Filmografie / Hörspiel
Martin Benrath wurde am 9. November 1926 als Helmut Kurt August Hermann Krüger und Sohn eines leitenden Angestellten in Berlin-Lankwitz1) geboren. Das Gymnasium konnte er aufgrund der Kriegswirren nur bis zur Unterprima besuchen, musste zwei Jahre lang seinen Dienst als Flakhelfer tun. Nach Ende des 2. Weltkrieges entschied er sich für den Beruf des Schauspielers, begann ein Privatstudium bei Maria Loya1) (1890 – 1953) in Berlin und erhielt nach seinem Abschluss 1947 ein erstes Engagement am dortigen "Theater am Schiffbauerdamm"1), wo er bis 1950 auf der Bühne stand. Danach ging er an das "Theater am Kurfürstendamm"1), spielte bis 1952 am "Hebbel-Theater"1) – hier gab er unter anderem den Karl Moor in Schillers "Die Räuber"1) – sowie als Shakespeare-Interpret den Petruchio in "Der Widerspenstigen Zähmung"1) und den Hektor in "Troilus und Cressida"1) – und wirkte  beim "Theater-Club des British Centre". 1953 holte ihn Gustaf Gründgens an das "Düsseldorfer Schauspielhaus"1). Laut Wikipedia nahm er hier seinen Künstlernamen an: Da der Name "Krüger" vom Kollegen Hardy Krüger bereits "besetzt" war, riet ihm der Chefdisponent zu einem Künstlernamen. Krüger fiel nichts Passendes ein. Darauf fragte ihn der Disponent: "Wo wohnen Sie zurzeit?" – "In Benrath"1)
Der Erfolg als "schwärmender An- und Verführer Hans", so
cinegraph.de, in der Tragikomödie "Bacchus" von Jean Cocteau1) und als Bruno Mechelke in dem Hauptmann-Drama "Die Ratten"1) machten ihn bei Gustaf Gründgens zum beliebten Charakter-Star. Als Gründgens 1955 als Generalintendant nach Hamburg an das "Deutsche Schauspielhaus"1) wechselte, blieb Benrath bis 1962 unter der Intendanz von Karl-Heinz Stroux1) weiterhin in Düsseldorf. Hier spielt er formsicher mit viriler Kälte und distanziertem Charme sensible und nervöse Helden, Prinzen, Könige, Götter, Verbrecher und Salonherren. "Benrath Figuren hatten Größe immer, nicht nur die Helden, Herren und Herrenmenschen, auch die Draufgänger und die Verlierer. Gerade ihnen schenkte er ein Mitleid, das sie erhaben machte im Unglück." (C. Bernd Sucher1), 2000/Quelle: www.cinegraph.de) 
Mit Beginn der 1960er Jahre profilierte sich Benrath endgültig zu einem der ganz großen, stimmgewaltigen und unverzichtbaren Bühnendarsteller, stand von 1962 bis 1969 sowie erneut von 1976 bis 1987 in München am "Bayerischen Staatsschauspiel"1) auf der Bühne. Bei Gastspielen vor allem in Berlin und Hamburg aber auch in Düsseldorf zeigte er immer wieder seine darstellerische Dominanz und Vielseitigkeit, ebenso wie bei den "Ruhrfestspielen"1) in Recklinghausen, den "Bad Hersfelder Festspielen"1) sowie den "Salzburger Festspielen"1); zwischen 1969 und 1976 band sich Benrath nicht fest an ein Haus.
Gastspiel des Düsseldorfer Schauspielhauses im Stadttheater Bad Godesberg (15.-17.1.1957): Eines langen Tages Reise in die Nacht (Long day's journey into night), Schauspiel von Eugene O'Neill (Deutsch von Ursula und Oscar Fritz Schuh); Regie: Karl Heinz Stroux; Bühnenbild und Kostüme: Ita Maximowna; Von links nach rechts: Paul Hartmann (James Tyrone), Elisabeth Bergner (Mary Cavan Tyrone), Heinz Drache (James Thyrone jr., ihr ältester Sohn), Martin Benrath (Edmund Tyrone, ihr jüngster Sohn); Schauplatz: Wohnzimmer im Sommerhaus der Thyrones an einem Augusttag des Jahres 1912; Quelle: Bilddatenbank Deutsches Bundesarchiv, B 145 Bild-F004180-0008; Fotograf: Rolf Unterberg / Datierung: Januar 1957 / Lizenz CC-BY-SA 3.0.

