Gunther Philipp wurde am 8. Juni 1918 als Gunther Placheta im damals Österreich-Ungarischen Maroshévíz (heute dt. Töplitz1), Rumänien) geboren, wo sein Vater, ein Wiener Tierarzt, während des 1. Weltkrieges stationiert war. Nach Kriegsende kehrte die Familie nach Wien zurück, Sohn Gunther glänzte in seiner Jugend als Rekordschwimmer – 14 Jahre lang hielt er den österreichischen Rekord im 100-Meter-Brustschwimmen – studierte später Philosophie mit dem Hauptfach Psychologie sowie anschließend Medizin. In seiner Freizeit spielte er am Kabarett und ließ sich am "Max-Reinhardt-Seminar"1) zum Schauspieler ausbilden. 1943 promovierte Philipp, anschließend wurde er zum Kriegsdienst an ein Feldlazarett eingezogen.
Nach Kriegsende arbeitete er ab 1946 zwei Jahre lang als Stationsarzt an der "Wiener Universitätsklinik" und machte anschließend eine Praxis im oberösterreichischen Eberstalzell1) auf. Nebenbei schrieb er Texte fürs Kabarett und gründete gemeinsam mit Peter Wehle1), Fred Kraus1) und Rolf Kutschera1) das Kabarettensemble "Die kleinen Vier", mit dem er selbst auftrat. 1949 vertauschte er endgültig den Arztkittel gegen Maske und Kostüm des Schauspielers.
Im gleichen Jahr war er erstmals in der Komödie "
Märchen vom Glück"1) (auch "Küss mich Casanova") an der Seite von Maria Holst und O. W. Fischer auf der Leinwand zu sehen. Das Lustspiel wurde seine Domäne, hier konnte er seine komödiantischen Talente als Autor, Conférencier und Darsteller entfalten, denn schon für seinen zweiten Spielfilm "Kleiner Schwindel am Wolfgangsee"1) (1949) schrieb er gemeinsam mit Regisseur Franz Antel1) das Drehbuch.
 

Gunther Philipp 1949
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Photo Simonis; Datierung: 1949
© ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer SIM 200)

Gunther Philipp 1949; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Photo Simonis; Datierung: 1949; Copyright ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer SIM 200)
Gunther Philipp 1961; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Alfred Cermak; Datierung: 1961; Copyright Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/38) Es folgten zahllose Produktionen, die ganz dem Zeitgeist entsprachen, das Kinopublikum wollte unterhalten sein, die schweren Nachkriegsjahre für einige Stunden vergessen. Philipp avancierte bald zu einem der vielbeschäftigten und gesuchtesten Komiker des deutsch-österreichischen Nachkriegsfilm, bediente als "Trottel vom Dienst" Heimatfilme, Musikrevuen, Militärklamotten und Verwechslungskomödien gleichermaßen. Enn auch der Witz der meisten Streifen aus heutiger Sicht eher als "mäßig" einzustufen ist, waren diese Produktionen dennoch fast alle erfolgreich und ließen die Kassen klingeln. Die Liste seiner Filmografie ist schier unendlich, in mehr als 150 Filmen kasperte Philipp bis Mitte der 1970er Jahre über die Leinwand.
Ganz in seinem Element war der umtriebige Schauspieler, wenn er Barone oder parodiehaft angelegte Militärs mit Wiener Schmäh mimen konnte, so als Baron Zorndorf in "Die Deutschmeister"1) (1955) oder als Leutnant der Reserve in "Kaiserjäger"1) (1956). Auch wenn ihm nur selten die ganz große Hauptrolle vergönnt war, geriet Philipp im Unterhaltungskino zum Dauergast, tauchte beispielsweise neben Claus Biederstaedt in "Kindermädchen für Papa gesucht"1) (1957) auf, unterstützte als Otto von Senff in "Der kühne Schwimmer"1) (1957) seinen Freund Dr. Sommer alias Walter Gross oder tummelte sich gemeinsam mit Peter Alexander in "Münchhausen in Afrika"1) (1958).
 
 
Gunther Philipp 1961
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Alfred Cermak → Bildarchiv Austria; Datierung: 1961
© Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/38)
Mit seinem Landsmann Peter Alexander verband ihn eine intensive Zusammenarbeit, vor allem die "Graf-Bobby"-Streifen kamen beim Publikum gut an. Philipp hatte in dem dümmlichen Baron Mucki von Kalk eine seiner Paraderollen gefunden, kalauerte und blödelte in "Die Abenteuer des Grafen Bobby"1) (1961), "Das süße Leben des Grafen Bobby"1) (1962) und "Graf Bobby, der Schrecken des wilden Westens" (1965). Auf höherem Niveau waren seine literarischen Figuren, wo Wortwitz und intelligenter Humor gefragt waren, so bleiben vor allem sein Schneidermeister Willibald Zwirn in Franz Antels Nestroy-Adaption "Lumpazivagabundus"1) (1956) oder sein Schnorrerkönig Kolomán Zsupán in der von Rudolf Schündler gedrehten Kálmán-Operette "Gräfin Mariza"1) (1958) in nachhaltiger Erinnerung.
 
