Juliette Gréco wurde am 7. Februar 1927 im französischen Montpellier1) geboren. Sie verlebte eine schwierigen Kindheit, ihren Vater, einen korsischen Polizeikommissar, lernte sie kaum kennen; von ihrer Mutter wurde sie nicht geliebt, wie sie in ihrer 1983 erschienenen Autobiografie "Jujube" ("Ich bin wie ich bin") schrieb. Zusammen mit ihrer älteren Schwester Charlotte wuchs sie zunächst in Bordeaux1) bei ihren Großeltern mütterlicherseits auf und ging in einem strengen Klosterkonvent zur Schule. Sie galt als scheues Kind, das sich am liebsten in sich selbst zurückzog. Ende 1933 besuchte die Mutter ihre Töchter in Bordeaux und zog kurze Zeit später mit ihnen nach Paris, wo sich das Leben der kleinen Juliette grundlegend veränderte. Nach der eher friedlichen Atmosphäre des Konvents wurde das Mädchen nun mit der glitzernden Welt der französischen Hauptstadt konfrontiert. Sie besuchte unter anderem eine Ballettschule, die Pariser Oper und begann dort auch schon mit Gesangsunterricht.
 

Juliette Gréco 1966
Rechteinhaber: Nationaal Archief (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 918-9740)
Urheber/Fotograf: Ron Kroon / Anefo; Quelle: Wikimedia Commons
Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data / CC BY-SA 3.0 NL

Juliette Gréco 1966; Rechteinhaber: Nationaal Archief  (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 918-9740); Urheber/Fotograf: Ron Kroon / Anefo; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data / CC BY-SA 3.0 NL
Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges waren die Grécos gezwungen, Paris zu verlassen und zogen in die Dordogne, wo sich Juliettes Mutter bald aktiv für den französischen Widerstand, die Résistance1), engagierte. 1943 wurde sie von der Gestapo1) in Haft genommen, Juliette und ihre Schwester flohen nach Paris, wo beide bald darauf ebenfalls im "Gefängnis Fresnes"1) arretiert wurden. Kurz darauf wurden Mutter und Schwester ins KZ Ravensbrück1) deportiert; Juliette Gréco, die grade erst 16 war, durfte in Frankreich bleiben.
Als sie aus dem Gefängnis entlassen wurde, kümmerte sich zunächst die ehemalige Lehrerin und Schauspielerin Hélène Duc (1917 – 2014) um das elternlose Mädchen und nahm sie bei sich zu Hause auf. Bis zum Ende des Krieges lebte Juliette Gréco in Paris, wo sie schon bald das intellektuelle Boheme-Leben im "Quartier Latin"1) sowie die aufregende Welt des Theaters entdeckte. Der idealistische Teenager begann sich auch für Politik zu interessieren, besuchte Treffen der jungen Kommunisten und führte ernsthafte Diskussionen mit Freunden in den verräucherten Cafes des "Quartier Latin". Ermutigt durch Hélène Duc nahm sie außerdem Schauspielunterricht und erhielt bald kleinere Rollen bei der "Comédie Française"1).
Juliette Grécos Mutter und Schwester kamen nach Kriegsende aus dem Gefangenenlager zurück und die Familie zog wieder in den Südwesten Frankreichs. Da die Mutter jedoch nach kurzer Zeit beschloss, in die französische Marine einzutreten, zogen die beiden Schwester Juliette und Charlotte erneut nach Paris. Juliette nahm bald ihren früheren Lebensstil im "Quartier Latin" wieder auf, traf sich mit Schriftstellern, Malern und Musikern der Szene und lernte so unter anderem auch Jean Paul Sartre1) (1905 – 1980) und Albert Camus1) (1913 – 1956) kennen. Sie lebte in einem kleinen Hotelzimmer und hielt sich mit verschiedensten Gelegenheitsjobs über Wasser. Mit ihrer rebellischen Charaktere sowie ihrem bohémien-haften Aussehen wurde sie bald zu einer der Hauptfiguren der "Quartier Latin"-Szene und die Kontakte, die sie dort schloss, halfen ihr einige Theaterrollen sowie Auftritte beim Rundfunk zu erhalten.
Juliette Gréco 1947 wurde von ihr und anderen der Nachtclub "Le Tabou" in der Rue Dauphine im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain des Prés eröffnet, der für Juliette Gréco und ihre Freunde zum neuen Treffpunkt wurde. Der Schriftsteller Boris Vian1) (1920 – 1959) verkehrte dort regelmäßig, ebenso wie der berühmte Jean Cocteau1) (1889 – 1963) oder der legendäre Jazz-Trompeter Miles Davis1) (1926 – 1991), mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre hatte. Juliette Gréco sang dort Chansons, schon bald erschien ihr Bild auf zahlreichen Titelseiten und in diversen Artikeln wurde das neue Bohème-Leben im Nachkriegs-Paris dokumentiert. Ermutigt durch ihre Freunde und ihre enge Freundin, die Schriftstellerin Anne-Marie Cazalis (1920 – 1988), baute Juliette Greco ihre Karriere als Sängerin weiter aus. 1949 gab sie ihr Konzertdebüt im "Le Bœuf sur le Toit", einem weiteren legendären Treffpunkt der Existenzialisten1), in dem regelmäßig Musikveranstaltungen und Dichterlesungen stattfanden. Raymond Queneau1) (1903 – 1976) verfasste für diesen Auftritt das außergewöhnliche "Si tu t'imagines", sie interpretierte "L'eternel féminin" von Jules Laforgue1) und Jacques Prévert1) (1900 – 1977) gab der Sängerin das zum Klassiker gewordene "Les feuilles mortes" – schon bald waren diese Titel weltbekannt. 1951 nahm sie die erste Single "Je suis comme je suis" auf und das Lied – der Text stammte von Jacques Prévert, die Musik von Joseph Kosma1) – wurde zu einem ein absoluter Klassiker in allen Gréco-Konzerten. Mit Liedern wie "Sous le ciel de Paris", "Ne me quitte pas" oder "Paris Canaille" begeisterte die Gréco fortan ihr Publikum.
 
