Die Österreichische Sopranistin Leonie Rysanek wurde am 14. November 1926 als Tochter eines Steinmetzes in Wien geboren, wo sie gemeinsam mit ihren fünf Geschwistern aufwuchs; die 1923 geborene Schwester Lotte Rysanek1) machte sich ebenfalls als Sopranistin einen Namen. Ihre Gesangsausbildung erhielt die junge Leonie zunächst an der "Wiener Akademie" von dem Kammersänger Alfred Jerger1) (1889 – 1976), der in den 1920er und 30er Jahren der führende Charakterbariton der "Wiener Staatsoper" gewesen war, später von ihrem ersten Mann, dem Heldenbariton Rudolf Grossmann (18901 – 1983). Mit 22 Jahren gab sie 1949 in Innsbruck als Agathe in Webers "Der Freischütz"1) ihr Debüt als Opernsängerin, erhielt dann ab 1950 für zwei Jahre ein Engagement an der Oper in Saarbrücken. 1951 gelang Leonie Rysanek bei der Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele der vielbeachtete Durchbruch als Wagner-Interpretin und wurde mit der Partie der Sieglinde in "Die Walküre"1) über Nacht berühmt – Wagner-Enkel Wieland Wagner1) (1918 – 1966) selbst hatte die Sängerin für die erste Bayreuther Nachkriegs-Inszenierung der "Walküre" ausgesucht. Mit Wieland Wagner verband Leonie Rysanek eine Beziehung, die aus Anziehung und Abstoßung gemischt war; trotz ihres Erfolgs wurde sie in den nächsten Jahren nicht mehr engagiert und kehrte erst 1958 wieder nach Bayreuth zurück.
 

Leonie Rysanek in der Oper "Oberon"1) von
Carl Maria von Weber1), 1955 an der "Städtischen Oper", Berlin
Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004263_002)
© SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek
Urheber: Abraham Pisarek1) (1901–1983); Datierung: 1955
Quelle: www.deutschefotothek.de; Genehmigung zur Veröffentlichung: 30.03.2017

Leonie Rysanek in der Oper "Oberon" von Carl Maria von Weber, 1955 an der "Städtischen Oper", Berlin; Quelle: Deutsche Fotothek, (file: df_pk_0004263_002); Copyright SLUB Dresden/Deutsche Fotothek/Abraham Pisarek; Urheber: Abraham Pisarek (1901–1983); Datierung: 1955; Quelle: www.deutschefotothek.de
Leonie Rysanek avancierte rasch zu einer viel gefragten Sopranistin, gab in den folgenden Jahren umjubelte Gastspiele an so bedeutenden Bühnen wie in München, Wien oder London; ab 1957 trat sie in San Francisco auf, zwei Jahre später begeisterte sie an der New Yorker "Metropolitan Opera". Ein weiterer Auftritt machte sie 1959 endgültig zum internationalen Opernstar: Sie sprang für die Primadonna Maria Callas an der "Met" in New York als "Lady Macbeth"1) (Verdi) ein und feierte an der Seite von Leonard Warren2) (1911 – 1960) einen sensationellen Erfolg.
Als Wagner-Interpretin schlechthin gestaltete Leonie Rysanek nicht nur in Bayreuth grandios die Elsa von Brabant in "Lohengrin"1), die Elisabeth in "Tannhäuser"1), die Senta in "Der fliegende Holländer"1) oder die Kundry in "Parsifal"1). Daneben machte sie sich als bedeutende Interpretin der Leonore in Beethovens "Fidelio"1), aber auch als große Verdi-Sängerin einen Namen: So brillierte sie beispielsweise als Amelia in "Ein Maskenball"1), als Elisabeth von Valois in "Don Carlos"1), als Desdemona in "Otello"1), als Lady Macbeth in "Macbeth"1) oder mit der Titelpartie in "Aida"1). Mit ihrer vokalen Darstellungskraft verlieh sie den Puccini-Heroinen wie der "Tosca"1) oder der "Turandot"1) moderne Leidenschaftlichkeit.
In Opern von Richard Strauss glänzte sie vor allem unangefochten als Kaiserin in "Die Frau ohne Schatten"1) – unter anderem 1972 an der Pariser Oper –, eine Partie, die untrennbar mit ihrem Namen verbunden bleibt. Sie sang hinreißend die Titelrollen in "Die ägyptische Helena"1), "Ariadne auf Naxos"1) und "Daphne"1), begeisterte sowohl als Chrysothemis, Klytämnestra als auch mit der Titelpartie in "Elektra"1), ebenso wie als Feldmarschallin Fürstin Werdenberg in "Der Rosenkavalier"1) oder machte in späteren Jahren als "Salome"1) Furore. In den letzten Jahren eroberte Leonie Rysanek das tschechische Fach und begeisterte vor allem als Küsterin in Janáčeks "Jenůfa"1) und in "Katja Kabanova"1).3) Während ihrer glanzvollen Karriere arbeitete Leonie Rysanek mit so berühmten Dirigenten wie Antal Dórati, Herbert von Karajan, Karl Böhm oder Ferenc Fricsay zusammen, hatte Gesangspartner von internationalem Ruf wie beispielsweise Dietrich Fischer-Dieskau2), Jon Vickers2), Tito Gobbi1), George London1) oder Leonard Warren2) an ihrer Seite.

