Filmografie / Hörspiel
Die Schauspielerin Lissy Tempelhof wurde am 17. April 1929 als Tochter eines Arbeiters in Berlin geboren und wuchs im Ortsteil Prenzlauer Berg1) auf. Schon früh interessierte sie sich für das Theater, arbeitete nach Kriegsende jedoch zunächst in verschiedenen Berufen, war unter anderem Stanzerin, Straßenbahnschaffnerin und Sekretärin. Erste Bühnenerfahrungen sammelte sie bei einer Laienspielgruppe und im Kabarett des "Hauses der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft".
Lissy Tempelhof in "Steine im Weg", einem Schauspiel von Helmut Sakowski, 1962 am Berliner "Maxim-Gorki-Theater"; Regie: Ottofritz Gaillard (Uraufführung: 12.10.1962); Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004777_a_066); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 05.10.1962; Quelle: www.deutschefotothek.de 1947 kam ihre schauspielerische Karriere mit einem Engagement am "Landestheater Anklam"1) ins Rollen, zwischen 1950 und 1953 untermauerte sie ihr darstellerisches Talent mit einer fundierten Ausbildung an der Berliner "Schauspielschule Ernst Busch"1). und an der von Hilde Körber gegründeten "Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel". Anschließend zunächst als Souffleuse am "Theater Senftenberg"1) beschäftigt, konnte sie bald Rollen übernehmen. Weitere Theaterstationen waren das Berliner "Theater der Freundschaft" (1954; heute "Theater an der Parkaue"1)), das "Staatstheater Dresden"1) (1958–1962), in Berlin das "Maxim Gorki Theater"1) (1962/63) und ab 1963 das "Deutsche Theater"1), wo sie für über 35 Jahre als Ensemblemitglied ihre künstlerische Heimat fand und zu einer der prägenden Schauspielerinnen wurde. In Dresden beeindrucke sie beispielsweise als Brecht-Interpretin, gestaltete die Magd Grusche in "Der kaukasische Kreidekreis"1) (1958/59) und die Titelrolle der Johanna Dark "Die heilige Johanna der Schlachthöfe"1) (1961). Zu ihren herausragenden Rollen am "Deutschen Theater zählen unter anderem die Ödipus-Gemahlin bzw. dessen Mutter Iokaste1) in "Ödipus Tyrann" nach "König Ödipus"1) von Sophokles1) in einer Übersetzung von Friedrich Hölderlin1) und Bearbeitung von Heiner Müller1) (1967, Regie: Benno Besson1)), die Sophie Guilbert in Goethes "Clavigo"1) (1971/72; Regie: Adolf Dresen1)) oder in einer Inszenierung von Friedo Solter1) die elegante Gräfin Terzky in Friedrich Schillers "Wallenstein"1) (1979/80; → berliner-schauspielschule.de) mit Eberhard Esche in der Titelrolle. Die Neuaufnahme seit der Spielzeit 1984/85 wurde im Frühjahr 1987 als Zweiteiler auch im Fernsehen übertragen → fernsehenderddr.de, Wikipedia.
 
Lissy Tempelhof in "Steine im Weg", einem Schauspiel von
Helmut Sakowski1), 1962 am Berliner "Maxim Gorki Theater"1);
Regie: Ottofritz Gaillard1)
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004777_a_066);
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 05.10.1962
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017
Auf der ehemaligen Website von defa-sternstunden konnte man lesen: "Sie feierte Erfolge in Sakowskis Schauspiel "Steine im Weg" oder in "Tag für Tag" von Arnold Wesker1). Ihr Talent auf die Darstellung starker, energisch-temperamentvoller Frauen festzulegen wäre falsch, denn sie kann auch mit nachdenklichen, zärtlich-wehmütigen Figuren überzeugen. (…) "Wenn Lissy Tempelhof auf der Bühne steht, ist da Kraft, Lebendigkeit, Sinnlichkeit, erlebt man Frauenfiguren, die beeindrucken in einer widersprüchlichen Ganzheit, in dem Willen, sich auszuleben, Spuren zu hinterlassen." schrieb 1974 der DDR-Theaterkritiker Christoph Funke. (…) Erika Stephan resümiert 1981 die bisherige Laufbahn von Lissy Tempelhof mit diesen Worten: "Jahre der Wirren, der Enttäuschungen lagen hinter ihr: mit der Gesangsausbildung unzufrieden, als Schauspielschülerin gefeuert, Neubeginn als Souffleuse in Senftenberg. Vor ihr lagen Rollen, Stücke, Aufgaben, die alles, was ihr wichtig war, in unerhörter Weise forderten (…)".
 
