Albert Heine 1916 in Anzug; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 05.06.1916; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203865-D Albert Heine wurde am 16. November 1867 als Albert Willi Amandus Max Heine und Sohn eines Schlossermeisters in Braunschweig geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums "Martino-Katharineum"1) in seiner Geburtsstadt, das er mit dem Abitur verließ, machte er auf Wunsch des Vaters eine Kaufmannslehre. Doch der Wunsch, Schauspieler zu werden, war stärker, im April 1891 ging Heine als Volontär an das "Königliche Schauspielhaus"1) in Berlin. Dort erhielt er von Heinrich Oberländer1) (1834 – 1911) "dramatischen Unterricht", wurde wenig später im September 1891 als Schauspieler an das "Königliche Schauspielhaus" verpflichtet, der er dann bis Ende August 1900 als Ensemblemitglied angehörte. In dieser Zeit erarbeitete sich Heine ein breit gefächertes Repertoire, überzeugte als Shylock in Shakespeares "Der Kaufmann von Venedig"1) ebenso wie mit der Titelrolle in Ibsens "Baumeister Solneß"1).
 

Albert Heine 1916 in Anzug
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 05.06.1916
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer
203865-D

Ludwig Eisenberg1) (1858 – 1910) schreibt in seinem 1903 publizierten Lexikon*): "Heine trat immer mehr in den Vordergrund, und fesselte, wie Heinrich Hart1) bemerkt, durch seine lebensvolle Charakteristik, deren kräftiger Realismus an die niederländische Genremalerei erinnert, immer aufs neue. Am 1. September 1900 wurde er Mitglied des "Hofburgtheaters"1), woselbst er als "Wurm"2) debütierte. Trotz der Gefahr, welche in vergleichenden Reminiszenzen lag, erzielte der Künstler einen redlichen Erfolg. Seine selbständige, von konventionellen Auffassungen freie Darstellung gewann ihm sofort das Interesse der Kunstverständigen. Heine hat die in ihn gesetzten Erwartungen auch in den folgenden Antrittsrollen "Vansen"3) und "Spiegelberg"4) gerechtfertigt. (…) Obzwar der Künstler, dessen lebensvolle Charakteristik von kräftigem Realismus zu unbedingter Anerkennung herausfordert, im Anfange nicht gerade in großen, tragenden Rollen beschäftigt wurde, machten sich doch seine geistvolle Darstellung, seine natürliche Sprechweise und sein einfaches Spiel in kürzester Zeit angenehm bemerkbar und was die Kunst des Rezitators, im Verein mit prächtigen Stimmmitteln zu erreichen vermag, zeigt sein "Erdgeist" ("Faust"1)), mit welcher Leistung der Künstler tiefen Eindruck hervorrief. Nicht nur als darstellender Künstler hat er seit langem sein Können erwiesen, auch als Regisseur und bühnenleitende Kraft erbrachte er wiederholt den Befähigungsnachweis. So fungiert er seit 1895 als Leiter verschiedener Ensembles (Gastspiele 1895 Leipzig, 1895 bis 1900 Prag, wohin er 1895 Halbes "Jugend"1) zum erstenmal nach Österreich brachte, 1899 Braunschweig, 1900 München etc.) Es verdient auch Erwähnung, daß er 1898 in München (literarische Gesellschaft) der erste Thersites1) in "Troilus und Cressida"1) auf deutscher Bühne war, sowie der erste Goethische "Satyros"5) (Berlin November 1899). Diese Rolle führte er auch als künstlerischer Leiter des akademischen Vereins für Kunst und Literatur, der es sich zur Aufgabe gestellt, ältere, vergessene Stücke, die in den großen Theatern nicht zur Aufführung gebracht werden, zu geben, in Wien am 14. November 1901 vor, und bewährte sich als intelligenter Darsteller und Regisseur bei dieser wie bei den späteren Veranstaltungen dieses Vereins, wie Hermann Bahr1) treffend bemerkte "Außerordentlich durch seine Schärfe, seinen Geist und die ungemeine Kunst Stimmungen vorzubereiten anzuschlagen und auszuhalten". So setzte er auch die allererste Aufführung in deutscher Sprache von Ibsens "Peer Gynt"1) erfolgreich in Szene (9. Mai 1902)."