Unter der Regie von Stroux gestaltete Benrath beispielsweise den Hettore Gonzaga, Prinz von Guastalla, in dem Lessing-Trauerspiel "Emilia Galotti"1), den Barnaby Kaghan in "Der Privatsekretär" von T. S. Eliot1) oder den Orpheus in "Eurydike" von Jean Anouilh1). Mit der Titelrolle des Thomas Becket1) in Anouilhs "Becket oder Die Ehre Gottes" feierte er zur Spielzeit 1960/61 ebenfalls Erfolge – Werner Dahms1) war als König Heinrich II.1) sein Gegenspieler. Zu nennen sind unter anderem weiterhin der Pierre in "Die Irre von Chaillot"1) von Jean Giraudoux1) (Premiere: 11.05.1957) mit Hermine Körner in der Titelrolle, der Bassanio, Freund des Titelhelden (Peter Esser1)) in dem Shakespeare-Stück "Der Kaufmann von Venedig"1) (Premiere: 07.09.1957) mit Ernst Deutsch als Shylock, der Henry, Sohn von Mr. und Mrs. Antrobus (Attila Hörbiger/Gerda Maurus in "Wir sind noch einmal davongekommen"1) von Thornton Wilder1) (Premiere: 08.10.1960) oder der Dorfrichter Adam in "Der zerbrochne Krug"1) von Heinrich von Kleist1) (Premiere: 04.09.1971).
   
Foto: Gastspiel (15. bis 17.1.1957) des "Düsseldorfer Schauspielhauses" im "Stadttheater Bad Godesberg"1): "Eines langen Tages Reise in die Nacht"1) ("Long day's journey into night") von Eugene O'Neill1) in der Übersetzung/Bearbeitung von Ursula und Oscar Fritz Schuh1); Regie: Karl-Heinz Stroux; Bühnenbild und Kostüme: Ita Maximowna1); v.l.n.r.: Paul Hartmann (James Tyrone), Elisabeth Bergner (Mary Cavan Tyrone), Heinz Drache (James Thyrone jr., ihr ältester Sohn), Martin Benrath (Edmund Tyrone, ihr jüngster Sohn); Schauplatz: Wohnzimmer im Sommerhaus der Thyrones an einem Augusttag des Jahres 1912
Quelle: Deutsches Bundesarchiv, Digitale Bilddatenbank, B 145 Bild-F004180-0008;
Fotograf: Rolf Unterberg / Datierung: Januar 1957 / Lizenz CC-BY-SA 3.0
Originalfoto und Beschreibung: Deutsches Bundesarchiv B 145 Bild-F004180-0008  
bzw. Wikimedia Commons

Bei den "Ruhrfestspielen 1961"1) glänzte Benrath in der von Heinrich Koch1) inszenierten "Wallenstein"-Trilogie1) von Friedrich Schiller als Max Piccolomini1), an der Seite von Bernhard Minetti (Wallenstein1)) und unter anderem Mathias Wieman (Octavio Piccolomini1)). Bei den "Salzburger Festspielen" gab er zwischen 1973 und 1977 den Teufel in den von Ernst Haeusserman1) in Szene gesetzten "Jedermann"1)-Aufführungen von Hugo von Hofmannsthal1) mit Curd Jürgens als Jedermann. Nach längerer Pause war Benrath dann wieder 1992 bzw. 1993 in Salzburg zu sehen und brillierte als Julius Caesar1) in dem Shakespeare-Drama "Julius Caesar"1), inszeniert von Peter Stein mit unter anderem Gert Voss (Marc Anton1)), Thomas Holtzmann (Brutus1)) und Hans-Michael Rehberg (Cassius). Ebenfalls 1993 sowie 1994 beeindruckte er unter der Regie des Schweizer Bühnenregisseurs Luc Bondy1) in "Das Gleichgewicht" (Uraufführung: 26.07.1993) von Botho Strauß1) als der Industrielle Christoph Groth, der nach langen Jahren zu seiner Frau (Jutta Lampe1)) zurückkehrt. 1995, 1996, 1997 und 1999 verkörperte er den Tod in den "Jedermann"-Inszenierungen von Gernot Friedel1), 1995–1997 mit Gert Voss in der Titelrolle sowie 1999 mit Ulrich Tukur1). Seinen Text als Tod im "Jedermann" veränderte er in "Ich bin dein Tod." (statt "Ich bin der Tod."). Zudem wirkte er 1996 in der Oper "Oberon"1) von Carl Maria von Weber1) mit, Sylvain Cambreling1) stand am Dirigentenpult, Regie führte Klaus Metzger1) → salzburgerfestspiele.at.
