Filmografie / Arbeiten für das Hörspiel
Ernst Jacobi 1948/49 beim RIAS Berlin Ernst Jacobi (Ernst Gerhard Ludwig Jacobi) wurde am 11. Juli 1933 als Sohn eines Akademikers (1890 – 1947) und einer Angestellten des Reichsluftfahrtministeriums (1903 – 1954) in Berlin geboren und wuchs auch dort auf; die Eltern hatten sich schon kurz nach der Geburt scheiden lassen. Aufgrund der Versetzung seiner Mutter nach Norwegen wurde Jacobi Ende 1939 zur Schwester seines Vaters gegeben, die mit einem Pfarrer verheiratet war. Er lebte zunächst im westpreußischen Großbösendorf bei Thorn an der Weichsel, ab 1941 in Kaltennordheim/Rhön. Im evangelischen Pfarrhaus erfuhr er eine strenge Erziehung, seine Mutter und die 1930 geborene Halbschwester Bärbel (1930 – 1957) sah er erst nach Kriegsende im zerstörten Berlin wieder.
Schon früh entdeckte Jacobi seine Leidenschaft für das Theater, bereits als Jugendlicher begann er ab 1947 mit Sprechrollen beim damaligen RIAS Berlin. Bevor er zu einem der bedeutenden Darsteller sowohl auf der Bühne als auch bei Film und Fernsehen avancierte, ließ er sich nach dem Abitur, dass er 1951 an der Wald-Oberschule in Berlin-Charlottenburg bestand, drei Jahre lang an der renommierten, von Hilde Körber gegründeten "Max-Reinhard-Schule für Schauspiel"1) in Berlin zum Schauspieler ausbilden, außerdem vertiefte er seine Studien anschließend bei Jaques Lecoq1) an der "Stage d'éte sur le mime" in Paris und London; seine ursprünglichen Berufspläne, ein Gartenbaustudium zu beginnen, hatte er verworfen.

Ernst Jacobi 1948/49 im Studio II des RIAS Berlin als "Klaus"
in der Sendung "Die RIAS-Kinder besuchen Onkel Tobias" mit Fritz Genschow
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi
Ein erstes Engagement erhielt er noch während seiner Ausbildung 1951 von Rudolf Noelte1) am Berliner "Hebbel-Theater"1) und gab sein Bühnendebüt als Falstaffs Page Robin in der Shakespeare-Komödie "Die Lustigen Weiber von Windsor"1), weitere Theaterstationen wurden unter anderem in Berlin das "Theater am Kurfürstendamm"1), die "Tribüne"1) und das "Schillertheater"1) sowie weitere bedeutende deutschsprachige Bühnen, beispielsweise in Frankfurt am Main, Köln, Hamburg ("Deutsches Schauspielhaus"1)) und München ("Kammerspiele"1)). 1977 folgte er einem Ruf an das berühmte Wiener "Burgtheater"1), dem er bis 1984 angehörte, ab 1987 wurde für fünf Jahre das "Schauspielhaus Zürich"1) seine künstlerische Heimat.
 
 

Ernst Jacobi während seiner Ausbildung an der "Max-Reinhard-Schule" in Berlin
Foto: Ernst Jacobi wurde von dem Fotografen Fritz Eschen (1900 – 1964) aufgenommen.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Klaus Eschen; © Fritz Eschen
Originalfoto: Deutsche Fotothek, (file: df_e_0056399)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Fritz Eschen
www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
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Ernst Jacobi, Fotograf Fritz Eschen
Vielen klassischen und modernen Figuren verlieh Ernst Jacobi im Verlaufe der Jahre eindrucksvolle Bühnenpräsenz, alles lässt sich an dieser Stelle kaum aufzählen. Zu seinen frühen Rollen zählte beispielsweise unter der Regie von Willi Schmidt1) der Schüler in Goethes "Urfaust"1) (1953) oder der Hans Meyer in Friedrich Forsters1) Schauspiel "Der Graue" (1955, Regie: Christoph Groszer). Als Lanzelot in dem Shakespeare-Stück "Der Kaufmann von Venedig"1) erlebte man ihn erstmals 1958 in einer Inszenierung von Karl Heinz Stroux1), 1963 gestaltete er diese Rolle erneut unter Erwin Piscator1) – beide Male an der Seite des großen Ernst Deutsch in der Rolle des jüdischen Geldverleihers Shylock. Eindrucksvoll war 1959 die Interpretation des Homosexuellen Geoffrey neben Berta Drews in der deutschen Erstaufführung von Shelagh Delaneys1) Erfolgsstück "Bitterer Honig" (Regie: Ilo von Jankó1)), welches zwei Jahre später unter dem Titel "A Taste of Honey"1) mit Rita Tushingham auch in die Kinos kam.
Programmzette "Displaced Affections" Gerne erinnerte sich Jacobi an seine Auftritte zur Spielzeit 1958/59 an dem von Helmuth Gmelin1) gegründeten Hamburger "Theater im Zimmer"1), gegeben wurde deutsche Erstaufführung des Stücks "Displaced Affections" ("Verlorene Gefühle") des 1932 in Kanada geborenen und seit 1952 in London lebenden Autors George Hulme, in Szene gesetzt von Gustav Burmester1). Hulme thematisiert in seinem Erstlingswerk den Konflikt zwischen der Mutter Sharon O'Connor (Inge Schmidt1)) und deren Sohn Mike (Jacobi). Sharon, Witwe und sehr geschäftstüchtige Restaurantbesitzerin, ist trunksüchtig, und der Sohn Mike bemüht sich mit allen Mitteln, die Mutter vom Alkohol abzubringen und vor der Heilanstalt zu bewahren. Er ringt verzweifelt um die Liebe seiner Mutter, die er eigentlich nie besessen hat, da Sharon in ihrem Ehrgeiz nichts anderes kannte als das Geschäft und sich selbst. Er versucht sogar, den Mann (Werner Schumacher), den sie hinter seinem Rücken heiratet, sich zum Bundesgenossen zu machen, aber er verliert den Kampf. Er wird noch zum Dieb, um das fällige Schulgeld bezahlen zu können und muss das Haus verlassen.
Ein weiterer Höhepunkt wurde 1964 Peter Shaffers1) Einakter "Hören Sie zu" ("The Private Ear"), den Harry Mayen an der "Berliner Komödie" inszeniert hatte und in dem Jacobi zusammen mit Harald Juhnke und Chariklia Baxevanos das Theaterpublikum begeisterte. Als Tischler Andri in Max Frischs1) Fabel "Andorra"1) (1962) war er ebenso überzeugend wie als Andrej in dem Drama "Drei Schwestern"1) (1969) von Anton Tschechow1) sowie ein Jahr später als Student Trofimow in dem Tschechow-Stück "Der Kirschgarten"1) mit Maria Wimmer (Gutsbesitzerin Ranjewskaja), Cordula Trantow (Tochter Anja) und Werner Kreindl (Kaufmann Lopachin), welches in einer Aufzeichnung aus dem Münchener "Residenztheater"1) auch im Fernsehen gezeigt wurde (Regie: Rudolf Noelte1)) → IMDb. Ebenfalls im Fernsehen ausgestrahlt wurde Egon Monks1) skandalträchtige Inszenierung des Schiller-Schauspiels "Die Räuber"1) (Premiere: 15.09.1968) am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg mit einem beeindruckenden Jacobi als Franz Moor  → IMDb, filmportal.de
Mit Peter Palitzsch1) erarbeitete der Schauspieler am Wiener "Burgtheater" Rollen in verschiedenen Aufführungen, so den Philosophiedozenten Teddy in Harold Pinters1) "Die Heimkehr" (1977, "The Homecoming") und die Jugendliebe der Titelheldin, den genialisch-labilen Ejlert Lövborg, in "Hedda Gabler"1) von Henrik Ibsen1). Unter der Regie von Achim Benning1) glänzte er als Schriftsteller Schalimow in Maxim Gorkis1) "Sommergäste" (1980, auch TV) und als versnobten Liebaber Redillon in "Einer muss der Dumme sein", einer Beziehungskomödie des Franzosen George Feydeau1), der auch als der "Molière des 19. Jahrhunderts" bezeichnet wird.

Foto: Ernst Jacobi als Redillon in "Einer muss der Dumme sein"
am Wiener "Akademietheater", der zweiten Spielstätte des "Burgtheaters".
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi

Ernst Jacobi als Redillon
Ernst Jacobi und Renate Steiger in Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker" Eine Glanzrolle als Möbius hatte Jacobi auch in Friedrich Dürrenmatts Tragikomödie "Die Physiker"1) (1987) am "Schauspielhaus Zürich", in "Professor Bernhardi"1) (1989) von Arthur Schnitzler1) gab er Bernhardis Gegenspieler Professor Ebenwald und in Ibsens "Ein Volksfeind"1) (1990) brillierte Jacobi mit der Titelrolle an der Seite des unvergessenen Martin Benrath, der als dessen Bruder den Untergang des "Volksfeindes" und Badearztes Dr. Stockmann betreibt.

Das Foto zeigt Ernst Jacobi und Renate Steiger
(→ tls.theaterwissenschaft.ch)
in Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker" am "Schauspielhaus Zürich"
(Szene: Möbius nimmt Abschied von seiner ehemaligen Ehefrau.)
© Leonard Zubler

Im Rahmen einer Gastspielreise des Hamburger "Tourneetheater Greve" durch verschiedene deutsche Städte gestaltete Jacobi ab Herbst 1983 den Verteidiger Lt. Barney Greenwald in "Die Caine war ihr Schicksal", der Bühnenversion des Bestsellers "The Caine Mutiny" von Herman Wouk1). In der Inszenierung von Gert Westphal spielte unter anderem Pinkas Braun den Lieutenant Commander Philip Francis Queeg. Aus einem Tournee-Skizzenbuch stammt übrigens Jacobis Zeichnung, die während der Szene des Verhörs von "Queeg" entstand (© Ernst Jacobi)
 
Ernst Jacobi als Lt. Barney Greenwald in "Die Caine war ihr Schicksal"; Privatarchiv Ernst Jacobi Zeichnung "Queeg" aus dem Tournee-Skizzenbuch von Ernst Jacobi
Ernst Jacobi als Lt. Barney Greenwald in "Die Caine war ihr Schicksal"
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi

 

Ernst Jacobi und Michael Degen An weiteren wichtigen Theaterstücken, in denen Ernst Jacobi mit seinem facettenreichen Spiel seine darstellerische Dominanz unter Beweis stellte, sind Hauptrollen in Heinar Kipphardts1) "In der Sache J. Robert Oppenheimer"1) (1981, Regie: Heribert Sasse1)), Bertolt Brechts1) "Leben des Galilei"1) (1986, Regie: Walter Adler1), auch TV), Tschechows "Onkel Wanja"1) (Regie: Heribert Sasse) sowie Peter Zadeks1) legendäre "Ghetto"-Inszenierung zu nennen. Das Stück des israelischen Dramatikers Jehoschua Sobol1), welches im jüdischen Ghetto Wilna1) (heute Vilnius, Litauen) in den Jahren 1942 und 1943 spielt, hatte Zadek bereits 1984 erstmals spektakulär an der "Berliner Volksbühne"1) herausgebracht (Premiere: 12.07.1984) am 10. November 1984 feierte das Stück am "Deutschen Schauspielhaus"1) in Hamburg Premiere und wurde dort bis 1986 überaus erfolgreich aufgeführt; Jacobi interpretierte den Bibliothekar Kruk, auf dessen Aufzeichnungen das Stück basierte → berlinerfestspiele.de.
 

Foto: Ernst Jacobi und Michael Degen als Jacob Gens1)
während der Proben zu "Ghetto"
Das Foto stammt von der Fotografin Roswitha Hecke; © Roswitha Hecke
Am 23. Mai 1986 gelangte am Wiener "Akademietheater"1) das wissenschaftskritische Stück "Die Versuchung" ("Pokouení") von Václav Havel1) in einer Inszenierung von Hans-Dieter Kleber zur Uraufführung. Havel schrieb die Parabel als Kritik an den ideologischen Zuständen in den letzten Jahren des kommunistischen Systems: "Dr. Faustka arbeitet in einem geheimnisvollen Regierungsamt, das sich der Ausrottung von Magie und Aberglauben in der modernen Gesellschaft gewidmet hat. Faustka, ein mit Ironie geschildertes Kunstprodukt aller bekannten Faustversionen, ist ein lebensüberdrüssiger Genussmensch, den sein Intellekt dazu verführt, das Übernatürliche zu beschwören. Er lässt sich mit dem Teufel ein und zahlt dabei drauf. Eine satirische Abrechnung mit der hemmungslosen Verherrlichung von Wissenschaft und Technik." führt der "Rowohlt Theater Verlag" aus → rowohlt-theaterverlag.de. Jacobi gab den Wissenschaftler Dr. Heinrich Faustka, der in das Spannungsfeld zwischen Rationalität und Okkultismus, personifiziert in dem Invaliden Fistula (Rudolf Wessely), gerät. Unter anderem wurde die Sekretärin Margret, die in Faustka ganz unwissenschaftliche Empfindungen weckt, von Jacqueline Als (1961 – 1999) dargestellt.
   
Szenenfotos aus "Die Versuchung", Ernst Jacobi als Dr. Faustka mit …
Szenenfoto aus "Die Versuchung" von Václav Havel am Wiener "Akademietheater; Ernst Jacobi als Dr. Faustka mit Rudolf Wessely (Invalide Fistula); Urheber/Autor: Robert Jäger; Copyright Robert Jäger / ÖNB Wien /APA-Archiv / picturedesk.com; Datierung: 22.05.1986; Bildarchiv Austria: Inventarnummer APA_19860522_PD0017; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) Szenenfoto aus "Die Versuchung" von Václav Havel am Wiener "Akademietheater; Ernst Jacobi als Dr. Faustka mit Jacqueline Als (Sekretärin Margret); Urheber/Autor: Robert Jäger; Copyright Robert Jäger / ÖNB Wien /APA-Archiv / picturedesk.com; Datierung: 22.05.1986; Bildarchiv Austria: Inventarnummer APA_19860522_PD0018; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)
Rudolf Wessely (Invalide Fistula)
Bildarchiv Austria:
Inventarnummer APA_19860522_PD0017
Jacqueline Als (Sekretärin Margret)
Bildarchiv Austria:
Inventarnummer APA_19860522_PD0018
Fotos mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Robert Jäger; © Robert Jäger / ÖNB Wien /APA-Archiv / picturedesk.com
Datierung: 22.05.1986
   
Zum Film kam Ernst Jacobi Ende der 1950er Jahre und trat anfangs mit kleineren Rollen in Kinofilmen wie Hans Quests musikalischer Komödie "Die Große Chance"1) (1957) und Gerd Oswalds1) Krimi "Am Tag, als der Regen kam"1) (1959) in Erscheinung; Helmut Käutner1) besetzte ihn als Kriminalbeamten in dem Streifen "Schwarzer Kies"1) (1961), Egon Monk1) in der Parabel "Schlachtvieh" (1962) und Max Nosseck1) in dem Problemfilm "Die Nacht am See"1) (1963). In nachhaltiger Erinnerung bleibt die Figur des Gauleiters Löbsack in Volker Schlöndorffs1) Oscar-prämierten Adaption "Die Blechtrommel"1) (1979) nach dem gleichnamigen Roman1) von Günter Grass1)an der Seite von David Bennent1) (Oskar Matzerath), Mario Adorf (Alfred Matzerath) und Katharina Thalbach1) (Maria Matzerath), ein Jahr später erlebte man ihn als Hans und Partner von Eva Mattes1) in "Deutschland bleiche Mutter"1) (1980), der Geschichte einer Ehe vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges, die Helma Sanders-Brahms1) einfühlsam in Szene gesetzt hatte. Bereits für deren zweiten Langfilm "Der Angestellte" (1971, TV) hatte Jacobi vor der Kamera gestanden und wurde ein Jahr später beim "Mostra Internazionale del Film d'Autore" in San Remo für seine Leistung als "Bester Darsteller" ausgezeichnet → www.dhm.de.
 