Foto: © Rainer Binder
(Das Foto wurde mir freundlicherweise von dem Fotografen Rainer Binder zur Verfügung gestellt. 
Das Copyright liegt bei Rainer Binder; das Foto darf nicht für andere Zwecke verwendet werden.
Die Künstlerin gab in Folge zahlreiche Konzerte, die sie auch nach Brasilien und in die USA führten, wo sie unter anderem 1952 einen triumphalen Erfolg in der Show "April in Paris" feierte. Nach ihrer Rückkehr aus den Staaten machte sie eine ausgedehnte Tournee in Frankreich, trat 1954 im legendären Pariser "Olympia"1) auf und erntete Begeisterungsstürme. Stets stand sie auf der Bühne im schwarzen, hochgeschlossenen Kleid oder schwarzem Jackett und wurde deshalb – anspielend auf ihre Kleidung –  von vielen als "Schwarze Rose von St. Germain" bezeichnet.
1954 war auch privat für Juliette Gréco ein erinnerungswürdiges Jahr: Bei den Dreharbeiten zu dem von Jean-Pierre Melville1) in Szene gesetzten Film "Und keine blieb verschont"1) (1953, "Quand tu liras cette lettre") traf sie den Schauspieler Philippe Lemaire1) (1927 – 2004), den sie später heiratete. Die Ehe war nicht von langer Dauer, denn bereits 1956 ließ sich das Paar trotz der 1954 geborenen gemeinsamen Tochter Laurence-Marie wieder scheiden.
In den 1950er Jahren verlief die Karriere der Gréco zweigleisig, neben ihrer Arbeit als Chansonsängerin wirkte sie bei verschiedenen Filmproduktionen mit, arbeitete mit so berühmten Regisseuren wie Henry King1), John Huston1) oder Orson Welles und entwickelte sich zu einer bemerkenswerten Schauspielerin. So wirkte sie unter anderem "The Sun Also Rises"1) (1957, "Zwischen Madrid und Paris") und in "The Roots of Heaven"1) (1958, "Die Wurzeln des Himmels") sowie in Otto Premingers1) Sagan-Adaption "Bonjour Tristesse1) (1958) mit → Auszug Filmografie.