Seit Mitte der 1950er Jahre übernahm Lissy Tempelhof Aufgaben in Produktionen der DEFA1) bzw. des "Deutschen Fernsehfunks"1) (DFF), ihr Leinwanddebüt hatte sie mit dem kleinen Part einer Bäuerin in Martin Hellbergs1) Literaturadaption "Der Ochse von Kulm"1) (1955) gegeben. Mit der Zeit wurden die Rollen größer, als Konrad Wolf1) das Theaterstück "Professor Mamlock"1) seines Vaters Friedrich Wolf1) verfilmte, besetzte er sie in "Professor Mamlock"1) (1961) als Ärztin Dr. Inge Ruoff, die in der NS-Zeit zunächst nicht mehr für den jüdischen Arzt und überzeugten Kommunisten Professor Hans Mamlock (Wolfgang Heinz1)) arbeiten will, sich dann aber auf seine Seite stellt. Zu einem Höhepunkt ihrer Kino-Karriere geriet der Streifen "Die besten Jahre"2) (1965), in dem sie als Junglehrerin Hilde Tamm 1945 den Kriegsheimkehrer Ernst Machner (Horst Drinda) aufnimmt und unterstützt, der rasch den beruflichen Aufstieg schafft, Hilde aber mit zunehmendem Erfolg fallen lässt. In der Posse "Die Hosen des Ritters von Bredow"1) (1973) konnte sie als Brigitte von Bredow bzw. Ehefrau des von Rolf Hoppe gespielten Titelhelden punkten, in dem Gegenwartsfilm "Alle meine Mädchen"1) (1980) mimte sie als Meisterin Maria Boltzin die Führerin einer Brigade in einem Glühlampenwerk und wurde für ihre Darstellung bei dem "Nationalen Spielfilmfestival der DDR"1) in Karl-Marx-Stadt (seit 1990 wieder Chemnitz) mit dem Schauspielerpreis der Jury sowie dem Publikumspreis ausgezeichnet. "Kritiker loben ihr Spiel: Sie kann endlich ihr gereiftes, kräftiges Talent zum Ausdruck bringen. Sorgfältig, genau und überaus menschlich bringt sie in der Figur das Heiteres und Tragisches, auch Schmerzliches zum Ausdruck; zum Vorschein kommt damit eine bedeutende Frauenfigur." kann man bei der DEFA-Stiftung lesen. In dem gesellschaftskritischen Jugendfilm "Erscheinen Pflicht"1) (1984) erlebte man sie als deprimierte Witwe eines hohen Parteifunktionärs bzw. Mutter der 16-jährigen Protagonistin Elisabeth Haug (Vivian Hanjohr1)). "Meist verkörpert sie selbstbewusste und leidenschaftliche Charaktere, manchmal mit einem Hang zum Tragischen." vermerkt filmportal.de. In jüngerer Zeit zeigte sie sich mit einem winzigen Part in Til Schweigers1) Kassenschlager "Keinohrhasen"1) (2007) sowie als Lenes fluglustige Oma Julietta in dem Kinderfilm "Quatsch und die Nasenbärbande"1) (2014) → Übersicht Kinofilme.
Auf dem Bildschirm trat Lissy Tempelhof neben verschiedenen Theater-Übertragungen in vielen Literaturverfilmungen in Erscheinung. Helmut Sakowski1) entwickelte für sie die Figur der emanzipierten Hete Zimmer, die es in "Sommer in Heidkau"3) (1964) als allein stehende Frau mit drei Kindern nicht einfach hat, in der Fontane-Verfilmung "Effi Briest"3) (1969) spielte sie neben der Hauptdarstellerin Angelica Domröse das Kindermädchen Roswitha. Glänzend war ihre Verkörperung der Schriftstellerin Bettina von Arnim1) in dem Zweiteiler "Bettina von Arnim"3) (1972), als Ehefrau des Lehrers Günter Heinold (Dietrich Körner1)) musste sie sich in "Zwischen vierzig und fünfzig"3) (1974) privaten und beruflichen Problemen ihres Mannes stellen.
Mehrfach wirkte Lissy Tempelhof zwischen 1976 und 1985 in der populären Krimireihe "Polizeiruf 110"1) mit, in dem Biopic "Die Selbstmörderin Agnes Wabnitz"3) überzeugte sie 1977 als Frauenrechtlerin Agnes Wabnitz1), die sich am 28. August 1894 mit Zyankali das Leben nahm. In "Leo und Rosa"3) (1983), einem Studiogastspiel des "Theaters im Palast" bzw. einer fiktiven Geschichte über die letzte Begegnung zwischen Rosa Luxemburg1) und ihrem Liebhaber, dem polnischen Marxisten Leo Jogiches1) (Hans-Peter Minetti), gab sie die berühmte Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung. Aufmerksamkeit errang sie auch mit der Rolle der verwitweten, krankhaft ehrgeizigen Mutter des jungen Försters Rudolf (Henry Hübchen) in "Es steht der Wald so schweigend"3) (1985), einer freien Verfilmung der Novelle "Schweigen" von Theodor Fontane1).