Foto: Ernst Jacobi in den 1960ern
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi

Ernst Jacobi in den 60ern
Szenenfoto aus HAMSUN Zur Filmografie des Charakterdarstellers zählt weiterhin die Literaturverfilmung "Erfolg" (1991, → filmportal.de) nach dem gleichnamigen Roman1) von Lion Feuchtwanger1), Jacobi präsentierte sich in internationalen Produktionen wie in Guy Jacques Liebesfilm "Je m'appelle Victor" (1993, Mein Name ist Victor) mit Jeanne Moreau und Micheline Presle1), stand als Leonard Haas für Leidulv Risans "Pakten" (1995, auch "The Sunset Boys") zusammen mit Robert Mitchum und Cliff Robertson vor der Kamera oder verkörperte Adolf Hitler1) in Jan Troells1) Biopic "Hamsun"1) (1996), der preisgekrönten Film-Biographie über das Leben des norwegischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Knut Hamsum1) mit Max von Sydow in der Titelrolle. 
  
Szenenfoto aus "Hamsun" mit Ernst Jacobi als Hitler
und Max von Sydow  in der Titelrolle: Hitler empfängt Knut Hamsun
auf der Berghof-Terrasse.
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi
Die "Süddeutsche Zeitung"1) notierte Mitte Mai 1997 anlässlich der Ausstrahlung von "Hamsun" in der ARD unter anderem "… Es sind solche genau ausgespielten Szenen, die dieses Familiendrama, in dem es nur Opfer gibt, sehenswert machen. Ein immer ungeduldiger auf seinem Sessel hin- und herrutschender Hitler (Ernst Jacobi) zum Beispiel, der ein Gespräch unter Künstlern führen will und sich bei dieser Begegnung mit dem Schriftsteller auf dem Obersalzberg nun ein Plädoyer zugunsten des freien Norwegens anhören muss." Die "New York Times"1) besprach den Film ebenfalls ausführlich und merkte an "The story begins in 1935 and follows Hamsun's deepening commitment to the Nazis, who cynically exploited him as a high-culture poster boy for their cause. His involvement builds to a climactic meeting with Hitler (Ernst Jacobi) at the Führer's montain retreat. The egotistical Hamsun imagines the encounter as comparable to a meeting between Goethe and Napoleon."  
Im Zusammenhang mit Jacobis Filmschaffen ist die Rolle des alten Kinderschänders Sievers in Martin Enlens1) packendem, zugleich beängstigenden Psychothriller "Roula"1) (1995) zu nennen, "Die Welt" schrieb am 09.05.1996 unter anderem: "… Klar umrissene Symbole, komplexe Figuren, tolle Schauspieler." (siehe auch dieterwunderlich.de) "Seine Präsenz prägt die Film- und Fernsehgeschichte des Landes und sorgt für unvergessene filmische Momente.  (…) Er verleiht seinen Rollen jene Tiefe und Abgründigkeit, die ihn bis an die Grenzen führen und seinen Zuschauern eben jene menschlichen Grenzbereiche vor Augen bringen."
(Quelle: www.wdr5.de) Auch mit seinem astronomieversessenen Schuldirektor "Herrn Watermann" in Ben Verbongs1) unterhaltsamen Familiengeschichte "Sams in Gefahr"1) (2003), nach "Das Sams"1) (2001) die zweite Verfilmung der Kinderbuch-Bestseller von Paul Maar1), erntete Jacobi positive Kritiken.  
 
Seit den ersten Versuchsendungen Anfang der 1950er Jahre arbeitete Ernst Jacobi für das Fernsehen, spielte (live!) Haupt- und Nebenrollen in Stücken wie "Nicodemus" (1953), "Möven über Sorrent" (1956), "Im sechsten Stock" (1959) oder "Die Dame ist nicht fürs Feuer" (1960), einer Frühlingskomödie von Christopher Fry1). Ab den 1960er Jahren intensivierte Ernst Jacobi seine Tätigkeit für das Fernsehen und zeigte vor allem in anspruchsvollen Literaturverfilmungen immer wieder seine enorme schauspielerische Wandlungsfähigkeit. 1960 erlebte man ihn unter der Regie von Erik Ode neben Inge Meysel und Rudolf Platte als Medizinstudenten Herbert in dem Curth Flatow-Volksstück "Das Fenster zum Flur" (auch: "Ihr schönster Tag"1)), zwei Jahre später  beeindruckte er beispielsweise mit der Titelrolle in Rolf Hädrichs1) Ost-West-Geschichte "Nachruf auf Jürgen Trahnke", gedreht nach Motiven aus Dieter Meichsners1) Roman "Die Studenten von Berlin". 
Für Egon Monk1) stand Jacobi wiederholt vor der Kamera, so beispielsweise in dessen TV-Drama "Mauern" (1963) mit der Figur des Hans Nast neben Siegfried Wischnewski (als Werner Nast) und Camilla Spira (als Trude Nast) oder als Pfarrer in dem mit eingeblendeten Originalaufnahmen versetzten anspruchsvollen Fernsehfilm "Ein Tag – Bericht aus einem deutschen Konzentrationslager"2)  (1965).  Monk betraute ihn auch mit der Hauptrolle in "Goldene Städte" (1969), einer TV-Inszenierung nach dem Schauspiel "Their Very Own and Golden City" von Arnold Wesker1), mit dem das Leben des sozialistischen Architekten Andrew Cobham geschildert wird, eines Mannes, der sich vom Bergarbeiter zum Architekten hocharbeitet hat.
Viele namhafte Regisseure bedienten sich des facettenreichen Spiels des Ernst Jacobi, unter der Regie von Robert A. Stemmle1) präsentierte er sich 1965 als "Kubinke" in dem gleichnamigen Drama nach dem Roman von Georg Hermann1) mit dem Untertitel "Die Geschichte eines Berliner Frisörs", ebenfalls 1965 spielte er den Arnold Kramer in Peter Beauvais'1) Verfilmung "Michael Kramer" nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Gerhart Hauptmann1) der Seite von Martin Held in der Titelrolle.

Foto: Ernst Jacobi 1967 im Kibbutz in Israel
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi

Ernst Jacobi 1967 im Kibbutz in Israel
Wenig später überzeugte er als Camille in Hanns Korngiebels1) Literaturadaption "Thérèse Raquin" (1966, nach dem Roman von Émile Zola1)) an der Seite von Ingrid Andree (Thérèse Raquin) sowie unter der Regie von Rainer Wolffhardt1) als junger Kriminalbeamter Lenneweit in dem Stück "Der Mitbürger" (1966), zu dem Wolfgang Menge1) das Drehbuch geschrieben hatte → Die Krimihomepage. Rolf Hädrich1) besetzte ihn als den Mörder in "Graf Öderland" (1968, mit Bernhard Wicki und Agnes Fink) nach dem Drama von Max Frisch1) und Claus Peter Witt1) als Jura-Studenten Hugo Großmann in dem Fernsehspiel "Mathilde Möhring" (1969) nach dem Roman von Theodor Fontane1). Den Schreiber Licht interpretierte Ernst Jacobi 1973 in Franz Peter Wirths1) Fernsehfassung des Kleist-Lustspiels "Der zerbrochne Krug"1) neben Wolfgang Reichmann als Dorfrichter Adam.
  
Ernst Jacobi als "Camille" in "Thérèse Raquin" (SFB, 1966) Ernst Jacobi in "Michael Kramer" (ZDF 1965) Ernst Jacobi in "Der Mitbürger"  (SDR 1966)
Ernst Jacobi als "Camille"
 in "Thérèse Raquin"
 (SFB, 1966) 
Ernst Jacobi als "Arnold Kramer"
in "Michael Kramer"
 (ZDF 1965)
Ernst Jacobi in
 "Der Mitbürger"
 (SDR 1966) 

Fotos: Privatarchiv Ernst Jacobi

  
1972 übernahm Ernst Jacobi die Rolle des Kommissar Pflüger in der "Tatort"-Folge "Wenn Steine sprechen"1) und musste zwei Mordfälle in der gehobenen Gesellschaft Baden-Badens lösen. Ein Jahr später lieferte er als Abonnentenwerber Tredup in Egon Monks fünfteiligen Literaturverfilmung "Bauern, Bonzen und Bomben" nach dem Roman von Hans Fallada1) eine eindrucksvolle Leistung ab, war 1975 der Erzähler in dem vielbeachteten Zweiteiler "Tadellöser & Wolff", Eberhard Fechners1) TV-Verfilmung des gleichnamigen Romans von Walter Kempowski.
   
Ernst Jacobi als Präsident in Schillers "Kabale und Liebe" Ernst Jacobi als Abonnentenwerber Tredup in "Bauern, Bonzen und Bomben"
Vielseitig und facettenreich:
Ernst Jacobi war auf der Bühne als Präsident in Schillers "Kabale und Liebe" (links) 
ebenso eindrucksvoll wie im Fernsehen
 als Abonnentenwerber Tredup in "Bauern, Bonzen und Bomben" (rechts);
Erinnerungen zu den Dreharbeiten siehe hier

Fotos: Privatarchiv Ernst Jacobi

Mit Egon Monk drehte Jacobi "Die Gewehre der Frau Carrar" (1975, nach dem Theaterstück von Bertolt Brecht1)), für Vojtech Jasny stand er mit der Titelrolle in dem Fernsehspiel "Leben des schizophrenen Dichters Alexander März" (1975) nach "März, ein Künstlerleben"1) von Heinar Kipphardt1) vor der Kamera und zeigte einmal mehr seine enorme Ausdruckskraft: Kipphardt schildert darin den Krankheitsverlauf eines Mannes, der sich unter dem Druck der Umwelt in Wahnvorstellungen flüchtet, in eine Heilanstalt eingewiesen wird und dort schließlich Selbstmord begeht. Für seine Leistung wurde Ernst Jacobi im gleichen Jahr mit dem "prix italia"1) gewürdigt, 1976  erhielt er für seine Interpretation des "Alexander März" von der Berliner "Akademie der Künste"1) den "Großen Berliner Kunstpreis"1) – gemeinsam mit Peter Watkins1), der die Auszeichnung für sein hochgelobtes dreistündiges Portrait "Edvard Munch"1) (1974) über den expressionistischen Maler Edvard Munch1) entgegen nahm, sowie Ernst Wilhelm Borchert.

 

ZDF 21:15:  Das Fernsehspiel der Gegenwart:
Leben des schizophrenen Dichters Alexander März

nach "März, ein Künstlerleben"
von Heinar Kipphardt
Regie: Vojtěch Jasný, Kamera: Igor Luther
  
Darsteller:
Alexander (Ernst Jacobi), Dr. Kofler (Michael Hinz)
Direktor (Rudolf Wessely), Hanna (Susanne Schaefer)
Karl (Otto Alfred Buck), Albert (Heinrich Giskes)
Hans (Jan Groth), Malchen (Gisela Trowe)
Alexanders Mutter (Eva Brumby),
Alexanders Vater (Gert Schaefer)
Öchsel (Udo Schön), und andere

Fotos: Ernst Jacobi als "Alexander"
Privatarchiv Ernst Jacobi

Ernst Jacobi als "Alexander " in Leben des schizophrenen Dichters Alexander März; Foto 2; Privatarchiv Ernst Jacobi
Ernst Jacobi als "Alexander März"  in Leben des schizophrenen Dichters Alexander März; Foto 01; Privatarchiv Ernst Jacobi In einer geschlossenen Anstalt vegetiert ein Patient dahin, bis ein junger Arzt in anregt, Gedichte zu schreiben.
Das Resultat sind kleine Meisterwerke, die den Schizophrenen jedoch nicht vor dem Selbstmord retten. Der Film, mit demüberragenden Ernst Jacobi in der Titelrolle, beschreibt genau und authentisch die Qual des Irreseins durch das Leiden an der Welt
. (Quelle: Lexikon "Filme im Fernsehen" von Adolf Heinzlmeier, Bernd Schulz)
 
Autor Heinar Kipphardt ("In der Sache J. Oppenheimer"), nach Kriegsende zum Dr. med. promoviert und selber Psychiater,
untersucht kritisch die Möglichkeiten der Psychiatrie in der Bundesrepublik. Die Figur des Alexander hat Kipphardt aus typischen Daten authentischer Fälle zusammengesetzt.
Siehe auch deutsches-filmhaus.de

Fremde Links: Wikipedia

    

Enst Jacobi als HOFMEISTER

Es folgten viele weitere interessante Aufgaben in ambitionierten Fernsehspielen, so unter anderem die des Hofmeisters Läuffer in der Komödie "Der Hofmeister oder Die Vortheile der Privaterziehung" nach der "Der Hofmeister"1) von Jakob Michael Reinhold Lenz1) (1751 – 1792). Unter der Regie von Harry Buckwitz1) brillierte Jacobi als junger studierter Theologe Läuffer, der für einem Hungerlohn als Hofmeister, also als Hauslehrer, bei Major von Berg (Hans Helmut Dickow) in Ostpreußen dessen Sohn Fritz (Alexander Pelz1)) und dessen schwärmerisch veranlagte Tochter Gustchen (Anita Lochner1)) unterrichten soll; "Der Hofmeister" wurde 1976 in einer Bearbeitung von Bertolt Brecht1) im "Hessischen Rundfunk" ausgestrahlt.

Szene mit Läuffer (Ernst Jacobi), welcher der
Majorin von Berg (Edda Seippel)
als Hofmeister für deren Sohn vortanzt.
 
Bildquelle: "Geschichten der Weltliteratur" von Gert Richter,
mit freundlicher Genehmigung des Bertelsmann-Verlages.

