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Die Schauspielerin Amanda Lindner wurde am 7. Juli 18681) als Amanda Bertha Lindner in Leipzig geboren;
ihr Vater war Faktor in einer Buchdruckerei. Schon früh hatte sie künstlerische Ambitionen,
gehörte nach entsprechender Schulung zum Ballett des Leipziger Theaters und
war auch schon in Kinderrollen erfolgreich. Nach einer Schauspielausbildung bei Antonie Baumeister (1842 1902),
unter anderem langjähriges
Mitglied am "Königlichen Theater" in Hannover, gab sie in
Leipzig ihr Bühnendebüt. Über das "Hoftheater" in Coburg (Bayern) kam die erst 17-Jährige 1886 an das seit 1866 unter der
künstlerischen Leitung von Herzog
Georg II.2) von Sachsen-Meiningen stehende "Hoftheater
Meiningen"2) (Thüringen).
Hier machte sie eine weitere ausgezeichnete Lehre durch, der Herzog und seine dritte
Gemahlin, Helene Freifrau von Heldburg, unter dem Namen Ellen Franz2) selbst früher Künstlerin, studierte mit den Anfängerinnen die
wichtigen Rollen ein, auch Bühnenleiter wie Ludwig Chronegk2) förderten das junge aufstrebende Talent. Furore
machte Amanda Lindner mit ihrer Interpretation der Schiller'schen "Jungfrau von Orleans",
galt bald als Liebling des Herzog-Paares und wurde zur "Hofschauspielerin"
ernannt.
Amanda Lindner zeigte ihre schauspielerische Kunst auch außerhalb von Meiningen und bereiste mit dem Ensemble
viele deutsche Städte, kam sogar bis nach Russland.
Foto: Amanda Lindner 1890
Urheber: Fotoatelier Julius Schaar, Düsseldorf
Bildrechte/-herkunft: Meininger Museen: Theatermuseum "Zauberwelt der Kulisse"
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Sie
beeindruckte mit der Gestaltung etlicher weiterer klassischer Frauenfiguren,
so schrieb unter anderem die illustrierte Familienzeitung "Die
Gartenlaube"2) (1894, Heft 4, S. 6367) in ihrem
Artikel "Liebhaberinnen der deutschen Bühne": "Neben der
"Jungfrau von Orleans" und dem Klärchen im "Egmont" das
besonders in der Marktscene eine hinreißende Wirkung ausübte, spielte sie auch jene zarteren Shakespeareschen Rollen wie
"Desdemona" und "Ophelia", Lustspielrollen wie die geistreiche
Porzia und die trotzige Katharina in "Der Widerspenstigen Zähmung",
auch Luise in "Kabale und Liebe", Thekla im "Wallenstein", sowie die verführerische Magdalena in der
"Rose von Tyburn". Ihre so erfolgreiche Darstellung der "Jungfrau von Orleans" bei Gelegenheit des
Berliner Gastspiels der "Meininger" hatte die Aufmerksamkeit der Berliner Hoftheaterleitung auf die
Künstlerin gelenkt. (
) Amanda Lindner ist eine durchaus sympathische Künstlerin, ihr
Gesicht hat eingeschnittene Züge, ihre Gestalt ist schlank und anmutig, ihr Organ, obschon ursprünglich mehr für
das Kräftige als für das Zarte angelegt, ist biegungsfähig und sie weiß damit ebenso das Milde, Weiche,
Mädchenhafte auszudrücken wie den begeisterten Aufschwung."3)
Amanda Lindner am "Hoftheater Meiningen" |
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Rollen mit denen sie als tragische Liebhaberin in Meiningen auch bei
späteren Gastspielen zu begeistern wusste, waren immer wieder die
Heroinen in den Shakespeare-Dramen, so die schöne Desdemona in "Othello",
die edle Cordelia in "König Lear", die der Untreue verdächtigte Hermione
in "Das Wintermärchen" oder Coriolans Mutter Volumnia in "Coriolanus".
Sie zeichnete die empfindsam Leonore in Schillers "Die Verschwörung
des Fiesco zu Genua", die Vanina in dem 1897 veröffentlichten
Trauerspiel "Vanina Vanini" von Paul Heyse oder die Titelrolle der
"Esther" in dem gleichnamigen Schauspiel von Friedrich Wilhelm Gotter, aus dem das berühmte, vertonte Gedicht
bzw. Wiegenlied "Schlafe, mein
Prinzchen, schlaf ein!" stammt.
