Rudolf Lettinger, fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: www.cyranos.ch (Photochemie-Karte Nr. 1519; Lizenz: gemeinfrei Der Schauspieler Rudolf Lettinger wurde am 26. Oktober 1865 in Hamburg geboren. Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Er ist ein Theaterkind und scheint von seinen Eltern die Vorliebe für den Schauspielerstand geerbt zu haben. Von Kindesbeinen lockten ihn die Bretter, allein als er einst mit der Bitte hervortrat, in Kinderrollen auftreten zu dürfen, wurde ihm dies von seinem Vater aufs Strengste untersagt."
Nach dem Besuch der Schule musste Lettinger auf Geheiß des Vaters in Hamburg eine Lehrstelle in einem Kaufmannsgeschäft antreten, den Plan, Schauspieler zu werden hatte der junge Mann jedoch nicht aufgegeben. Schon während der Lehrzeit studierte er verschiedene Rollen ein, am 2. März 1883 war es dann so weit und Lettinger gab im schleswig-holsteinischen Eckernförde1) als Bandit Kosinsky in dem Schiller-Drama "Die Räuber"1) sein Bühnendebüt. Mit dem Segen seiner Eltern begann nun eine erfolgreiche Karriere als Schauspieler, ein erstes Engagement erhielt er 1884 in Detmold1), wechselte im darauffolgenden Jahr nach Heidelberg1), um danach drei Jahre lang am "Stadttheater" in Stettin1) (heute: Szczecin , Polen) im Fach des jugendlichen Helden und Liebhabers das Publikum zu erfreuen. Weitere Theaterstationen wurden Magdeburg1) (1890), Nürnberg1) (1891/92) und Zürich1) (1893), bei einem mehrjährigen Engagement am "Großherzoglichen Hoftheater" in Oldenburg (heute "Oldenburgische Staatstheater"1)) gelang ihm dann der Wechsel in das jugendliche Charakterfach.

Rudolf Lettinger, fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: cyranos.ch (Photochemie-Karte Nr. 1519); Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier

"Lettinger hat Temperament, natürlichen Scharfblick, einsichtiges Verständnis, macht gute Figur, ist ein trefflicher Sprecher, ein denkender Künstler und besitzt Kraft der Empfindung, die an die besten Vorbilder gemahnt. Alle diese Eigenschaften wurden am "Großherzoglichen Hoftheater" vollinhaltlich anerkannt und daher sein Scheiden (1897) aufrichtig bedauert." notiert Ludwig Eisenberg.*)
Von 1897 bis 1901 stand Lettinger am "Stadttheater" in Breslau1) (heute: Wrocław, Polen) auf der Bühne, kam dann 1901 nach Berlin an das "Schillertheater"1). Später wirkte er auch an der "Volksbühne"1), trat dort unter anderem im Oktober 1918 in Ludwig Bergers1) Inszenierung der Shakespeare-Komödie "Maß für Maß"1) (Premiere: 05.10.1918) auf und unter der Regie von Guido Herzfeld in dem Stück "Komödie der Liebe"1) von Henrik Ibsen1) (Premiere: 30.10.1918).
Mehrfach arbeitete er mit dem legendären Regisseur Max Reinhardt1) zusammen, besonders gerühmt wurden seine Darstellung des Reichsvogts Hermann Gessler in dem Schiller-Schauspiel "Wilhelm Tell"1) sowie seine Gestaltung des Titelhelden in dem romantisch-komödiantischen Versdrama "Cyrano de Bergerac"1) von Edmond Rostand1).
 
Anfang der 1910er Jahre kam der inzwischen über 45-jährige Rudolf Lettinger zum neuen, aufstrebenden Medium Film und trat erstmals 1912 in dem von der Berliner "Deutsche Bioscop GmbH" der Brüder Max und Jules Grünbaum1) produzierten kurzen Streifen"Das Geheimnis von Monte Carlo" von (Regie) und mit Emil Albes1) auf der Leinwand in Erscheinung. Der Theaterschauspieler konnte sich rasch in der Stummfilmszene etablieren, ab 1915 gehörte er zu den vielbeschäftigten Darstellern der Branche, der gerne als hochgestellte Persönlichkeit, aber auch komischer Alter besetzt wurde. Lettinger wirkte in etlichen Produktionen mit, die heute zu den Meisterwerken jener Ära zählen, beispielsweise unter der Regie von Fritz Lang1) als Tempeldiener Karan in dem nach der Erzählung "Madame Butterfly"1) von John Luther Long1) bzw. der Dramatisierung zum Theaterstück durch David Belasco1) realisierten Drama "Harakiri"1) (1919) mit Lil Dagover als O-Take-San und als Diamantenkönig John Terry in Langs zweiteiligem Abenteuer "Die Spinnen"1) (1919).