In einer Inszenierung von Jürgen Flimm1) überzeugte er als Goldberg in dem Stück "Die Geburtstagsfeier" (1978) nach "The Birthday Party" von Harold Pinter1), in der BBC-Produktion "Unity Mitford" (1980) war er erneut als Adolf Hitler zu sehen und zeigte sich neben Lesley-Anne Down1). In Franz Josef Wilds1) Fontane-Verfilmung "Frau Jenny Treibel"3) (1981, mit Maria Schell) war er der Professor Schmidt, in Heinz Schirks1) vielbeachteten historischen Sechsteiler "Vom Webstuhl zur Weltmacht" (1982), der Chronik der Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger1) zwischen 1368 und 1560, übernahm er die Hauptrolle des Jakob Fugger1), genannt "der Reiche". Die Geschichte des Hauses Fugger basierte auf dem Buch "Kauf dir einen Kaiser" von Günter Ogger1), Leopold Ahlsen1) hatte das Drehbuch geschrieben → fernsehserien.de, Wikipedia.
Auch hierzu hat Ernst Jacobi eine kleine Reminiszenz an die Dreharbeiten beigesteuert.
 

Ernst Jacobi als Jakob Fugger
in dem ARD-Sechsteiler "Vom Webstuhl zur Weltmacht" (1982)
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi

Ernst Jacobi als Jakob Fugger

Bis Ende der 1980er Jahre erlebte man den Vollblutschauspieler unter anderem in der "Tatort"-Folge "Ordnung ist das halbe Sterben"1) (1985) und Ulrich Starks packendem dreiteiligen Thriller "Der Bastard"4) (1989), wo er als Frits Vandenberg, Boss der Verbrecherorganisation DATORG, auftauchte. In Karl Fruchtmanns1) Film "… trotzdem!" (1988) verkörperte er authentisch den Schriftsteller Émile Zola1), der sich mit seiner berühmten Kampfschrift "J'accuse"1) vehement für den zu Unrecht verurteilten Hauptmann Alfred Dreyfus1) einsetzt und so seinen eigenen Prozess provoziert.

Ernst Jacobi als Emile Zola Ernst Jacobi in "Der Bastard" (ARD, 1989)
Ernst Jacobi als Emile Zola
in "… trotzdem!" (1988)
Ernst Jacobi als Frits Vandenberg  in "Der Bastard"
(ARD, 1989, mit Peter Sattmann  und Gudrun Landgrebe1))
Fotos: Privatarchiv Ernst Jacobi
  
Egon Monk inszenierte für das ZDF eindrucksvoll den fünfteiligen Fernsehfilm "Die Bertinis"1) (1989) nach dem autobiographischen Werk1) des Fernsehjournalisten und Schriftstellers Ralph Giordano1). In dieser nachdenklich stimmenden (Über)Lebensgeschichte um eine jüdische Familie in der Zeit des Nationalsozialismus spielte Jacobi den alten Musikprofessor von Lea Bertini (Hannelore Hoger). Nach Dagmar Dameks1) spannendem Fernsehspiel "Wie du mir…" (1989, → dagmar-damek) gehörte Jacobi als Diplomat Diego von Bergen1) zur Besetzung der mit Ben Kingsley (Lenin1)), Dominique Sanda1) (Inessa Armand1)) oder Leslie Caron (Nadeschda Krupskaja1), Lenins Frau) hochkarätig besetzten internationalen Produktion "Lenin: The Train"1) (1990, "Lenin: Der Zug"), eine erneute Zusammenarbeit mit Karl Fruchtmann ergab sich in dem gesellschaftskritischen Stück "Tote Briefe" (1991) und der tragisch-komischen Allegorie "Der Affe Gottes" (1992).

  
Ernst Jacobi als Musikprofessor in DIE BERTINIS
Szenenfoto aus "Die Bertinis":
Lea (Hannelore Hoger) bittet
ihren alten Musikprofessor (Jacobi) um Hilfe.
Foto-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung
der UFA Film- und Fernsehproduktion.
   
Zum Fernsehschaffen Jacobis zählten in den 1990ern dervon Peter Weck in Szene gesetzte Film "Von Frau zu Frau: Die Sammlerin" (1994) mit Christiane Hörbiger, die Hauptrolle des Staatsanwaltes Esch, der in Rüdiger Sünners1) "Der Nachlass" (1994) während eines Prozesses in die Abgründe der eigenen Kindheit gerät, Heinrich Breloers1) Dokudrama "Einmal Macht und zurück – Engholms Fall" (1994) über Björn Engholm1) und die so genannte Schubladenaffäre sowie Detlef Rönfeldts1) Zweiteiler über eine Schweizer Bankiersfamilie, "Tödliches Geld – Das Gesetz der Belmonts" (1994), u.a. mit Marthe Keller, Michel Piccoli und Karlheinz Hackl. Weiterhin zu erwähnen ist Karl Fruchtmanns Drama "Die Grube" (1995), einer eindringlichen nach Berichten von Zeugen und Angeklagten entstandenen Spieldokumentation über neunzig jüdische Kinder, die im August 1941 in Bjelaja Zerkow1), einer Stadt, 70 km südlich von Kiew, von Mitgliedern der deutschen Wehrmacht gefangengehalten und ermordet wurden. Schließlich sind noch das Melodram "Zerrissene Herzen" (1996), die Thriller "Das Siegel des Todes" (1996), "Sperling und die verlorenen Steine"1) (1997), "Anwalt Abel – Das schmutzige Dutzend"1) (1997) sowie das Psychodrama "Tödliche Schatten" (1999) zu nennen.
Darüber hinaus wirkte Ernst Jacobi wiederholt in so beliebten Krimi-Serien wie beispielsweise "Derrick"1), "Die Krimistunde"1) oder "Der Alte"1) mit, so zuletzt im April 2005 in der Episode "Der Nachruf" aus der Reihe "Der Alte".
In den vergangenen Jahren spielte Jacobi in Gero Erhardts1) TV-Thriller "Ein Mann gibt nicht auf" (2000) mit,  2002 war er ein Arzt in Diethard Klantes1) ungewöhnlichem Drama "Im Chaos der Gefühle" (→ filmdienst.de. presseportal.de), im gleichen Jahr der Professor Graefe in dessen Gesellschaftsdrama "Hannas Baby"1).
Ernst Jacobi 01 Im Juli 2005 trat Jacobi er in dem SAT1-Thriller "Mörder in Weiß – Der Tod lauert im OP"6) als skrupelloser Professor Winkler in Erscheinung, der eine Koryphäe auf dem Gebiet der Organzucht ist, wenige Wochen zuvor hatte man den Schauspieler im April in Christine Kabischs1) Tragikkomödie "Neue Freunde, neues Glück"5) nach dem Roman "Die schöne Gegenwart"1) von Leonie Ossowski1) erlebt: Hier verkörperte er wunderbar den charmanten Ex-Banker Rupert Neumann, der Nele Ungureit (Christiane Hörbiger), die nach nach 35 Jahren von ihrem Mann wegen einer Jüngeren verlassen wurde, den Hof macht und die Single-Frau gemeinsam mit der tüddeligen Gerda Griese (Heidelinde Weis) und dem pensionierten Architekten Ulrich Windeck (Martin Lüttge) bei der Gründung einer Senioren-WG unterstützt. Turbulenzen mit Behörden, vor allem aber mit Neles Sohn Hannes sind da vorprogrammiert…
In dem Anfang Januar 2006 ausgestrahlten differenzierten Zweiteiler "Papa und Mama"1), mit dem Regisseur Dieter Wedel1) die Geschichte von Trennungen und deren Folgen auf verschiedenen Ebenen aus der Perspektive der betroffenen Kinder erzählte, war Ernst Jacobi neben vielen anderen TV-Stars als Seniorchef einer Anwaltskanzlei zu sehen, dessen smarter, arbeitssüchtiger Scheidungsspezialist Peter Ullrich (Fritz Karl1)) selbst zum Scheidungsopfer wird. Auch in Wedels, von der Presse ambivalent diskutiertem TV-Film "Mein alter Freund Fritz"1) (2007), von Wedel selbst angekündigt als "Enthüllungsfilm über den Alltag in deutschen Krankenhäusern" und als "Signal gegen die Pilcherisierung im deutschen Fernsehen", war Jacobi auf dem Bildschirm präsent. Er spielte einen abgeklärten Mediziner im Ärzteteam um den Protagonisten Professor Seidel alias Ulrich Tukur.
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi
 © Christian Kohlund
 
"GELD.MACHT.LIEBE"1) hieß eine, von der ARD und dem ORF in Auftrag gegebene, 20-teilige Familiensaga, in dessen Mittelpunkt die alteingesessene und mächtig Familiendynastie von Rheinberg stand. Die Geschichte um Geld, Macht, Liebe, Neid und Intrigen wurde ab Ende April 2008 in Frankfurt am Main sowie Bad Homburg und Umgebung gedreht, Regie führten Christine Kabisch (Folgen 1 bis 13) und Helmut Metzger1) (Folgen 14 bis 20). Burgschauspieler Roland Koch1) war als smartes Familienoberhaupt Markus von Rheinberg zu sehen, Susanne Schäfer1) als dessen Ehefrau, Angela Roy1) als das "Schwarze Schaf" der Familie Mona, sowie Gerlinde Locker als Patriarchin der Familie und Witwe des legendären Max von Rheinberg. Zahlreiche andere populäre Schauspieler wie Johannes Zirner1), Michael Brandner1) oder Andrea L'Arronge1) sorgten für anfangs hohe Einschaltquoten. Ernst Jacobi hatte in der ersten Folge die Rolle des Friedrich Blessmann übernommen, Vater von Alexander Blessmann (Peter Kremer1)), dem größten Rivalen der Reinbergs. Serienstart war der 6. Juli 2009, die weiteren Folgen wurden immer Montags um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.  
Im Herbst 2008 begannen dann die Dreharbeiten zu dem großen historischen ZDF-Film mit dem Titel "Dr. Hope" – Eine Frau gibt nicht auf"6) für das ZDF, mit Heike Makatsch1) in der Titelrolle. Das Biopic zeichnet das Leben von Dr. Hope Adams Bridges Lehmann1) (1855 – 1916) nach, erste praktische Ärztin und Gynäkologin Münchens sowie Reformerin, Frauenrechtlerin und Visionärin. In dem von Martin Enlen1) in Szene gesetzten Fernseh-Zweiteiler verkörperte Jacobi den Richter, der den Vorsitz im Prozess gegen Deutschlands erste Ärztin inne hat; Premiere feierte der sehenswerte Zweiteiler Anfang Juli beim 27. Filmfest München (26.06. – 04.07.2009), die Ausstrahlung im ZDF erfolgte am 22. bzw. 24.03.2010. 
Fertiggestellt war auch der Kinofilm "Das weiße Band"1) mit dem Untertitel "Eine deutsche Kindergeschichte" des österreichischen Regisseurs Michael Haneke1). Der prominent besetzten Film –  u.a. mit Susanne Lothar (Hebamme), Burkhart Klaußner (Pastor), Josef Bierbichler (Gutsverwalter) und Ulrich Tukur1) (Baron) – spielt am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1913/14 in einem Dorf im protestantischen Norden Deutschlands und erzählt die Geschichte des vom Dorflehrer (Christian Friedel1)) geleiteten Schul- und Kirchenchors, der kindlichen und jugendlichen Sänger und deren Familien wie dem Baron, dem Pfarrer, dem Gutsverwalter, einer Hebamme, einem Arzt und einiger Bauern. Dann passieren seltsame Unfälle, die nach und nach den Charakter ritueller Bestrafungen annehmen. Wer steckt dahinter? → siehe auch www.dieterwunderlich.de. In dem Film ist Jacobi als exzellenter Erzähler zu hören, er schildert die Ereignisse aus der Perspektive des inzwischen gealterten Dorflehrers und kommentiert das Geschehene immer wieder in literarisch anmutenden Tiraden. Er beginnt seinen Bericht mit den folgenden Worten: "Ich weiß nicht, ob die Geschichte, die ich Ihnen erzählen will, in allen Details der Wahrheit entspricht."
"Das weiße Band" nahm im Mai 2009 am offiziellen Wettbewerb der "62. Internationalen Filmfestspiele"1) im französischen Cannes teil und feierte damit seine Weltpremiere. Hanekes Sozialstudie über eine autoritäre Gesellschaft, deren Kinder sich 20 Jahre später begeistert in den Nationalsozialismus stürzen werden, wurde in Cannes mit der "Goldenen Palme"1) ausgezeichnet. Einen weiteren Preis konnte Michael Haneke mit dem "Grand Prix de la FIPRESCI"1) für den "Besten Film des Jahres" entgegennehmen, jährlich verliehen von der internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung "FIPRESCI". Am 26. August 2009 wählte die Organisation "German Films" die Produktion "Das weiße Band" als offiziellen deutschen Bewerber für eine Oscar1)-Nominierung in der Kategorie "Bester nicht-englischsprachiger Film" aus, dass er nominiert wurde, gab die Academy am 2. Februar 2010 in Los Angeles bekannt.
Am 15. Oktober 2009 kam die Produktion in die deutschen Kinos, anschließend wurde an "The White Ribbon" für den amerikanischen Verleih gearbeitet, auch hier konnte Jacobi für den Part des Erzählers gewonnen werden. Für den amerikanischen Verleih sollte der Erzählertext nicht mit Untertiteln versehen werden, berichtet Herr Jacobi. Da der historische Lehrer später auswandert, wünschten sich die Verantwortlichen eine englische Fassung mit deutschem Akzent. Michael Haneke fragte an, ob ich mir das zutrauen würde und ich stürzte mich in ein wochenlanges Training mit der Stoppuhr. Wir erarbeiteten die Fassung und ich hörte lange nichts mehr, bis ich es wagte, nachzufragen. "Hat man Ihnen das nicht übermittelt – sie sagten "yea – it's great!".   
Am 12. Dezember 2009 ging der "Europäische Filmpreis"1) an "Das weiße Band" in den Kategorien "Bester europäischer Film", "Beste Regie" und "Bestes Drehbuch".  Knapp einen Monat später – am 17. Januar 2010 – gehörte die deutsch-österreichische Produktion zu den Gewinnern des "Golden Globe Award"1) in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film"1). Die jährlich in Hollywood verliehenen "Golden Globes" sind eine der wichtigsten Preisverleihungen in der Filmbranche und gelten als Barometer für die Oscar-Verleihung; leider ging Hanekes Meisterwerk am 7. März 2010  jedoch leer aus und der "Oscar" für den "Besten fremdsprachigen Film" an das argentinische Drama "In ihren Augen"1) ("El secreto de sus ojos") von Regisseur Juan José Campanella1).
Am 15. Februar kamen weitere Preise für Hanekes herausragenden Film hinzu: Bei der "Cinema for Peace"-Verleihung im Berliner "Konzerthaus am Gendarmenmarkt" nahmen Produzent Stefan Arndt1) und Schauspieler Burghart Klaußner stellvertretend für das Filmteam den "Cinema for Peace-Award" als "wertvollsten Film des Jahres" ("Most Valuable Film of the Year") entgegen. Am gleichen Abend wurde in Berlin im Rahmen der Berlinale der "Preis der deutschen Filmkritik"1) verliehen: "Das weiße Band" konnte in allen vier nominierten Kategorien Preise abräumen: Neben der Auszeichnung als "Bester Spielfilm" sowie das "Beste Drehbuch" gewann Christian Berger1) den Preis für die "Beste Kamera" und Burghart Klaußner wurde als "Bester Darsteller" ausgezeichnet. Michael Hanekes Film "Das weiße Band" gelingen Bilder, die im Kopf bleiben. Und sie sind schwarz-weiß. "Schwierigkeiten, die Bilder zu glauben", bereiteten ihm Farbfilme über historische Themen, sagt der Regisseur: "Mein Bildgedächtnis ist schwarz-weiß, anders kann ich es mir nicht vorstellen." Seine Bilder scheinen in der Tradition des schwedischen Meisterregisseurs und Pfarrersohns Ingmar Bergmann zu stehen. Ähnlich kraftvoll und scharf sind sie. (Quelle: www.sonntagsblatt-bayern.de)
Als dann am 23. April 2010 im Rahmen einer festlichen Gala im Berliner "Friedrichstadt-Palast" die "Lolas"1) für den Deutschen Film vergeben wurden, gab es einen herausragenden Gewinner, Michael Hanekes "Das weiße Band" konnte zehn der begehrten Trophäen erringen: Die "Lola in Gold" (Bester Spielfilm, bestes Drehbuch, beste Regie), Burkhart Klaußner erhielt die "Lola" für die "Beste männliche Hauptrolle", Maria-Victoria Dragus1) für die "Beste weibliche Nebenrolle"; weitere "Lolas" gingen an Christian Berger (Beste Kamera/Bildgestaltung), Christoph Kanter (Bestes Szenenbild), Moidele Bickel1) (Bestes Kostümbild), Waldemar Pokromski und Anette Keiser (Bestes Maskenbild) sowie an Guillaume Sciama und Jean-Pierre Lafore (Beste Tongestaltung). Damit ist "Das weiße Band" der bisher erfolgreichste Film in der Geschichte des "Deutschen Filmpreises" → Auszeichnungen und Nominierungen bei Wikipedia.
Ernst Jacobi im September 2009; Copyright Ernst Jacobi bzw. Barbara Wolf Zu Ernst Jacobis (vorerst) letzten Arbeiten vor der Kamera gehörte die Verfilmung des neuen Buches "Masserberg"1) der Schriftstellerin, Journalistin und Fernsehmoderatorin Else Buschheuer1) für die ARD. Unter der Regie von Martin Enlen1) wurde der Roman mit deutlich autobiografischen Zügen ab 28. April 2009 szenisch umgesetzt. Die Handlung spielt in einem trostlosen Krankenhaus im thüringischen Masserberg und erzählt hauptsächlich die Liebesgeschichte zwischen der 17-jährigen Patientin Melanie Tauber (Anna Fischer1)) und dem verheirateten kubanischen Arzt Carlo Sanchez (Pasquale Aleardi1)), Mitte der 1980er Jahre in der Stasi-lastigen DDR. Neben weiteren Darstellern wie Jürgen Heinrich1), Kyra Mladeck1) oder Maria Simon1) spielte Jacobi den kleinen Part eines renommierten Augenarztes namens Professor Heinrich; die Erstausstrahlung fand am 19. Mai 2010 statt → Filmbeschreibung bzw. Kritik bei tittelbach.tv.
 