 
Am "Bayerischen Staatsschauspiel" ("Residenztheater"1)) wurde Benrath 1967 als Don Rodrigo in Hans Lietzaus1) Inszenierung des im spanischen 16. Jahrhundert spielenden Stücks "Der seidene Schuh" von Paul Claudel1) gefeiert (→ felix-bloch-erben.de), für den Theaterkritiker Joachim Kaiser1) war er "glänzend, eher intellektuell als triebhaft böse". ("Süddeutsche Zeitung", 21.02.1967)*). Im darauffolgenden Jahr machte er mit zwei weiteren, von Litzau in Szene gesetzten Aufführungen von sich reden, als Odysseus1)  in der Uraufführung (13.07.1968) des Stücks "Philoktet" von Heiner Müller1) nach "Philoktetes"1) des Sophokles1) mit Helmut Griem als Philoktet1) sowie als Franz Moor in Schillers "Die Räuber"1) mit Peter Lühr als Maximilian, regierender Graf von Moor, und Helmut Griem als Karl Moor. Über letztgenannte Darstellung urteilte der Schweizer Journalist und Dramaturg Urs Jenny1): "Martin Benraths Franz Moor etwa ist gar nicht ganz denkbar ohne die Dimension des Chamäleonhaften, die dieses fleckige Licht seinen Kurvenbewegungen, seinen oft lauernd vorgekrümmten Haltungen gibt; er wächst förmlich in diesem Licht und holt – über die Bösewichtsbrillanz hinaus, die ihm ja liegt – im Streitgespräch mit dem etwas zu müden Pastor Moser, zugleich mit der Angst, die ihn ausholt, einen eigenwilligen Zug purer Brutalität aus der Rolle heraus." ("Süddeutsche Zeitung", 09.12.1968)*)   
Zwischen 1976 und 1983 erneut Ensemblemitglied, zeigte Benrath in München seine darstellerische Kunst in verschiedenen Lietzau-Inszenierungen, beispielsweise als spleeniger alter Engländer Henry Carr in "Travesties" von Tom Stoppard (Premiere: 21.01.1977), als der Rittmeister in "Der Vater"1) von August Strindberg1) (Premiere: 05.12.1980) und als Titelheld in der Shakespeare-Tragödie "König Lear"1) (Premiere: 23.09.1984). So schrieb "Die Welt" in einem Nachruf: "Vor allem als Lear gelang Benrath ein Meisterstück: Ein Einsamer, halb dem Irrsinn verfallen, aber immer ein König, ein Mensch, dessen Geheimnis nie ganz enträtselt wird, weil sein Innerstes aus seiner unbeugsamen Haltung heraus nie ganz offenbart wird. Gerade in den Stunden tiefsten Schmerzes, so tat uns Benrath kund, vollendet sich der Mensch durch die Wahrung seiner humanen Würde." (Quelle: www.welt.de). Für August Everding1) spielte er den George in dem Ehedrama "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"1) von Edward Albee1) mit Nicole Heesters als Martha (auch "Bregenzer Festspiele"1) 1985 → bregenzerfestspiele.com), 1986  hatte Benraths Thomas-Mann-Abend "Fülle des Wohllauts" in München Premiere, mit dem der Schauspieler viele Tourneen unternahm.*) Hierbei handelte es sich um eine szenische Lesung aus dem Roman "Der Zauberberg"1) von Thomas Mann1). "Das Ein-Personen-Stück, mit einem Grammophon und ein paar Schallplatten als Requisiten auf der Bühne des "Cuvilliés-Theaters"1) in München präsentiert, wird vom Publikum und der Kritik begeistert aufgenommen und erlebt auch als Gastspiel zahlreiche Aufführungen.**)
