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Käthe (Katharina) Dorsch wurde am 29. Dezember 1890 als
Tochter eines Nürnberger Lebküchners im bayerischen
Neumarkt/Oberpfalz geboren. Nach dem frühen Tod ihres Vaters im Jahre 1901
besuchte sie zunächst die Handelsschule, aufgrund ihres musischen Talents
erhielt sie auch Klavierunterricht. Ihre schöne Stimme konnte die damals
15-Jährige schon im "Extrachor" des Nürnberger Stadttheaters in
der Aufführung von Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg"
unter Beweis stellen.
Käthe Dorsch entschied sich für eine Laufbahn auf der Bühne, als sie für
eine erkrankte Kollegin deren Rolle übernehmen musste, gab sie nach einer Schauspielausbildung
ihr Debüt als Ännchen in Max Halbes Drama "Jugend". Aus rein
wirtschaftlichen Gründen schlug sie dann 1908 einen Weg als Operettensoubrette
an Mainzer Stadttheater ein und konnte erste Erfolge verbuchen. Zwei Jahre später ging sie
nach Berlin, wirkte zunächst am "Neuen Operettentheater", später
am "Residenztheater", am "Lessingtheater", am "Deutschen Theater" und am
"Schauspielhaus am Gendarmenmarkt". 1927 ging die Schauspielein
nach Wien, trat unter anderem am "Volkstheater auf, 1936 folgte sie
einem Ruf Gustaf Gründgens1) an das Berliner "Staatstheater", ab 1939 bis zu ihrem Tod
gehörte sie zum Ensemble des renommierten Wiener "Burgtheaters",
spielte parallel nach dem 2. Weltkrieg auch wieder an Berliner Bühnen.
Käthe Dorsch fotografiert von Wilhelm Willinger (1879 1943)
Quelle:
www.cyranos.ch;
Angaben zur Lizenz siehe hier Link: Wikipedia
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Ihr Ausflug auf die Operettenbühne war ein Intermezzo geblieben, Käthe Dorsch hatte wieder
in das "ernste" Fach gewechselt und im Laufe
ihrer Karriere alle großen Frauengestalten des Welttheaters von Shakespeare
über Shaw bis hin zu Gerhart Hauptmann gespielt. Man erlebte sie beispielsweise als grandiose
Elisabeth in "Maria Stuart"2) oder als Frau Alving in Ibsens "Gespenster"2), als
Gretchen in Goethes "Faust"2)
machte sie sich unsterblich. Ihre Stärke waren seelisch gebrochene Figuren, die sie ab 1927 zunächst am Wiener
"Volkstheater",
später am "Burgtheater"
brillant interpretierte. Gustaf Gründgens inszenierte 1937 mit ihr in Berlin die Bühnenfassung
von Dumas' "Die Kameliendame"2), wo Käthe Dorsch die Titelrolle der
Marguerite Gautier übernahm eine Rolle mit der Sarah Bernhardt1) 1911 legendär geworden war.
"Sie verkörperte auf der Bühne die klassischen Kurtisanen, imposanten
Heldinnen, die großen Mütter, die sich verströmenden Liebhaberinnen, die
prallen Volkstypen und machte doch immer wieder einen selig kecken
Seitensprung in die Bezirke der ausgelassenen Operette, in der sie ihre
stimmlichen und darstellerischen Kapriolen austollte. (
) In ihrer hellen
Vogelstimme hat sie die Skala aller Gefühle, vom großen dramatischen
Ausbruch bis zum tonlosen Flüstern Mit allen Variationen. Ihre halben Töne
sind berühmt" notierte unter anderem DER
SPIEGEL (52/1949).
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Neben der Theatertätigkeit widmete sich die
Burgschauspielerin auch dem Film, wo sie bereits seit 1913 in stummen Dramen
kleinere Aufgaben übernahm. Zu ihren frühen Leinwandauftritten zählen die
Rolle der Königin in Paul Lenis Kinderfilm "Dornröschen"2) (1917),
Ernst Lubitschs Stummfilme "Das
fidele Gefängnis"2) (1917) und "Der Blusenkönig"2)
oder Viggo Larsens heitere Geschichten "Glücksjunge"3) (1918)
und "Sein
letzter Seitensprung"3) (1918).