  
Ernst Jacobi im September 2009
Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi; © Ernst Jacobi bzw. Barbara Wolf
  
Eine Übersicht zum Theater- und Filmschaffen Ernst Jacobis kann man als PDF-Dokument (51  KB) downloaden.
  Eine Übersicht zur Filmografie findet man auch hier.
Doch nicht nur in mehr als 200  Fernsehproduktionen stellte Ernst Jacobi immer wieder mit mannigfaltigen Rollen seine darstellerische Dominanz unter Beweis, neben seiner umfangreichen Arbeit für Theater und Film arbeitete der Schauspieler seit Jahrzehnten für den Hörfunk. Er verfasste eigene Hörspiele wie "Rattenbronn", "Auf eigenen Wunsch", "Iguaçu", "Flusskilometer 554 – oder was Ausschlag gebend war" sowie "Der Stich", wo er auch für die Regie verantwortlich zeichnete; weitere Regiearbeiten für den Funk waren beispielsweise die Hörspiele "Erste Begegnung" (SFB), "Insel des Irrsinns" (HR) sowie "Katzengeschrei" (HR) nach dem gleichnamigen Roman von Adolf Schröder.
In vielen weiteren preisgekrönten Hörspielen, die nach Literaturvorlagen entstanden, trat er als Erzähler oder mit Hauptrollen auf, so sind etwa beispielhaft Walter Adlers "Centropolis", Walter Kempowskis "Moin Vaddr läbt", Dieter Kühns "Goldbergvariationen", Reinhard Lettaus "Frühstücksgespräche in Miami" und Christoph Gahls "Intensivstation oder Das unverändert pflanzenhafte Dahinvegetieren" zu nennen.
 

Das Foto zeigt Ernst Jacobi 1985 bei der Regiearbeit zu dem von
ihm geschriebenen Hörspiel "Der Stich" (EA: 1987) → hoerspiele.dra.de
(Die Rechte liegen bei dem Fotografen Werner Bethsold1)
der freundlicherweise einer Veröffentlichung des Fotos zugestimmt hat.)
© Werner Bethsold

Ernst Jacobi 1985 bei der Regiearbeit zu DER STICH
Mit seiner sanften, angenehmen Stimme ließ: der Künstler Figuren in mehr als 400 Audio-Produktionen, von denen auch einige als Hörkassetten bzw. CDs erhältlich sind, lebendig werden: So interpretiert er unter anderem in Jules Vernes Unterwasser-Mythos "20.000 Meilen unter dem Meer"1) den ebenso grausamen wie genialen Erfinder Kapitän Nemo oder in "Niemandsland"1), nach der Kriegstrilogie "Regeneration" von Pat Barker1), den Neurologen und Freud-Anhänger Dr. Rivers, der mit der Behandlung seelisch verkrüppelter Soldaten beauftragt ist und – anders als seine Kollegen – seine traumatisierten Patienten mittels Gesprächen über die schrecklichen Kriegserlebnisse zu heilen versucht, wohl wissend, dass er sie wieder fronttauglich macht. Herausragend auch sein kleiner Beamter Winston Smith in George Orwells Klassiker "1984"1); die hochkarätig besetzte, im Jahre 1977 entstandene Hörspielversion wurde Mitte 2003 anlässlich des 100. Geburtstages des Schriftstellers als CD neu auf den Markt gebracht. Mit Ernst Jacobi als Held Winston Smith ist eine hervorragende Besetzung gelungen. Aber auch Dieter Borsche als O'Brian und Angela Winkler1) als Julia sind glänzende Sprecher. Die Verhöre und Foltern sind eindrucksvoll in Szene gesetzt. Grauen macht sich breit. Alle Geräusche kommen direkt und echt rüber, man bekommt Gänsehaut. – so damals nachzulesen in der Audiobook-Rezension von Jörg Schieb1).
In "Otherland", einer atemberaubenden Reise durch virtuelle Welten nach der vierbändigen, gleichnamigen Saga1) des amerikanischen Erfolgsautors Tad Williams, ist er der sonderbare Herr Sellars, der nie das Haus verlässt, aber mehr über " Otherland" weiß, als andere. Das Stück, welches als die bisher größte Hörspiel-Produktion der Radiogeschichte gilt, wurde seit Anfang 2004 in den Studios des "Hessischen Rundfunks" in Frankfurt am Main produziert und Ende August 2005 abgeschlossen.
Anfang April 2006 war Jacobi bei der von Walter Adler1) für den Südwestrundfunk in Szene gesetztem Hörspiel "Victors Leute" von Jürgen Becker1) mit von der Partie, in der FIGARO-Hörspielreihe des MDR erlebte man ihn Ende Juni 2006 unter der Regie von Leonhard Koppelmann in "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung. Eine Komödie" von Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 – 1792) – diesmal nicht wie im Film als Hofmeister Läuffer sondern mit der vollkommen gegensätzlichen Rolle des Dorfschullehrers Wenzeslaus.  
In der opulenten Hörspiel-Inszenierung "Der Orientzyklus" nach den Reiseerzählungen von Karl May1) gestaltete Ernst Jacobi den Festungskommandanten Mutesselim; in einer Bearbeitung von Regisseur Walter Adler wurde Mays zwischen 1881 und 1888 entstandene Vorlage vom WDR  mit insgesamt zwölf Teilen zu je 54 Minuten in Szene gesetzt, die zwischen dem 10. Dezember 2006 und 1. Mai 2007 ausgestrahlt wurden. Jacobi selbst sagte über seine Rolle: Sie ist eine von den vielen "saftigen" Figuren, saftig in den Niederlagen und saftig im Triumph. Man liebt sie und man hasst sie. Sie sind nie indifferent, nicht intellektuell verschlüsselt, man kann sie mit kindlichen Sinnen erfassen. (Quelle: www.wdr5.de; Seite nicht mehr existent)
Am 4. und 11. April 2007 ging im NDR das zweiteilige Hörspiel "Das Evangelium nach Jesus Christus" nach dem gleichnamigen Roman von José Saramago1) in einer Bearbeitung bzw. unter der Regie von Hans Gerd Krogmann auf Sendung: Der portugiesische Nobelpreisträger erzählt die Geschehnisse des Neuen Testaments auf spannende Weise als eine Art Reportagebericht über das Leben Jesu. Darin lässt er Jesus – wie auch Gott (gesprochen von Ernst Jacobi) und den Teufel – selbst zu Wort kommen.
Als Erzähler war Jacobi einmal mehr unübertrefflich, fungierte beispielsweise meisterhaft in dem opulenten Mittelalter-Epos "Die Säulen der Erde"1) von Ken Follett1) (zusammen mit Gisela Trowe) oder in "Der talentierte Mr. Ripley"1) nach dem Krimi von Patricia Highsmith1). Erwähnenswert ist auch seine Mitwirkung bei der Hörspielbearbeitung des packenden Bestsellers "Die Päpstin"1) von Donna W. Cross1), ebenso wie bei "Der Graf von Monte Christo"1) nach Alexandre Dumas1) oder "Wilhelm Meisters Lehrjahre"1) von Johann Wolfgang von Goethe1) → eine Auswahl der unfangreichen Arbeit für das Hörspiel findet man auf dieser Extra-Seite.

Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi; © Ernst Jacobi

Ernst Jacobi 02
An Synchronarbeiten ist unter anderem der Disney-Zeichentrickfilm "Peter Pan"1) (1953) zu nennen, wo er für Bobby Driscoll1) den "Peter Pan" sprach, weiterhin der spektakuläre amerikanische Mehrteiler "Holocaust"1) (1978) und seine exzellente deutschsprachige Umsetzung der Rolle des Juristen und SS-Obersturmbannführers Erik Dorf (Michael Moriarty1), der als Adjutant von Reinhard Heydrich1) (gespielt von David Warner1)) die Massenvernichtung der Juden organisiert, sowie der "Doc Brown" (Christopher Lloyd1)) im ersten Teil der Abenteuer "Back to the Future"1) (1985, "Zurück in die Zukunft").
Ernst Jacobi und Michael Moriarty anlässlich des Interviews in Wien; Copyright Barbara Jacobi Als besondere Herausforderung erinnerte Jacobi die Synchronisation für den afro-amerikanischen Schauspieler Howard Rollins1) (1950 – 1996) in der Literaturadaption "Ragtime"1) (1981). In der von Miloš Forman1) nach dem historischen, gleichnamigen Roman1) von E. L. Doctorow1) in Szene gesetzten US-Produktion spielte Rollins den Pianisten Coalhouse Walker Jr., dessen Name auf den deutschen Namen "Kohlhaas" verweist. Wie die titelgebende Figur in der Novelle "Michael Kohlhaas"1) von Heinrich von Kleist1) geht auch Coalhouse Walker Jr. in seinem unbedingten Streben nach Gerechtigkeit schließlich in den eigenen Untergang; → weitere Arbeiten für die Synchronisation bei synchronkartei.de.
 
Der vielbeachtete Vierteiler "Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss" wurde übrigens ab 7. Januar 2019 in den 3. Programmen von WDR, NDR und SWR wiederholt. Dazu entstand ein Rahmenprogramm bzw. ein Dokumentartfilm über Entstehungsgeschichte des Dramas mit dem Titel "Wie "Holocaust" ins Fernsehen kam" und Jacobi wurde, ebenso wie Michael Moriarty, von der Filmfirma "HANFGARN & UFER" zu einem Interview gebeten. Die Regisseurin Alice Agneskirchner1) realisierte diesen Film, der ebenfalls im Januar 2019 zur Ausstrahlung gelangte → www.hu-film.de. Der WDR schrieb unter anderem: "Vor dem Hintergrund der Neu-Ausstrahlung von "HOLOCAUST" nach genau vierzig Jahren erzählt die Filmemacherin Alice Agneskirchner die Geschichte dieses Fernsehereignisses, von der Entstehung und den Dreharbeiten über die Ausstrahlung bis zu den Reaktionen. Ein "Making of" der besonderen Art." 
 
