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Dirk Bogarde wurde am 28. März 1921 als Derek Jules Gaspard Ulric Niven
van den Bogaerde im Londoner Stadtteil Hampstead (Großbritannien) geboren und
hatte väterlicherseits niederländische Vorfahren. Er wuchs mit seiner älteren Schwester
Elizabeth sowie seinem jüngeren Bruder Gareth in Sussex auf. Von frühester Jugend an hatte
Dirk Bogarde Kontakt zur Kunst, denn seine aus Schottland stammende Mutter
Margaret Niven (1898 1980), Tochter des Schauspielers und Malers Forrest Niven, hatte
sich vor der Eheschließung einen Namen als Schauspielerin gemacht, sein Vater
Ulric van den Bogaerde (1892 1972) war Kunstredakteur bzw. -kritiker bei der Londoner
"Times". Nach der Schule betätigte sich Bogarde zunächst Bühnenarbeiter und
Szenenbildner beim Theater, studierte dann ab 1937 Geschichte und Literatur
sowie Bildhauerei unter anderem bei Henry Moore1) am "Royal College of
Arts", da er den Beruf des Bühnenbildners anstrebte. Doch schon während des
Studiums änderte er seine Meinung und entschloss sich Schauspieler zu werden. Es
folgten zwei mäßig erfolgreiche Bühnenjahre, bevor er ab 1941 seinen Dienst in der
britischen Armee leisten musste. Seine fünfjährige Militärzeit brachte ihn
unter anderem nach Deutschland, Indien, Malaysia und Java; er war aktiv
an der Invasion in der Normandie beteiligt und besuchte das
Konzentrationslager Bergen-Belsen kurz nach der Befreiung durch die
Amerikaner.
Foto: Dirk Bogarde mit Jane Birkin*) 1990 anlässlich des Filmfestivals in Cannes
Quelle: Wikipedia
(englisch) bzw. Wikimedia Commons;
Ausschnitt eines Originalfotos von Georges Biard (Urheber); Lizenz CC-BY-SA 3.0.
Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier *)
Link: Kurzportrait innerhalb dieser HP |
Nach Kriegsende versuchte Bogarde 1946 wieder als Schauspieler Fuß zu
fassen, wurde an Londoner Theatern engagiert und trat im Fernsehen auf. Mit
der Zeit machte er sich als Charakterdarsteller einen Namen und bekam durch
seine Rolle in dem Stück "Powe Without Glory" 1947 einen
Filmvertrag von J. Arthur Rank; er gab sein Filmdebüt mit einer kleinen
Nebenrolle in "Dancing with Crime" (1947), ein Jahr später war er in
"Esther Waters" (1948) zu sehen.
In den folgenden Jahren spielte sich Borgarde in Filmen wie "Die blaue
Lampe" (1949, The Blue Lamp), "Verbrechen ohne Schuld" (1950, Blackmailed),
"Sekunden der Verzweiflung" (1952/53, Desperate
Moment) oder "Die
Bombe im U-Bahnschacht"1) (1952, The Gentle Gunman) an der Spitze der europäischen Darstellerriege.
Ab 1950 war er ein vielbeschäftigter Filmschauspieler, der in
Produktionen wie "Der spanische Gärtner" (1954, The Spanish
Gardener), "Dämon der Frauen" (1954, Cast a Dark Shadow) oder "
denn der Wind kann nicht lesen" (1958, The
Wind Cannot Read) als facettenreicher Charaktermime zu überzeugen wusste. Besonders populär
wurde er jedoch in der Filmserie nach den "Doctor"-Romanen von
Richard Gordon. Vier Jahre lang übernahm er die Hauptrolle des unschuldigen
Dr. Simon Sparrow in diesen erfolgreichen
Komödien, mit denen er in den 1950er Jahren mit lockeren Späßen für volle Kinosäle
sorgte. Zu nennen sind "Aber, Herr Doktor
"1) (1954, Doctor in the House),
"Doktor
Ahoi!"2) (1955, Doctor at Sea), "Hilfe, der Doktor
kommt!" (1957, Doctor at Large), "Arzt am Scheideweg" (1959, The Doctor's Dilemma)
und "Doktor in Nöten" (1963, Doctor in
Distress). Für eine kurze Zeit ging der Schauspieler auch nach Hollywood, spielte 1960 dort
unter der Regie von Charles Vidor die Rolle des Franz Liszt in "Song Without End" (Nur wenige sind
auserwählt), konnte in den USA
aber seine Erfolge nicht wiederholen und kehrte nach Europa zurück.
