1945 in einer der ersten Inszenierung nach der Wiedereröffnung, gegeben wurde die Groteske "Der grüne Kakadu"2) von Arthur Schnitzler2) (Regie: Karlheinz Martin2)). Im Dezember 1949 gehörte er zur Besetzung des Dramas "Die Wildente"2) von Henrik Ibsen2) (Regie: Kurt Raeck2)), im Oktober 1957 wirkte er in der von Leonard Steckel inszenierten deutschen Erstaufführung (07.10.1957) des Einakters "An Einzeltischen" ("Separate Tables") von Terence Rattigan2) neben Publikumslieblingen wie Marianne Hoppe, Alice Treff und Ernst Schröder mit. Eine letzte Bühnenrolle übernahm er in der deutschsprachigen Erstaufführung der amerikanischen Komödie "Der Lockvogel" von Samuel A. Taylor2) und Cornelia Otis-Skinner (1899 – 1979), die am 13. April 1960 unter der Regie von Viktor de Kowa am "Renaissance-Theater" Premiere feierte. Am "Schlosspark Theater" sah man ihn unter anderem zur Spielzeit 1948/49 in dem Drama "Des Teufels General"2) von Carl Zuckmayer2) als Sigbert von Mohrungen, Präsident des Beschaffungsamtes für Rohmetalle, neben O. E. Hasse in der Titelrolle des Fliegergenerals Harras, Regie führte Boleslaw  Barlog2).
Er selbst inszenierte unter anderem im Mai 1946 an der "Komödie" das Schauspiel "Adrienne Ambrossat" von Georg Kaiser2) und am "Renaissance-Theater" 1947 das Stück "Rebekka" nach dem Roman "Rebecca"2) von Daphne du Maurier2) mit Walter Franck als Maxim de Winter. Als Filmregisseur versuchte er sich nur ein einziges Mal, 1920 realisierte er den Stzreifen "Der siebente Tag" nach dem Lustspiel von Rudolph Schanzer8) und Ernst Welisch (1875 – 1941) mit Carola Toelle in der weiblichen Hauptrolle.
 
Neben seiner umfangreichen Arbeit für das Theater und den Kinofilm erlebte man den Künstler in den 1950er Jahren auch in verschiedenen Produktionen des noch jungen Fernsehemns. Beispielsweise trat er als Richter Nash in dem vom "Sender Freies Berlin" (SFB) produzierten Krimi "Der Prozeß Mary Dugan"9) (1956) nach dem Bühnenstück "The Trial of Mary Dugan" von Bayard Veiller (1869 – 1943) mit Charlotte Radspieler2) als die des Mordes angeklagte Mary Dugan, genannt "Mona Tree", in Erscheinung. Als Oberst Pickering erfreute er die Zuschauer in der Fernsehfassung9) (EA: 31.08.1956) des Stücks "Pygmalion"2) von George Bernard Shaw2), Axel von Ambesser gab den Professor Higgins, Agnes Fink die Eliza Doolittle. Nach der Kurzgeschichte "Lord Arthur Saviles Verbrechen"2) von Oscar Wilde2) entstand unter der Regie von Thomas Engel2) mit Boy Gobert als Lord Arthur Savile das TV-Spiel "Mylord weiß sich zu helfen"9) (EA: 01.03.1958) und seinem Part des Sir Henry, in der Krimikomödie "Gift und Mitgift"9) (EA: 04.11.1958) von Mischa Mleinek2) spielte er den Donald Dean und in der Story "Begegnung in Singapur"9) (EA: 16.11.1958) den Atomforscher Sir Charles Elsworthy → Übersicht TV-Produktionen.
 
Bereits Mitte der 1920er Jahre betätigte sich Stahl-Nachbaur zudem als Sprecher bei der Berliner "Funk-Stunde AG"2), sprach beispielsweise unter der Regie von Rundfunk-Pionier Alfred Braun2) den Milliardärsohn in der Live gesendeten Hörspielversion des Schauspiels "Gas" von Georg Kaiser2) (EA: 27.10.1926) → ARD-Hörspieldatenbank. Nach Ende des 2. Weltkriegs stand er dann des öfteren im Hörspiel-Studio, eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
Sporadisch arbeitete er auch für die Synchronisation, so lieh er unter anderem Frank Craven2) als Mr. Morgan (Synchro 1947) in "Unsere kleine Stadt"2) (1940, "Our Town"), Thurston Hall2) als Mr. Bancroft in "Flitterwochen zu dritt"2) (1945, "Thrill of a Romance"), Basil Sydney2) als Waldemar Fitzurse in "Ivanhoe–Der schwarze Ritter"2) (1952, "Ivamhoe") oder Robert Dalban2) als Pierre Michel in "Jakobowsky und der Oberst"2) (1958, "Me and the Colonel") seine Stimme → mehr bei synchronkartei.de.
Ernst Stahl-Nachbaur starb wenige Wochen nach seinem 74. Geburtstag am 13. Mai 1960 im Berliner Ortsteil Schlachtensee2) (Bezirk Steglitz-Zehlendorf2)). Die letzte Ruhe fand er auf dem "Friedhof Dahlem"1).
 