Ernst Jacobi und Michael Moriarty anlässlich
des Interviews in Wien
© Barbara Jacobi
Im Frühjahr 2010 zog sich Ernst Jacobi nach einer rund 60 Jahre dauernden erfolgreichen Karriere weitgehend von der Schauspielerei zurück, übernimmt jedoch noch sporadisch interessante Aufgaben, wie bei dem "Festspiel der Deutschen Sprache"1) am 10. September 2010 im "Goethe-Theater"1) in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt). Unter der Schirmherrschaft des damaligen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen–Anhalt Prof. Dr. Wolfgang Böhmer1) fand diese Veranstaltung dort zum 5. Mal statt. Das "Festspiel der deutschen Sprache" wurde erstmals 2006 von der Kammersängerin Prof. Edda Moser1) ins Leben gerufen. Sie ist bis heute die künstlerische Leiterin des Festspiels. "Seit 2007 findet diese Veranstaltung traditionell im "Goethe-Theater" Bad Lauchstädt statt, wo sich einmal im Jahr Schauspieler und Autoren treffen, um die deutsche Sprache zu feiern, ihre Eigenart und ihre Schönheit zu genießen und zugleich ihrer Banalisierung entgegenzuwirken." hieß es auf der Webseite des Theaters. Im ersten Programmteil wurden Lyrik und Prosa von Goethe, Rainer Maria Rilke, Botho Strauss, Karoline von Günderode, Joseph von Eichendorff und Börris von Münchhausen präsentiert, neben Jacobi rezitierten und lasen Pauline Knof1), Gudrun Landgrebe1), Sebastian Koch1) und Axel Milberg1). Der zweite Teil bestand aus Szenen aus Friedrich Schillers Drama "Kabale und Liebe"1), Hans Stetter interpretierte den Präsident von Walter, Sebastian Koch den Ferdinand, Ernst Jacobi den Stadtmusikus Miller, Axel Milberg den Sekretär Wurm, Gudrun Landgrebe die Lady Milford und Pauline Knof die Luise. Die Vorstellung war ausverkauft, der MDR übertrug die Veranstaltung live auf einer Großbildleinwand vor dem Theater; als Hörbuch ist die "hohe Kunst der Interpretation" inzwischen auf CD verfügbar.
Auch 2011 konnte das "Festspiel der Deutschen Sprache" wieder mit einer wunderbaren Aufführung bzw. prominenten Besetzung aufwarten, am 9. September 2011 hob sich vor hochkarätigen Gästen im "Goethe-Theater" Bad Lauchstädt der Vorhang zu einer szenischen Lesung von Goethes Drama "Faust, der Tragödie erster Teil"1). Zusammen mit Ernst Jacobi als Herrgott bzw. Wagner begeisterten in der von dem Film- und Fernsehregisseur Michael Knof1) erarbeiteten "Lesefassung für sieben Schauspieler" allen voran Burghart Klaußner als Faust und Ulrich Matthes1) als Mephistopheles, weiterhin erlebte man Katharina Thalbach1) (Marthe Schwerdtlein/Hexe/Lieschen/Die Schöne/Die Alte), Pauline Knof (Margarethe), Hans Stetter (Zueignung/Geist) und Markus Meyer1) (Schüler/Valentin). Lange anhaltender Beifall und "standing ovations" waren der Lohn für die exzellente Darbietung dieser hervorragenden Schauspielerriege, die "Mitteldeutsche Zeitung" notierte unter anderem "Die Zuhörer, darunter neben dem Ministerpräsidenten Haseloff1) auch sein Vorgänger und Parteifreund Wolfgang Böhmer, der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher1) (FDP) sowie wenigstens das halbe Landeskabinett Sachsen-Anhalts, sind, wie stets zum "Festspiel der deutschen Sprache", reich belohnt worden für das Sitzen auf Lauchstädts historisch harten Bänken." Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) strahlte am 11. September 2011 von 22:10 Uhr bis 22:40 Uhr eine Zusammenfassung aus, das Hörbuch ist im Juni 2012 bei "Lübbe Audio" erschienen.
 
Die Auftritte seit dem 11. März 2011  in der ARD-Telenovela "Rote Rosen"1) (Folgen 992–999/1041–1044/1072–1090) mit der Figur des ehemaligen Diplomaten bzw. Gutsbesitzers Konstantin von Walden, Vater der Landschaftsarchitektin Caroline von Walden (Birgit Würz), werden von dem exzellenten Charakterdarsteller und Theatermann Ernst Jacobi eher als ein belangloses und zu vernachlässigendes Intermezzo eingestuft.
Ernst Jacobi als Magnus Dutt in "Am Abend aller Tage"; zur Verfügung gestellt vom Bayerischen Rundfunk (BR); Quelle: Bayerischer Rundfunk (BR), Archiv-Nr.: 40501-1-02; Copyright BR/Hendrik Heiden Als "würdigen Abschied" vom Filmgeschäft bezeichnete Jacobi dagegen die Mitwirkung in Dominik Grafs1) meisterlichem Film "Am Abend aller Tage"1), dessen Dreharbeiten am 14. Juli 2016 zu Ende gingen. In der lebensgefährlichen Liebesgeschichte um ein verschollenes Gemälde, basierend auf Henry James'1) Novelle "The Aspern Papers" ("Asperns Nachlaß") und sicherlich auch inspiriert von dem "Fall Cornelius Gurlitt"1), spielte Jacobi (einmal mehr großartig) an der Seite von Friedrich Mücke1) die Hauptrolle des geheimnisvollen, hochbetagten Münchener Sammlers Magnus Dutt, der sich als "Bewahrer" und "Anwalt" der Kunst sieht. "Bilder gehören niemandem. Sie gehören nur sich selbst.", sagt die Filmfigur Magnus Dutt. "Wenn sie achtlos betrachtet werden, verlieren sie an Wert. Das hat nichts mit ihrem finanziellen Wert zu tun. Sie verlieren ihre Sprache. Ich spreche mit ihnen."
 
Foto: Ernst Jacobi als Magnus Dutt in "Am Abend aller Tage"
Zur Verfügung gestellt vom Bayerischen Rundfunk (BR)
Quelle: Bayerischer Rundfunk (BR), Archiv-Nr.: 40501-1-02
© BR/
Hendrick Heiden
Auf der Website des BR (www.br.de) kann man zum Inhalt folgendes lesen: "Philipp Keyser (Friedrich Mücke) ist Anfang 30, als man ihm noch einmal eine Chance gibt: Für eine Gruppe greiser Geschäftsleute soll er ein verschollen geglaubtes Gemälde des deutschen Expressionisten Ludwig Glaeden aufspüren – "Die Berufung der Salomé" – und den Ankauf in die Wege leiten. Koste es, was es wolle. Als leidenschaftlicher Verehrer Glaedens stürzt sich Philipp ohne Zögern in diesen Auftrag. Doch der mutmaßliche Besitzer des Bildes, der 84-jährige Sammler Magnus Dutt (Ernst Jacobi), ist erst unerreichbar und dann nicht bereit zu offenbaren, ob er die "Salomé" je besessen hat. So beginnt Philipp, sich der Großnichte Dutts zu nähern, der Künstlerin Alma (Victoria Sordo1)). Er umwirbt sie, indem er ihren brach liegenden Garten erblühen lässt. Langsam öffnet sie sich ihm und vertraut ihm verschwiegene Dinge aus dem Leben ihrer Familie an. Zu spät wird Philipp klar, dass er der jungen Frau immer mehr verfällt. Die Jagd nach dem Bild zieht Philipp in einen Strudel, in dem sich Liebe, Schuld und die Hingabe zur Kunst auf eine lebensgefährliche Weise vermischen. Ein Strudel, in dessen Zentrum ein Bild schimmert, das es vielleicht gar nicht gibt …"; vorgestellt wurde der Film im Rahmen der 50. Internationalen Hofer Filmtage" (25.–30.10.2016), Ausstrahlungstermin in der ARD war der 31. Mai 2017.
Der Medienjournalist Rainer Tittelbach meinte bei tittelbach.tv: "Man muss dem Augen-Blick genauso viel Aufmerksamkeit entgegenbringen wie dem in der Erzählung ausgegebenen Ziel – das ist immer so bei Dominik Graf, in dieser feinsinnigen, anspruchsvollen Betrachtung über Liebe & Kunst aber besonders augenfällig. Ein Film gegen Sehgewohnheiten. Ein Film für Auge, Kopf und Seele. (…) Dominik Graf sieht in diesem von Ernst Jacobi gewohnt eindrucksvoll verkörperten Kunstsammler "keinen wunderlichen Kauz", sondern einen klugen Mann, "der Werke nicht den Erben der Maler, nicht den Käufern und auch nicht deren Erben, nicht den Millionären und eben auch nicht den Museen überlassen will, sondern nur denen, die sie gemalt haben und denen, die – so wie er – sie vor ihrer täglichen Herabwürdigung beschützen werden". Dieser Bewahrer der immanenten Aura eines Kunstwerks sammelt nicht, um irgendwann seine Bilder zu veräußern oder sie zu vererben, nein, er will sie lieber verstecken, im Verborgenen halten, bis ein Zeitalter angebrochen sei, in dem die Menschen diese Bilder schätzen würden." → siehe auch die Artikel bei www.spiegel.dewww.sueddeutsche.de, www.tagesspiegel.de, www.welt.de.
Doch diese Arbeit vor der Kamera sollte nicht die letzte gewesen sein, am 17. Dezember 2016 gingen die Dreharbeiten zu der "Polizeiruf 110"-Folge1) mit dem Titel "Nachtdienst"1) zu Ende. Von Rainer Kaufmann1) in Szene gesetzt, ermittelt Kriminalhauptkommissar Hanns von Meuffels (Matthias Brandt1)) in diesem Krimi aus München in einem Pflegeheim und trifft dort auf den von Jacobi gespielten Bewohner Claus Grübner, einen ehemaligen Kollegen → www,br.de. Gesendet wurde diese hochemotionale, mitunter verstörend-beklemmende Story, welche den Pflegenotstand in Deutschland zum Thema macht, am 7. Mai 2017:
Nachdem ihm die verwirrte 80-jährige Elisabeth Strauß (Elisabeth Schwarz1)) auf dem Polizeipräsidium erklärt hat, dass ein Mitbewohner erschlagen worden sei, nimmt "Hanns von Meuffels die Ermittlungen auf, die ihn in ein Münchner Altenheim mit überforderten Pflegern und vielen betreuungsintensiven Patienten führen. Die Suche nach der Wahrheit erweist sich für Meuffels als sehr schwieriges Unterfangen. Es ist der Beginn einer Nacht, die er so schnell nicht mehr vergessen wird." notiert www.br.de. Jacobi als knorriger, ehemaliger SEK-Beamter und Scharfschütze Claus Grübner verlieh brillant-überzeugend einer Figur Kontur, die sich gegen die Missstände in Senioreneinrichtungen aufbäumt, aber kein Gehör findet – am Ende kommt es zum dramatischen Showdown bzw. zur Katastrophe → tittelbach.tv

Ernst Jacobi und Matthias Brandt in "Nachtdienst"
© BR/diefilmgmbh/Hendrick Heiden
Foto mit freundlicher Genehmigung von "BR-Bildmanagement" sowie
"die agenten" (www.die-agenten.de), Agentur von Matthias Brandt

Ernst Jacobi und Matthias Brandt in "Nachtdienst"; Copyright BR/diefilmgmbh/Hendrick Heiden; Foto mit freundlicher Genehmigung von "BR-Bildmanagement" sowie "die agenten" (www.die-agenten.de), Agentur von Matthias Brandt
"Die Welt" (www.welt.de) bezeichnete den mit dem "FairFilm Award 2017" (Fairste Produktion des Jahres 2016) ausgezeichneten Film als "somnambules Meisterstück" und meinte "Rainer Kaufmann hat die Tragödie der Grimmepreisträgerinnen Ariella Bogenberger1) und Astrid Ströher ohne Sozialdramafirlefanz mit hoher Genauigkeit, großer Empathie auf geradezu superrealem Unterton verfilmt. Ein Gruselfilm." Und bei www.spiegel.de konnte man lesen: "Dieser Krimi ist todtraurig. Und höchst vital. (…) Auch in diesem Jazz-und-Pflegenotstand-"Polizeiruf" wird nun einerseits leger eine extrem hohe atmosphärische Dichte geschaffen. Andererseits trägt der Film aber auch beflissen Fakten zum politischen Dauerbrenner zusammen." Für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (www.faz.net) ist der Film "eine ästhetisch herausragend gestaltete Anklage; eine Nachtmahrgeschichte über die Schrecken des Endes der Individualität und den Verlust des Menschlichen, getragen von einem brillanten Ensemble steinalter Schauspieler. Der Film hält sich nicht mit Andeutungen auf, seine Übertreibung ist systematisch." → Übersicht TV-Produktionen
Filmplakat zu "Schächer"; Copyright Giger Brüder Im Februar 2018 reiste Jacobi in das Schweizerische Grüsch1) (Graubünden), um in dem zweiten Kurzfilm der Brüder Flurin und Silvan Giger die männliche Hauptrolle (ohne Gage) zu übernehmen. "Schächer" heißt das 30-minütige Werk der jungen Filmemacher aus Seewis im Prättigau1), das sich mit dem Ende der irdischen Existenz auseinandersetzt: Ein unbekannter Gast betritt mitten in der Nacht die gespenstisch anmutende, verschneite Berghütte eines alten Mannes (Jacobi) und einer alten Frau (Erika Engler), der Besuch verändert alles … Jacobi selbst notiert hierzu: "Keine Emotionen (!), kaum Worte, große, langsam gespielte Nüchternheit bei einem Mann, der in einer gläubigen Umgebung einen Suizid durchsetzen will – was er schafft." Flurin Giger kommentiert das Werk mit den Worten: "Die erste und jedem Menschen gegebene Bestimmung ist es, eines Tages zu sterben. Nichts führt daran vorbei und nichts lässt es aufhalten. Jedoch wird das Thema Sterben und der Tod vielerorts noch immer als Tabuthema behandelt und gerne verdrängt. In der Hoffnung vielleicht doch davon verschont zu bleiben. Ich denke es liegt an den vielen offenen Fragen, die der Tod mit sich bringt. Die Ungewissheit wann der Tod kommt, wie er kommt und wie er sich anfühlt kann beängstigend sein. Umso mehr die Frage was wohl danach sein wird. Mit dem Film möchte ich den Zuschauer dazu bewegen über diese und andere Fragen mehr nachzudenken und zum Diskutieren anregen. Dabei möchte ich nun gerne einfach schweigen und zuhören." 
 
Filmplakat zu "Schächer"
Zur Verfügung gestellt bzw. mit freundlicher Genehmigung von Flurin Giger
© Giger Brüder / www.gigerbrueder.com
Nicht zuletzt durch eine poetische, hochästhetische Bildsprache schaffte der Film unter rund 1.500 Bewerbungen den Sprung zu den "71. Internationalen Filmfestspielen von Cannes"1) (08.–19.05.2018) und feierte in der Reihe "Semaine internationale de la critique"1) seine Uraufführung → www.semainedelacritique.com, www.gigerbrueder.com. Für Jacobi war die Teilnahme in Cannes sicherlich ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk – am 11. Juli 2018 wurde er 85 Jahre alt.
… und hier noch zwei Szenen mit Ernst Jacobi aus "Schächer"
© Giger Brüder /www.gigerbrueder.com
Szenenfoto 01 aus "Schächer"; Copyright Giger Brüder    Szenenfoto 02 aus "Schächer"; Copyright Giger Brüder

Der Kurzfilm "Schächer" war bereits Ende Januar 2019 für den "Schweizer Filmpreis"1) in der Kategorie "Bester Kurzfilm" nominiert worden. Die feierliche Preisverleihung fand am 22. März 2019 im "Bâtiment des Forces Motrices"1) in Genf statt, leider unterlag das Werk der Giger Brüder (Flurin Giger, Silvan Giger) dem Film "All Inclusive" von Corina Schwingruber Ilić → "Schweizer Filmpreis 2019" bei Wikipedia. Die Enttäuschung war sicherlich nicht nur bei den jungen Filmemachern groß, auch Ernst und Barbara Jacobi, die extra nach Genf angereist waren, bedauerten die Entscheidung der Jury → Übersicht Kinofilme.

