Joachim Gottschalk wurde am 10. April 1904 im sorbisch-brandenburgischen Calau1) (Oberspreewald-Lausitz) als Sohn eines Arztes geboren. Nach Schule und Abitur am "Friedrich-Wilhelm-Gymnasium"1) in Cottbus1) fuhr er zunächst als Matrose auf einem Schulschiff der Handelsmarine drei Jahre lang zur See, danach nahm er anfangs in Cottbus, später in Berlin Schauspielunterricht, unter anderem bei Ferdinand Gregori1) (1870 – 1928). Ein erstes Engagement erhielt Gottschalk  zur Spielzeit 1926/27 an der "Württembergischen Volksbühne"1) in Stuttgart, weitere Verpflichtungen führten den jungen Schauspieler unter anderem nach Kolberg1), Leipzig1), Zwickau1) und Frankfurt a.M. Er gab vorwiegend jugendliche Helden, wechselte später in Berlin in das Charakterfach und brillierte beispielsweise an der "Volksbühne"1) in dem Schiller-Drama "Die Verschwörung des Fiesco zu Genua"1). Seinen letzten Bühnentriumph feierte er Anfang 1941 als Silvio in der Komödie "Der Diener zweier Herren"1) von Carlo Goldoni1), danach stand er an der "Volksbühne" nicht mehr auf der Besetzungsliste.
 
Am 3. Mai 1930 (nach anderen Quellen 1931) hatte Gottschalk in Halberstadt1) die jüdische Schauspielerin Meta Wolff1) (1902 – 1941) geheiratet, am 19. Februar 1933 erblickte Sohn Michael das Licht der Welt. Mit der so genannten "Machtergreifung"1) der Nazis wurde Ehefrau Meta mit Auftrittsverbot belegt, Gottschalk selbst von Hans Hinkel1), Sonderbeauftragter für "Kulturpersonalien" aufgefordert, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, was dieser jedoch strikt ablehnte. Er spielte überwiegend Theater, wies Filmangeboten anfangs zurück, um nicht zu sehr in der Öffentlichkeit zu stehen und dadurch seine Familie zu schützen. 

Portrait Joachim Gottschalk (Weltpostkarte mit Autograph, Foto Binz nach 1938)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000021)
Eigentümer/© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Portrait Joachim Gottschalk (Weltpostkarte mit Autograph, Foto Binz nach 1938); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pos-2009-a_0000021); Eigentümer/Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek; Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
Dreharbeiten zu dem Film "Ein Leben lang"; Regie: Gustav Ucicky; Paula Wessely (als Agnes Seethaler) tanzt mit Joachim Gottschalk in der Rolle des Hans von Gallas; Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB); Urheber/Autor: Lothar Rübelt (1901–1990): Datierung: 22.05.1940; Copyright Lothar Rübelt / ÖNB Wien; Bildarchiv Austria (Inventarnummer 001_40_038_01_083_D_1A_37a); Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) Erst Ende der 1930er Jahre begann seine kurze, aber steile Karriere als Filmstar, da Gottschalk inzwischen der Meinung war, seine Popularität könne dazu beitragen, die Nazi-Oberen von Repressalien abzuhalten. 1938 übernahm er die Rolle des Strumpfherstellers Johann Uhlig in dem von Wolfgang Liebeneiner1) nach dem Roman "Du selber bist das Rad" von Eberhard Frowein1) gedrehten Historienstreifen "Du und ich"2) an der Seite von Brigitte Horney als Uhligs Ehefrau. Ein Jahr später erschien das "Paar" in dem Abenteuer "Aufruhr in Damaskus"1) sowie in der Liebeskomödie "Eine Frau wie Du"2) nach dem Roman "Ich an Dich" von Dinah Nelken1). Ebenfalls 1939 erlebte man Gottschalk in dem propagandistischen, bis heute als "Vorbehaltsfilm"1) eingestuften Streifen "Flucht ins Dunkel"1) nach dem Roman "Gespenst im späten Licht" von Karl Unselt1), Ernst von Klipstein mimte den Chemiker Dr. Paul Gildemeister, Joachim Gottschalk dessen Laborant Engelbrecht und Hertha Feiler die Barbara Wrede, die zwischen beiden Männern steht. Mit Paula Wessely zeigte er sich in dem Melodram "Ein Leben lang"1), in dem er einen leichtlebigen, dann vom Schicksal bestraften Baron spielte, der durch die Liebe der einst Verführten geläutert und gerettet wurde. Die dramatische, im Fischermilieu angesiedelte Geschichte "Das Mädchen von Fanö"2) (UA: 24.01.1941) nach dem Roman von Günther Weisenborn1) drehte er erneut mit seiner bevorzugten Partnerin Brigitte Horney und war hier der verheirateten Fischer Ipke, der sich fernab seiner Heimat in ein junges Mädchen verliebt.

