Boris Karloff
Boris Karloff wurde am 23. November 1887 als William Henry Pratt und jüngstes von neun Kindern in London (heutiger Bezirk Southwark) geboren; sein Vater, ein in Indien tätiger britischer Zollbeamter, und seine Mutter verstarben früh und so wuchs er bei seinen wesentlich älteren Geschwistern auf. Nach dem Besuch der höheren Schule ließ sich Pratt zwischen er 1906 und 1909 am "King's College" der der Londoner Universität ausbilden, sollte der Familientradition folgend eigentlich auch eine Laufbahn im britischen Verwaltungsdienst einschlagen.
Doch schon früh interessierte sich der junge William für das Theater, wirkte bei Schülerauführungen und Theaterinszenierungen der Universität mit, nahm später privaten Schauspielunterricht. Im Alter von 21 Jahren ging er nach Kanada, war dort zehn Jahre lang Mitglied verschiedener Tournee-Ensembles und bereiste mit diesen Bühnen die kanadische und amerikanische Provinz.
 
In den 10er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam William Pratt nach Hollywood und begann seine Filmkarriere als Statist und Kleindarsteller in verschiedenen stummen Produktionen, den ersten belegbaren Leinwandauftritt hatte er in dem stummen Streifen "The Dumb Girl Of Portici" (1916), nannte sich nun mit Künstlernamen "Boris Karloff". Seit 1919 arbeitete er nun regelmäßig beim Film, erhielt in den 1920er Jahren kleinere und größere Aufgaben überwiegend in B-Filmen unterschiedlichen Genres, ohne dass er auf einen bestimmten Rollentypus festgelegt wurde. Karloff mimte in zahllosen Western, Abenteuer- und Kriminalfilmen aber auch Komödien alle nur erdenklichen Nebenrollen, der Durchbruch zum populären Leinwandstar gelang ihm zunächst nicht. 1931 kam dann sein erster Kinoerfolg in Howard Hawks sozialkritischem Gefängnisdrama "The Criminal Code"1) (Das Strafgesetzbuch), wo Karloff als Gangster Ned Galloway, einer Rolle, die er bereits vorher auf der Bühne gespielt hatte, Aufmerksamkeit erregte. Es folgten weitere Streifen, in denen Karloff meist den Schurken oder undurchsichtige Figuren gab, über Nacht berühmt wurde er dann nach rund 70 Filmrollen als künstliches, stummes Monster in James Whales nach Mary Shelleys berühmtem Horrorklassiker "Frankenstein"1) (1931) in Szene gesetzten gleichnamigen Tonfilm2). Hinter der hässlichen Maske verlieh Karloff dieser Figur auch eine gewisse anrührende Sentimentalität und Sanftheit, bis heute wird sein Name mit diesem Archetyp des Horrorfilms in Verbindung gebracht.
 
In der Folgezeit wurde Karloff immer mit Variationen dieser Rolle besetzt, trat vor allem in der klassischen Horror-Serie der Filmfirma "Universal Studios" in Erscheinung. In Karl Freunds "Die Mumie"1) (1932, The Mummy2)) und "Das Haus des Grauens"
1) (1932, The Old House), John Francis Dillons "Hinter der Maske" (1932, Behind the Mask) oder als böser Dr. Fu Manchu in der MGM-Produktion "Die Maske des Dr. Fu Manchu"1) (1932, The Mask of Fu Manchu2)) avancierte Karloff zum Mythos des klassischen Horrorkinos schlechthin. Weitere prägnante Rollen mimte Karloff unter anderem neben Edward G. Robinson in Mervyn LeRoys kritischem Drama "Spätausgabe"1) (1931, Five Star Final), in Howard Hawks' Gangsterstreifen "Scarface"1) (1932) sowie in Michael Curtiz' Grusel-Thriller "Die Rache des Toten"2) (1936, The Walking Dead).
Als "Monster" tauchte Karloff erneut in "Frankensteins Braut"1) (1935, Bride of Frankenstein2)) und "Frankensteins Sohn"1) (1939, Son of Frankenstein) auf, in dem eher zu vernachlässigenden Streifen "Frankensteins Haus"1) (1944, House of Frankenstein) mimte er den wahnsinnigen Wissenschaftler Dr. Gustav Niemann. Ebenfalls nicht der große Wurf wurde "Der Henker von London"1) (1939, Tower Of London), sehenswert dagegen ist der Gefängnisfilm von Regisseur William Clemens "Die Teufelsinsel"2) (1940, Devil's Island) sowie die spannende Gangsterstory "Schwarzer Freitag"1) (1940, Black Friday).
In den Horrorfilmen der 1930er und 1940er Jahre war verschiedentlich der aus Ungarn stammende Star Bela Lugosi3) (1882 – 1956) Karloffs Partner, der durch die Verkörperung des Grafen Dracula in Tod Brownings "Dracula"-Film1) (1931) berühmt geworden war und die Rolle des Monsters in dem ersten "Frankenstein"-Streifen abgelehnt hatte; beide standen beispielsweise für Edgar G. Ulmers "Die schwarze Katze"1) (1934, The Black Cat), Lambert Hillyers "Tödliche Strahlen"1) (1936, The Invisible Ray), Rowland V. Lees "
Frankensteins Sohn1) (1939, The Son of Frankenstein) und Robert Wises "Der Leichendieb"2) (1945, The Body Snatcher) gemeinsam vor der Kamera.

