Seit der so genannten Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 war die Schauspielerin mit jüdischen Wurzeln nicht mehr nach Deutschland zurückgekehrt. Anfang Mai 1938 emigrierte Sybille Binder nach England, wo sie sich während des Krieges hauptsächlich mit kleinen bis kleinsten Filmrollen als Magd, Haushälterin oder schwarzhaarige Exotin über Wasser halten konnte. Ihre erste englischsprachige Theaterrolle wurde unter der Leitung John Gielguds im April 1939 ein kleiner Part in der Inszenierung "Scandal in Assyria"4). Zu ihren englischen Theaterstationen zählten unter anderem Cambridge und Edinburgh. Im Juni 1941 erreichte sie erstmals London, wo man sie am "Golders Green Hippodrome" in dem Stück "No Name in the Visitors Book" sehen konnte.*) Bereits zu Stummfilmzeiten hatte die Mimin Erfahrungen vor der Kamera gesammelt und war erstmals in Max Macks "Der Fakir im Frack"1) (1916) als indische Göttin Sybilla an der Seite von Bruno Ziener, der den Fakir Nena Raiwata spielte, auf der Leinwand in Erscheinung getreten. Nach dem Kurzfilm "Lehrer Matthiesen" (1917) zeigte sie sich in dem ganz auf Carl de Vogt zugeschnittenen Dreiteiler "Ahasver"1) (1917) oder verkörperte in der Komponistenbiografie "Das Dreimäderlhaus"1) (1918) mit Julius Spielmann als Franz Schubert die kesse Hannerl Tschöll, welche sich in den "Hungerkünstler" Schubert verliebt. Nach drei weiteren stummen Produktionen verabschiedete sich Sybille Binder vorerst von der Filmerei. Erst in England nahm sie wieder Angebote an und war ab Anfang bis Ende der 1940er Jahre sporadisch in verschiedenen Kinofilmen zu sehen. Unter anderem tauchte sie als Baroness von Klaveren in dem Thriller "The Night Invader"3) (1943) auf, spielte mit Stewart Granger in Marc Allégrets Drama "Unruhiges Blut" (1948, Blanche Fury3)) oder mit Trevor Howard in dem Abenteuer "Der goldene Salamander" (1950, Golden Salamander3)). Die Arbeiten für den Film bildeten in Sybille Binders schauspielerischen Karriere jedoch eher die Ausnahme. 1950 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde im darauffolgenden Jahr von Gustaf Gründgens5) an das "Düsseldorfer Schauspielhaus" berufen. Hier konnte sie in verschiedensten Stücken ihre darstellerische Ausdruckskraft unter Beweis stellen, etwa als Marchesa Mathilde in Pirandellos "Heinrich IV."1) (1952, Regie: Gustaf Gründgens) und als Dantons Gattin Julie in Georg Büchners "Dantons Tod"1) (1952, Regie: Hans Schalla1)). Als gravitätische Herzogin in Schillers "Wallenstein"1) (1953, Regie: Ulrich Erfurth1)), als Sidonie Knobbe in Gerhart Hauptmanns "Die Ratten"1) (1953, Regie: Günther Lüders5)) oder als Donna Honoria in Paul Claudels1) "Der seidene Schuh" (1959, Regie: Karl Heinz Stroux1)). Weitere herausragende Rollen waren unter der Regie von Gründgens beispielsweise die Hilda Taylor-Snell in der Komödie "Venus im Licht"1) (1951) von Christopher Fry, die Königin in "Undine"1) (1952) von Jean Giraudoux, die Kunigunde von Thurneck in Kleists "Das Käthchen von Heilbronn"1) (1952), die Frau Higgins in Shaws "Pygmalion"1) (1953). Für Oskar Wälterlin1) gab sie 1955 die Gräfin Ostenburg in "Das Dunkel ist licht genug" von Christopher Fry, als Karl Heinz Stroux die deutsche Erstaufführung von Eugene O'Neills Schauspiel "Fast ein Poet" inszenierte (Premiere: 25.02.1958), betraute er Sybille Binder mit der Rolle der Mutter des von Alfred Schieske verkörperten Majors a. D. Cornelius Melody, nun heruntergekommener Wirt eines verschuldeten Landgasthauses → www.fischertheater.de. Auf dem Bildschirm erlebte man sie 1956 in Leo Mittlers Hugo von Hofmannsthal-Adaption bzw. dem Lustspiel "Der Schwierige" sowie in dem von Hans Lietzau in Szene gesetzten TV-Drama "Vergessene Gesichter" (1959). Sybille Binder starb am 30. Juni 1962 im Alter von 67 Jahren in Düsseldorf. Anlässlich ihres Todes schrieb die "Münchner Abendzeitung" unter anderem: "Die Nachwelt flicht einen Kranz für eine der bezauberndsten Schauspielerinnen der deutschen Bühne. ( ) Sybille Binder haben wir nach dem Kriege in München auf der Bühne nicht mehr wiedergesehen, obwohl sich die älteren Theaterfreunde innig gewünscht hätten, dieser Schauspielerin mit dem Charme eines Puck, der Vornehmheit einer Kaiserin Charlotte von Mexiko und der Schönheit einer Lola Montez (alles Rollen, die sie spielte) noch einmal zu begegnen." Seit 1956 war die Charakterschauspielerin, die sich auch als Autorin von Erzählungen, Gedichten und Essays einen Namen machte, Mitglied der Hamburger "Hochschule für Musik und Theater"1). |
||||
Quellen: Wikipedia,
Kay Weniger: "Es wird im Leben Dir mehr genommen
"*),
Theaterlexikon
der Schweiz**) Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters***) Siehe auch www.cyranos.ch Ein Foto bei www.virtual-history.com |
||||
Link: 1) Wikipedia, 2) tls.theaterwissenschaft.ch, 3) Wikipedia (englisch),
5) Kurzportrait innerhalb dieser HP 4) "Konflikt in Assyrien", Komödie von Walter Hasenclever *) Kay Weniger: Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …' Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht (ACABUS Verlag, 2011, S. 94) **) Blubacher, Thomas: Sybille Binder, in: Kotte, Andreas (Hg.): Theaterlexikon der Schweiz (Chronos Verlag, Zürich 2005, Band 1, S. 204205) ***) Handbuch des deutschsprachigen Exiltheaters 1933 1945; Herausgeber: Frithjof Trapp, Werner Mittenzwei, Henning Rischbieter, Hansjörg Schneider; Band 2: Biographisches Lexikon der Theaterkünstler von Frithjof Trapp, Bärbel Schrader, Dieter Wenk, Ingrid Maaß (Teil 1, AK; K G Saur, München 1999, S. 94/95) |
||||
|
||||
Um zur Seite der Publikumslieblinge zurückzukehren, bitte dieses Fenster
schließen. Home: www.steffi-line.de |