Von gedrungener Gestalt und mit näselndem Wiener Redeschwall setzte der beliebte Komiker auf Grimmmassieren und Ohrenwackeln. Dabei entfaltete er seinen Blödelcharme mit ungezügelter Spielfreude; in einer Mischung aus Schlawiner und Universalgenie spielte er Diener, Trottel, "G'schaftlhuber" und Lackaffen, allesamt aus dem Typenarsenal des unproblematischen Nachkriegskinos.2)

   

Gunther Philipp um 1960
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber/Autor: Alfred Cermak → Bildarchiv Austria; Datierung: um 1960
© Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/51)

Gunther Philipp um 1960; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Alfred Cermak; Datierung: um 1960; Copyright Alfred Cermak/ ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer CE 118/51)
Gunther Philipp 01; Copyright Virginia Shue

Nach seichten Filmproduktionen der 1960er und 1970er Jahre – zu nennen sind etwa "Otto ist auf Frauen scharf"1) (1968), "Tante Trude aus Buxtehude"1) (1971) oder "Außer Rand und Band am Wolfgangsee"1) (1972) – und dem Niedergang des deutschen Unterhaltungsfilms verlegte Philipp seine Blödeleien ins Fernsehen, er wurde Talkmaster, schrieb recht erfolgreich Stücke fürs Boulevard und stand auch wieder selbst auf der Bühne. Zudem ging weiterhin seiner Leidenschaft, dem Autorennsport nach. Bereits in den 1950er-Jahren gründete Philipp den eigenen Motorsport-Rennstall "Ecurie Vienne"1) und startete in der "Gran Turismo"1)-Klasse; in den 1960er-Jahren wurde er mehrmaliger österreichischer Staatsmeister. Darüber hinaus war er bis in die 1990er Jahre weiterhin als Arzt für Psychiatrie und Neurologie am Universitätsklinikum der Stadt Wien  tätig.
 
Beim Fernsehen fand der Schauspieler vor allem in Serien ein neues Betätigungsfeld, zuletzt sah man ihn in dem populären Dauerbrenner "Forsthaus Falkenau"1) zwischen 1993 und 2002 als charmanten Freund bzw. Ehemann der von Gisela Uhlen gespielten Oma Inge, Mutter des Försters Martin Rombach (Christan Wolff). Eine schöne Rolle war 1996/97 auch der Hofrat Maximilian Gampernig in einigen Folgen der Serie "Kaisermühlen Blues"  → Übersicht Filmografie
Neben seiner umfangreichen Arbeit vor der Kamera wirkte Philipp als Autor bei vier Revuen mit, schrieb rund 100 Hörfunksendungen und mehr als 20 Filmdrehbücher. Selbstkritisch gegen sich selbst veröffentlichte das Multitalent Philipp 1989 seinen Erinnerungsband "Mir hat's fast immer Spaß gemacht".

  
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der Fotografin Virginia Shue (Hamburg)
zur Verfügung gestellt.  Das Copyright liegt bei Virginia Shue.

Der beliebte Schauspieler starb am 2. Oktober 2003 mit 85 Jahren nach längerer schwerer Krankheit in einer Klinik in Bonn-Bad Godesberg; die letzte Ruhe fand er auf dem Kölner "Melaten-Friedhof"1).
Im August 2002 hatte er einem Bandscheibenvorfall auf einer Bühne in Berlin erlitten. Seinen 85. Geburtstag feierte er noch im Juni im Bonner "contra Kreis Theater" zusammen mit Kollegen und Freunden aus den verschiedenen Stationen seines Schauspielerlebens, das ihn von Wien über Berlin schließlich an den Rhein führte.3)
Gunther Philipp war zuletzt seit 1972 in vierter Ehe mit der wesentlich jüngeren Kölner Arzttochter Gisela Kirchberg verheiratet und hinterließ aus dieser Verbindung Sohn Gero (* 1983); aus früheren Ehen gingen zwei weitere Söhne hervor. Laut IMDb war er zwischen 1942 und 1948 mit Friederike Mayrhofer verheiratet, Sohn Peter erblickte 1943 das Licht der Welt, studierte später Medizin und brachte es bis zum Professor, war gleichzeitig Pharmadirektor bei einer entsprechenden Firma. 1952 ehelichte Philipp Anna-Maria Huber, Ehefrau Nummer 3 wurde ab 1966 Monika S., die ihm Sohn Alexander (* 1967) schenkte, der Diplomingenieur bzw. Architekt wurde → Interview aus dem Jahre 2002 bei www.br.de (PDF-Download).
  
Inzwischen wurde im Hotel "Mariandl" im niederösterreichischen Spitz1) an der Donau ein privates Museum für den unvergessenen Künstler eingerichtet; Philipp war oft Gast des Hauses, wenn er Filme in der Wachau drehte. Unter anderem diente das Hotel als Kulisse für den von Werner Jacobs gedrehten Heimatfilm "Mariandl"1) (1961), das Remake des 1947 gedrehten Streifens "Hofrat Geiger" (mit Paul Hörbiger und Hans Moser). In "Mariandl" mimte Philipp neben Cornelia Froboess in der Titelrolle und Rudolf Prack als Hofrat Franz Geiger den reichen Weinhändler bzw. Hotelbesitzer Gustl Pfüller, der die attraktive Marianne Mühlhuber (Waltraut Haas) umwirbt.
 

Foto: Grabstelle von Gunther Philipp auf dem Kölner "Melaten-Friedhof" (Lit. D)
© Wilfried Paqué

Grabstelle von Gunther Philipp auf dem Kölner "Melaten-Friedhof" (Lit. D); Copyright Wilfried Paqué
  Textbausteine des Kurzportraits aus
"Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 275)
Siehe auch Wikipedia, Deutsche Welle, geschichtewiki.wien.gv.at sowie
den Artikel "Gunther Philipp Schauspieler im Gespräch mit Corinna Spies" (PDF) bei www.br.de
Fremde Links: 1) Wikipedia
Quelle:
2) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 275)
3)   www.br-online.de (Seite nicht mehr existent)
Gunther Philipp 02; Copyright Virginia Shue Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, Die Krimihomepage, fernsehserien.de)
 
 
Das Foto wurde mir freundlicherweise von der
Fotografin Virginia Shue (Hamburg) zur Verfügung gestellt. 
Das Copyright liegt bei Virginia Shue.
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