In erster Ehe war der vielseitige Künstler mit der Soubrette Erna Croissant verheiratet, aus dieser Verbindung stammte die am 3. Mai 1914 in Straßburg2) (Elsass) geborene Tochter Eva Stahl-Nachbaur (= Ernestine Guggenheimer), ebenfalls Schauspielerin. Nach einer weiteren Ehe bzw. Scheidung heiratete er am 14. Oktober 1919 seine Kollegin Carola Toelle (1893 – 1958); diese Verbindung hielt laut Wikipedia bis 1925.
1955 wurde Ernst Stahl-Nachbaur mit dem "Bundesverdienstkreuz 1. Klasse" ausgezeichnet, im selben Jahr hatte er das "Goldene Ehrenzeichen" der "Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger"2) (GDBA) erhalten.***)

   

Das junge Schauspieler-Ehepaar Stahl-Nachbaur/Toelle
liest seine Vermählungsanzeige in der Zeitung (01.11.1919)
Fotografie von Alexander Binder2) (1888 – 1929), veröffentlicht in
"Berliner Leben. Zeitschrift für Schönheit und Kunst"2)
(Jahrgang 22  (1919), Heft 11)
Quelle: Wikimedia Commons bzw. digital.zlb.de;
Lizenz: gemeinfrei

Das junge Schauspieler-Ehepaar Stahl-Nachbaur/Toelle liest seine Vermählungsanzeige in der Zeitung (01.11.1919); Fotografie von Alexander Binder (1888–1929), veröffentlicht in "Berliner Leben. Zeitschrift für Schönheit und Kunst" (Jahrgang 22 (1919), Heft 11); Quelle: Wikimedia Commons bzw. digital.zlb.de; Lizenz: gemeinfrei
Quelle (unter anderem*) **): Wikipedia, cyranos.ch sowie
Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945***)
Fotos bei virtual-history.com
*) Ernst Stahl-Nachbaur. In: Dr. Hermann Treuner (Hrsg.): Filmkünstler – Wir über uns selbst (Sybillen Verlag, Berlin, 1928)
**) Kay Weniger: "Zwischen Bühne und Baracke. Lexikon der verfolgten Theater-, Film- und Musikkünstler 1933 bis 1945" (Metropol, Berlin 2008, S. 324 ff)
***) Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 – 1945; Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider; Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 2, L-Z; K G Saur, München 1999)
1) Laut eigenen Angaben; bei Kay Weniger war Stahl-Nachbaur der Sohn eines Fabrikanten.
Fremde Links: 2) Wikipedia, 3) geschichtewiki.wien.gv.at, 4) filmportal.de, 5) Murnau Stiftung, 7) defa-stiftung.de, 8) biographien.ac.at, 9) Die Krimihomepage
6) Quelle: einestages.spiegel.de (Artikel nicht mehr online)
Lizenz Foto Ernst Stahl-Nachbaur (Urheber "Fotoatelier Zander & Labisch", Berlin): Das Atelier von Albert Zander und Siegmund Labisch († 1942) war 1895 gegründet worden; die inaktive Firma wurde 1939 aus dem Handelsregister gelöscht. Externe Recherche ergab: Labisch wird ab 1938 nicht mehr in den amtlichen Einwohnerverzeichnissen aufgeführt, so dass sein Tod angenommen werden muss; Zander wiederum war laut Aktenlage ab 1899 nicht mehr aktiv am Atelier beteiligt und kommt somit nicht als Urheber dieses Fotos in Frage. Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. (Quelle: Wikipedia)
Lizenz Standfoto/Szenenfoto aus "Gefahren der Brautzeit (EA: 21.02.1930): Dieses Bild ist gemeinfrei, da das Urheberrecht abgelaufen und der Autor anonym ist. Das gilt in der EU und solchen Ländern, in denen das Urheberrecht 70 Jahre nach anonymer Veröffentlichung erlischt.
Filme
Stummfilme / Tonfilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
einige Stummfilme bei der German Early Cinema Database
(Fremde Links: Wikipedia, Murnau Stiftung, filmportal.de, cyranos.ch,
biographien.ac.at, defa-stiftung.de, Die Krimihomepage; R = Regie)
Stummfilme (Auszug) Tonfilme Fernsehen
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia, fischer-theater.de, whoswho.de, Die Krimihomepage
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