Dreharbeiten zu dem Film "Ein Leben lang" (Regie: Gustav Ucicky):
Paula Wessely (als Agnes Seethaler) tanzt mit Joachim Gottschalk in der
Rolle des Diplomaten Hans von Gallas 
Foto mit freundlicher Genehmigung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB)
Urheber/Autor: Lothar Rübelt (1901–1990): Datierung: 22.05.1940
© Lothar Rübelt / ÖNB Wien; Bildarchiv Austria;
Inventarnummer 001_40_038_01_083_D_1A_37a
In seinem letzten Film, der Biedermeier-Romanze "Die schwedische Nachtigall"1) (UA: 09.04.1941), glänzte Gottschalk als der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen1) (1805 – 1875), der sich unsterblich in die von Ilse Werner dargestellte gefeierte Sängerin Jenny Lind1) (1820 – 1887), genannt "die schwedische Nachtigall", verliebt, aber seinem persönlichen Glück entsagt, da er erkennt, dass Jennys wahre Berufung ihr Gesang und die großen Opernbühnen sind. Die von Peter Paul Brauer1) in Szene gesetzte Produktion orientierte sich an dem Schauspiel "Gastspiel in Kopenhagen" von Friedrich Forster-Burggraf1), die Gesangseinlagen übernahm die Sopranistin Erna Berger → Übersicht Filmografie.
  
Mitte Mai 1941 war Gottschalk mit einem Berufsverbot belegt worden, trotzdem konnte er noch einmal Anfang November 1941 im neuen Medium Fernsehen in dem Stück "Karl und Anna"3) nach der gleichnamigen Novelle1) von Leonhard Frank1) auftreten, einer Sendung die Live aufgenommen und wenige Minuten später ausgestrahlt wurde. Am 9. Drehtag erschien Gottschalk nicht mehr im Studio: Die Nazis hatten die Deportation seiner Frau und seines achtjährigen Sohnes für den 7. November 1941 in ein Konzentrationslager angeordnet. In der Nacht vom 5. auf den 6. November 1941 kam es in der Wohnung Seebergsteig 2 in Berlin-Grunewald1) zur Tragödie, Joachim Gottschalk und seine jüdische Frau Meta wählten mittels Schlaftabletten und Aufdgrehen des Gashahnes den Freitod als letzten und einzigen Ausweg aus einer ausweglosen Situation, der bevorstehenden Deportation in das "KZ Theresienstadt"1); auch den gemeinsamen achtjährigen Sohn Michael nahmen sie mit in den Tod. Vorausgegangen waren vielfältige Repressionen der Nationalsozialisten gegen den Schauspieler und seiner jüdische Frau. Ihre Ehe widersprach den grotesken Vorstellungen der Nazis von Rassenreinheit, aber Gottschalk war nicht bereit, sich von seiner Frau zu trennen. Goebbels1) persönlich hatte zuletzt die Deportation von Meta und Michael Gottschalk angeordnet, nachdem er im Nachhinein erfahren hatte, dass er ihr, der Jüdin bei einem Ufa-Empfang unwissentlich die Hand geküsst hatte.4)
Vor der Öffentlichkeit wurde der Selbstmord der Familie Gottschalk geheimgehalten, das NS-Propagandaministerium (Kulturpolitische Information Nr. 17) reagierte auf die Nachricht mit den lapidaren Zeilen: "Über den Schauspieler Joachim Gottschalk soll in Wort und Bild nichts mehr gebracht werden." Die Beerdigung auf dem "Südwestkirchhof Stahnsdorf"1) südwestlich von Berlin sollte im kleinsten Rahmen stattfinden – trotz Verbots und massiver Gestapo-Präsenz erwiesen jedoch zahlreiche, mutige Kollegen/Kolleginnen, darunter Brigitte Horney, Hans Brausewetter, Gustav Knuth und René Deltgen, Werner Hinz, Wolfgang Liebeneiner1) und Ruth Hellberg sowie Freunde den Verstobenen die letzte Ehre; erst am 10. August 1999 wurde das Grab der Familie in die Liste der Ehrengräber Berlins1) aufgenommen → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
Basierend auf dem tragischen Ende Gottschalks währen des Nazi-Regimes realisierte Regisseur Kurt Maetzig1) für die DEFA1) den Film "Ehe im Schatten"1) (1947) mit Paul Klinger und Ilse Steppat in den Hauptrollen – eine Produktion, die ein Millionenpublikum erreichte. Als Vorlage für das Drehbuch diente die Novelle "Es wird schon nicht so schlimm" von Hans Schweikart1). Maetzig drehte den Film zudem im Gedenken an seine Mutter, die am 9. Februar 1944 als Jüdin ebenfalls in den Freitod ging.
  