Karloffs großes schauspielerisches und mimisches Talent war fortan von unterschiedlichsten Masken zugedeckt, doch immerhin wurde sein "Monster" wohl zur berühmtesten Maske der Filmgeschichte. Seine gewaltige, markante Stimme durfte sich in den Urlauten des Monsters zwar kaum artikulieren, dennoch zählt Karloffs ebenso grauen- wie mitleiderregende Darstellung des Frankenstein-Geschöpfs zu den ganz großen Darstellerleistungen auf der Leinwand. Nach dem Abebben der Horror-Welle wurde Karloff wieder auf eher unbedeutende Figuren, meist in B-Filmen reduziert, zu den wenigen Highlights seiner späteren Filme zählt Roger Cormans Edgar Allan Poe-Adaption "Der Rabe – Duell der Zauberer"1) (1963, The Raven) wo Karloff neben Vincent Price als Dr. Scarabus brillierte. Seine Horrorrollen parodierte er glänzend in den Komödien "Abbott and Costello Meet the Killer, Boris Karloff" (1948) und "Abbott & Costello treffen Dr. Jekyll und Mr. Hyde" (1953, Abbott and Costello Meet Dr. Jekyll and Mr. Hyde), eine herrliche Persiflage ist auch Jacques Tourneurs Komödie "Ruhe Sanft GmbH"1) (1963, The Comedy of Terrors2), in der Karloff neben zwei anderen Großen des Horror-Genres, Vincent Price und Peter Lorre, zu sehen ist. Karloff selbst bezeichnete seinen letzten Film, Peter Bogdanovichs "Bewegliche Ziele"1) (1968, Targets), wo er als greiser Horrorstar sich praktisch selbst spielte, als eine seiner besten Arbeiten für das Kino überhaupt.  
Dass Karloff als Schauspieler mehr zu bieten hatte, als das Ungeheuer oder sonstige monströse Figuren zu spielen, bewies er als exzellenter Rezitator und Bühnendarsteller. Im englischen Sprachraum verehrt man ihn noch heute als Kenner englischer Lyrik und als Experte für Kinderbücher. Seine Gute-Nacht-Geschichten im Radio waren bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Als Synchronsprecher lieh er unter anderem in dem Zeichentrickfilm "How the Grinch Stole Christmas" (1966, Die Gestohlenen Weihnachtsgeschenke) der Hauptfigur seine Stimme und trat als Erzähler auf.
Karloff war Monster und Märchenerzähler, Frankensteins Geschöpf und der liebenswerte alte Herr, der zeitlebens unter dieser Typisierung litt. Einer der wenigen Filme, mit dem ihm der Ausbruch aus dem Klischee gelang, war die Rolle des der religiösen Eiferers Sanders in John Fords Kriegsabenteuer "Die letzte Patrouille"1) (1934, The Lost Patrol) sowie die des Antisemiten Graf Ledrantz in dem Oscar-prämierten Biopic "Die Rothschilds"1) (1934, The House of Rothschilds).
 