 
Dem "Königlichen Schauspielhaus" in Berlin gehörte Heine 1905/06 als Charakterdarsteller, 1908 als Regisseur an, das "Hoftheater" in München wurde zwischen 1906 und 1908 eine wichtige Station, ehe er 1910 die Spielleitung am Wiener "k.k. Hofburgtheater"1) übernahm.6) Die Donau-Metropole wurde Heines künstlerische Heimat, nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie fungierte er zwischen 1918 und 1921 zudem als Direktor der berühmten Bühne, die nach Übernahme der k.k. Hoftheater durch die Republik unter dem Namen "Burgtheater" firmierte. "In dieser politisch unruhigen und von wirtschaftlicher Not geprägten Nachkriegszeit bemühte sich Albert Heine, eine künstlerische Kontinuität zu bewahren. Er war es, der Raoul Aslan7) an das "Burgtheater" engagierte und der zeitgenössische Dramen von Anton Wildgans1) (Uraufführung 08.02.1919 von "Dies irae" →  zeno.org), Carl Sternheim1) und Henrik Ibsen1) zur Aufführung brachte. Er war auch ein Wegbereiter für das expressionistische Bühnenbild." (…) Die Heine-Ära sorgte für eine gravierende Neuerung, nämlich die Einführung von Programmheften. Am 28. November 1919 wandte sich die Generalintendanz an das "Deutsch-Österreichische Staats-Notariat" mit dem Antrag auf Einführung von Programmheften in den ehemaligen Hoftheatern. Unklar ist allerdings, wann genau das erste Burg-Programmheft erschienen ist, doch sie blieben fortan eine permanente Einrichtung. Noch eine andere Neuerung kam zustande: Am 5. Juni 1919 erscheint die erste Nummer der "Blätter des Burgtheaters". In dieser von Heine herausgegebenen Theaterzeitung erschienen erstmals auch Werbe-Inserate. Die "Blätter des Burgtheaters" erlebten 12 Nummern." notiert Wikipedia8). Und bei deutsche-biographie.de6) kann man lesen: "Heines Direktion ist mitten im politischen Umbruch eine der fruchtbarsten an der "Burg" gewesen. Repertoire und Ensemble wurden mit fester Hand arrondiert; Richard Beer-Hofmann1), Hugo von Hofmannsthal1), Anton Wildgans und Stefan Zweig1) kamen in Uraufführungen zu Wort. Bedenken Heines gegen den Fusionsplan mit den "Reinhardt-Bühnen"1) sowie eine Geste zugunsten der Sozialisten führten 1921 zu seiner Demission. Anton Wildgans wurde sein Nachfolger."
