Friedrich Kayssler 1898; Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Urheber: Unbekannt Der vielseitige Künstler Friedrich Kayssler (auch: Kayßler), der sich vor allem als Schauspieler, aber auch als Schriftsteller, Lyriker und Komponist einen Namen machte, wurde am 7. April 1874 im niederschlesischen Neurode1) (heute Nowa Ruda, Polen) als Sohn eines Stabsarztes geboren. Der früh verwaiste Junge besuchte in Breslau das "Maria-Magdalenen-Gymnasium"1) und lernte während dieser Zeit im Sommer 1889 den Dichter Christian Morgenstern1) (1871 – 1914) kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Auch der spätere Architekt und Maler Fritz Beblo1) (1872 – 1947), mit dem zusammen er 1893 Abitur machte, gehörte zu Kaysslers Freunden. Er studierte zunächst in Breslau und München Philosophie, entschied sich dann jedoch für die Schauspielerei und begann seine Karriere in Berlin bei dem Theaterleiter und Regisseur Otto Brahm1) (1856 – 1912), wo er 1895 nach Beendigung der Militärdienstzeit sein Engagement antrat. Nach Stationen in Görlitz (1897), wo er seine erste Frau Luise, Mitglied des dortigen Theaters, kennenlernte und heiratete, sowie in Halle und Breslau (1898) , kehrte Kayssler nach Berlin zurück. Durch Brahm kam er mit Max Reinhardt1) (1873 – 1943) in Kontakt, mit dem er im Frühjahr 1901 das literarische Kabarett "Schall und Rauch"1) eröffnete, zu dessen Autoren auch Christian Morgenstern gehörte.
Als Reinhardt am 31. August 1905 die Direktion des "Deutschen Theaters"1) als Nachfolger von Otto Brahm übernahm, wurde Kayssler Mitglied dieser Bühne und feierte 1907 seinen ersten großen Erfolg in dem Kleist-Drama "Der Prinz von Homburg"1). Mit weiteren Titelrollen in Klassikern wie "Gyges und sein Ring" (1907) von Friedrich Hebbel1), Goethes "Faust I"1) und "Faust II"1) (1909/11) oder Ibsens "Peer Gynt"1) (1913) gehörte Kayssler bald zu den herausragenden Charaktermimen seiner Zeit.
 
 
Friedrich Kayssler ca. 1898/99
Urheber Siegmund Labisch1) (1863–1942)

Quelle: Wikipedia bzw. Wikimedia Commons; Angaben zur Lizenz siehe hier
Ludwig Eisenberg1) führt in seinem Lexikon*) aus: "Seine Darbietungen, die Leistungen eines erfreuenden echten Talents, sind wohl durchdacht und konsequent durchgeführt. Sein Spiel ist zielbewußt, fein abgetönt, maßvoll und frei von jedem Pathos. Der Künstler weiß stets was er will, und das kommt dem Publikum vortrefflich zu statten. auch Verse weiß er schlicht und einfach, klar, deutlich vorzutragen. In die modern-realistische Art des "Deutschen Theaters" hat er sich gleichfalls prächtig hineingefunden und Erfolge errungen, die auch auf Gastspielfahrten ihre Bestätigung fanden."
1918 wurde der Schauspieler als Intendant an die Berliner "Volksbühne"1) berufen, die er bis 1923 leitete. Seinen Einstand gab Kayssler am 4. September 1918 mit der Inszenierung von Karl Leberecht Immermanns1) Drama um den keltischen Zauberer "Merlin"1), es folgen Stücke von Shakespeare1), Strindberg1) oder des mit Kayssler befreundeten Gerhart Hauptmann1), in denen er auch immer wieder seine zweite Frau, die Schauspielerin Helene Fehdmer1) (1872 – 1939) besetzte. Kennen- und lieben gelernt hatte sich das Paar 1904 am "Neuen Theater" (heute "Theater am Schiffbauerdamm"1)), als Fehdmer dort in der Komödie "Morgenröte" von Josef Ruederer1) die von Bayern-König Ludwig I.1) in den Adelsstand erhobene irische Tänzerin bzw. dessen Geliebte Lola Montez1) (= Gräfin Marie von Landsfeld) darstellte.
Kayssler inszenierte unter anderem an der "Volksbühne" die zwei Teile von August Strindbergs Drama "Nach Damaskus"1) (Premiere: 13.11.1920, Teil II und Teil III)), Schillers "Wallensteins Tod"1) (Premiere: 18.12.1920), Wolodymyr Wynnytschenkos1) Schauspiel "Die Lüge" (Premiere: 11.1922) oder Tolstois1) unvollendetes Drama "Und das Licht scheint in der Finsternis" (Premiere: 25.05.1923) und übernahm darin auch Rollen. Als Schauspieler glänzte er beispielsweise in der Komödie "Kapitän Brassbounds Bekehrung" von George Bernard Shaw1) (1921; Regie: Jürgen Fehling1)), im 1. Teil des
Bjřrnstjerne Bjřrnson-Schauspiels "Über unsere Kraft" (1922; Regie: Edgar Klitsch) oder in Shakespeares Romanze "Das Wintermärchen"1) (1923; Regie: Heinz Hilpert1)). "Als Kayssler 1923 vorzeitig von der Direktion zurücktrat, hieß es im Nachrichtenblatt der "Volksbühne Berlin", es habe "gewisse Auseinandersetzungen" über einen "Vertrag, den Direktor Kayßler wegen eines einmonatigen Gastspieles am "Theater in der Königgrätzer Straße"1) ohne Zustimmung des Vereinsvorstandes abgeschlossen hatte", gegeben. Kayssler habe sich "aus materiellen Gründen" nicht zum Rücktritt von diesem Gastspiel bereitfinden wollen"." kann man bei Wikipedia lesen.
Zusammen mit seiner Ehefrau Helene Fehdmer gab Kayssler Gastspiele im In- und Ausland, ab 1933 gehörte er zum Ensemble des Berliner "Staatstheaters"1), wo er unter der Intendanz bzw. Regie von Gustaf Gründgens, aber auch Jürgen Fehlings die verschiedensten Rollen gestaltete.
 
