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Gisela Schlüter wurde am 6. Juni 1914*) als Tochter eines
Berufsoffiziers und einer Tschechin in Berlin geboren, verbrachte ihre
Kindheit und Jugend in Dresden1), wo sie ein katholisches "Fräulein-Stift"
besuchte und die so genannte "Mittlere Reife" erwarb..
Ursprünglich wollte sie Tänzerin werden, musste diese Pläne jedoch
wegen ihrer Körpergröße von "nur 1,76 m" aufgeben und entschied sich
daher für eine Ausbildung zur Schauspielerin bei dem legendären
Erich Ponto
(1884 1957) in Dresden,
der von ihrem komödiantischen Talent beeindruckt war.
Nach ersten Engagements gelang Gisela Schlüter dann ihr Durchbruch auf
der Bühne als Partnerin von Günter Lüders
(1905 1975) in dem Boulevardstück
"Vorsicht, Brigitte" an der Berliner "Komödie am
Kurfürstendamm"1) und machte sich vor allem als "Schnellrednerin" und
"Quasselstrippe vom Dienst" einen Namen. Sie trat in
den 1930er und 1940er Jahren mit komischen Rollen in zahlreichen Revuen auf
und auch im Hörfunk begeisterte sie das Publikum. Als Partnerin von
Brigitte Mira
(1910 2005) wirkte sie beispielsweise auch in der von Eugen York1)
nach Drehbüchern von Friedrich
Luft1) in Szene gesetzten Propaganda-Kurzfilmserie "Liese und
Miese"1) (1943) mit, die
das Publikum auf kriegsgerechtes Verhalten einstimmen sollte, dann
jedoch von Propagandaminister Joseph
Goebbels1) wegen
"falscher" Reaktion eingestellt wurde.
Dabei war die Volksgenossin "Liese" die "Gute", die
sich im Sinne der Nazi-Propaganda richtig verhielt, während die "Miese"
alles falsch machte, Feindsender hörte, über knappe Lebensmittel schimpfte
und sich mit Spionen einließ. Die Darstellungskunst von Brigitte Mira sorgte
jedoch dafür, dass "Miese" beim Publikum mehr Anklang fand als die
von Gisela Schlüter gespielte "Liese", so dass das
Propagandaministerium die Serie nach zehn Folgen wieder absetzte. (
) Sie
verfehlte ihren Zweck, denn die Zuschauer im Kino sympathisierten viel
mehr mit der auch äußerlich als Negativfigur konzipierten Miese als
mit der blonden, adretten und stramm auf Parteilinie argumentierenden
Liese.2)
Gisela Schlüter 1938 im "Kabarett
der Komiker"1)
Urheber: Willy
Pragher1); Lizenz: CC BY 3.0; Rechteinhaber: Landesarchiv
Baden-Württemberg
Quelle: Deutsche
Digitale Bibliothek bzw. Wikimedia
Commons
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In der Nachkriegszeit konnte Gisela Schlüter ihre Karriere erfolgreich fortsetzen und
wurde vor allem durch Auftritte in populären Fernsehshows wie
beispielsweise "Gruezi Vico"3)
und "Hotel Victoria"1)
mit Vico
Torriani,
"Stelldichein beim Wein"3)
mit Otto Höpfner oder "Zum Blauen Bock" zum
Inbegriff des schnellsten "Fernseh-Mundwerks" in Deutschland und
hatte mit ihrer unverwechselbaren Komik stets die Lacher auf ihrer Seite.
Ab 1967 erhielt "Lady Schnatterly", wie sie liebevoll
genannt wurde, eine eigene TV-Show
unter dem Titel "Zwischenmahlzeit"1), die bis 1982 drei- bis
vier Mal jährlich erfolgreich ausgestrahlt wurde und mit den Schlüterschen Wortkaskaden, witzigen
Sketchen und Parodien sowie einem großen Aufgebot an Sängern,
Schauspielern aber auch Politikern wie Franz Josef Strauß Rekordeinschaltquoten von 44 Prozent erzielte.