Ernst Jacobi mit den "Giger Brüdern" in Genf anlässlich der Verleihung der "Schweizer Filmpreise 2019" (Foto 02)
Ernst Jacobi mit den "Giger Brüdern" in Genf anlässlich der Verleihung der "Schweizer Filmpreise 2019" (Foto 01)
Ernst Jacobi mit den "Giger Brüdern" (jeweils links: Flurin Giger, rechts: Silvan Giger)
in Genf anlässlich der Verleihung der "Schweizer Filmpreise 2019"
© Barbara Jacobi
  
Im Laufe seiner langen schauspielerischen Karriere arbeitete Ernst Jacobi mit vielen renommierten Regisseuren zusammen, in der Rückschau sind ihm jedoch drei Personen bei seinem künstlerischen Schaffen als Schauspieler besonders wichtig: So nannte er Egon Monk1) (1927 – 2007), den er als scharfen Analytiker charakterisierte. Zu einer ersten Zusammenarbeit war es 1963 mit zwei vom NDR produzierten TV-Dramen gekommen, mit denen Monk  neue Darstellungsmöglichkeiten entwickelte. In der Parabel "Schlachtvieh" (Jacobi als Pfarrer Hartmann) mit dem Untertitel "Fernsehspiel für Menschen in einem unterentwickelten Land" porträtierte und provozierte Monk nach dem Buch von Christian Geissler1) (→ christian-geissler.net) die Wohlstandsgesellschaft bewusst als willenloses Schlachtvieh – "vor allem der Pfarrer Hartmann (Jacobi) erweist sich als ein virtuoser Beschwichtiger und Einluller" notiert deutschlandfunk.de. In "Mauern" (Jacobi als Hans Nast) wurde anhand der Geschichte zweier Familien der Mauerbau in Berlin und die Schüsse auf Flüchtlinge thematisiert → Info zum Film. filmportal.de schreibt über Egon Monk: "Die ästhetische Gestaltung seiner Fernsehspiele, für die der Begriff "Hamburgische Dramaturgie" erstmalig 1967 von Werner Kließ verwendet wurde, zeichnet sich durch das "epische Prinzip" aus, d.h. durch Gestaltungsmittel, die der Darstellung einen auffallend demonstrativen Charakter verleihen. In "Mauern", "Schlachtvieh" und "Anfrage" wird die Mischung von fiktionalen und dokumentarischen Sequenzen zu einem "inszenierten Dokument", bewirkt so eine größere Aufmerksamkeit des Zuschauers, der herausgefordert wird, die Montage von fiktionalem und dokumentarischem Bild- und Tonmaterial zu durchschauen. Während die "bühnenhaft-abstrakten" Passagen dem Zuschauer eindeutig inszenierte Fiktion demonstrativ vorführen, reißt ihn der Wiedererkennungseffekt beim Betrachten von dokumentarischen Aufnahmen aus seiner distanzierten Sichtweise heraus."
Weitere TV-Arbeiten Jacobis mit Monk waren "Ein Tag – Bericht aus einem deutschen Konzentrationslager 1939" (1965, Jacobi als Pfarrer) basierend auf persönlichen Erfahrungen des ehemaligen Häftlings im KZ Sachsenhausen1) Gunther R. Lys, "Goldene Städte" (1969, Jacobi als der junge Architekt Andrew Cobham) nach dem Bühnestück von Arnold Wesker1), der Fünfteiler "Bauern, Bonzen und Bomben" (1973, Jacobi als Provinzjournalist Max Tredup) nach dem Roman von Hans Fallada1), "Die Gewehre der Frau Carrar" (1975, Jacobi als Pater) nach dem Theaterstück von Bertolt Brecht1) und der Fünfteiler "Die Bertinis"1) (1988, Jacobi als Musikprofessor) nach dem Roman von Ralph Giordano1). 1968 besetzte Monk am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg Schillers "Die Räuber"1) (Premiere: 15.09.1968) in Szene. Die Inszenierung, unter anderem mit Benno Gellenbeck1) (Graf von Moor), Ernst Jacobi (Franz Moor), Gerd Heinz1) (Karl Moor) und (Angela Schmidt) Amalia von Edelreich), sorgte damals für einen handfesten Theaterskandal, da Monk das konservative Hamburger Publikum mit seiner zeitgenössischen, provokanten Sichtweise des Dramas schockierte. Auch die Presse "verriss" die Aufführung, was letztlich mit dazu führte, dass Monk nach nur 75 Tagen seine erst im August 1968 angetretene Intendanz am "Deutschen Schauspielhaus" niederlegte.
Karl Fruchtmann; Copyright Virginia Shue An zweiter Stelle der für Jacobi prägenden Regisseure rangierte Karl Fruchtmann1) (1915 - 2003), der ihm 1988 in dem Fernsehfilm "… und trotzdem" die Rolle des französischen Romanciers Émile Zola1) anvertraute, der sich  am 13. Januar 1898 mit einem offenen Brief an den damaligen Staatspräsidenten Félix Faure1) für den als pro-deutschen Verräter verurteilten Hauptmann Alfred Dreyfus1) einsetzte. Dieser Brief mit dem Titel "J’accuse …!"1) ("Ich klage an") entfachte einen ungeahnten innenpolitischen Sturm → Dreyfus-Affäre1) – der Titel des TV-Films beschreibt die menschliche Haltung Zolas. Bei www.zeit.de kann man lesen "Ernst Jacobi spielt als Zola die Hauptrolle, er spielt den zugleich kindsgläubigen und furchtsamen Dichter in seinen Erfolgsjahren. Sein Umgang mit dem Erfolg nach langen Hungerjahren ist aber nicht Gegenstand des Films, ein gutbürgerliches Interieur erzählt das Nötige. (...)  Die Hauptsache sind die Bilder des Karl Fruchtmann, der einige Jahre in deutschen Konzentrationslagern verbracht hat. Er findet überall Gesichter, die fähig sind, den "Juden Dreyfus" schuldlos über die Klinge springen zu lassen. Es sind Gesichter von (Offizieren und ihren Damen, von oben her durch goldene Lüster hindurch beobachtet, es sind die unsichtbaren Gesichter derer, die faules Obst nach Zola werfen. Es sind die Scharniergesichter der Holzmarionetten, die die Dreyfus-Moritat vorführen."
 
Das Foto wurde mir freundlicherweise von
der Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt.
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
Anfang der 1990er setzte Fruchtmann das TV-Drama "Tote Briefe – Wer rettet Joshua?" (1991, Jacobi als Postbeamter) nach einer Kurzgeschichte von Siegfried Lenz1) in Szene. spiegel.de notierte: "Aus einer schmalen Erzählung von Siegfried Lenz hat der renommierte Regisseur Karl Fruchtmann ("Zeugen") ein eindrucksvolles Fernsehspiel über die Asylproblematik gemacht. Einen "Preis für Zivilcourage" möchte Fruchtmann der ZDF-Fernsehspielredaktion zuerkennen, die – zum Höhepunkt der Asyldiskussion – dieses Stück ins Hauptprogramm genommen hat." Zu "Der Affe Gottes" (1992, Jacobi als Verteidiger), kann man bei spiegel.de lesen: "Im Mittelalter sei so etwas tatsächlich vorgekommen, versichert Regisseur und Autor Karl Fruchtmann: Seine Tragikomödie erzählt von dem absurden Gerichtsverfahren gegen einen Schimpansen, der allen Ernstes der Unzucht und Gotteslästerung bezichtigt wird. Fruchtmanns zweite Behauptung ist auch alles andere als affig: "Die Entfernung zwischen heute und den Menschen von damals ist gar nicht so groß, wie manche gern glauben möchten." In "Die Grube" (1995), einer szenischen Dokumentation über die Ermordung von 90 jüdischen Kindern im August 1941 in Bjelaja Zerkow1) (Ukraine) unter anderem mit Helmut Griem als Offizier bzw. Widerstandskämpfer Helmuth Groscurth1) und Peter Fitz als Obersturmführer August Häfner1), stellte Jacobi den Hauptmann Friedrich W. Liebe dar → filmdienst.de.
Letztlich war Jacobi ein Bewunderer von Michael Haneke1), den er gut kannte und als "präzisen Arbeiter" bezeichnete. Für den österreichischen Filmregisseur und Drehbuchautor durfte er bei dem vielfach preisgekrönten Kinofilm "Das weiße Band"1) als Erzähler (der alte Lehrer) mitwirken. Am 21. Mai 2009 feierte die in schwarz/weiß gehaltene, im Jahr vor Beginn des 1. Weltkriegs in Norddeutschland angesiedelte Geschichte bei den 62.  Filmfestspielen von Cannes1) Premiere und Haneke wurde mit der "Goldenen Palme"1), dem Hauptpreis des Filmfestivals, ausgezeichnet; allgemeiner Kinostart war Mitte September 2009, in Deutschland am 15. Oktober 2009. Anschließend wurde an "The White Ribbon" für den amerikanischen Verleih gearbeitet, auch hier konnte Jacobi wie erwähnt für den Part des Erzählers gewonnen werden. Bei der 82. "Oscar"-Verleihung am 7. März 2010 im "Kodak Theatre"1) in Los Angeles ging Hanekes Meisterwerk leider leer aus, nominiert war es in den Kategorien "Bester fremdsprachiger Film"1) und "Beste Kamera"1).
 

Michael Haneke bei der Österreich-Premiere des
Films "Das finstere Tal"1) (Regie/Co-Drehbuch: Andreas Prochaska1))
am 11. Februar 2014 im Wiener "Gartenbaukino"
Urheber: Manfred Werner – Tsui; Lizenz CC-BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons

Michael Haneke bei der Österreich-Premiere des Films "Das finstere Tal" (Regie/Co-Drehbuch: Andreas Prochaska) am 11. Februar 2014 im Wiener "Gartenbaukino"; Urheber: Manfred Werner – Tsui; Lizenz CC-BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
Der Charakterdarsteller Ernst Jacobi widmete sich in den letzten Jahrzehnten vermehrt seiner Passion, der Schriftstellerei und der Fotografie. Seit vielen Jahren betätigte sich der lange in München lebende Ernst Jacobi als Fotograf und machte seine Werke der auch Öffentlichkeit zugänglich: Erstmals präsentierte er seine Fotografien 1994 in Berlin am Prenzlauer Berg1), im gleichen Jahr fand eine Ausstellung in der "Villa Ichon" in Bremen statt. 1997 folgte eine Ausstellung in Ulrichsberg1) (Oberösterreich), zuletzt fand 1998 gemeinsam mit dem Künstler Gerd Wöß die Vernissage "Bilder im Dialog" im "Wiesleitner Hof" in Marchtrenk1) (Oberösterreich) statt. Nach längerer Pause präsentierte Ernst Jacobi seine Werke erneut: Mit der Vernissage "Ernst Jacobi – Arbeiten 1993– 2005" am 19. Mai 2006 im ostwürttembergischen Aalen1) anlässlich der FOTONALE brachte der Künstler dem Publikum sein Verhältnis zur Fotografie nahe und führte anschließend durch seine Ausstellung der abstrakten Fotoarbeiten.
  
Ernst Jacobi: Ikarus I   Ernst Jacobi: Judas Ischariot
Ikarus I
© Ernst Jacobi
Judas Ischariot
© Ernst Jacobi

  
Ernst Jacobi sagte zu seinen Werken folgendes:
Ich habe einen Satz im Kopf – das Bruchstück eines Rilke-Satzes.
Seit mehr als dreißig Jahren hat es sich im Gedächtnis festgehakt
und kommt mir nicht mehr aus dem Sinn:
 
"… und wenn Sie diese Liebe haben, zu dem Geringen …"
 
Ich habe den Zusammenhang vergessen, und weiß nicht mehr,
was diese Liebe dem, der sie hat, in Aussicht stellt –
aber als ich begann mich nach "Motiven" umzusehen, war dieser Halbsatz
offenbar mein Leitmotiv und lenkte meine Augen auf das Unbeachtete,
das Aufgegebene, den Rest, das Überbleibsel –
und ich verliebte mich in Bilder, die nur sprechen, wenn man fragt
Zeugnisse von Verletzungen – die nicht verletzen.
Zeichen, die keine Werbebotschaft tragen. Sinnloses Zeug,
das Sinnlichkeit bewahrt.
Räume für Phantasie, die jedem offen stehen.
Man muß nur etwas ratlos sein.
Das hilft.
Und sollte – wenn das möglich ist – die Frage:
"was soll das sein?" – als Zauberwort versteh'n, um einzutreten.

  

Die "Schwäbische Post"1) schrieb anlässlich der aktuellen Ausstellung am 22.5.2006 unter anderem folgendes:
FOTONALE / Künstlergespräch mit dem Fotografen und Schauspieler Ernst Jacobi
Phantasieräume fürs Geringe
von Dagmar Oltersdorf

Rostrote Farbe blättert, Blasen wuchern, unter Rissen zeigt sich die nackte Haut von Stahl, Metall, Holz totes Material, das aussieht, wie von Künstlerhand komponiert, gemalt von einem Meister. Doch es ist Fotografie, genauer gesagt Abstrakte Fotografie, die im Rahmen der Fotonale im 3. Stock des Aalener Torhaus zu sehen ist. (…) Bei einem Künstlergespräch mit ihm am Freitagabend im Torhaus ging es um diese Arbeiten 1993 – 2005. (…) In den Fotografien des Künstlers spiegele sich viel von dieser künstlerischen Qualität des Schauspielers, der sich während seiner gesamten beruflichen Laufbahn nie in eine Schublade habe stecken lassen, so Wasella2): "Er ringt mit der Wahrheit. Er sucht nach Strukturen und neuen Arrangements."
Jacobis Ringen um Wahrheit, es zieht sich durch sein ganzes künstlerische Schaffen: Es findet sich auch in seinen bisher noch unveröffentlichten Kindheitserinnerungen und in seinen Fotografien. Wie er dazu kam, solch wie er selbst sagt – sinnlose Dinge wie Ausschnitte von Güterwaggons, Hauswände oder Stahlrohre zu fotografieren? Das wisse er nicht mehr genau, so Jacobi. Geprägt habe ihn in diesem Zusammenhang aber schon als Schauspielschüler der Rilke-Satz: "… und wenn sie diese Liebe haben, zu dem Geringen …"
Gering sind aber nicht nur die Motive, gering ist auch der Aufwand, den Jacobi um sie betreibt: Denn nichts ist arrangiert, nichts technisch verändert (…) Nicht für jeden Betrachter seien die Fotos verständlich. Was soll denn das sein?, diese Frage stelle sich mancher – auch, weil er den Werken üblicherweise keine Namen gebe: Ein Name entzieht der Phantasie den Boden, so Jacobi. Doch Phantasieräume zu schaffen, das sei ihm wichtig, auch in Hinblick auf den Kunstbegriff des Dritten Reiches, den er damals akzeptiert habe.
Am Ende tut Jacobi es aber doch – wohl auch vor Begeisterung über das fruchtbare Gespräch im kleinen Rahmen: er stellt sich vor eines der Bilder und erklärt, was ihm beim ersten Sehen des Motivs in den Sinn kam: Leonardo da Vincis Abendmahltisch, darauflehnend Judas Ischariot. Welches Foto Jacobi damit meint?: "Schauen Sie selbst und lassen Sie Ihrer Phantasie Raum."

1) Textveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Zeitung "Schwäbische Post"
2) Leiter der VHS AAlen

Sieben Jahre lang schrieb der vielseitige Künstler überdies an den Erinnerungen an seine Kindheit. Ebenfalls in Aalen las Ernst Jacobi am 18. Mai 2006 erstmals aus diesen Aufzeichnungen unter dem Titel "geb. '33". Die "Schwäbische Post" schrieb am 20.5.2006 anlässlich der Lesung unter anderem: "geb. 33" lautet der Titel von Jacobis bisher unveröffentlichten Erinnerungen. Im Aalener Rathaus las er im Rahmen der Fotonale zum ersten Mal vor einem Publikum Auszüge daraus. Eine Premiere, die fesselte, berührte, auch erheiterte. Er ist einer der Großen, zählt zur ersten Riege deutscher Charakterschauspieler. Doch als Ernst Jacobi im kleinen Sitzungssaal vor rund 30 Zuhörern aus seinen Erinnerungen zu lesen beginnt, muss auch er anfangs ein wenig innehalten, nochmals Atem holen: Es geht um Persönliches, es geht um Politisches. Jacobis Buch handelt von seinem Bemühen um Liebe, von seiner Kindheit in Nazi-Deutschland, von Schuld und ihrer Aufarbeitung. (…) Über zwei Stunden lang hielt Jacobi sein Publikum mühelos in konzentrierter Zuhör-Lust. (…) Viel Nähe kam auf an diesem Abend. Eine aussergewöhnliche Premiere.
Ernst Jacobi: "geb. '33"

Jacobis Jugenderinnerungen mit dem Titel "geb. '33" erschienen im März 2008 im Berliner "TRANSIT-Verlag" (weitere Infos findet man hier auf der Website des Verlages); auch eine Hörbuch-Fassung ist  – rechtzeitig zum 75. Geburtstag des Schauspielers – vom Schweizer Verlag "Hörkultur Medien AG" in Vorbereitung.
Ernst Jacobi erzählt von seiner Kindheit und Jugend in einer Zeit, wo Propaganda, Diktatur, Verblendung und Anpassung den Alltag prägten. Jacobi schreibt über beglückende und beklemmende Erfahrungen, über die Trennung von seiner Mutter, Sekretärin im Reichsluftfahrtministerium, die ihre beiden Kinder über sechs Jahre im Krieg verließ. Über seinen Vater, Akademiker und Offizier, dessen Familie dafür sorgte, daß er sich von der nicht "standesgemäßen" Frau wieder scheiden ließ, und mit seinem Sohn bei dessen seltenen Besuchen mit Holzsoldaten spielte. Über den Onkel, zu dem ihn seine Mutter "abgegeben" hatte, einen stramm nationalen Pfarrer im westpreußischen Großbösendorf, später versetzt in ein thüringisches Rhön-Dorf. Über seine Bereitschaft, sich im Jungvolk politisch verführen zu lassen, und schließlich das Kriegsende mit Amerikanern und Russen, die Rückkehr ins zerstörte, geteilte Berlin und dann die Entdeckung der lange vermissten Sprache und Literatur – eine Liebe, die ihn schließlich zum Theater führt und auch seine Erinnerungen so besonders lesenswert macht. Ein überraschendes, literarisch anspruchsvolles, ganz und gar uneitles Buch.
Textquelle und Buchcover: www.transit-verlag.de

Anlässlich des bevorstehenden 75. Geburtstages von Ernst Jacobi befasste sich auch die prominente Journalistin und Filmkritikerin Ilse Kümpfel-Schliekmann1) ("Ponkie") in der Münchener "Abendzeitung" (AZ, 11.7.2008, Rubrik "Kultur") unter dem Titel "Der innere Widerspruch" mit den "spannenden Memoiren" des Künstlers und schrieb unter anderem "Längst ist das mediengeübte Publikum daran gewöhnt, dass Schauspieler, Popsänger und Show-Selbstdarsteller ihre Lebensläufe zu Plauder-Memoiren und literarischem Brausepulver verarbeiten: gefällig, nett, anekdotenreich. Hier ist ein Gegenmodell: (…) Die Impressionen aus dem alten Westberlin, das Sperrige und Komplizierte, die Widersprüche, die er immer wieder spielen wird auf der Bühne, in Film und Fernsehen, bei Egon Monk (als Fernsehspiele noch einen Inhalt hatten, wie "Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander März", Falladas "Bauern, Bomben, Bonzen"). (…) in vielen Film- und Fernseh-Rollen ein prägender Kopf, begegnet er als alter Mann sich selbst, dem 11- bis 14-jährigen Pimpf und Hitlerjungen aus Berlin. (…) Das Buch von Jacobi heißt "geb. "33" und beschreibt wesentliche Erfahrungen deutscher Zeitgeschichte. (…) Erst die Menschen auf der Bühne ("Des Teufels General") geben Antwort auf die ungestellten Fragen eines Hitlerjungen: "Man hatte mich mit Unschuld eingeseift. Aber nicht dick genug." Das liest sich wie ein Aufstand – als Zeitzeuge eines sprachlosen Jahrgangs. Empfehlenswert."
Zusätzliche Informationen auf der Webseite von "Prittwitz & Partner": Eine Buchbesprechung sowie ein Interview mit Ernst Jacobi (PDF-Dateien).
Vorgestellt wurde "geb. '33" erstmals während der "Leipziger Buchmesse"1), Ernst Jacobi las aus seinen facettenreichen Lebenserinnerungen am 15. März 2008 in der Villa Rosental. Eine weitere Lesung fand am 13. April 2008 im Berliner "Renaissance-Theater"1) in der Reihe "Literarische Streifzüge" statt, am 27. Mai 2008 wurde die Lesereise in Köln in der Buchhandlung Klaus Bittner fortgesetzt.  Im Rahmen des "Berliner Bücherfestes 2008" (21./22.6.2008) gehörte auch Ernst Jacobi zu den zahlreichen Autoren bzw. Verlagen, die auf dem Bebelplatz neben der "Staatsoper Unter den Linden" ihre Werke präsentierten; weitere Lesungen schlossen sich an.
Am 6. Juni 2008 gab Jacobi in der SWR-Sendung "Nachtkultur"1) ein Interview, wenig später konnte man den Künstler am 16. Juni 2008 um 20:15 Uhr bei BR-alpha im "alpha-Forum" erleben.
  

Foto: Ernst Jacobi, aufgenommen anlässlich des "Berliner Bücherfestes 2008"
Foto mit freundlicher Genehmigung des Berliner Fotografen Christian Behring
© Christian Behring (www.christian-behring.com

Ernst Jacobi, aufgenommen anlässlich des "Berliner Bücherfestes 2008"; Copyright Christian Behring
Am 25. Juli 2008 war Ernst Jacobi in der NDR-Talkshow "3 nach 9"1) einer der prominenten Gästen von Amelie Fried1) und Giovanni di Lorenzo1) und erzählte auch hier von seiner belasteten Kindheit, seinem Kampf nach Liebe und Anerkennung sowie der Suche nach dem eigenen Ich. Ein weiteres Hörfunk-Interview wurde am 28. August 2009 im Kultur-Radio "HR2" im Rahmen der Sendung "Doppel-Kopf" ausgestrahlt ("Am Tisch mit Ernst Jacobi, "Phantast").
Am 3. Mai 2010 wurde im Ö1-Radio im Rahmen der Sendereihe "Texte – Neue Literatur aus Österreich" Jacobis erstveröffentlichte Erzählung "Die Stewardess" gesendet – gelesen vom Autor selbst, der längere Zeit in Oberösterreich lebte. Die Geschichte – ein "Essay" zum Männer- und zum Frauenbild  – wie sie der Autor umreißt: Auf einem Frachtschiff befindet sich der Ich-Erzähler auf der Fahrt nach Fernost. Der zweite Offizier des Frachters und der Passagier freunden sich auf See an. Bangkok ein Hafen der Matrosenträume, das "älteste Gewerbe" blüht. Der Offizier sucht das Besondere, der Passagier geht mit. Sie werden angeschmiert, zum Schluss läuft eines der "Mädchen" auf dem Schiff dem Passagier – um Hilfe rufend – in die Arme und es geht anders aus, als man erwartet … 
Auf der Leipziger Buchmesse präsentiert der "Hörkultur-Verlag" überdies die CD "Eros" nach dem gleichnamigen Roman von Helmut Krausser1): Der todkranke und schwerreiche Industrielle Alexander von Brücken lädt den Ich-Erzähler, einen Schriftsteller, zu sich ein um diesem seinen Lebensbericht für einen Roman zu diktieren. Es geht dabei um eine lebenslange unerfüllte Liebe, die ihr Schlüsselerlebnis kurz vor dem Ende des II. Weltkrieges bei einem pubertären Annäherungsversuch in einem Luftschutzkeller findet. Die Geschichte endet in der Gegenwart und beschreibt damit ein aufregendes Stück deutscher Nachkriegsgeschichte.*) Dem Industrielle von Brücken leiht Ernst Jacobi seine unverwechselbare Stimme, der Ich-Erzähler wird von Sylvester Groth1) gesprochen → siehe auch das Interview (PDF-Datei) mit Ernst Jacobi über "Eros" bei "Prittwitz & Partner". 
*) Quelle: www.hoerkultur.com (Seite nicht mehr existent)
Ernst Jacobi beim Schreiben; Copyright Ernst Jacobi bzw. Barbara Wolf Jacobi  widmete sich in letzter Zeit vermehrt dem Schreiben und befasste sich unter anderem mit alten Reisetagebüchern. Eine Reise führte ihn 1965/66 mit einem polnischen Frachter bis nach Yokohama1), ein Jahr später machte er sich von Berlin über Moskau, Kabul, Singapur bis nach Tel Aviv1) auf – immer als "Rucksacktourist" mit wenig Geld und wenig Vorkenntnissen. Seine Erinnerungen an eine Gruppenreise mit der "Parents and Teachers Association" (PTA) im Jahre 1964 durch Kenia, Uganda und Tansania verarbeitete er in der Erzählung "Ein afrikanischer Morgen". Unter anderem führte ihn die Tour auch zu Hardy Krügers ehemaligem, legendärem Buschhotel "Momella Lodge" in Tansania, welches der Schauspieler 1961 eröffnet hatte und 13 Jahre lang führte → WAZ-Artikel. Hier eine kleine Reminiszenz (© Ernst Jacobi):
 

Foto: Privatarchiv Ernst Jacobi
© Barbara Jacobi

"An einem frühen Morgen, vor dem Wecken verlasse ich, unerlaubt, Hardy Krügers ehemalige "Momella-Lodge" zusammen mit zwei Hunden, um die Gegend zu erkunden … sehe eine Gruppe von Giraffen – sie sehen mich noch nicht – besteige eine Schirm-Akazie und tatsächlich besucht mich eins der schönen Tiere und lässt sich ausgiebig bestaunen … Am Ende der Reise werde ich schwer krank, muss in Addis Ababa das Flugzeug verlassen, lehne mich nach nach einem unsinnigen Krankenhausbesuch mit 42 Grad Fieber an eine Mauer und weiß: Das war's! – Schaffe es doch nach Hamburg in die Universitätsklinik Eppendorf, werde als Gelbfieber-Patient isoliert (falsche Diagnose) und bekomme Besuch von "der" Giraffe. Sie fordert mich auf, zu einer phantastischen Rückreise nach Tanzania – mehr mag ich nicht verraten."
Eine weitere Erzählung trägt den Titel "Einmal Kirschgarten und zurück": Während einer Urlaubsreise durch Südamerika im Spätherbst 1970 erreichte Jacobi per Telegramm die Nachricht, dass er von Regisseur Rudolf Noelte1) dringend für die Fernsehaufzeichnung der zuvor am Münchener "Residenztheater" inszenierten gesellschaftskritischen Tschechow-Komödie "Der Kirschgarten"1) benötigt werde – Jacobi hatte an der Seite von Maria Wimmer als Gutsbesitzerin Ranjewskaja die Rolle des Studenten Trofimow gestaltet. Der Autor lässt den Leser ausführlich an seiner überhasteten, ziemlich abenteuerlichen Rückreise sowie der mitunter für ihn unbefriedigenden TV-Aufzeichnung teilhaben, danach zog es Jacobi erneut in die Ferne – "es wartete der Flug zurück nach Südamerika. Ins Ungewisse. Nach Peru." Anmerkung: Die rund 130-minütige TV-Aufzeichnung bzw. BR-Produktion von "Der Kirschgarten" wurde unter anderem am 25. Dezember 1970 um 21:15 Uhr im NDR ausgestrahlt → Besetzung bei www.berlinerfestspiele.de.

Am 17. März 2013 trat Ernst Jacobi im "Historischen Saal" des Hessischen "Justizministeriums" in Wiesbaden1) im Rahmen einer Lesung ein letztes Mal live vor sein Publikum. Noch einmal stellte stellte er die eigenen Kindheitserinnerungen "geb. '33" vor, beschloss den Abend mit dem Oscar Wilde-Märchen "Der glückliche Prinz"1). "Eigentlich, räumt Ernst Jacobi ein, passten die beiden Lesetexte überhaupt nicht zusammen. Auch nicht, wenn man das Märchen als versöhnlichen Schlusston interpretieren wollte? Ernst Jacobi bleibt skeptisch, schenkt Wilde im Text aber einen kleinen eigenen Beitrag. Und Wiesbaden eine große Geste, wenn der Schauspieler dort, wo er seine Theaterkarriere beenden musste, nun seinen allerletzten Abschied vom Podium nimmt." schrieb die "Allgemeine Zeitung" (Rhein Main Presse). Anfang der 1990er Jahre beendete ein Bandscheiben-Einriss Jacobis brillante Bühnenkarriere.
Anlässlich des 80. Geburtstages am 11. Juli 2013 sendete der MDR noch einmal das Hörspiel "Klamms Krieg" (→ hoerspiele.dra.de) von Rainer Puchert1), in dem man Jacobi mit der Rolle des Lehrers Klamm erleben konnte; BR-alpha wiederholte einen Tag später ein bereits am 11.Juli.2008 ausgestrahltes Interview.
  