So richtig als Schauspieler populär wurde Kayssler durch den Film. Bereits zu frühen Stummfilmzeiten hatte er in dem Ehebruch-Drama "… welche sterben, wenn sie lieben" (1913; Regie: Carl Schönfeld1)) – der Titel war die letzte Zeile aus dem Gedicht "Der Asra" (enthalten in "Romanzero") von Heinrich Heine1) – als Maler Bruno Marbach erste Erfahrungen vor der Kamera gesammelt. Ab Anfang der 1920er Jahre trat er dann regelmäßiger auf der Leinwand in Erscheinung. So verkörperte er in Arzen von Cserépys Teil 1 und Teil 4 des Historienfilms "Fridericus Rex"1) (1922/23) neben Otto Gebühr als Preußenkönig Friedrich II. 1) den Staatsminister Graf von Finckenstein1), den er auch wieder in dem Tonfilm "Das Flötenkonzert von Sans-souci"1) (1930) gestaltete. Weitere prägnante Stummfilm-Rollen spielte er unter anderem in Alexander Kordas Mayerling-Dama "Tragödie im Hause Habsburg" (1924) mit Kordas Ehefrau Maria als Mary Vetsera1) (1871 – 1899), Geliebte des österreichischen Kronprinzen Rudolf1) (1858 – 1889; dargestellt von Kálmán Zátony). In Carl Froelichs Hebbel-Adaption "Mutter und Kind"1) (1924) mimte er den angesehenen Bremer Kaufmann und Senator Hansen, der nach dem Tod seines einzigen Sohnes das neugeborene Kind seiner Köchin Lene (Henny Porten) für sich in Anspruch nehmen will, und auch in Kordas Unterhaltungsfilm "Eine Dubarry von heute"1) (1926) machte er als wohlhabender Cornelius Corbett erneut neben Maria Korda eine gute Figur.
Mit Beginn des Tonfilms gehörte der inzwischen über 50-Jährige Friedrich Kayssler zu den vielbeschäftigten Schauspielern, der meist hochgestellten Persönlichkeiten, Adeligen, Militärs und vor allem historischen Figuren Kontur verlieh. Als preußischer Staatsmann Freiherr vom Stein1) tauchte er in Carl Froelichs Biopic "Luise, Königin von Preußen"1) (1931) an der Seite von Henny Porten auf, gab den preußischen General Scharnhorst1) in "Marschall Vorwärts"1) (1932) neben Paul Wegener als Generalfeldmarschall Blücher1), der wegen seiner Schnelligkeit und der Art seiner Angriffe von den Russen den Beinamen "Marschall Vorwärts" erhalten hatte. In Hans Steinhoffs Drama "Der alte und der junge König"1) (1935) mit Emil Jannings (Preußenkönig Friedrich Wilhelm I.1)) und Werner Hinz (Kronprinz Friedrich1)) stellte er den Hans Heinrich von Katte1) dar, Vater des jungen Leutnants Katte1) (Claus Clausen) dar, der als Kronprinz Friedrichs Fluchthelfer vom Friedrich Wilhelm I. hingerichtet wird. Weitere historische Personen waren der preußische Offizier Graf Kleist von Nollendorf1) in Gustav Ucickys Abenteuer "Yorck"1) (1931) mit Werner Krauß als General Yorck von Wartenberg1), der Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg1) in dem Krimi "Im Geheimdienst"1) (1931), der Johann Kaspar Schiller1), Vater von Friedrich Schiller1), in Herbert Maischs Biopic "Friedrich Schiller – Triumph eines Genies"1) (1940, mit Horst Caspar) sowie der König und spätere deutsche Kaiser Wilhelm I.1) in Wolfgang Liebeneiners "Bismarck"1)-Portrait (1940) mit Paul Hartmann in der Titelrolle.
Kayssler, der als einer von nur vier Theaterschauspielern in der Endphase des Nazi-Regimes auf der "Gottbegnadeten-Liste"1) als "unersetzlicher Künstler" geführt wurde, konnte jedoch auch in anderen Genres als dem propagandistischen Historien-Film überzeugen. So mimte er in Richard Oswalds Zuckmayer-Adaption "Der Hauptmann von Köpenick"1) (1931) neben Max Adalbert als Schuster Voigt1) dessen Schwager Friedrich Hoprecht, an der Seite von Hans Albers den Professor Achenbach in Karl Hartls Science-Fiction-Abenteuer "Gold"1) (1934) oder den alten Vater Dittmar in der Selma Lagerlöf"1)-Adaption "Das Mädchen vom Moorhof"1) (1934). Als Lord Charles Baskerville kam er in dem Sherlock Holmes-Krimi1) "Der Hund von Baskerville"1) (1937) daher, bewies als Gerichtsrat Walter in Gustav Ucickys Kleist-Verfilmung "Der zerbrochene Krug"1) (1937) neben Emil Jannings (Dorfrichter Adam) einmal mehr seine schauspielerische Vielseitigkeit. Zu Kaysslers letzten Arbeiten für das Kino zählte die Rolle des alten Deichhauptmanns Doorn in dem Heimatfilm "Der Strom"2) (1942) nach dem gleichnamigen Drama von Max Halbe1) und der Historienstreifen "Träumerei"1) (1944) mit Mathias Wieman als Komponist Robert Schumann1), wo Kayssler den Friedrich Wieck1), Vater von Clara Schumann1) (Hilde Krahl), darstellte. Der von Wolfgang Liebeneiner1) in Szene gesetzte NS-Propagandafilm "Das Leben geht weiter"1) (1945) blieb unvollendet und gilt bis heute als verschollen → Übersicht Filmografie.
 