Rudolf Lettinger, fotografiert von
Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: kulturpool.at von theatermuseum.at 
(Inventarnummer: FS_PP230267alt); Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0

Rudolf Lettinger fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: kulturpool.at von theatermuseum.at (Inventarnummer: FS_PP230267alt); Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
Rudolf Lettinger, fotografiert von Wilhelm Willinger (1879–1943); Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com (Photochemie-Karte Nr. 1520); Lizenz: gemeinfrei Den Detektiv Hunt mimte in dem 8-Teiler "Die Herrin der Welt"1) (1919) an der Seite der Protagonistin Mia May und auch in Robert Wienes,1) als Meilenstein der Filmgeschichte geltenden, expressionistischem Stummfilm "Das Cabinet des Dr. Caligari"1) (1920) gehörte er neben Werner Krauß (Dr. Caligari) und Conrad Veidt (der Somnambule Cesare) als Medizinalrat Dr. Olsen, Vater von Jane (Lil Dagover), zur Besetzung. Es folgten einprägsame Rollen, beispielsweise als Klosterbruder Bonafides in Manfred Noas1), lange Zeit als verschollen geltenden Adaption "Nathan der Weise"1) (1922) nach dem gleichnamigen Drama1) von Gotthold Ephraim Lessing1) mit Werner Krauß in der Titelrolle, als Kutscher Grobleben in Gerhard Lamprechts1) ersten, nach dem "Nobelpreis"-gekrönten, gleichnamigen Roman1) von Thomas Mann1) Verfilmung "Buddenbrooks"1) (1923) oder als Generalkonsul Reeder Mertens, gestrenger Vater von Hans (Johannes Riemann), in Erich Schönfelders1) Drama "Gehetzte Menschen"2) (1924), unter anderem mit Hans Albers. Gerhard Lamprecht besetzte ihn als Ortsschulze Merkel, Vater von Felix (Jack Mylong-Münz), in seinem Stummfilm "Der Katzensteg"1) (1927) nach dem Roman von Hermann Sudermann1), in der deutsch-schweizerischen Gemeinschaftsproduktion "Petronella"1) (1927) zeigte sich Lettinger einmal mehr als Vater, diesmal der verwitweten, tapferen Kämpferin Pia Schwiek (Maly Delschaft), und in dem ersten "Fußballfilm" mit dem Titel "Der König der Mittelstürmer"1) (1927) als Jacob Meelig, Fabrikant und Vorsitzender des "FC Alemannia" an der Seite von Hauptdarsteller Paul Richter.
 
Rudolf Lettinger, fotografiert von Wilhelm Willinger1) (1879 – 1943)
Quelle: filmstarpostcards.blogspot.com (Photochemie-Karte Nr. 1520)
Angaben zur Lizenz (gemeinfrei)  siehe hier 
Einen prägnanten Part hatte er in Hans Kysers1) hochkarätig besetzten Biopic "Luther – Ein Film der deutschen Reformation"1) (1928) mit Eugen Klöpfer als Reformator Martin Luther1) und verköperte dessen Vater, der Hüttenmeister Hans Luder1) (1459 – 1530), dessen Ehefrau bzw. Luthers Mutter Margarethe (1459 – 1531) gab Elsa Wagner. Eine der letzten Arbeiten Lettingers für den Stummfilm war die Figur des Kahnführers Schulze, Vater von Marie (Daisy D’Ora), in dem Drama "Freiheit in Fesseln"1) (1930) → Übersicht Stummfilme.
  
Obwohl Lettinger als renommierter Theaterschauspieler sprachlich versiert war, endete seine filmische Karriere mit dem Aufkommen des Tonfilms. Nach kleineren Auftritten in eher zu vernachlässigenden Produktionen sah man ihn in dem von Gerhard Lamprecht nach dem gleichnamigen Roman1) von Erich Kästner1) gedrehten Film "Emil und die Detektive" (1931) letztmalig auf der Leinwand, wo er neben dem von Rolf Wenkhaus1) gespielten kleinen Titelhelden Emil Tischbein als Polizeipräsident in Erscheinung trat → Übersicht Tonfilme.
 
Rudolf Lettinger starb am 21. März 1937 im Alter von 71 Jahren im Berliner Ortsteil Schöneberg1). Er war bis 1916 mit seiner Kollegin Maria Wendt1) (auch Marie; 1876 – 1961) verheiratet, die unter anderem bis 1901 ebenfalls am Breslauer "Stadttheater" auftrat. In zweiter Ehe heiratete er (laut Wikipedia) die Schauspielerin Edina Vogel, die wie Lettinger zeitweise am "Deutschen Theater"1) tätig war.
Quelle (unter anderem*)): Wikipedia, cyranos.ch
Fotos bei filmstarpostcards.blogspot.com
*) Ludwig Eisenberg: "Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert" (Verlag von Paul List, Leipzig 1903);
Digitalisiert: Rudolf Lettinger: S. 595/596
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung
Lizenz Foto Rudolf Lettinger (Urheber: Wilhelm Willinger): Diese Bild- oder Mediendatei ist gemeinfrei, weil ihre urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union, die Vereinigten Staaten, Australien und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.
Filme
Stummfilme / Tonfilme
Filmografie bei der Internet Movie Database, filmportal.de sowie
frühe Stummfime bei "The German Early Cinema Database"
(Fremde Links: filmportal.de, Wikipedia, Murnau Stiftung; R = Regie)
Stummfilme Tonfilme
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster schließen.
Home: www.steffi-line.de