Während und auch nach seinem Abschied vom "Bayerischen Staatsschauspiel" gab Benrath immer wieder Gastspiele beispielsweise am Wiener "Theater in der Josefstadt"1), wo er seit der Premiere am 14. Dezember 1988 unter der Regie von Otto Schenk den Cornelius Melody in "Fast ein Poet" von Eugene O'Neill1) an der Seite von Christine Ostermayer (Nora Melody) sowie unter anderem Gundula Rapsch1) (Sara Melody), August Schmölzer1) (Mickey Maloy) und Christine Kaufmann (Deborah) gestaltete, oder am "Schauspielhaus Zürich"1) als Nathan in dem Lessing-Drama "Nathan der Weise"1) (1988) und mit der Titelfigur in "Professor Bernhardi"1) von Arthur Schnitzler1) (ab 1989), jeweils unter der Regie von Achim Benning1). Weiterhin trat er in Hamburg am "Deutschen Schauspielhaus"1) und an den "Staatlichen Schauspielbühnen Berlin" auf, "wo 1974 seine Darstellung des gescheiterten Hochschulprofessors in Simon Grays1) Boulevardstück "Butley" am "Schlosspark Theater"1) von der Kritik als eine seiner Glanzrollen gewertet wird." wie cinegraph.de ausführt Am "Schauspiel Frankfurt"1) brillierte er 1993 als spanischer König Philipp II.1) in Schillers "Don Karlos"1). Seit 1998 nahm Benrath – mit Ausnahme der "Salzburger Festspiele" – keine Theaterrollen mehr an, weil für ihn das Theater "zum Neurosenschauplatz für Regisseure" verkommen war*) bzw. er den modernen Klassikerinszenierungen nichts abgewinnen könne.**)
Während seiner beeindruckenden Schauspielerkarriere auf den renommierten, deutschsprachigen Theaterbühnen spielte Benrath viele großen Hauptrollen – sei es in Klassikern von Friedrich Schiller1) oder William Shakespeare1) über Dramen von Gerhart Hauptmann1) bis hin zu Stücken der Moderne wie von Eugène Ionesco. Gerhard Stadelmaier schrieb anlässlich Benraths 70. Geburtstag: "Selbst dann noch, wenn er auf der Bühne Schwäche spielt, wirkt er unbeugsam, selbst dann noch, wenn er erniedrigt wirken soll, spielt er's aufrecht, selbst dann noch, wenn er erledigt scheinen möchte, erledigt er's unangreifbar. Als er 1992 in der Salzburger Felsenreitschule Shakespeares "Cäsar" war, konnten die Verschwörer um Brutus so oft zustechen, wie sie wollten. Selbst im Tode noch blieb Martin Benrath unbestechlich. Kein Fall ins Bodenlose. Kein formloses Entsetzen. Kein Ausbruch in den letzten Schrei. Er blieb ganz Herr der Figur, der das Maß schöner Beherrschtheit nie verliert. Als er 1993 in Frankfurt Schillers "König Philipp" war, konnte das Stadttheater des Mittelmaßes um ihn herum stauben, schwitzen und so tun, als