Porträt Friedrich Kayssler 1944
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)1)
Körperschaft: Weltbild; © ÖNB/Wien; Datierung: 05.04.1944
Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P1124/1)

Porträt Friedrich Kayssler 1944; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Körperschaft: Weltbild; Copyright ÖNB/Wien; Datierung: 05.04.1944; Bildarchiv Austria (Inventarnummer OEGZ/P1124/1)
Neben seiner unfangreichen Arbeit für das Theater und den Film betätigte sich Friedrich Kayssler zudem als Schriftsteller, verfasste vorwiegend impressionistische Märchendramen und Lustspiele, trat aber auch mit Gedichten, Essays und Aphorismen an die Öffentlichkeit. Unter anderem stammt von ihm "Jan der wunderbare: Ein derbes Lustspiel in fünf Bildern" (1916) oder das Werk "Von Menschentun zu Menschentum" (1933). Nach dem Tode seiner Ehefrau Helene Fehdmer-Kayssler am 12. August 1939 widmete er ihr das Buch "Helene Fehdmer zum Gedächtnis" (1942), in welchem er versuchte, unter Wiedergabe von Dialogen der meist von ihnen gemeinsam gespielten Rollen einen Umriss zu geben "des inneren Bildes ihrer Darstellungen und Gestalten". Als Komponist vertonte er Lieder nach Gedichten von Christian Morgenstern1), unter anderem "Der Leu", "Der Nachtschelm und das Siebenschwein", "Himmel und Erde und "Traum einer Magd". Darüber hinaus wirkte er als Schauspiellehrer, so gehörte unter anderem Hans-Reinhard Müller (1922 – 1989) zu seinen Schülern.