Im Jahre 1890 hatte Amanda Lindner Meiningen verlassen und ein Engagement am
Berliner "Königlichen Schauspielhaus" angenommen, dem sie bis 1911 als
Ensemblemitglied verbunden blieb. Auch hier feierte sie mit ihren
Glanzrollen wie der
"Jungfrau von Orleans" oder dem Clärchen in Goethes "Egmont"
Bühnentriumphe, war eine hinreißende Iphigenie in Goethes "Iphigenie auf
Tauris", gestaltete die Titelrolle der Schiller'schen "Maria Stuart" ebenso brillant wie die "Philippine Welser"
in dem gleichnamigen historischen Schauspiel von Oskar von Redwitz oder die
Margarete von Valois in Albert Lindners "Die Bluthochzeit". Nach
ihrer Heirat (1911) mit dem Arzt Dr. med. August König nahm die
inzwischen über 40-Jährige kein festes Engagement mehr an, gab fortan nur noch Gastspiele so auch in
Meiningen 1898, 1906, 1909
und zuletzt 1938 bzw. war als Schauspiellehrerin tätig.
Unter anderem zeigte sie sich 1925 auch am "Deutschen Theater" und
verlieh der Gräfin Helena in Kleists "Das Käthchen von Heilbronn"
in einer Inszenierung von Eugen Klöpfer Kontur.
Erst im bereits vorgerückten Alter von über 60 Jahren machte Amanda eine
zweite, wenn auch kurze Karriere im Film. Bereits zu Stummfilmzeiten hatte
sie in dem Streifen "Eine unbedeutende Frau" (1919; Regie: Erich Joseph) an der Seite von Edith Meller bei der Berliner
"National-Film" Erfahrungen vor der Kamera gesammelt.
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In Ludwig Bergers vergnüglichen
Komödie "Ich bei Tag und Du bei Nacht"2) (1932) gab sie
dann neben den Protagonisten Käthe von Nagy und Willy Fritsch
die köstliche Figur der energischen Witwe Cornelia Seidelbast und spielte sich hier im
Grunde selbst: Die Witwe Seidelbast, eine in die Jahre gekommene ehemalige
Hofschauspielerin, die in und mit den alten Erinnerungen lebt. Die Lindner deklamierte
in dem Streifen gern aus ihren Erfolgsrollen, an der Wand hingen Rollenfotos aus früheren Glanzzeiten. Um den
Lebensunterhalt bestreiten zu können muss Witwe Seidelbast alias Amanda Lindner eines ihrer Zimmer
vermieten am Tag an einen jungen Mann (Willy Fritsch), der immer Nachtschichten schiebt, in der Nacht an ein junges
Mädchen (Käthe von Nagy). Verwicklungen unterschiedlichster Art machen den Film noch heute sehenswert. Dazu trägt die
Lindner maßgeblich bei. Die Presse urteilte wohlwollend, fand es köstlich, wie die ehemalige
Hoftheater-Heroine mit herrlichem Pathos die verblühte Tragödin ruhmreicher Tage glossierte.*)
Als Luis Trenker sein patriotisches Tirol-Drama "Der Rebell"2) (1932) auf die Leinwand bannte,
besetzte er Amanda Lindner mit dem kleinen
Part der Ehefrau des Generals Drouet (Arthur Grosse), in Carl Boeses
Streifen "Das Lied vom Glück" (1933) und Arthur Robisons
Literaturadaption "Fürst Woronzeff"4) (1934) tauchte sie
jeweils als Tante auf. Für Fritz Wendhausen mimte sie
die Reichsgräfin Jutta in dem Lustspiel
"Familienparade" (1936) um den Standesdünkel einer schwedischen Adelsfamilie, in dem auch Curd Jürgens als fescher
Liebhaber in seiner ersten größeren Rolle auftrat. 1940 sah man
Amanda Linder dann in dem Melodram "Bal paré"4) und in
der Operetten-Verfilmung "Rosen in Tirol"4) letztmalig mit kleineren Rollen auf der Leinwand.
Foto: Amanda Lindner 1914
Urheber: Unbekannt; Bildrechte/-herkunft: Meininger Museen: Theatermuseum "Zauberwelt der Kulisse"
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Ihre letzten Lebensjahre verbrachte die mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin in
finanzieller Notlage, das Meininger Theater unterstützte seine bereits 1907 zum
"Ehrenmitglied" ernannte Charaktermimin finanziell. Amanda Lindner
starb am 18. April 1951 im Alter von 82 Jahren in einem
Altenheim in Berlin-Charlottenburg.
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