Die 1960er Jahre waren wieder verstärkt von ihrer Arbeit als Sängerin geprägt. Sie veröffentlichte so berühmte Chansons wie "Il n'y a plus d'après" (1960) oder "Jolie Môme" (1961) und trat mit überwältigendem Erfolg erneut im Pariser "Bobino"1) und "Olympia" auf.
Mitte der 1960er Jahre war sie eine der bekanntesten Gesichter des französischen Showbusiness, nicht zuletzt auch wegen ihrer Rolle in dem berühmten TV-Vierteiler "Belphégor, òu le fantôme du Louvre" (1965, "Belphégor oder das Geheimnis des Louvre"). Trotz brillanter Karriere und internationaler Anerkennung fiel der Star privat in eine tiefe Depression, die Mitte 1965 in einem Selbstmordversuch gipfelte. Doch schon bald erholte sich die Künstlerin, hatte 1966 die Krise überwunden und ehelichte ihren Schauspielerkollegen Michel Piccoli (1925 – 2020); mit ihm war sie bis 1977 verheiratet.
Juliette Gréco im Oktober 2006; Urheber: Victor Diaz Lamich; Foto bei Wikipedia bzw. Wikimedia Commons veröffentlicht mit Genehmigung des Fotografen; Lizenz: CC-by-SA 3.0

In den folgenden Jahre unternahm sie wieder zahlreiche Tourneen rund um den Globus, die sie unter anderem 1967 auch nach Berlin führten, wo sie vor 60.000 begeisterten Zuhörern sang; sie veröffentlichte erfolgreich zahlreiche Schallplatten-Alben, schränkte aber zeitweise ihre Bühnenauftritte ein. Nach mehrjähriger Bühnenabstinenz feierte sie 1991 in Paris ein umjubeltes Comeback. In den 1990er Jahren wurde ihre triumphale Rückkehr vor allem von dem Pianisten Gérard Jouannest1) gefördert – mit ihrem langjährigen musikalischen Begleiter hatte sie 1988 auch das Band der Ehe geknüpft. Nach einem Herzanfall, den sie im Mai 2001 erlitt, lebte die Künstlerin zurückgezogen auf einem Bauernhof in der Nähe von Paris und stand nur  noch ab und zu auf der Bühne. Seit 2004 nahm sie jedoch wieder vermehrt Auftritte im In- und Ausland war. In Deutschland trat sie unter anderem 2005 in der "Berliner Philharmonie"1) auf, zuletzt konnte man ihre Kunst am 14. April 2012 im "Theaterhaus Stuttgart"1) bewundern, begleitet von ihrem Ehemann Gérard Jouannest.
Ihr Album "Le temps d’une chanson" kam Ende 2006 auf den Markt, 2009 folgte das Album "Je me souviens de tout", Ende Januar 2012 "Ca se traverse et c’est beau", mit dem sich die "Chanson-Ikone" als Duett-Partnerin mit jüngeren Stars wie Marc Lavoine1) oder Melody Gardot1) präsentierte. Das Album "Gréco chante Brel" erschien 2013.
 
 
 
Foto: Juliette Gréco im Oktober 2006
Urheber: Victor Diaz Lamich (Link: französischsprachige Wikipedia)
Foto bei Wikipedia bzw. Wikimedia Commons veröffentlicht mit Genehmigung des Fotografen
Lizenz: CC-by-SA 3.0

Im Paris der Nachkriegsjahre galt Juliette Gréco als Muse der Existenzialisten, verkörperte die intellektuelle französische Nachkriegsgeneration und Jean-Paul Sartre oder Albert Camus schrieben viele ihrer Texte. Mit ihrer samtenen, tiefen Stimme sowie ihren Liedern prägte sie maßgeblich das französische Chanson und machte es rund um den Globus bekannt. Neben Edith Piaf zählt Juliette Gréco zu den wenigen "Grande Dames" des französischen Chansons. Die strenge gedeckte Kleidung und ihre meist schwermütigen Chansons blieben über Jahrzehnte ihr Markenzeichen. Die Künstlerin, die am 7. Februar 2012 ihren 85. Geburtstag feierte,war eine Frau, die mit ihrem emotionsgeladenem Gesang nicht nur Jean-Paul Sartre oder Albert Camus inspirierte, sondern mit ihrer ausdrucksstarken Stimme auch noch heute ihr Publikum begeistert.
 