Das Leben von Friedrich Kayssler endete tragisch, wenige Tage vor Kriegsende wurde der 71-Jährige am 24. April 1945 vor seinem Haus in Kleinmachnow1) bei Berlin (heute Brandenburg) von anrückendem sowjetischen Soldaten erschossen. In einem Bericht von 1945 heißt es: "Wir wissen, dass der berühmte Schauspieler Friedrich Kayssler, der mit seiner eigenen Person seine Hausherrin zu schützen versuchte, (von sowjetischen Soldaten) getötet wurde."3) Anmerkung: Da Kaysslers Ehefrau Helene Fehdmer bereits 1939 verstarb, kann es sich bei "Hausherrin" nicht um Fehdmer gehandelt haben.
Friedrich Kayssler fand seine letzte Ruhe auf dem Waldfriedhof in Kleinmachnow in einem Ehrengrab , in dem bereits seine Frau Helene beigesetzt worden war. Der Gedenkstein trägt die Inschrift "Das war das wahrhaftige Licht, welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen" (Evangelist Johannes 1,9) → Foto der Grabstelle bei knerger.de und Wikimedia Commons.
Bereits ein Jahr zuvor war sein 1898 geborener Sohn Christian Kayssler1) – ebenfalls erfolgreicher Schauspieler – mit nur 46 Jahren am 10. März 1944 bei einem alliierten Bombenangriff ums Leben gekommen. Dessen Tochter Christine Kayßler1) (1923 – 2010), aus der erster Ehe mit der Kinderbuchautorin Anne Beblo, setzte die Familientradition fort und avancierte ebenfalls zu einer renommierten Schauspielerin.
 
Die Berliner "Akademie der Künste"1) verwaltet das "Friedrich Kayssler Archiv" unter anderem mit Zeugnisse seines schriftstellerischen und dramatischen Schaffens → www.adk.de. In Kleinmachnow erinnert die "Friedrich-Kayssler-Straße", im Berliner Ortsteil Rudow1) (Neukölln) der "Friedrich-Kayßler-Weg" an den vielseitigen Künstler.
Bereits 1920 erschien von dem Theaterkritiker und Dramatiker Julius Bab1) (1880 – 1955) die Monographie-Sammlung "Friedrich Kayßler. Der Schauspieler".
Quellen (unter anderem): Wikipedia, cyranos.ch, deutsche-biographie.de sowie
Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert"
*)
Fotos bei www.virtual-history.com
*) Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert" (Verlag von Paul List, Leipzig 1903, S. 501) → Textarchiv – Internet Archive
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de
3) Quelle: www.maerkischeallgemeine.de (Seite nicht mehr abrufbar)
Lizenz Foto Friedrich Kayssler 
(Urheber "Fotoatelier Zander & Labisch", Berlin): Das Atelier von Albert Zander und Siegmund Labisch († 1942) war 1895 gegründet worden; die inaktive Firma wurde 1939 aus dem Handelsregister gelöscht. Externe Recherche ergab: Labisch wird ab 1938 nicht mehr in den amtlichen Einwohnerverzeichnissen aufgeführt, so dass sein Tod angenommen werden muss; Zander wiederum war laut Aktenlage ab 1899 nicht mehr aktiv am Atelier beteiligt und kommt somit nicht als Urheber dieses Fotos in Frage. Die Schutzdauer (von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers) für das von dieser Datei gezeigte Werk ist nach den Maßstäben des deutschen, des österreichischen und des schweizerischen Urheberrechts abgelaufen. Es ist daher gemeinfrei. (Quelle: Wikipedia)
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de, Murnau Stiftung)
Stummfilme (Auszug) Tonfilme
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de