Ivan Desny wurde am 28. Dezember 1922 als Ivan Nikolai Desnitzky in Peking1) (China) geboren. Sein Vater war Russe und Botschaftssekretär an der französischen Botschaft in Peking, seine Mutter stammte aus Schweden. Desny, der in in Teheran, Washington, Brisbaine und Paris zur Schule ging, begann nach einem abgebrochenem Jurastudium an der "University of Cambridge" eine Schauspielausbildung bei René Simon (1897 – 1971) in Paris. Zunächst startete er seine Karriere jedoch als Kostümzeichner und Dekorateur, bis ihm Pierre Fresnay (1898 – 1975) am "Théâtre de la Michodiére" eine größere Rolle übertrug. Dort wurde er von dem englischen Regisseur David Lean1) (1922 – 2002) entdeckt, der ihn in dem Film "Madeleine" 1950) einsetzte. Nach weiteren Rollen in etlichen französischen Produktionen wie beispielsweise in der Sartre-Adaption "Die ehrbare Dirne"1) (1952, "La putain respectueuse") oder "Le bon dieu sans confession" (1953; Regie: Claude Autant-Lara1)) wurde Desny ab 1953 auch in Deutschland bekannt.
Die Sartre-Verfilmung "Die ehrbare Dirne" hatte die deutsche Öffentlichkeit auf den attraktiven Schauspieler aufmerksam gemacht; Desny beeindruckte durch die präzise Gliederung seiner Darstellung des jungen, labilen Amerikaners Fred Clarke, der sich als politisches Werkzeug zur Vertuschung eines Mordes an einem Farbigen missbrauchen lässt.

Das Foto (auch Hintergrund) wurde mir freundlicherweise von dem
Fotografen Edmond Frederik zur Verfügung gestellt.
© Edmond Frederik (Lizensiert)

Ivan Desny 01; Copyright Edmond Frederik
In der nachfolgenden Zeit gehörte Desny zu den vielbeschäftigten Leinwanddarstellern und geriet zum heimlichen Frauenschwarm, stand seit Mitte der 1950er Jahre vorwiegend für deutsche Produktionen vor der Kamera; seinen Wohnsitz hatte er inzwischen nach Deutschland verlegt.
Zu Desnys besten deutschen Filmrollen zählen sein leidenschaftlicher Protagonist Michael Zorin in Victor Vicas Drama "Weg ohne Umkehr"1) aus dem Jahre 1953 an der Seite von René Deltgen, oder sein russischer Offizier Minski in "Dunja"1)(1955) als Partner von Eva Bartok, frei nach der Novelle "Der Postmeister"1) von Alexander Puschkin1). Mit Hildegard Knef drehte er den Thriller "Geständnis unter vier Augen"1) (1954), neben Maria Schell zeigte er sich als Dr. Daniel Karentis in der Zuckmayer-Adaption "Herr über Leben und Tod"1) (1955), mit Sonja Ziemann sah man ihn in dem Melodram "Mädchen ohne Grenzen"1) (1955). Mit Titelheldin Martine Carol stand er für das von Max Ophüls in Szene gesetzte Biopic "Lola Montès"1) (1955) über das Leben von Lola Montez1) als deren Liebhaber bzw. Gatte vor der Kamera, spielte mit Willy Birgel und Elisabeth Müller in dem Melodram "Rosen für Bettina"1) (1956).
"Anastasia – Die letzte Zarentochter": Abbildung DVD-Cover mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche die Produktion Mitte August 2020 auf DVD herausbrachte. "Anastasia – Die letzte Zarentochter": Szenenfoto mit Lilli Palmer als Anna Anderson und Ivan Desny als Chleb Botkin; mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche die Produktion Mitte August 2020 auf DVD herausbrachte. An der Seite von Lilli Palmer präsentierte er sich in Falk Harnacks "Anastasia – Die letzte Zarentochter"1) (1956) mit der männlichen Hauptrolle des Chleb Botkin; bereits in der von Anatole Litvak1) gedrehten US-amerikanischen Version von "Anastasia"1) (1956) hatte er neben Protagonistin Ingrid Bergman mit der Figur des Prinzen Paul glänzen können. Erzählt wurde die Geschichte der Anna Anderson1), die behauptete, die russische Großfürstin Anastasia Nikolajewna Romanowa1), Tochter des letzten Zaren Nikolaus II.1) zu sein.
 