Heines Ruf als exzellenter Schauspieler fußten auch auf seinen Interpretationen der klassischen Bühnenfiguren, zu seinen Glanzrollen zählten unter anderem wie erwähnt der Shylock in "Der Kaufmann von Venedig", der Mephisto in Goethes "Faust", der Gessler in Schillers "Wilhelm Tell" oder der Titelpart in Shakespeares "Richard III.", Figuren denen er "neben glänzender Sprechtechnik und Spielintelligenz einen besonders differenzierten Sinn für das Dämonische" verlieh.6) An Inszenierungen, die seine Handschrift trugen, ist beispielsweise 1905 die legendäre Wiener Erstaufführung von Wedekinds "Die Büchse der Pandora"1) am 29. Mai 1905 in einer geschlossenen Vorstellung im "Trianon-Theater" hervorzuheben. In der maßgeblich von Karl Kraus1) organisierten und unter Mitwirkung von Wedekind durchgeführten Veranstaltung übernahm Tilly Newes1), die spätere Ehefrau Wedekinds, die Titelrolle, Adele Sandrock7) gab die die Gräfin Geschwitz. Am 15. Februar 1918 kam es am "Burgtheater" zur Erstaufführung von Ferdinand Raimunds Zaubermärchen "Der Bauer als Millionär"1) mit Theater-Star Alexander Girardi7) als Fortunatus Wurzel; diese Inszenierung wurde noch bis 29. Februar 1936 gezeigt, wobei Ferdinand Maierhofer1) nach Girardis Tod († 1918) dessen Rolle übernahm. Krönung von Heines Regiearbeit war die Inszenierung von Goethes "Torquato Tasso"1) im Jahre 1932 mit Raoul Aslan in der Titelrolle. Ein begeistert aufgenommenes Gastspiel gab das "Burgtheater"-Ensemble am 22. März 1932 in Weimar, an das sich Aufführungen in Klagenfurt (29. März), Brünn (4. April), Baden (19. April), Graz (30. Mai) und Innsbruck (16. Juni) anschlossen.

Albert Heine 1916 in Anzug
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek1) (ÖNB)
Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora1), 1881–1963); Datierung: 05.06.1916
Quelle/© ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer
203864-D

Albert Heine 1916 in Anzug; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber: Atelier D'Ora-Benda (Madame d'Ora, 1881–1963); Datierung: 05.06.1916; Quelle/Copyright ÖNB/Wien, Bildarchiv; Inventarnummer 203864-D
Seine Kenntnisse als Regisseur setzte Albert Heine auch beim Film ein, 1922 inszenierte er den stummen Streifen "Der hinkende Teufel" nach dem gleichnamigen, satirischen Roman ("Le diable boiteux") von Alain René Le Sage (1668 – 1747). Bei dem Film "Don Juan" (1922) mit dem Untertitel "Ein Spiel aus verklungenen Zeiten" und Hans Adalbert Schlettow7) in der Titelrolle zeichnete er zusammen mit Robert Land für die Regie verantwortlich. Eine filmische letzte Regie-Arbeit lieferte er mit der stummen Geschichte "Dämon Verführer" (1930) ab. Als Schauspieler zeigte er sich erstmals in "Der Türmer von St. Stephen" (1923) auf der Leinwand, gehörte zur Besetzung von Friedrich Fehérs ambivalent beurteiltem Melodram "Das verbotene Land"1) (1924, auch "Die Liebe des Dalai Lama") oder mimte in Robert Lands "Der Fluch"9) (1925) den frommen jüdischen Händler Esra. Für Max Neufeld spielte er den russischen Politiker Wladimir Purischkewitsch1) in "Die Brandstifter Europas. Oberst Redls Erben" (1926), sein letzter Stummfilm war Robert Lands Geschichte "Spiel um den Mann" (1929) mit Leinwandstar Liane Haid, wo er den Filmvater von Fred Louis Lerch darstellte.
Im Tonfilm wirkte Heine noch in drei Produktionen mit, trat als General in Karel Lamačs Donizetti-Adaption "Die Tochter des Regiments" (1933) neben Titelheldin Anny Ondra in Erscheinung, hatte einen kleineren Part in Frank Wisbars "Das Fähnlein der sieben Aufrechten"10) (1934), der freien Verfilmung von Gottfried Kellers gleichnamigen Novelle1) mit Heinrich George, Karin Hardt und Paul Henckels in den Hauptrollen. "Der Film sollte "eine glanzvolle kulturelle Gemeinschaftstat von Künstlern aus dem Reich und aus der Eidgenossenschaft" werden, wurde aber in der Schweiz rasch als Mißbrauch der Vorlage zur Vorbereitung des "Anschlusses" erkannt und heftig abgelehnt." notiert das Filmlexikon. Einen letzten Auftritt vor der Kamera hatte Albert Heine als Gefängnisdirektor in Werner Hochbaums kriminalistischem Melodram "Schatten der Vergangenheit" (1936). "Ein eigenwillig und subtil inszeniertes Melodram, dessen Doppelrolle Luise Ullrich virtuos variiert." meint das Filmlexikon.