bewege es sich, Benrath mußte nur ein paar Muskeln seines virtuos angespannten Gesichts bewegen – und die Figur geriet im Höchstmaß in wirkliche seelische Bewegung, die sie weit wegführte von allen schlaffen Söhnen, verkommenen Staaten und eisigen Frauen, ungefähr dorthin, wo ein Herr und König allein auf sich und seinen Körper gestellt Maß halten muß, um nicht zugrunde zu gehen. In vollendeter, zu jeder Sekunde schicklicher Manier. Gefühle ja, Sentimentalität nein. Umgekehrt: Absolut beherrschte oder sanft-zynisch weggedrückte Sentimentalität ermöglicht bei ihm erst den Anflug von Gefühlen." (FAZ1), 09.11.1996).*)

   
Anfang der 1950er Jahre kam der der Schauspieler zum Film und konnte neben Curd Jürgens und Eva Bartok gleich mit seiner erste Kinorolle als Ulanenoffizier Michael Godeysen in Gerhard Lamprechts Familiensaga "Meines Vaters Pferde"
1) nach dem Romanbestseller von Clemens Laar1) Aufmerksamkeit erregen; auch in dem 2. Teil "Meines Vaters Pferde: Seine dritte Frau" wirkte er mit. In seinem Gesicht, in dessen Ausdruck sich Arroganz und Haltlosigkeit in unnachahmlicher Weise verbinden, bricht manchmal der wahre Charakter dieses ganzen verlogenen Schattenspiels durch – was sicher nicht das Verdienst des Regisseurs ist, der ihn unermüdlich billige Sprüche rezitieren lässt. schrieb damals Ben Eichsfelder (= Enno Patalas1)) in de Zeitschrift "Filmforum" (Nr. 8, 1954).
Neben seiner unfangreichen Theatertätigkeit, der er sich in erster Linie widmete, übernahm Benrat in den folgen Jahren immer wieder Rollen für das Kino oder das Fernsehen in Stücken unterschiedlichen Genres. Der Mann mit den markanten Gesichtszügen - der "Schmiss" war Folge eines Unfalls - schien für die Verkörperung preußischer Offiziere prädestiniert. Erneut unter der Regie Lamprechts präsentierte er sich 1954 als Jürgen Marein in der nach einem Illustriertenroman entstandenen Inzest-Geschichte "
Der Engel mit dem Flammenschwert"1) und mimte den Filmehemann von Gertrud Kückelmann, die damit konfrontiert wird, ihr Mann sei angeblich ihr Halbbruder. 1956 war er neben Antje Weisgerber in dem Liebesfilm "Heidemelodie"1) der Ulrich Haagen, der sich durch die Liebe einer Frau vom rücksichtslosen Pferdezüchter und Heidebauern zum sensiblen Mann mausert. An der Seite von Ruth Leuwerik glänzte er 1959 in der amüsanten Geschichte "Die ideale Frau"1), trat mit Karlheinz Böhm, Christian Wolff und Klaus Kammer in dem Drama "Kriegsgericht"1) in Erscheinung und mimte den Funk-Offizier Maiers. 1965 verkörperte er überzeugend neben Marlon Brando und Yul Brynner den linientreuen 1. Offizier Kruse in Bernhard Wickis, in Hollywood realisiertem Kriegsfilm "Morituri"1), basierend auf dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Werner Jörg Lüddecke1).
