Maria Becker Ende Februar 1963; Rechteinhaber: Nationaal Archief (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 914-8609)N Urheber/Fotograf: Jac. de Nijs / Anefo; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data / CC BY-SA 3.0 NL Maria Becker wurde am 28. Januar 1920 in Berlin in eine Künstlerfamilie hineingeboren. Ihre Mutter war die Schauspielerin und Theaterregisseurin Maria Fein (1892 – 1965), ihr Vater der Schauspieler Theodor Becker (1880 – 1952). Als Maria erst vier Jahre alt war, verließ der Vater die Familie, Maria blieb bei der Mutter, die jüngere Schwester Thea Becker wuchs beim Vater auf; im Jahre 1936 wurde die Ehe offiziell geschieden. Überwiegend von der Großmutter betreut, besuchte Maria Becker das Berliner "Kleistlyzeum" und anschließend von 1930 bis 1933 das Internat "Schule am Meer" auf der Nordseeinsel Juist. Später bezeichnete sie den Besuch der Reformschule auf Juist, an der sie auch ihre ersten Theatererfahrungen machte, als die "glücklichste Zeit in ihrem Leben".
Ab 1933 ging sie wieder in Berlin zur Schule, mit der so genannten Machtergreifung1) der Nationalsozialisten war die Arbeit in Deutschland für Maria Fein aufgrund ihrer jüdischen Wurzel mütterlicherseits immer schwieriger geworden, 1935 musste diese den Ausschluss aus der "Reichstheaterkammer"1) bzw. "Reichsfilmkammer"1) hinnehmen. Ein Jahr später ging sie mit ihrer Tochter nach Österreich und lebte in Wien, wo Maria Becker trotz ihres jungen Alters das "Reinhardt-Seminar" besuchen konnte. Mit dem Anschluss Österreichs1) bzw. der De-facto-Annexion durch das nationalsozialistische Deutsche Reich am 13. März 1938 emigrierten beide zunächst in die Niederlande, dann über Frankreich in die Schweiz. Nach einem kurzzeitigen Aufenthalt in England (Sprachstudien) erhielt Maria Becker 1938 ein Engagement am "Schauspielhaus Zürich", dem sie mit Unterbrechungen und zum Teil als Gast zeitlebens verbunden blieb. An der renommierten Bühne lernte sie auch ihren späteren Ehemann, den österreichisch-schweizerischen Schauspieler Robert Freitag (1916 – 2010) kennen, 1945 heiratete das Paar und Maria Becker erwarb so die Schweizer Staatsbürgerschaft.
  