Heute erinnert eine Gedenktafel in Berlin-Grunewald in der "Toni-Lessler-Str. 2" (vormals "Seebergsteig") an das Schicksal Gottschalks und seiner Familie; anlässlich der Enthüllung am 6. November 2000 ehrte Bezirksbürgermeister Michael Wrasmann den Schauspieler mit unter anderem mit folgenden Worten: "Heute vor 59 Jahren nahm sich in diesem Haus Joachim Gottschalk gemeinsam mit seiner Frau Meta und seinem Sohn Michael das Leben. (…) Am 59. Todestag der Familie Gottschalk und drei Tage vor dem 62. Jahrestag des Novemberpogroms1) erinnern wir mit dieser Gedenktafel an ein Stück deutscher Kultur, die von den Nationalsozialisten zerstört wurde. (…) Wir sind heute fassungslos und fühlen uns Lichtjahre entfernt von solchem staatlichem Terror gegen die eigene Bevölkerung".
→ Artikel bei berliner-zeitung.de

Urheber des Fotos: Wikimedia User OTFW, Berlin
Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons

Gedenktafel Joachim Gottschalk: Urheber: Wikimedia User OTFW, Berlin; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
An weiteren Erinnerungen/Ehrungen sind laut Wikipedia zu nennen: "1957 wurde im Foyer des "Schauspiels Frankfurt"1) eine vom Bildhauer Knud Knudsen1) gestaltete Büste des Schauspielers aufgestellt, die zu Beginn der 1980er Jahre verschwand und 2014 in einer Abstellkammer der Oper wieder gefunden wurde. Sie wurde dem Kulturamt der Stadt übergeben und im Foyer des "Schauspiels Frankfurt" erneut aufgestellt. Eine von Knudsen bereits 1956 geschaffene Büste ist in der Berliner "Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz" im oberen Foyer zu sehen. In Senftenberg1) wurde 1948 die "Wiesenstraße" zum Gedenken in "Joachim-Gottschalk-Straße" umbenannt. In Berlin-Gropiusstadt1) trägt der "Joachim-Gottschalk-Weg" seit 1967 seinen Namen. Am Haus "Joachim-Gottschalk-Weg 1" hat die Wohnungsbaugesellschaft "Degewo"1) eine Gedenktafel für Gottschalk angebracht → Foto bei Wikimedia Commons. Eine weitere Gedenktafel ist an seinen ehemaligen Wohnhaus in Frankfurt-Sachsenhausen1), David-Stempel-Straße, platziert." Darüber hinaus befindet sich an seinem Geburtshaus in Calau in der "Joachim-Gottschalk-Strasse 35" eine Gedenkstätte mit einer Gedenktafel sowie einem Denkmal → Foto bei Wikimedia Commons. Auf der Webseite der Stadt Calau (www.calau.de)  kann man lesen: "Die 1967 von Theo Balden1) geschaffene Bronzefigur , die an den Schauspieler erinnert, stand ursprünglich im Park am Busbahnhof und wurde aufgrund des Neubaus der örtlichen Sparkasse im Jahr 1994 in eine Gedenkwand am ehemaligen Wohnhaus in der "Joachim-Gottschalk-Straße 35" eingefügt. Diese Gedenkstätte mit der Inschrift wurde am 10. April 1964 anlässlich seines 60. Geburtstages eingeweiht."

Joachim Gottschalk war ein Star der Ufa, wie es wohl in Deutschland heute keinen mehr gibt. Er wurde als "Clark Gable" der Ufa bezeichnet, spielte oft den galanten Liebhaber, meist an der Seite von Brigitte Horney und ließ vor allem die Frauenherzen höher schlagen.4)  
In seinen insgesamt nur sieben Filmen spielte Gottschalk honorige Zeitgenossen mit Understatement und einer für die damalige Zeit unüblichen, weil unprätentiösen und gelassenen Darstellungsweise. Er war nie am schönen Schein orientiert, sondern am wahren Leben, so schaffte er es, seine wenigen aber unvergesslichen Figuren – die Liebhaber, Offiziere, Künstler – durch die Aura der Aufrichtigkeit identifikationsfähig zu machen.
5)
Im "Theatermuseum Düsseldorf"1) fand vom 8. November 2011 bis 11. März 2012 eine von der "Herbert Ihering Gesellschaft"1) initiierte Studio-Ausstellung statt. "Die Ausstellung "Verehrt – Verfolgt – Vergessen: Joachim Gottschalk" zeigt einzigartiges Material aus dem Leben des Schauspielers Joachim Gottschalk; seine künstlerische Arbeit ist ebenso ausführlich dokumentiert wie die Maßnahmen des NS-Staates gegen ihn. Man gewinnt Einblick in sein Privatleben, das ihm zum Verhängnis wurde, weil es bei der Unmenschlichkeit dieser Diktatur kein Privatleben geben durfte, dessen Konstellationen den Interessen des Staates zuwider liefen. Erschütternde Dokumente zeigen die versuchte Entwürdigung ebenso auf wie die vollzogene Entrechtung eines deutschen Künstlers, der nicht käuflich war." wird auf der Website des "Theatermuseums" ausgeführt → www.duesseldorf.de.
Siehe auch Wikipedia, cyranos.ch, filmportal.de sowie
den Artikel zum 100. Geburtstag bei www.zeit.de
Fotos bei virtual-history.com
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) Murnau Stiftung, 3) felix-bloch-erben.de
Quellen: 4) www.berlin.de,
5) "Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars" von Adolf Heinzlmeier/Berndt Schulz (Ausgabe 2000, S. 130)
  
Filme
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Murnau Stiftung, Wikipedia)
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