Bereits 1982 hatte die Künstlerin ihre erste Autobiografie unter dem Titel "Jujube" vorgelegt, die ein Jahr später in Deutschland als "Ich bin, die ich bin" erschien. Im Februar 2012 veröffentlichte die legendäre "Muse der Existenzialisten"  weitere Erinnerungen, "Je suis faite comme ça" heißt das Buch, welches in deutscher Übersetzung seit 24. September 2012 als "So bin ich eben – Erinnerungen einer Unbezähmbaren" im Handel erhältlich ist. Im Rahmen des Hamburger "Harbour Front Literaturfestivals" stellte sie am 20. September 2012 ihre neueste Autobiografie erstmals in Deutschland vor, am 9. Oktober wurde sie im Stuttgarter "Literaturhaus" gefeiert, am 11. Oktober 2012 gehörte sie in Köln zu den Gästen der "lit.COLOGNE Spezial"1).

Juliette Gréco 2009 im Konzert anlässlich
der Eröffnung der "Wiener Festwochen"1)
Urheber: Manfred Werner / Tsui; Lizenz: CC BY-SA 3.0
Quelle: Wikimedia Commons

Juliette Gréco lebte zuletzt zurückgezogen und trat nicht mehr auf. Nun ist die markante, dunkle Stimme, die ihr Weltrum einbrachte, für immer verstummt. Die Künstlerin starb am 23. September 2020 im Alter von 93 Jahren in ihrem Haus in der südfranzösischen Gemeinde Ramatuelle1) an der Côte d'Azur1) im Kreise ihrer Familie. In Ramatuelle war bereits am 16. Mai 2018 ihr Ehemann Gérard Jouannest rund zwei Wochen nach seinem 85. Geburtstag gestorben. Die letzte Ruhe fand sie an der Seite ihres Ehemannes auf dem Pariser "Cimetière du Montparnasse" → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Juliette Gréco 2009 im Konzert anlässlich der Eröffnung der "Wiener Festwochen"; Urheber: Manfred Werner / Tsui; Lizenz: CC BY-SA 3.0; uelle: Wikimedia Commons "Die Welt" titelte in einen Nachruf "Die schwarze Sonne von Paris ist erloschen". "Bis zum letzten Tag mit 93 Jahren verkörperte diese Legende vom Rive Gauche gerade in den beiden Nachkriegsdeutschlands das gute, das nonkonformistische, immer taktvolle Chanson-Gewissen." "Die Süddeutsche Zeitung" notierte unter anderem in einem Nachruf: "In ihren Liedern ging es leidenschaftlich und stürmisch zu." Sie habe mit ihrer dunklen Stimme die schönsten Lieder über Liebe und Leid ins Mikrofon gehaucht. Und hinterlässt der Nachwelt "Hunderte von Interpretationen", darunter Chansons von Jacques Brel und Vertonungen der Texte von Françoise Sagan1) und Albert Camus1). "Als Muse der Existenzialisten prägte sie eine ganze Generation", schrieb auch die F.A.Z. "Durch Jean-Paul Sartre1) wurde sie in die künstlerisch-intellektuelle Elite der damaligen Zeit eingeführt. So wie sie kleidete sich Gréco schwarz. Blasses Gesicht, schwarze Haare und schwarze Kleider. Diesem Stil blieb sie ihr ganzes Leben lang treu."
  
Juliette Gréco 2009 im Konzert anlässlich der Eröffnung der "Wiener Festwochen"1)
Urheber: Manfred Werner / Tsui; Lizenz: CC BY-SA 3.0; Quelle: Wikimedia Commons
  
Siehe auch Wikipedia, fembio.org
Fremde Links: 1) Wikipedia
      
Filme (Auszug)
Filmografie bei der Internet Movie Database
(Fremde Links: Wikipedia)
 
Juliette Gréco 1963
Rechteinhaber: Nationaal Archief  
(Den Haag, Rijksfotoarchief;
Bestandsnummer: 914-9574)
Urheber/Fotograf: Jack de Nijs / Anefo;
Datum: 21. März 1963
Quelle: Wikimedia Commons
Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data /
CC BY-SA 3.0 NL
Juliette Gréco 1963; Rechteinhaber: Nationaal Archief (Den Haag, Rijksfotoarchief; Bestandsnummer: 914-9574); Urheber/Fotograf: Jack de Nijs / Anefo; Datum: 21. März 1963; Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz: www.gahetna.nl/over-ons/open-data / CC BY-SA 3.0 NL
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