Maria Becker Ende Februar 1963
Rechteinhaber: Nationaal Archief (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 914-8609)
Urheber/Fotograf: Jac. de Nijs / Anefo; Quelle: Wikimedia Commons;
Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data / CC BY-SA 3.0 NL
Maria Becker wirkte an etlichen bedeutenden Theatern, unter anderem am Wiener "Burgtheater" am "Deutschen Schauspielhaus" in Hamburg, am "Düsseldorfer Schauspielhaus", in München am "Bayerischen Staatsschauspiel" und am Berliner "Renaissance-Theater". Sie zeigte sich mehrfach bei den "Salzburger Festspielen", so 1948 und 1949 als Buhlschaft im "Jedermann"1) an der Seite von Attila Hörbiger, sowie 1957 bis 1959 als "Der Glaube" neben Will Quadflieg als "Jedermann". 1949 gab sie zudem in Salzburg die Titelheldin in Goethes "Iphigenie auf Tauris"1), 1957 die Gräfin Orsina in Lessings "Emilia Galotti"1) mit Liselotte Pulver in der Titelrolle.
Zusammen mit Ehemann Robert Freitag und Will Quadflieg gründete sie 1958 in Berlin das Tourneetheater "Die Schauspieltruppe Zürich"1) mit der sie auf zahlreichen Tourneen im gesamten deutschsprachigen Raum sowie in den USA auftrat. 1991 realisierte die "Die Schauspieltruppe" als letzte Produktion Ibsens "Gespenster"1), in der die Theaterfamilie Becker-Freitag nochmals vereint auf der Bühne zu sehen war: Becker spielte Helene Alving, Benedict Freitag Oswald, ihren Sohn, Otto Freitag Engstrand und Robert Freitag Pastor Manders (als Becker erkrankte, sprang Sebaldt vorübergehend für sie ein). Regie führte Oliver Tobias. Nach dem Abspielen dieser Inszenierung wurde der Betrieb der "Schauspieltruppe" eingestellt. kann man bei tls.theaterwissenschaft.ch lesen.
Die private Verbindung zwischen Maria Becker und Robert Freitag hielt bis Mitte der 1960er Jahre, dann erfolgte die Scheidung. Beide arbeiteten jedoch nach der offiziellen Trennung weiterhin zusammen und traten bis in die 1990er Jahre gemeinsam auf. Aus der Ehe gingen drei Söhne hervor, von denen der 1947 geborene Sohn Oliver Tobias1) und der 1952 geborene Sohn Benedict Freitag1) in die Fußstapfen der Eltern traten; ein dritter Sohn verstarb früh. Benedict Freitag ist der Vater von drei Kindern aus seiner Beziehung mit der Popmusikerin Nena1), der 1988 geborene Sohn Christopher Daniel starb mit nur elf Monaten, 1990 wurden die Zwillinge Sakias und Larissa geboren; das Paar trennte sich 1992.
Maria Becker erwarb sich einen Ruf als exzellente Charakterdarstellerin und Tragödin, deren facettenreich-schauspielerische Kunst und virtuose Bühnenpräsenz auch international Anerkennung fand. Vor allen mit der Gestaltung großer klassischer Frauenfiguren wie der Schiller'schen "Johanna von Orléans"1), Hebbels "Judith"1), Kleists "Penthesilea"1), der Prinzessin von Eboli in Schillers "Don Carlos"1), der Iphigenie in Goethes "Iphigenie auf Tauris", der Elisabeth in Schillers "Maria Stuart"1) oder den Titelrollen in "Antigone"1) von Sophokles und "Lysistrata"1) von Aristophanes feierte sie Triumphe. Doch auch in Stücken der Moderne wusste sie das Publikum in den Bann zu ziehen, so als Shen Te/Shui Ta in der Uraufführung (04.02.1943) von Bertolt Brechts "Der gute Mensch von Sezuan"1), als Elektra in der deutschsprachigen Erstaufführung (1944) von Sartres "Die Fliegen"1) und mit der Titelrolle in Shaws "Die heilige Johanna"1) (1944). Die Shakespeare-Interpretin brillierte sie als Lady Macbeth in "Macbeth"1), als Portia in "Der Kaufmann von Venedig"1) oder als Katharina in "Die Zähmung der Widerspenstigen"1). Zu Beckers herausragendem Spiel zählte die Titelrolle in Maxim Gorkis Drama "Wassa Schelesnowa"1), das Fräulein Mathilde von Zahnd in Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker"1) und auch als Claire Zachanassian in Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame"1) machte sie Mitte der 1990er Jahre Furore; 1995 inszenierte sie erfolgreich Dürrenmatts musikalische, bitterböse Satire "Frank der Fünfte"1). Aufsehen erregend war 1977 ihre Darstellung des Mephisto in Goethes "Faust"1) am Münchener "Residenztheater" als "erste Frau" (oder mindestens als erste bekannte Schauspielerin) in dieser Rolle. Diesen Part spielte sie "mit einer perfiden Eleganz der Verführung, die dem Bösen auch einen Hauch von sarkastischer Komik zu geben verstand" schrieb "DIE WELT" in ihrem Nachruf.

Maria Becker mit der Titelrolle in "Antigone" von Sophokles
"Schillertheater", Berlin 1953, Regie: Heinrich Koch
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004097_015)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 31.08.1953
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Maria Becker mit der Titelrolle in "Antigone" von Sophokles; "Schillertheater", Berlin 1953, Regie: Heinrich Koch; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004097_015); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 31.08.1953; Quelle: www.deutschefotothek.de
Zu Beckers auch im hohen Alter stets souveränen Auftritten zählten beispielsweise 1996 die Fonsia Dorsay in Donald L. Coburns1) "Pulitzer-Preis"-gekröntem Theaterstück "Gin Rommé" im Rahmen einer Tournee der Züricher "Bühne 64"1), die Elisabeth von Ardenne in der Uraufführung (1998) von Rolf Hochhuths Monolog "Effis Nacht" am "Prinzregententheater" in München und 2000 einmal mehr die Titelrolle in Esther Vilars1) "Die amerikanische Päpstin", ebenfalls eine Tournee der "Bühne 64" www.kulturplaetzle.de. Eine letzte große Rolle am "Zürcher Schauspielhaus" spielte Maria Becker 2007 als Madame Pernelle in Matthias Hartmanns Moličre-Inszenierung "Tartuffe"1), gemeinsam mit ihrem Sohn Benedict Freitag stand die 90-Jährige noch 2010 in "Das Millionenhaus" auf der Bühne, einem von der Autorin Grazia Meier eigens für Becker und Freitag verfasstem Zweipersonenstück → www.nzz.ch; mehr zum Theaterwirken bei tls.theaterwissenschaft.ch.
 