"Anastasia – Die letzte Zarentochter": Abbildung DVD-Cover
sowie Szenenfoto mit Lilli Palmer als Anna Anderson
und Ivan Desny als Chleb Botkin
Mit freundlicher Genehmigung von Pidax-Film, welche
die Produktion Mitte August 2020 auf DVD herausbrachte.
Bis Mitte der 1960er Jahre folgten Produktionen wie das Melodram "Wie ein Sturmwind"1) (1957) einmal mehr mit Lilli Palmer, die Rolle des Grafen Vanin in der Hermann Bahr1)-Adaption "Skandal in Ischl"1) (1957) neben O. W. Fischer und Elisabeth Müller oder der Alexander Drubin in dem Drama "Petersburger Nächte"1) (1958) zusammen mit Ewald Balser und Johanna von Koczian. Georg Tressler1) besetzte in in seinem Melodram "Geständnis einer Sechzehnjährigen"1) (1961), gedreht nach nach einer Romanvorlage von Robert Pilchowski1) (= Hans Habe), der Krimi "Sherlock Holmes und das Halsband des Todes"1) (1960), die Romanverfilmung "Champagner in Paris"1) (1962), der Episodenfilm "Das Liebeskarussell"1) (1965) oder das Historiendrama "Mayerling"1) (1968) sind weitere Kinofilme, in denen Desny meist den den attraktiv-distinguierten Typus Mann abdeckte. Auch als Ende der 1960er Jahren keine großen Unterhaltungsfilme mehr hergestellt wurden, blieb Desny ein vielbeschäftigter Schauspieler, der seine Rollen mit Sensibilität zu gestalten wusste, wie etwa die Figur eines homosexuellen Diamantenhändlers in dem Psycho-Krimi "Der Tod eines Doppelgängers"1) (1967).
Desny ließ sich in den 1970er Jahren vereinzelt für eine Reihe von eher zu vernachlässigenden, auch internationalen Produktionen vor die Kamera locken, tauchte in dem Wallace-Krimi "Die Tote aus der Themse"1) (1971) oder in dem Thriller "Orgie des Todes"1) (1978, "Enigma rosso") auf. Eine künstlerisch fruchtbare Zusammenarbeit ergab sich mit Rainer Werner Fassbinder1), der Desnys schauspielerisches Potential exzellent zu nutzen wusste. In "Die Ehe der Maria Braun"1) (1979) konnte er als todkranker Industrieller Karl Oswald überzeugen, in "Lola"1) (1981) als Sparkassenleiter Wittich. Bereits in Fassbinders TV-Zweiteiler "Welt am Draht"1) (1973) hatte Desny als Sicherheitsbeauftragter Günther Lause zum Erfolg des Fernsehfilm beigetragen, war in der hochgelobten 13-teiligen Adaption von Alfred Döblins weltberühmtem expressionistischem Großstadtroman "Berlin Alexanderplatz" (1980) als Gangster Pumps in Erscheinung getreten. Auch für andere Regisseure des "Neuen deutschen Films" stand Desny vor der Kamera, für Wim Wenders1) stellte er einen Industriellen in dessen preisgekröntes Stimmungsbild "Falsche Bewegung"1) (1975) dar, für Wolf Gremm1) gab er den Justizrat Labude in "Fabian"1) (1979) nach dem gleichnamigen Roman1) von Erich Kästner1) mit Hans Peter Hallwachs in der Titelrolle.
Der sprachgewandte Kosmopolit blieb bis weit in die 1990er Jahre ein begehrter Darsteller in internationalen Kinoproduktionen jedweden Genres, agierte in Thrillern wie "Schneller als das Auge"1) (1989, "Quicker Than The Eye") oder dem schwedischen Geschichtsdrama "Guten Abend, Herr Wallenberg"1) (1990, "God afton, Herr Wallenberg"), André Téchiné betraute ihn in seinem im Stil des "Film noir" inszenierten Psychodrama "Diebe der Nacht"1) (1996, "Les voleurs") mit der Figur des stilvoll-gestrengen Patriarchen Victor, an der Seite von Catherine Deneuve und Daniel Auteuil1) → siehe auch dieterwunderlich.de. Einer seiner letzten Leinwandauftritte war der Rudolf Stauffacher in der Satire "Beresina oder Die letzten Tage der Schweiz"1) (1999) → Übersicht Kinofilme.
Überdies bot das Fernsehen dem stets nobel wirkenden Mann mit dem markanten Schnurbart ein breites Betätigungsfeld, zahlreiche Gastauftritte in beliebten Krimi-Reihen wie "Dem Täter auf der Spur", "Anwalt Abel"1) oder wiederholte Präsenz beim "Tatort"1) belegen seine Popularität. In nachhaltiger Erinnerung ist er in den "Tatort"-Folgen aus den beginnenden 1970er Jahren geblieben, wo er den geheimnisvollen Gangsterboss Herrn Sievers bzw. Gegenspieler des Kölner Zollfahnder Kressin (Sieghardt Rupp) mimte, wie erstmals in "Kressin und der tote Mann im Fleet"1) (1971). Nie gelang es dem gehetzten Sieghardt Rupp, den "feinen Pinkel, der andere die Drecksarbeit machen lässt", dingfest zu machen.2) Auch in etlichen weiteren "Tatort"-Krimis gehörte Desny mit wechselnden Rollen zur Besetzung, wie zuletzt in "Tod vor Scharhörn"1) (2001).