In dieser Show war sie in Sketchen, mit Tanzeinlagen und Gesangsdarbietungen zu sehen. Während dieser
Zeit wurde sie zu einer Showmasterin, die durch ihre dominierende verbale Rhetorik ihre Bühnenpartner
kaum zu Wort zu kommen ließ. Ihre Sprechgeschwindigkeit (mit bis zu 482 Silben pro Minute) und ihr
scheinbar nicht enden wollender Redeschwall wurden ihre Markenzeichen. Hieraus resultierten ihre Spitznamen
"Lady Schnatterly" und "Quasselstrippe der Nation". Über sich selbst sagte sie einmal:
"Derjenige, der bei mir zu Wort kommt, muss erst noch geboren werden."2)
Vereinzelt übernahm Gisela Schlüter auch Rollen
für den Kinofilm. Ihr Leinwanddebüt gab sie 1938 die
Ehefrau des Architekten Emil Sperling (Theo Lingen) in dem
Abenteuer "Der Tiger von Eschnapur"1),
war im gleichen Jahr mit diesem Part auch in der Fortsetzung "Das
indische Grabmal"1)
zu sehen sowie mit kleineren Rollen in den Komödien "Eine Nacht im Mai"1) und "Narren
im Schnee"4). Es folgte der Musikfilm "Wir
tanzen um die Welt"1) (1939), in dem Streifen "Sechs Tage Heimaturlaub"4) mimte sie 1941 eine Puszta-Schönheit,
tauchte als "entzückende kleine Frau" in der Rühmann-Komödie
"Der
Gasmann"1) (1941) auf, gedreht nach nach dem Roman
von Heinrich Spoerl1). In den 1950ern übernahm sie
Nebenrollen unter anderem in den Produktionen "Dreizehn unter einem Hut"1) (1950),
"Die große Chance"1) (1957),
"Mikosch, der Stolz der Kompanie"1) (1958,
mit Gunther Philipp) und
"Peter schießt den Vogel ab"1)
(1959, mit Peter Alexander). 1972 agierte sie
in dem eher albernen Lustspiel "Die Lustigen Vier von der Tankstelle"1) und ein Jahr
später in dem Klamauk "Unsere Tante ist das Letzte"1) (1973),
wo sie als Almut Krippenreiter auftauchte, überdrehte Schwester von
Otto Wilhelm Hirsekorn (Eddi Arent).
Letztmalig trat sie in Kino in dem Lustspiel "Das
Wandern ist Herrn Müllers Lust"1) (1973) in Erscheinung, Schüters eigentliche Domäne blieb jedoch stets das Boulevardtheater sowie das
Fernsehen → Übersicht Kinofilme.
Nach dem Tod ihres langjährigen Lebensgefährten und Textschreibers,
dem Drehbuchautor Hans Hubberten1)
(1929 1988), zog sich Gisela Schlüter weitgehend aus dem Showgeschäft
zurück; 1991 konnten die Fernsehzuschauer sie letztmalig in der
Sendung "Showgeschichten" auf dem Bildschirm erleben.
Ihre
letzten Lebensjahre verbrachte Gisela Schlüter zurückgezogen und
nach einem schweren Sturz an den Rollstuhl gefesselt in ihrem Haus im
oberbayerischen Bad Kohlgrub1),
wo sie am 28. Oktober 1995 im Alter von 81 Jahren an
den Folgen eines Schlaganfalls
starb5);
die letzte Ruhe fand die zu Lebzeiten umtriebige
Künstlerin auf dem Friedhof von Bad Kohlgrub → Foto der
Grabstelle bei www.knerger.de.
1983 veröffentlichte die legendäre Schauspielerin, Kabarettistin
und Hobby-Astrologin Gisela Schlüter
unter dem Titel "Lassen Sie mich auch mal zu Wort kommen"
Sprüche, Parodien, Witzkaskaden, lustige Sketche und heitereren
Kollegenklatsch und erzählt darin auch über ihre Begegnungen mit berühmten
Künstlern wie Karl Valentin,
Liesl Karlstadt,
Weiß Ferdl oder dem
Politiker Franz Josef Strauß1). Bereits 1968 hatte sie das Buch
"Schnattern gehört zum Handwerk" auf den Markt gebracht,
außerdem verfasste sie Klatsch-Kolumnen für die Zeitschrift
"Funk Uhr"1).
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