Zu den weiteren Höhepunkten von Benraths Leinwandschaffen gehören die Titelfigur eines anarchistischen Unangepassten und Individualisten in Bernhard Sinkels1) und Alf Brustellins1) Zeitportrait "Berlinger – Ein deutsches Abenteuer"1) (1975) – seine vielleicht schönste Kinorolle – sowie 1980 die Figur des Psychologen Mogens Jensen in Ingmar Bergmanns1) ursprünglich für das Fernsehen produzierten Drama "Aus dem Leben der Marionetten"1), der Geschichte eines Mordes inmitten der bürgerlichen Gesellschaft. Eine erneute Zusammenarbeit mit Sinkel ergab sich bei dem Politthriller "Kaltgestellt"1) (1980), wo er den V-Mann Körner spielte, in Michael Verhoevens1) Erfolgsdrama "Die Weiße Rose"1) (1982) über die studentische NS-Widerstandsgruppe "Weiße Rose"1) zeigte er sich als der konservative, dennoch mutige Philosophieprofessor Dr. Kurt  Huber1). Nach seiner Rolle des Dr. Otto Klenk in der Produktion "Erfolg"1) (1991), einer gut zweistündigen Kinofassung des TV-Dreiteilers von Franz Seitz1) nach dem gleichnamigen Roman1) von Lion Feuchtwanger1), war er ein Jahr später der einsame Chefredakteur Uwe Esser in der preisgekrönten, hochkarätig besetzten Satire "Schtonk"1), der Story um die vom Nachrichtenmagazin "Stern"1) 1983 veröffentlichten gefälschten Hitler-Tagebücher1), gedreht von Helmut Dietl1) mit Stars wie Götz George, Christiane Hörbiger oder Harald Juhnke. 1993 mimte er den General Hentz in Joseph Vilsmaiers1) Kriegsdrama "Stalingrad"1), im gleichen Jahr den jüdischen Kinochef Teilhaber neben Protagonist Armin Mueller-Stahl in Bernhard Sinkels Hommage an den Stummfilm mit dem Titel "Der Kinoerzähler"2). In dem Spielfilm "Beim nächsten Kuß knall ich ihn nieder"1) (1995), den 33 Spielszenen über die wechselvolle Karriere des von Peter Fitz dargestellten Schauspielers und Regisseurs Reinhold Schünzel, verkörperte er den berühmten Schriftsteller Thomas Mann. Neben Katja Flint1), Ornella Muti1) und Eva Mattes1) trat er als Rechtsanwalt Charles Bernsdorf in Sherry Hormanns1) schwarzen Komödie "Widows – Erst die Ehe dann das Vergnügen"3) (1998) in Aktion, tauchte in Sönke Wortmanns1) Universitätssatire "Der Campus"2) (1998) nach dem gleichnamigen Roman1) von Dietrich  Schwanitz1) als Professor Albrecht von Zitkau auf. Letztmalig stand Benrath für die von Daniel Schmid1) in Szene gesetzte Parodie "Beresina oder Die letzten Tage der Schweiz"1) (1999) vor der Kinokamera und mimte den leicht senilen, ehemaligen Divisionär1) Sturzenegger → Übersicht Kinofilme.
Foto: Martin Benrath (Hauptmann Waldemar Pabst) und Günther Jerschke (Dr. Grabowski) in dem zweiteiligen Dokumentarspiel  "Der Fall Liebknecht-Luxemburg" (1969) aus der TV-Reihe "Zeitgeschichte vor Gericht"; Autor: Dieter Ertel, Regie: Theo Mezger; Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; Copyright SWR

Seit Mitte/Ende der 1950er Jahre kamen für den Schauspieler vielfältige Aufgaben bzw. prägnante Rollen für das Fernsehen hinzu, neben Auftritten in beliebten Krimiserien wie "Die fünfte Kolonne" oder "Derrick"1) zeigte er sich jedoch vornehmlich in ambitionierten TV-Stücken bzw. Literaturadaptionen unter der Regie namhafter Filmemacher wie Ludwig Cremer1), Peter Beauvais1) oder Franz Peter Wirth1). 1965 beispielsweise war er als Sir Robert Chiltern zusammen mit Gerlinde Locker in "Ein idealer Gatte" nach der gleichnamigen Komödie1) von Oscar Wilde1) zu sehen. In dem Dokumentarspiel "Das Attentat – Heydrich in Prag" (1967) über den SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich1) bzw. das Prager Attentat von 19421) schlüpfte er in die Maske des NS-Verbrechers Heydrich, in "Dieser Platonow …"4) (1967) nach dem Schauspiel "Platonow"1) von Anton Tschechow1) überzeugte er als Lehrer Platónow.