Ernst Jacobi gehörte zu den großen Charakterdarstellern der deutschsprachigen Theaterszene, seit mehr als sechs Jahrzehnten hinterließ er zudem mit seinem emphatischen Spiel nachhaltige Spuren in der deutschen Fernsehgeschichte. "Die Produktionen, in denen er mitwirkte, geben im Rückblick Aufschluss über die Stimmungen und Entwicklungen in Deutschland und die Figuren Jacobis waren oft von einer inneren Zerrissenheit geprägt, sind teilweise undurchschaubar und dann wieder so schockierend eindeutig, dass es einem vor seinem Mitmenschen angst und bange werden könnte". (Zitat: www.zidz.com)

  
Der Schwierige
Schauspieler Ernst Jacobi 65
Ernst Jacobi 03 Und hätte er nur den Alexander März gespielt in dem ZDF-Fernsehspiel, das Vojtech Jasny 1976 nach Heinar Kipphardts Theaterstück über den schizophrenen Dichter einrichtete – ein Logenplatz unter den herausragenden deutschsprachigen Schauspielern wäre Ernst Jacobi sicher.
Doch der März, diese tragische Künstlerexistenz, ist nur eine Station in der Laufbahn des großen Menschenbildners, der heute 65 Jahre alt wird. Seit viereinhalb Jahrzehnten, seit er die Reinhardt-Schule in Berlin absolvierte, überrascht und begeistert Jacobi durch seine Kunst, schwierige, verquere Charaktere zu verkörpern.
Die Menschen in ihrem Scheitern, deren Darstellung durch den gebürtigen Berliner gerade auch deshalb so eindringlich gerät, weil Jacobi stets intelligente, manchmal fast zynische Distanz zu den Rollen wahrt – diese Menschen vergißt man nicht mehr.
Den Andri etwa aus "Andorra" von Max Frisch, den J. R. Oppenheimer (wieder Kipphardt), den Möbius aus Dürrenmatts "Die Physiker", aber auch Figuren des klassischen Repertoires wie Schillers Franz Moor. Die großen Häuser in Wien, Berlin, Hamburg, München und Zürich holten ihn, aber auch das Fernsehen versicherte sich ganz früh seiner Dienste.
 
 
Foto: © Christian Kohlund
Der Schauspieler wirkte bereits bei den ersten Versuchssendungen Anfang der 50er Jahre mit; inzwischen ist die Liste der TV-Rollen auf fast 200 angewachsen. 08/15-Unterhaltungsware war kaum einmal dabei, und wenn (in Krimis), dann spielte Ernst Jacobi konsequent gegen die stromlinienförmige Serien-Routine an. Allein deshalb ist der Schauspieler, der auch eine Reihe vielbeachteter Hörspiele verfaßt hat, wohl ein Branchen-Star, nie aber ein sogenannter Publikumsliebling geworden.
 
Quelle: Artikel von Wolfgang Platzeck, Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) vom 11.07.1998  
  
Anlässlich des 70. Geburtstages gratulierte 2003 Professor Peter Voß1) in Vertretung des ARD-Vorsitzenden dem Jubilar und würdigte die schauspielerischen Leistungen Ernst Jacobis unter anderem mit den Worten: "Seit mehr als 50 Jahren setzen Sie als Schauspieler Maßstäbe. Ihre besondere Treue gilt dem Fernsehen. In weit über 200 Bildschirmrollen haben Sie die Zuschauer begeistert und die Kritiker überzeugt. An Ihre Arbeit und sich selbst stellen Sie stets höchste Ansprüche. Die Tiefe und die Authentizität mit der Sie auch dunklen und vielschichtigen Charakteren Gestalt geben, fasziniert und begeistert Ihr Publikum gleichermaßen. Nicht weniger eindrucksvoll wirken Sie als Sprecher und Autor zahlreicher erfolgreicher Hörspiele. Die Arbeitsgemeinschaft dankt Ihnen besonders dafür, dass Sie mit Ihrem künstlerischen Schaffen in so vielen herausragenden Produktionen das Profil des ARD-Programms nachhaltig mitgeprägt haben."
Auch die damalige Beauftragte der Bundesrepublik für Kultur und Medien, Frau Dr. Christina Weiss1), ehrte das Schaffen des Künstlers und schrieb: "(…) Sie spielten auf faszinierende Weise schwierige, zerrissene Charaktere, unvergesslich bleibt die Titelrolle in "Das Leben des schizophrenen Dichters Alexander März", wofür Sie mehrfach ausgezeichnet wurden. Sie haben, wie in "Roula – Dunkle Geheimnisse" in Abgründe schauen lassen, und dabei ein Maß gewahrt, das dem Publikum die Rückschlüsse überließ. Sehr zu recht hat man Sie als "kostbaren Kopf" gewürdigt, dem man abnehme, "wie gründlich und intelligent er mit Gedanken und Skrupeln spielt." (…)
Ernst Jacobi 2018 in München, fotografiert bzw. zur Verfügung gestellt von Stuart Mentiply (www.mentiply.de); Copyright Stuart Mentiply Ernst Jacobi 2018 in München,
fotografiert bzw. zur Verfügung gestellt von Stuart Mentiply
(www.mentiply.de); © Stuart Mentiply
 
 
 
Ernst Jacobi lebte mit Ehefrau Barbara, die er 1995 heiratete, lange in München. Anlässlich eines Interviews mit der Tageszeitung "Bild" (01.08.2018) erzählte er, dass er zur Zeit an einem neuen Buch arbeite. "Ich möchte noch ein, zwei Bücher herausbringen. Zurzeit arbeite ich an einem Buch über eine Reise, die ich 1965 gemacht habe. Damals bin ich während des Vietnamkrieges mit einem polnischen Frachter nach Japan gefahren. Ich war in Bangkok, Singapur, Hongkong – und bin sogar nach China eingereist."
Auch äußerte der 85-Jährige seine Gedanken über den Tod, mit dem er sich sehr beschäftigt: "Man möchte vorbereitet sein, aber man kann sich darauf nicht vorbereiten. Ich wünsche mir einen selbstbestimmten und würdevollen Tod. Meine Frau und ich haben beide entschieden: Wenn es nicht mehr geht, man zum Beispiel schwer krank wird, dann geht’s zum Sterben in die Schweiz."; im folgenden das vollständige Interview:

Interview mit Ernst Jacobi
von Hauke Herffs, veröffentlicht am 01.08.2018 in der BILD-Zeitung*)

Er ist ein Freund der klaren Worte.
Kult-Schauspieler Ernst Jacobi (85) war "Tatort"-Kommissar (1972) und spielte in Filmen wie "Die Blechtrommel" (1979) mit. Heute dreht der TV-Star kaum noch, arbeitet dafür an zwei autobiografischen Reise-Büchern. BILD besuchte Jacobi und seine Gattin Barbara (68) in ihrem Haus in München.
 
BILD: Kürzlich sind Sie 85 Jahre alt geworden. Was löst diese Zahl in Ihnen aus?
Jacobi: "Ich habe generell das Gefühl, dass es nun jeden Tag aus sein könnte mit mir. Vielleicht ist dies mein Schluss-Jahr, wer weiß. 2013 hatte ich einen Herzinfarkt, den ich aber ganz gut überwunden habe, doch mein Gedächtnis ist nicht mehr perfekt. Plötzlich vergesse ich Namen und Wörter. Ich finde es fürchterlich, wenn ich etwas bei meinem Text vergesse. Das ist mir peinlich. Mein Anspruch ist, dass ich meinen Beruf perfekt mache."
BILD: Wie sehr beschäftigen Sie sich mit dem Tod?
Jacobi: "Sehr. Man möchte vorbereitet sein, aber man kann sich darauf nicht vorbereiten. Ich wünsche mir einen selbstbestimmten und würdevollen Tod. Meine Frau und ich haben beide entschieden: Wenn es nicht mehr geht, man zum Beispiel schwer krank wird, dann geht's zum Sterben in die Schweiz. Wir haben in unserem Bekanntenkreis einige traurige Schicksale erlebt. Da hängen die Betroffenen seit Jahren an Geräten, obwohl allen klar ist, dass es keine Verbesserung mehr gibt. Der Mensch hat das Recht zu sagen: Nein. Das will ich nicht."
BILD: Welchen Traum wollen Sie sich noch erfüllen?
Jacobi: "Ich möchte noch ein, zwei Bücher herausbringen. Zurzeit arbeite ich an einem Buch über eine Reise, die ich 1965 gemacht habe. Damals bin ich während des Vietnamkrieges mit einem polnischen Frachter nach Japan gefahren. Ich war in Bangkok, Singapur, Hongkong – und bin sogar nach China eingereist."
BILD: Unvergessen ist Ihr Auftritt als Gauleiter Löbsack in "Die Blechtrommel". Welche Erinnerung haben Sie an den Dreh des Films, der vor 40 Jahren stattfand?
Jacobi: "Die Szene, in der ich mitwirke, ist ja schon eine besondere, weil sie diesen Nazi-Wahnsinn, den ich selber erlebt habe, so genial ins Lächerliche zieht. Wunderbar geschnitten und inszeniert. Am Ende hätten wir beinahe alles noch mal drehen müssen. Irgendein Idiot hatte später in die Negativbüchse geguckt und den Film belichtet. Die Szenen galten als zerstört. Doch eine Wiederholung war nicht zu machen, die Statisten waren sehr sorgfältig ausgesucht worden – und die waren ja alle weg. Man konnte das Material dann doch noch retten, aber deshalb ist dieser Teil des Films ein wenig rotstichig."
BILD: Wie haben Sie David Bennent erlebt, der damals als Zwölfjähriger die Hauptrolle des Oskar Matzerath spielte?
Jacobi: "Ich fand ihn nicht so süß wie alle um mich herum. Das lag vor allem daran dass er von seinen Eltern, die beim Dreh ja dabei waren, so hochgepusht wurde. "Du bist der Star, du trägst den Film". Er hat es toll gespielt. Die Idee, die Marschmusik durch sein Trommeln zu einem Walzer zu verwandeln begeistert mich heute noch immer."
BILD: Im Jahr 1972 waren Sie für eine Folge Tatort-Kommissar. Nach nur einem Auftritt beendeten Sie die Sache. Warum?
Jacobi: "Ich fand die Rolle und die Inszenierung schlecht. Mein Kommissar Horst Pflüger sollte ein poetischer Kommissar sein, der Lyrik rezitiert. Es war einfach Quatsch, und so wäre es ja weiter gegangen. Dazu hatte ich keine Lust. Ich habe oft deutlich meine Meinung gesagt, ich galt anscheinend als Querulant."
 
*)  Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der BILD-Zeitung bzw. Hauke Herffs → www.bild.de

   
Ernst Jacobi 2018 in München, fotografiert bzw. zur Verfügung
gestellt von Stuart Mentiply → www.mentiply.de © Stuart Mentiply
Ernst Jacobi 2018 in München, fotografiert bzw. zur Verfügung gestellt von Stuart Mentiply; Copyright Stuart Mentiply Ernst Jacobi 2018 in München, fotografiert bzw. zur Verfügung gestellt von Stuart Mentiply; Copyright Stuart Mentiply Ernst Jacobi 2018 in München, fotografiert bzw. zur Verfügung gestellt von Stuart Mentiply; Copyright Stuart Mentiply

  
Der großartige Ernst Jacobi starb am 23. Juni 2022 – wenige Wochen vor seinem 89. Geburtstag – , in Wien in einem Pflegesanatorium, wo er seit einiger Zeit wegen seines immer weiter verschlechternden Gesundheitszustands betreut wurde; er sei friedlich eingeschlafen, ließ mich seine Witwe wissen. Erst im Herbst 2021 hatte er mit Ehefrau Barbara sein langjähriges Domizil in München verlassen und war in die österreichische Hauptstadt gezogen.

"Beweglichkeit und Eleganz", so charakterisierte die "Süddeutsche Zeitung" den vielseitigen Künstler in einem Nachruf, und schrieb unter anderem: "Er verkörperte ein paar große Personen der Weltgeschichte (…). Dennoch war er im Grunde eher ein Mann fürs Unspektakuläre, für eine Bürgerlichkeit, die manchmal beklemmend, manchmal trist, manchmal impulsiv wirkte. Mit einer Beweglichkeit und Eleganz, die vor allem auf dem Theater in unzähligen Rollen, klassischen wie modernen, immer neuen Ausdruck finden konnte." → sueddeutsche.de
 
Die Abschiedsfeier bzw. Urnenbeisetung fand am 22. Juli 2022 unter einem Baum (Nr. 226) im Klosterwald am Kahlenberg1) (19. Wiener Gemeindebezirk Döbling1)) statt. "Es war fröhlich und bunt, keiner durfte schwarze Trauerkleidung und Anzug tragen und vor allem nicht weinen!" schrieb mir Jacobis Witwe Barbara.
 
Ernst Jacobi war nach mehrjähriger Beziehung seit Ende Dezember 1994 überaus glücklich in vierter Ehe mit seiner in Österreich geborenen Ehefrau Barbara (* 13.01.1950) verheiratet, Tochter des seit 1948 verheirateten Künstler-Ehepaares, der Sopranistin Irmgard Seefried1) (1919 – 1988) und des Geigers Prof.  Wolfgang Schneiderhan1) (1915 – 2002), bzw. Schwester der Schauspielerin Mona Seefried1) (* 1954). Barbara Jacobi starb am 14. Januar 2024, eine Tag nach ihrem 74. Geburtstag.

Foto © Barbara Jacobi

ernst Jacobi, Urnenbeisetzung; Copyright Barbara Jacobi
ernst Jacobi, Baumbestattung; Copyright Barbara Jacobi ernst Jacobi, Baumbestattung; Copyright Barbara Jacobi "Einschlafen dürfen, wenn man das Leben
 nicht mehr selbst gestalten kann,
ist der Weg zur Freiheit und
 Trost für uns alle."
(Hermann Hesse)

Fotos © Barbara Jacobi
 Siehe auch Wikipedia sowie Weitere Seiten zu/von Ernst Jacobi innerhalb dieser HP:
Arbeiten für das Hörspiel (Auszug), Übersicht zum Theater- und Filmschaffen (PDF) sowie
einige amüsante Geschichten während der Dreharbeiten
Mein Dank geht an Ernst Jacobi, der mir viele Informationen sowie die Bilder aus seinem Privatarchiv zur Verfügung stellte.
Eine Weiterverwertung des Textes (einzige, von Ernst Jacobi autorisierte Fassung) bzw. der Fotos
ist nur mit Genehmigung von Ernst Jacobis Witwe gestattet.
© Ernst Jacobi und Stephanie D'heil
Fremde Links: 1) Wikipedia,  2) deutsches-filmhaus.de, 3) filmportal.de, 4) Die Krimihomepage, 5)  prisma.de, 6) tittelbach.tv
  
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
Siehe auch Übersicht zum Theater- und Filmschaffen (PDF, ab Seite 6)
(Fremde Links: Wikipedia (deutsch/englisch), filmportal.de, deutsches-filmhaus.de, 
Die Krimihomepage,  "Historisches Lexikon der Schweiz", fernsehserien.de, prisma.de, tittelbach.tv)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
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