Ivan Desny mit Brigitte Mira in
Eine Dame mit Herz – Teils bitter, teils süß (1991) → Info
Szenenfoto mit freundlicher Genehmigung von www.ziegler-film.com
© Ziegler Film GmbH & Co. KG

Ivan Desny mit Brigitte Mira in Eine Dame mit Herz - Teils bitter, teils süß (1991); Copyright Ziegler Film GmbH & Co. KG
Ivan Desny und Ursula von Manescul in dem TV-Krimi "Die letzte Folge" (1964); Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; Copyright SWR Zur TV-Filmografie zählen Mehrteiler wie "Mathias Sandorf" (1979), Unterhaltungsserien wie die italienische Produktion "Rally"1) (1988), die Familiengeschichten "Hotel Paradies"1) (1989) oder die Ärzte-Serie "Freunde fürs Leben"1) (1992–1994), wo er sich einige Episoden lang als Baron von Teuffel zeigte. Darüber erschien Desny in verschiedensten Einzelproduktionen auf dem Bildschirm, spielte unter anderem neben Inge Meysel in "Mrs. Harris fährt nach Moskau"3) (1987) und "Mrs. Harris und der Heiratsschwindler"3) (1991) oder mimte einmal mehr einen Baron in der Komödie "E-m@il an Gott"4) (1999). Letztmalig konnten die Fernsehzuschauer den Schauspieler, der im Alter zu Recht als "Grandseigneur" bezeichnet wurde, 2001 mit der Rolle des Herbert in der Liebeskomödie "Scheidung mit Hindernissen"1) sowie 2002 mit einen Gastauftritt in der Episode "Wunderkinder"3) aus der flotten Anwaltsserie "Edel & Starck"1) erleben → Übersicht TV-Produktionen
Mit seinem internationalen Flair und seiner weltmännischen Eleganz spielte er im deutschen Film oft Ausländer, wobei ihm seine fremdländische Intonation der deutschen Sprache, die er beibehielt, zugute kam. Ob als zwielichtiger Industrieller, Arzt, Rittmeister, Diplomat oder Meisterjongleur, stets trat er mit der spöttischen Überlegenheit des Kosmopoliten auf. Als zuverlässiger Freund oder Liebhaber überzeugte sein gewinnender, manchmal überzogener Charme. Auch die Rollen des Gegenspielers und einsamen Konkurrenten verkörpert er überzeugend. Desny ist auch im reiferen Alter seinem Rollentypus verhaftet geblieben. Die angegrauten Schläfen haben das Distinguierte seines Aussehens noch verstärkt.5)

Foto: Ivan Desny und Ursula von Manescul (1931 – 1991)
in dem TV-Krimi "Die letzte Folge" (1964) → Die Krimihomepage
Foto mit freundlicher Genehmigung von SWR Media Services; © SWR

Dass Ivan Desny über Jahrzehnte die Film- und Fernsehlandschaft prägte, belegt auch das "Filmband in Gold"1), welches er 1980 für "langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film" entgegen nehmen konnte.
 
Der in vielen Nachrufen als "Charmeur alter Schule" bezeichnete Ivan Desney starb am 13. April 2002 im Alter von 79 Jahren in einem Krankenhaus im Schweizerischen Ascona1) an den Folgen einer Lungenentzündung; die Urne mit seinen sterblichen Überresten wurde neben der seiner Ehefrau Ghislaine (1930 – 1991) auf dem "Cimitero Communale" in Ascona beigesetzt → Foto der Grabstelle bei knerger.de sowie Wikimedia Commons.
Seit 25 Jahren lebte Desny bis zu seinem Tod im Tessin1), gehörte auch als passionierter Hobbymaler zum festen Bestandteil der Asconeser Künstlerkreise. Die letzten Lebensjahre musste er ohne seine langjährige Lebenspartnerin bzw. Ehefrau Ghislaine Arsac verbringen, das Ex-Mannequin bzw. die Schauspielerin war rund 35 Jahre lang an seiner Seite gewesen, bevor sich das Paar 1985 auch offiziell das Ja-Wort gab.

Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem
Fotografen Edmond Frederik zur Verfügung gestellt.
© Edmond Frederik (Lizensiert)

Ivan Desny 02; Copyright Edmond Frederik
Siehe auch Wikipedia, deutsches-filmhaus.de, prisma.de sowie
den Nachruf bei spiegel.de
Fremde Links: 1) Wikipedia, 3) fernsehserien.de, 4) tittelbach.tv
Quelle: 2) prisma.de, 5) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 70/71)
   
Flme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database / prisma.de (Auswahl) / filmportal.de
(Fremde Links: Wikipedia, filmportal.de,  prisma.de, deutsches-filmhaus.de,
Die Krimihomepage, fernsehserien.de, tittelbach.tv)
Kinofilme (Auszug)

Fernsehen (Auszug)

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