   
Foto: Martin Benrath (Hauptmann Waldemar Pabst)
und Günther Jerschke (Dr. Friedrich Grabowski)
in dem zweiteiligen Dokumentarspiel "Der Fall Liebknecht-Luxemburg"4) (1969)
aus der TV-Reihe "Zeitgeschichte vor Gericht"
Autor: Dieter Ertel1), Regie: Theo Mezger1)
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; © SWR

In "Die Nacht von Lissabon"2) (1971) nach dem gleichnamigen Roman1) von Erich Maria Remarque1) erlebte man Benrath als Emigrant Josef Schwarz, als Marquis von Keith in "Der Marquis von Keith"4) (1972) nach dem gleichnamigen Schauspiel1) von Frank Wedekind1) erhielt er ebenfalls gute Kritiken.
An der Seite von Hans Christian Blech (Teufel) spielte er Don Juan in "Don Juan in der Hölle"5) (1975) nach dem Theaterstück von George Bernard Shaw1) bzw. dem dritten Akt aus Shaws "Man and Superman", lieferte in "Die Buddenbrooks" 1979) als Konsul Buddenbrook in Franz Peter Wirths 11-teiligen TV-Fassung des berühmten Romans1) von Thomas Mann1) einmal mehr eine eindrucksvolle schauspielerische Leistung ab. Mirko Weber vermerkte: "Schwer zu zeichnen: ein Starker, der nun schwach ist, ein Mächtiger, der Ohnmacht nah. Das war natürlich eine Rolle für Martin Benrath, und so spielte er (…) Johann Buddenbrook als Ehren-Bürger, dessen finstere Züge er wie eine Maske aufsetzte. Das adelte ihn. Unter dieser Maske jedoch lagen die Nerven bloß, und wenn es virtuos zuckte im Gesicht dieser Figur, die Würde wahren wollte, verriet das die ganze Anspannung. (…) Mochte diese Figur Johann Buddenbrook auch fast die Fassung verlieren, war sie doch bei Martin Benrath immer bestens aufgehoben. Er gab ihr einen Rahmen. Und Halt." ("Stuttgarter Zeitung", 02.92.2000)**)
Herausragend war auch 1986 seine Rolle in Bernhard Sinkels vierteiligen IG-Farben1)-Epos "Väter und Söhne"1) mit Burt Lancaster als Geheimrat Carl Julius Deutz. Hier verkörperte Benrath den jüdischen Bankier Bernheim, der zynischerweise die Entwicklung des Schädlingsbekämpfungsmittels "Zyklon B"1) mitfinanzierte, das in den Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau1) zum Massenmord an den Juden eingesetzt wurde. In Dieter Wedels1) fünfteiligem Thriller "Der Schattenmann"1) spielte Benrath 1996 den Apotheker David Schachmann, zwei Jahre später sah man ihn als den Großvater des kleinen Esau in Jo Baiers1) Dreiteiler "Der Laden"1) (1998) nach der gleichnamigen Romantrilogie1) von Erwin Strittmatter1). Für diese eindringliche Darstellung des lebensweisen Großvaters wurde Benrath mit dem "Adolf-Grimme-Preis in Gold"1) (stellvertretend für alle Darsteller) sowie dem "Deutschen Fernsehpreis"1) als "Bester Schauspieler in einer Nebenrolle" ausgezeichnet.
Seine vorletzte große Fernsehrolle war die des sympathischen "Königs", totgeglaubter Werftbesitzer und Vater von Dirk  Hansen (Heinz Hoenig1)), der in Bernd Fischerauers1) Dreiteiler "Zwei Asse und ein König"6) (2000) plötzlich wieder auftaucht – "mit dieser Rolle hat er seinen vielen, bewegenden Auftritten noch einmal einen humanen Appell spielerisch und nachhaltig hinzugefügt." (Quelle: presseportal.de) In nachhaltiger Erinnerung ist Benrath auch mit der Figur des elegant-charmanten "Barons" bzw. Hochstapler der alten Schule auf der Suche nach seiner Jugendliebe in Susanne Zankes Komödie "Natascha"3) (EA: 05.10.2000) geblieben → Übersicht TV-Produktionen.