Im Stummfilm überwiegend im Fach der kapriziösen,
temperamentvollen Kokotte besetzt, konnte Käthe Dorsch in den 1930er und
1940er Jahren im Tonfilm große Frauengestalten spielen, sie gab Königinnen, Kurtisanen,
Mörderinnen, aber auch Mädchen aus dem Volk. Allein mit Hans Albers stand
sie drei Mal vor der Kamera: 1931 war sie die Lena, das naive Mädchen
vom Lande, in "Drei Tage Liebe", einer tragischen Geschichte
aus dem Berliner Alltag; in dem romantischen Kriminalstück "Savoy-Hotel 217"3)
mimte sie 1936 die alternde Mätresse Anna Ferdorowitsch Daschenko, die sich die
russische Seele aus dem Leib weinte, und 1940 in Herbert Selpins
historischem Propagandastreifen "Trenck, der
Pandur"2) die Kaiserin Maria Theresia2).
Käthe Dorsch auf einem Sammelbild aus der Serie
"Bühnenstars
und ihre Autogramme", die 1933 den
"Gold-Saba"-Zigaretten
der "Garbaty"-Zigarettenfabrik beilagen.
Urheber: Fotoatelier "Zander & Labisch" (Albert Zander u. Siegmund Labisch2) (18631942))
Quelle: www.virtual-history.com;
Lizenz siehe hier
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In Hans Steinhoffs Literaturadaption
"Eine
Frau ohne Bedeutung"2) (1936), nach dem Bühnenstück
"A Woman
Of No Importance"2) von Oscar Wilde, mimte sie die Lady Hunstanton,
als Oberschwester zeigte sie sich in dem Heimatstreifen "Irrtum
des Herzens"3) (1939) und als die in einen Mord
verwickelte Maria Burger in Karl Heinz Stroux's melodramatischem Krimi
"Morgen
werde ich verhaftet"3) (1939). Georg Wilhelm Pabst
besetzte sie in seinem Historienfilm "Komödianten"2) (1941),
Erich Engels noch kurz vor Kriegende gedrehte Komödie "Fahrt
ins Glück"3) gelangte erst Anfang August 1948 in die
Kinos.
Während des 2. Weltkrieges rettete die Schauspielerin durch ihre Nähe zu Hermann Göring, den sie aus ihrer Jugendzeit kannte, vielen
Schauspielerkollegen das Leben. So intervenierte sie beispielsweise, als
Werner Finck1) (1902 1978) festgenommen wurde und erreichte, dass er wieder freigelassen und
lediglich mit einem Auftrittsverbot belegt wurde.
Dem deutschen Unterhaltungskino der Nachkriegszeit entzog sich die
Schauspielerin weitgehend und stand vor allem auf
der Theaterbühne. auf der Leinwand ließ sie sich nur noch drei Mal
blicken, spielte in dem Film in "Das Kuckucksei" (1949) neben
Hans Holt eine herzensgute, aber
chaotischen Mutter mit nicht fleckenloser Vergangenheit, im gleichen Jahr
übernahm sie die Rolle der Marquise Eugenie Troissaules in Gustav Fröhlichs Abenteuer
"Der Bagnosträfling". Zuletzt sah man sie 1956 mit einer kleinen
Rolle neben Johanna Matz, Horst Buchholz, Rudolf Forster und Gustav Knuth in
Harald Brauns "Regine"1), einem Film nach Motiven einer Gottfried Keller-Novelle,
auf der Leinwand.
Käthe Dorsch, der 1946 der "Louise
Dumont Goldtopas"2) verliehen
worden war das Gegenstück zum "Iffland-Ring"2) und die 1953 mit
dem "Kunstpreis der Stadt Berlin" geehrt worden war, spielte nach dem 2. Weltkrieg jedes Jahr
einige Monate in Berlin und machte einige Monate Tourneen durch Westdeutschland. Sie
brillierte unter anderem in "Theater" von Somerset Maugham, in der deutschen Uraufführung von Colettes
"Cheri" oder glänzte als Schillers "Elisabeth" in
"Maria Stuart"; ihren Abschied von der Bühne gab sie im Oktober 1953 mit dem Ensemble
des Wiener Burgtheaters während der Festspielwochen in Berlin,
wieder als "Elisabeth"; hier errang sie mit ihrer Gegenspielerin
Paula Wessely1)
(1907 2000) noch einmal einen großen Erfolg. Der Schlüssel zu der starken Bühnenwirkung
der Dorsch, die als eine der letzten großen Tragödinnen galt, die Erklärung ihres Charmes, den sie durch Jahrzehnte bewahrt
hatte, lag in ihrer warmen Menschlichkeit.
Foto: Käthe Dorsch 1946
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0000228_006)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek2) (19011983)
Datierung: 1946.08 / Lizenz CC-BY-SA
3.0.