Während seiner Hollywood-Karriere stand der Schauspieler immer wieder auf der Bühne, seit Anfang der 1940er Jahre sah man ihn am Broadway in rund 1.400 Vorstellungen mit der Paraderolle des gesuchten Massenmörders Jonathan Brewster in der schwarzen Komödie "Arsen und Spitzenhäubchen" (Arsenic and Old Lace) von Joseph Kesselring1) (1902 – 1967), fungierte auch als Produzent und Geldgeber für die Produktion. Für die vorzügliche Kinofassung1) (1944) von Regisseur Frank Capra stand der Schauspieler wegen seiner Theaterverpflichtungen leider nicht zur Verfügung, doch Raymond Massey1) (1896 – 1983) war in Karloffs Rolle bzw. Maske ausgezeichnet und in der Originalfassung reagierte er an einer Stelle extrem beleidigt auf die Feststellung, er sehe wie Boris Karloff aus. In der deutschen Synchronisation wurde daraus "Frankensteins Monster" und die Anspielung bzw. der Gag ging verloren.
Ende der 1940er, Anfang der 1950er Jahre war Boris Karloff sowohl als "böser" Kapitän Hook als auch "guter" Mr. Darling in der Bühnenfassung von "Peter Pan"1) zu sehen. Die Inszenierung zu Gunsten des Kinderkrankenhauses "The Hospital for Sick Children" (Peter Pan's Hospital) in Karloffs Geburtsstadt London brachte es auf mehr als 300 Vorstellungen.4) Etwa zu dieser Zeit begann der Künstler auch seine Fernsehkarriere, indem er drei Monate lang die eigene Show "Starring Boris Karloff" moderierte. 1954/55 sah man ihn in der seit 1951 beliebten Quiz-Sendung "Down You Go", mit Gastauftritten in TV-Shows und Serien blieb er auf dem Bildschirm präsent. Nach den Dreharbeiten seiner letzten Filme, unter anderem Peter Bogdanovichs "Bewegliche Ziele"1)  (1968, Targets), verließ Karloff die USA und ließ sich endgültig in seinem Londoner Haus im Stadtteil Kensington bzw. in seinem Landhaus in Hampshire nieder. Dort lebte der Schauspieler, der im Privatleben als vornehm, ruhig, höflich und "sophisticated" galt bis zu seinem Tod zurückgezogen, widmete sich – soweit es seine angeschlagene Gesundheit zuließ – seinen Hobbys wie der Gartenarbeit, ging zum Cricket und züchtete Hunde. Außerdem engagierte er sich für soziale Belange, unterstützte beispielsweise hilfsbedürftige Kinder und gemeinnützige Organisationen.

Es war ihm nur wenig Zeit vergönnt, den Ruhestand mit seiner letzten Ehefrau, auszukosten, Boris Karloff starb am 2. Februar 1969 im Alter von 81 Jahren in einem Krankenhaus in Midhurst (Sussex) an den Folgen einer Lungenentzündung. Beigesetzt wurde er im "Guildford Crematorium" in Godalming (Surrey). Die Bestattung erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch des Schauspielers in einem schlichten Rahmen sowie ohne Beteiligung der Öffentlichkeit.
Seine erste, 1910 geschlossene Ehe mit der aus Neuseeland stammenden Grace Harding wurde nach nur drei Jahren geschieden, ebenfalls von kurzer Dauer war die 1915 geschlossene Verbindung mit der kanadischen Bühnenschauspielerin Olive  Wilton. Nach den Ehen mit Montana Laurena Williams (Heirat 1920) und Helene Vivian Soule (1924 – 1928) ehelichte Karloff 1928 die Mitarbeiterin der Stadtbibliothek von Los Angeles, Dorothy Stine, welche ihm am 23. November 1938 Tochter Sarah Jane schenkte. Die Ehe wurde Anfang 1946 geschieden, noch im gleichen Jahr fand am 11. April 1946 die Hochzeit mit der 16 Jahre jüngeren Engländerin Evelyn Hope Helmore statt, die bis zu Karloffs Tod an seiner Seite war.
 
Obwohl der Schauspieler in seinem mehr als 50 Jahre währenden Berufsleben in den unterschiedlichsten Rollen in Film und Fernsehen sowie auf der Bühne zu sehen war, wird er bis heute in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem in Europa vornehmlich auf "Frankensteins Monster" reduziert. Hinter dieser Figur, die er nur drei Mal im Film verkörperte, verschwand die menschliche Gestalt des Boris Karloff alias William Henry Pratt nahezu vollständig. Der kantige Monsterkopf mit dem traurig-leeren Blick wurde zu einer Ikone des surrealen Horrors und macht Karloff unsterblich. Bereits 1938 war die Monstermaske zum Symbol der großen Surrealismus-Ausstellung in Paris geworden.4) 

Textbausteine des Kurzportraits von www.prisma.de
Siehe auch den ausführlichen Artikel bei Wikipedia (mit vielen weiterführenden Links)
und www.film-zeit.de
Link: 1) Wikipedia, 2) prisma.de. 3) Kurzportrait innerhalb dieser HP
4) Quelle: Wikipedia
  
Kinofilme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Link: Wikipedia, in Klammern: prisma.de)
Stummfilme (Auswahl)
  • 1916: The Dumb Girl of Portici
  • 1920: The Deadlier Sex
  • 1920: Der letzte Mohikaner (The Last of the Mohicans)
  • 1926: Korsaren oder Schrecken der Meere (Old Ironsides)
  • 1926: Mann ohne Furcht (Man in the Saddle)
  • 1927: Tarzan und der goldene Löwe (Tarzan and the Golden Lion)
  • 1927: Die Schlachtenbummler (Two Arabian Knights)
  • 1929: The King of the Kongo
Tonfilme
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