 
Albert Heine, seit 1919 Ehrenbürger von Wien und seit 1936 Ehrenmitglied des "Burgtheaters", lehrte zudem von 1914 bis 1937 an der "Akademie für Musik und darstellende Kunst" (heute "Universität für Musik und darstellende Kunst"1)) in Wien. So erwarben sich unter anderem Gisa Wurm1) (1885 – 1957), Alma Seidler1) (1899 – 1977), Fritz Links (1896 – 1976) und Erik Frey7) (1908 – 1988) ihr schauspielerisches Rüstzeug bei Albert Heine.
Im gleichen Jahr seines Ausscheidens als Dozent zog sich der inzwischen 70-Jährige nach Westerland auf Sylt zurück. Dort starb der Schauspieler, Regisseur und erste "Burgtheater"-Direktor der Republik Österreich am 13. April 1949 im Alter von 81 Jahren – er war vollkommen verarmt, da ihm nach Kriegsende seine Pension nicht überwiesen wurde.
Albert Heine war mit der Schauspielerin Claire Rabitow († 1946) verheiratet.6)
Im Wiener "Burgtheater" bzw. der "Burgtheatergalerie"11) erinnert eine von dem österreichischen Bildhauer André Roder1) (1900 – 1959) geschaffene Büste an den legendären Künstler.
Quellen (unter anderem*) **)): Wikipedia, www.cyranos.ch, www.deutsche-biographie.de
*) Ludwig Eisenberg: Großes biographisches Lexikon der Deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert (Verlag von Paul List, Leipzig 1903); Digitalisiert: Albert Heine: S. 409 und 410
**) Heine Albert. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL), Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien 1959)
→ online (PDF) S. 247
Link: 1) Wikipedia, 5) gutenberg.spiegel.de, 7) Kurzportrait innerhalb dieser HP, 9) stummfilm.at, 10) filmportal.de, 11)  www.wien.gv.at
2) gemeint ist der Sekretär Wurm in Schillers "Kabale und Liebe"
3) gemeint ist der Schreiber Vansen in Goethes "Egmont"
4) gemeint ist die Figur des Spiegelberg in Schillers "Die Räuber"
6) Quelle: Pausch, Oskar, "Heine, Albert Willi Amandus Max" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969, S. 291–292) → online www.deutsche-biographie.de
8) Artikel zu Albert Heine sowie "Direktionen des Wiener Burgtheaters"
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de
(Link: Wikipedia, stummfilm.at, Kurzportrait innerhalb dieser HP, filmportal.de)
Stummfilme
  • 1922: Der hinkende Teufel (nur Regie; nach dem gleichnamigen, satirischen Roman ("Le diable boiteux")
    von Alain René Le Sage (1668 – 1747
    )
  • 1922: Don Juan. Ein Spiel aus verklungenen Zeiten (nur Co-Regie, mit Robert Land; Titelrolle: Hans Adalbert Schlettow)
  • 1923: Der Türmer von St. Stephen / Der Jude von Granada (Regie: ?)
  • 1924: Das verbotene Land / Die Liebe des Dalai Lama (Regie: Friedrich Fehér)
  • 1925: Pension Groonen (Regie: Robert Wiene) → Wikipedia (englisch)
  • 1925: Der Fluch (Regie: Robert Land)
  • 1926: Die Brandstifter Europas. Oberst Redls Erben (Regie: Max Neufeld)
  • 1929: Der Monte Christo von Prag / Um Frauen und Geld (Regie: Hans Otto Löwenstein)
  • 1929: Spiel um den Mann (Regie: Robert Land)
  • 1930: Dämon Verführer (nur Regie)
Tonfilme
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