Genehmigung der Deutschen Fotothek zur Veröffentlichung innerhalb
dieser Webpräsenz wurde am 12.11.2010 erteilt.
Originalfoto und Beschreibung: Wikipedia
bzw. Wikimedia Commons
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Käthe Dorsch, die ab 1920 sechs (oder acht Jahre4)) lang mit ihrem
Schauspielerkollegen und Deutschlands Filmliebhaber "Nummer 1"
Harry Liedtke1) (1892 1945) verheiratet war,
starb am 25. Dezember 1957, vier Tage
vor ihrem 67. Geburtstag in der österreichischen Hauptstadt Wien.
Die letzte Ruhe fand sie nach Überführung des Leichnams am 30. Dezember 1957
auf dem Friedhof von Pieskow (Gemeinde Bad Saarow/Brandenburg) am Scharmützelsee
im Grab ihrer Mutter; ein Gedenkstein findet sich auf dem Berliner Friedhof
Dahlem → Foto der Grabstelle bzw. des Gedenksteins bei knerger.de.
Noch ein Jahr vor ihrem Tod hatte sie für Schlagzeilen gesorgt, als sie den
österreichischen Theater- und Kulturkritiker Hans Weigel2)
(1908 1991) öffentlich
bloßstellte: Als dieser Mitte April 1956 vor seinem Stamm-Café " Raimund"
gegenüber dem Wiener Volkstheater die Straße überqueren wollte, wurde er von
der wegen einer schlechten Kritik erbosten Mimin gestellt und geohrfeigt. Weigel
strengte einen Prozess wegen tätlicher Ehrenbeleidigung an, beantragte eine
psychiatrische Untersuchung der Burgschauspielerin mit der Begründung, sie habe
bereits schon in Berlin einen Kritiker
geohrfeigt. Schließlich wurde die Burgtheater-Heroine zu 500 Schilling Strafe
oder ersatzweise zu drei Tagen Arrest verurteilt. Als die betagte
Dorsch im Jahr darauf starb, erhielt Weigel per Post ein Paket
zugestellt Inhalt: eine Dose Dorschleber. Ob letzteres den
Anekdoten zuzuschreiben ist oder den Tatsachen entspricht, ist bis heute
ungeklärt geblieben.
Schon einmal hatte Käthe Dorsch wegen einer Auseinandersetzung mit einem
Kritiker von sich reden gemacht, als sie 1946 den damals jungen Berliner Kritiker und Philosophen
Wolfgang Harich2)
(1923 1995) wegen einer schlechten Bewertung ihrer
künstlerischem Leistung ohrfeigte. Auch ihrem Kollegen, dem
Burgschauspieler Alexander
Trojan2)
(1914 1992), soll die streitlustige Dame 1951 eine Maulschelle verpasst haben,
als dieser sich in Berlin in geselliger
Runde über die im Zeichen des Steinbocks Geborenen spöttisch äußerte Käthe Dorsch war "Steinbock".5)
Käthe Dorsch bestimmte testamentarisch, dass ihr Nachlass zur Gründung einer
"Stiftung zur Unterstützung von bedürftigen Angehörigen künstlerischer
Berufe" eingesetzt werden solle, es entstand die "Käthe-Dorsch-Stiftung", die noch heute in
Berlin-Charlottenburg existiert und Zuschüsse für soziale Härtefälle und Stipendien für Nachwuchskünstler
gewährt.
Ihr Name ist bis heute präsent,
auch wenn er vermutlich nur noch der älteren Generation ein Begriff ist: 1962 wurde
im Wiener Bezirk Penzing die "Käthe-Dorsch-Gasse" nach ihr
benannt, 1966 in Berlin-Neukölln die Straße Nr. 500 in "Käthe-Dorsch-Ring"
umbenannt; in Berlin trägt ein Seniorenheim am Lietzensee
(Berlin-Charlottenburg) ihren Namen.
1990 brachte die Deutsche Post zum 100. Geburtstag der großen Mimin
eine Briefmarke mit ihrem Konterfei heraus.
Ihr Nachlass wird von der Berliner "Akademie der Künste"2)
verwaltet → Käthe-Dorsch-Archiv.
Käthe Dorsch mit der Titelrolle in "Der Besuch der alten Dame"2)
von Friedrich Dürrenmatt; Inszenierung: Hans Lietzau2)
1957 am Berliner "Schillertheater"
Quelle: Deutsche
Fotothek, (file: df_pk_0004395_021)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham
Pisarek2) (19011983); Datierung: 09.04.1957
Quelle: www.deutschefotothek.de;
Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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