Maria Becker, die als eine der führenden Bühnenschauspielerinnen ihrer Generation gilt, wirkte zudem bei zahlreichen Hörspielproduktionen unter anderem des RIAS, WDR und NDR sowie in diversen Filmen und Fernsehspielen mit. Ihre Rezitationen von Lyrik und Prosa, die sie auf Vortragsabenden präsentierte, sind auf zahlreichen Sprechplatten dokumentiert. Auf dem Bildschirm zeigte sie sich vor allem in Literatur-Adaptionen bzw. mit ihren Bühnenrollen, machte aber auch Ausflüge in das Krimi-Genre und übernahm mehrfach Episodenrollen in den beliebten Krimiserien "Der Alte", "Derrick" und "Siska". Zuletzt sah man die inzwischen in über 85-Jährige als Schwester Wichtrud dem TV-Special "Um Himmels Willen – Weihnachten in Kaltenthal"1) (2008).
Auf der Leinwand erlebte man Maria Becker eher selten, ihr Leinwanddebüt hatte sie in dem Schweizer Melodram "Dilemma" (1940, auch "Ist Dr. Ferrat schuldig?") gegeben, danach trat sie erst wieder in Gottfried Reinhardts Hauptmann-Verfilmung "Vor Sonnenuntergang"1) (1956) als Bettina Clausen an der Seite von Hans Albers in einer Kinoproduktion Erscheinung. In der aufwendigen schweizerischen Verfilmung des Dramas "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller mit dem Titel "Wilhelm Tell (Bergfeuer lodern)"1) (1960) und Ehemann Robert Freitag in der Hauptrolle stellte sie die Gertrud Stauffacher dar. Drei Jahrzehnte später gehörte sie zur Besetzung der niederländischen Produktion "Hotel zur Unsterblichkeit – Wings of Fame" (1990, Wings of Fame; → Filmlexikon), in István Szabós hochgelobtem Film "Zauber der Venus"1) (1991, Meeting Venus) mimte sie die Mutter des von Niels Arestrup dargestellten Dirigenten Zoltán Szantó.

Die "Grande Dame des Schweizer Theaters", welche auch am "Bühnenstudio Zürich"1) unterrichtete, war seit 1975 Mitglied der Berliner "Akademie der Künste"1). Verschiedene Auszeichnungen würdigten die schauspielerische Kunst der großen Mimin, so erhielt sie bereits 1951 den "Deutschen Kritikerpreis"1), wurde 1965 mit dem "Hans Reinhart-Ring"1) geehrt, der höchsten Auszeichnung im Theaterleben der Schweiz und benannt nach dem Winterthurer Dichter und Mäzen Hans Reinhart1). 1992 konnte sie das "Bundesverdienstkreuz I. Klasse" entgegennehmen, 1997 nach dem Tod von Maria Wimmer (1911 – 1996) den auf Lebenszeit verliehenen "Louise Dumont Topas"1). Weitere Ehrungen waren der "STAB-Jahrespreis" (1999) der schweizerischen "Stiftung für Abendländische Besinnung" (seit 2005 "Stiftung für Abendländische Ethik und Kultur") und die "Goldene Ehrenmedaille" des Regierungsrates des Schweizer Kantons Zürich (2005) sowie 2011 die Ehrung für ihr Lebenswerk als "zweifellos eine der bedeutendsten Schauspielerinnen deutscher Sprache" der "Armin-Ziegler-Stiftung".
Rechtzeitig vor ihrem 90. Geburtstag hatte die Theaterlegende im November 2009 ihre Autobiografie unter dem Titel "Maria Becker – Schließlich ist man doch jeden Abend ein anderer Mensch: Mein Leben" veröffentlicht, die unter Mitwirkung von Regina Carstensen entstanden war → www.deutschlandradiokultur.de.
 
Als Maria Becker am 5. September 2012 im Alter von 92 Jahren in Uster (Kanton Zürich) starb, ging mit ihr "ein Stück Theatergeschichte", wie es "DIE WELT" formulierte. In etlichen Nachrufen wurde ihre darstellerische Einzigartigkeit gerühmt, so schrieb die F.A.Z. beispielsweise: "Ihr Können, ihr Habitus, ihre Sicherheit und ihre herrenfrauenhaft elegante Allüre, ihr ironisch bis arrogant beherrschter Kunstton prädestinierten sie zur Einzelspielerin." Und Martin Walder schrieb in der "Neuen Zürcher Zeitung" (07.09.2012): "Wenn Maria Becker sprach, verstummte die Welt ringsum. Ihre Stimme klang hell und dunkel zugleich, sonor auf jeden Fall, metallisch schmetternd und dann wieder verführerisch weich. Und wenn Maria Becker sprach, herrschte nicht bloss Klang, sondern Verstehen."
  
Die letzte Ruhe fand die Schauspielerin in der Grabstelle ihrer Mutter Maria Fein auf dem Friedhof Enzenbühl1) in Zürich → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Aus der Ehe mit Robert Freitag gingen drei Söhne hervor, von denen zwei in die Fußstapfen der Eltern traten und ebenfalls den Schauspielerberuf ergriffen, Oliver Tobias1) (geb. 1947) und Benedict Freitag1) (geb. 1952). Der 1946 erstgeborene Sohn Christoph nahm sich 1966 mit nur 20 Jahren das Leben; auch er wurde in der genannten Grabstelle beigesetzt.
Maria Beckers Halbschwester, Renate Becker1), ergriff ebenfalls den Schauspielerberuf. Sie ging aus der zweiten Ehe von Theodor Becker mit der Schauspielerin Helma Seitz1) (1913 – 1995) hervor.
Quellen: Wikipedia, tls.theaterwissenschaft.ch
Nachrufe u.a. bei www.faz.net, www.welt.de, www.nzz.ch
Fremde Links: 1) Wikipedia, 1) tls.theaterwissenschaft.ch
  
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