Seit 1947 hatte Bogarde in zahlreichen Filmen meist leichten Genres mitgespielt
und seine Popularität als sogenanntes "matinée idol" und
Schwarm der jungen Mädchen war jahrelang ungebrochen. Erst 1961 schockte der
Schauspieler, der von einigen sogar "britischer Rock Hudson" genannt
wurde, viele seiner Fans, als er die Titelrolle in Basil Deardens Film "Der
Teufelskreis " (Victim) übernahm. Dieser schwarz-weiß Thriller handelte von einer
Gangstervereinigung, die Homosexuelle ausbeutete; es war der erste
britische Film, der sich mit dem Thema "Homosexualität" beschäftigte,
und in Großbritannien für enormen Aufruhr sorgte.
Das war die Wende und Bogarde bekam die Chance, sein ganzes Können unter Beweis zu
stellen, erlangte nun auch internationale Anerkennung als britischer
Charakterdarsteller, vor allem durch seine
Rollen in Filmen von Joseph Losey und Luchino Visconti. Nach seiner
Rolle des 1. Offiziers Scott-Padget in dem Abenteuer
"Rebellion"1)
(1962, H.M.S. Defiant) an der Seite von Alec Guinness war 1963 seine
Interpretation des Dieners Hugo Barett in Loseys Pinter-Verfilmung "Der
Diener" (The
Servant) hervorragend, ebenso wie 1967 die Figur des Universitätsdozenten Stephen
in "Accident Zwischenfall in
Oxford"1) (Accident). Bogarde glänzte unter anderem mit
Hauptrollen in Joseph Loseys Theater-Adaption
"King
and Country Für König und Vaterland"1) (1964, King &
Country), John Schlesingers preisgekröntem Film
"Darling"1) (1965),
in John Frankenheimers Romanverfilmung "Ein
Mann wie Hiob"1) (1968, The Fixer) oder in Luchino Viscontis opulentem,
kontrovers diskutiertem Historienstreifen "Die
Verdammten"1) (1969, La caduta degli dei). Beeindruckend auch die Darstellung eines arbeitsscheuen Taugenichts in dem
kriminalistisch angehauchten Drama
"Jede Nacht um neun"2) (1967, Our Mother's House), seine
Verkörperung des Gustav von Achenbach in Viscontis Thomas-Mann-Adaption
"Tod in
Venedig"1) (1970, Morte a Venezia"2)), wo er
brillant die fast stumme Rolle
eines alten Mannes spielte, der sich in einen schönen Jüngling
vernarrt, zeigte, dass Bogarde, sich auch als Darsteller
ernsthafter Rollen etablieren konnte.