Lissy Tempelhof, fotografiert von Jeanne Degraa
Foto mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin
→ www.jeannedegraa.de
© Jeanne Degraa; Quelle: www.agenturmosblech.de

Lissy Tempelhof, fotografiert von Jeanne Degraa; Foto mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin (www.jeannedegraa.de); Copyright Jeanne Degraa; Quelle: www.agenturmosblech.de
Lissy Tempelhof, fotografiert von Jeanne Degraa; Foto mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin (www.jeannedegraa.de); Copyright Jeanne Degraa; Quelle: www.agenturmosblech.de Nach der so genannten "Wende" reduzierte Lissy Tempelhof ihre Arbeit vor der Kamera, blieb dennoch eine gefragte Schauspielerin. So mimte sie beispielsweise in der Serie "Für alle Fälle Stefanie"1) zwischen 1997 und 2001 einige Folgen lang die Oma Hulda Wilde, tauchte mit Episodenrollen in beliebten Serien wie "Der Landarzt "1), "In aller Freundschaft"1), "Hallo Robbie!"1) oder "Letzte Spur Berlin"1) auf. Sie war als Altenheimbewohnerin Frau Schlegel eine der "alten Eisen", die sich in "Lotta & die alten Eisen"1) (2010) nach wie vor mit ihrem Mann (Friedrich Schoenfelder) leidenschaftlich zankt, zu ihren letzten TV-Aktivitäten zählten kleinere Rollen in dem Krimi "Die Kronzeugin – Mord in den Bergen"1) (2013) und der Komödie "Herzdamen an der Elbe"1) (2013) → Übersicht TV-Produktionen
Lissy Tempelhof machte sich auch als Chanson-Interpretin einen Namen, unterrichtete zudem seit 1979 viele Jahre an einer Musikspezialschule in Berlin Gesang. Erwähnt werden muss, dass die Charakterdarstellerin sich seit Mitte der 1950er Jahre als Sprecherin an etlichen Hörspielen beteiligte, eine Auswahl der in der ARD-Hörspieldatenbank aufgeführten Produktionen findet man hier am Ende des Artikels.
 
Die Theater- und Filmschauspielerin Lissy Tempelhof starb am 10. Oktober 2017 im Alter von 88 Jahren in Berlin; die letzte Ruhe fand sie auf dem dortigen "Dorotheenstädtischen Friedhof" an der Seite ihres Mannes → Foto der Grabstelle bei knerger.de. Von 1968 bis zu dessen Tod am 8. Oktober 2001 war sie mit ihrem Kollegen Dietrich Körner1) verheiratet, ebenfalls Ensemblemitglied des "Deutschen Theaters", mit dem sie auch verschiedentlich vor der Kamera bzw. dem Mikrofon stand.


Lissy Tempelhof, fotografiert von Jeanne Degraa
Foto mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin → www.jeannedegraa.de
© Jeanne Degraa; Quelle: www.agenturmosblech.de
Quellen: "Lexikon der DDR-Stars"*), Wikipedia, filmportal.de, defa-stiftung.de
*) "Lexikon der DDR-Stars" von F.-B. Habel und Volker Wachter (Ausgabe 1999, S. 330/331)
Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) filmportal.de, 3) fernsehenderddr.de
    
Filme
Kinofilme / Fernsehen
Filmografie bei der Internet Movie Database sowie filmportal.de

(Fremde Links: Wikipedia, defa-stiftung.de, filmportal.de, fernsehenderddr.de,
fernsehserien.de, prisma.de, tittelbach.tv)
Kinofilme (bis 1990 DEFA-Produktionen) Fernsehen (Auszug)
Hörspielproduktionen (Auszug)
(Fremde Links: ARD-Hörspieldatenbank (mit Datum der Erstausstrahlung), Wikipedia (deutsch/englisch))
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