Am 31. Januar 2000 – am Tag der Erstausstrahlung von "Zwei Asse und ein König" – erlag Martin Benrath überraschend im oberbayerischen Herrsching am Ammersee1) im Alter von 73 Jahren den Folgen einer Krebserkrankung; die letzte Ruhe fand er auf Friedhof im Salzburger Stadtteil Aigen1) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Martin Benrath, der sein Privatleben stets vor der Öffentlichkeit abschirmte, war seit 1953 mit Schauspielerkollegin Marianne Klein verheiratet; mit ihr wohnte er bis zu deren Tod im Jahre 1988 im oberbayerischen Herrsching am Ammersee. Auch mit seiner zweiten, deutlich jüngeren Ehefrau Frauke lebte er in seiner Wahlheimat Bayern.
  
Der großartige Charakterdarsteller Martin Benrath, der die deutschsprachige Theaterszene maßgeblich prägte, verkörperte im Film meist introvertierte Einzelgänger oder Außenseiter, die schon äußerlich durch zwei Merkmale hervorstachen: das ausdrucksvollen Gesicht mit der großen Narbe auf der Wange sowie die durch Zischlaute betonte Stimme. Verkörpert häufig selbstquälerische Figuren mit einer Tendenz zu Selbsthass und Außenseiter, die an den Verhältnissen leiden und scheitern.7) Zudem war er ein gefragter Sprecher und bereicherte mit seiner unverwechselbaren Stimme etliche Hörspiele; eine Auswahl der bei der ARD Hörspieldatenbank gelisteten Produktionen findet man hier.
Zahlreiche Auszeichnungen und Preise belegen die darstellerischen Leistungen des 1982 zum "Bayerischen Staatsschauspieler"1) ernannten Martin Benrath, der seit 1972 Mitglied der "Akademie der Künste"1) in Berlin sowie der Bayerischen "Akademie der Schönen Künste"1) war. 1988 erhielt er den "Bayerischen Verdienstorden"1), 1992 den "Bayerischer Filmpreis"1) (Ehrenpreis), 1994 das "Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland"1). Bereits 1973 konnte er eine "Goldene Kamera"1) in der Kategorie "Beste Lesung" für "Scheinwerfer durch die Nacht" entgegennehmen, der "Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst"1) (1995) ist eine weitere Ehrung, die dem Schauspieler zuteil wurde. Der Erhalt der "Satyr-Knöpfe"1) (1999) als "Bedeutendster Schauspieler seiner Zeit" bildete einen weiteren Höhepunkt; noch kurz vor seinem Tod gab er die Knöpfe an Sunnyi Melles1) weiter → Übersicht der Auszeichnungen bei Wikipedia. Sein schriftlicher Nachlass befindet sich im "Martin-Benrath-Archiv" der Berliner Akademie der Künste".
   Textbausteine des Kurzportraits von prisma.de sowie "Henschel Theaterlexikon"*)
und
cinegraph.de**); siehe auch Wikipedia, , filmportal.de sowie
den Nachruf bei www.welt.de
*) Henschel Theaterlexikon, Hrsg. C. Bernd Sucher (Henschel Verlag, 2010, S. 67/68)
**) Anna Bohm in "CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film" → online-Version
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) prisma.de, 4) Die Krimihomepage, 5) deutsches-filmhaus.de, 6) fernsehserien.de
Quelle: 7) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier und Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 31)
   
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de

(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Die Krimihomepage, fernsehserien.de, deutsches-filmhaus.de)
Kinofilme Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
1950er Jahre 1960er Jahre 1970er Jahre 1980er Jahre 1990er Jahre
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia (deutsch/englisch))
1950er Jahre 1960er Jahre 1970er Jahre 1980er Jahre 1990er Jahre
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