1973 übernahm er die Rolle eines ehemaligen SS-Offiziers
in Liliana Cavanis "Der
Nachtportier"1)(The Night Porter),
einem Film, der sich
mit dem deutschen Faschismus befasste. Bogarde spielte den Maximilian Theo Aldorfer, der als
Nachtportier in einem eleganten Wiener Hotel arbeitet. Hier trifft er auf seine ehemalige Gefangene Lucia Atherton (Charlotte Rampling),
die er als SS-Offizier im Konzentrationslager wiederholt gequält
hatte; zwischen beiden entwickelt sich eine sadomasochistische Beziehung. Als
der Film im Sommer 1974 erschien, erklärte die Staatsanwaltschaft den Film für
unmoralisch. Die Kopien wurden beschlagnahmt, der Film von der Zensur
verboten. Die italienische Filmindustrie organisierte daraufhin einen eintägigen
Streik. Mehrere Regisseure, darunter Luchino Visconti, setzten sich für die
Freigabe des Films ein. In einem Gerichtsverfahren wurde er schließlich zum
Kunstwerk erklärt und ohne Schnitte freigegeben.3)
In Richard Attenboroughs hochkarätig besetztem Kriegsdrama
"Die Brücke von
Arnheim"1) (1977, A Bridge Too Far) zeigte sich
Bogarde als britischer Generalleutnant Frederick Browning1)
(1896 1965), weitere viel beachtete Parts waren seine Rolle
des Claude Langham in Alain Resnais' Psychodrama
"Providence"1) (1977,
Providence2))
sowie die Figur des Schokoladenfabrikanten Hermann Hermann in Fassbinders
"Despair Eine Reise ins Licht"1) (1979);
danach stand Bogarde kaum noch vor der Kamera. Zu seinen letzten Arbeiten
zählt der TV-Film "Triumph der Liebe" (1981, The Patricia Neal Story),
das Biopic über die US-amerikanische Schauspielerin Patricia Neal1) (1926 2010)
mit Glenda Jackson in der Titelrolle und Bogarde als Neals
Ehemann, dem Schriftsteller Roald Dahl1) (1916 1990), weiterhin
das Fernsehspiel "Leihen Sie uns Ihren
Mann?" (1986, May we Borrow Your Husband?). Letztmalig zog es den Schauspieler 1990 nochmals
auf die Leinwand zurück, an der Seite von Jane Birkin gab er unter der Regie von Bertrand Tavernier
den "Daddy" in dessen
Familienportrait "Daddy Nostalgie"2).
Foto mit freundlicher Genehmigung von Einhorn-Film
© Einhorn-Film/Weltlichtspiele Kino GmbH
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Anfang der 1970er Jahren hatte sich Bogarde mit seinem Manager und langjährigem
Lebensgefährten Anthony Forwood4)
(1915 1988) für fast 20 Jahre in sein provenzalisches
Landhaus nach
Südfrankreich zurückgezogen, nahm nur noch vereinzelt Filmangebote an und
begann Bücher zu schreiben; er veröffentlichte vier Autobiographien und
einige Science-Fiction-Romane, die durchweg Bestseller wurden. Seine erste
Autobiographie "A Postillion Struck By Lightning" (1977) wurde auf Anhieb
erfolgreich, gefolgt von drei weiteren Bänden "Snakes and Ladders" (1978),
"An Orderly Man" (1983) und "Backcloth" (1986). 1980 erschien
sein Roman "A Gentle Occupation", 1983 "Voices in the Garden",
ein Jahr später "West of Sunset". 1992 publizierte er den Roman
"Jericho",
der in Großbritannien die Nummer 1 der Bestsellerliste erklomm,
gefolgt von "A Period of Adjustment" (1994) und "Closing Ranks"
(1997).
Ende der 1980er Jahre ließ sich Bogarde dann wieder in London nieder, nachdem
sein Freund Forwood 1988 an einer Krebserkrankung verstorben war, und
widmete sich seinem Privatleben.
1992 wurde er von der britischen Königin in den Adelsstand erhoben und durfte
sich fortan "Sir" Dirk Bogarde nennen.
Der beliebte Schauspieler starb am 8. Mai 1999 im Alter von
78 Jahren in London an den Folgen eines Herzanfalls; seine Asche wurde
auf seinem einstigen Anwesen in Grasse (Südfrankreich) verstreut.
Bereits seit einem
Schlaganfall im Frühsommer 1998 war Bogarde er an den Rollstuhl
gefesselt gewesen.
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