1996 gab Leonie Rysanek bei den Salzburger Festspielen als Klytämnestra in "Elektra" nach fast 50 Jahren, mehr als 60 Partien und über 3.000 Vorstellungen ihren Abschied von der Opernbühne; wenige Monate zuvor war sie zur Präsidentin der "Wiener Festwochen" ernannt worden, im gleichen Jahr hatte sie sich mit der alten Gräfin in Tschaikowskis "Pique Dame"1) an der "Met" auch von ihrem amerikanischen Publikum verabschiedet.
Nur zwei Jahre später erlag die "ungekrönte Königin der Opernbühne" Leonie Rysanek am 7. März 1998 in Wien mit 70 Jahren den Folgen ihrer Knochenkrebserkrankung, die 1994 festgestellt worden war; sie hinterließ ihren zweiten Ehemann, den Journalisten und Musikwissenschaftler Ernst-Ludwig Gausmann. Am 17. März 1998 wurde die Operndiva unter großer Anteilnahme in ihrer Geburtstadt zu Grabe getragen; bei der feierlichen Beisetzung in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof  sang der Wiener Opernchor, ein Streichorchester spielte Werke von Bach, eine enge Freundin und Kollegin Leonie Rysyneks, Hildegard Behrens1) (1937 – 2009), sang Bachs "Bist du bei mir" → Foto der Grabstelle bei Wikimedia Commons.
 
Verschiedenste Auszeichnungen belegen die herausragende gesangliche Leistung der Sopranistin, die 1956 zur Bayerischen sowie Österreichischen Kammersängerin ernannte Leonie Rysanek war Ehrenmitglied der "Wiener Staatsoper" (1974), der New Yorker "Metropolitan Opera" (1984), der "San Francisco Opera" (1986) und der Oper von Marseille (1994). Sie war Trägerin des "Lotte Lehmann-Gedächtnisringes" (1979), des "Bundesverdienstkreuzes" (1988), des "Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse"1), des "Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich"1) (1996) und des "Ehrenringes der Stadt Wien"
1) (1986), seit 1991 Kommandeur des französischen "Ordre des Arts et des Lettres"1).
 

Siehe auch Wikipedia, www.deutsche-biographie.de, www.bayreuther-festspiele.de
Link: 1) Wikipedia, 2) Kurzportrait innerhalb dieser HP
Quelle:
3) Dusek, Peter, "Rysanek, Leonie", in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 311–312; Onlinefassung: www.deutsche-biographie.de
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