Eduard Zimmermann
Wohl kaum eine Fernsehsendung hat im Verlaufe der Jahrzehnte eine solche Popularität erlangt, wie die erste, realitätsnahe ZDF-Reihe "Aktenzeichen XY… ungelöst" mit dem "Erfinder" und anfänglichen Moderator sowie Produzenten Eduard Zimmermann. Von Laiendarstellern nachgespielt werden dem Zuschauer/den Zuschauerinnen seit 1967 ungelöste Verbrechen ins heimische Wohnzimmer gebracht, zu denen die Kriminalpolizei um Mithilfe und um sachdienliche Hinweise bittet. Dank dieser ungewöhnlichen Sendung konnten immerhin rund 40 Prozent der Verbrechen aufgeklärt werden, Eduard Zimmermann selbst handelte sich den liebevollen Spitznamen "Ganoven-Ede" ein. Die Idee zu diesem Format kam Zimmermann bei der Arbeit an seiner 1964 gestarteten Reihe "Vorsicht Falle!"1), in der er das TV-Publikum mit nachgespielten Szenen vor aktuellen Betrugsmaschen (Untertitel: "Nepper-Schlepper-Bauernfänger") warnte und daraufhin oft entsprechende Personenbeschreibungen und Informationen über Betrüger erhielt.
Als die "XY"-Sendung am 20. Oktober 1967 erstmals, noch in schwarz-weiß, im ZDF1) zur Ausstrahlung gelangte, ahnte wohl noch niemand, wie erfolgreich sie werden würde. Die Einschaltquoten waren enorm, bis zu zehn Millionen Zuschauer/-innen in Deutschland, später zwei in der Schweiz und vier in Österreich, saßen gebannt vor dem Fernseher, wenn Zimmermann in dem schlichten Studio seriös und ohne reißerische Worte die Fälle präsentierte, die spannend nachgestellten Verbrechensszenen sowie Fahndungsfotos über den Bildschirm flimmerten. Bereits 15 Minuten nach der ersten Sendung konnte ein Melkmaschinen-Vertreter dingfest gemacht werden, der Hunderte von Landwirten mit falschen Versprechungen reingelegt hatte. Doch auch die Aufklärungsrate bei Schwerstverbrechen konnte sich sehen lassen: Bereits in der 6. Sendung am 7. Juni 1968 wurde zum ersten Mal ein Mordfall mit Zuschauerhilfe geklärt, der Mord an Dr. Boll; zwölf Stunden nach der "XY"-Ausstrahlung wurde der bis dahin unbekannte Täter verhaftet. Während der Ära "Zimmermann" wurden 566 Menschen festgenommen, denen Mord zur Last gelegt wurden, ein internationaler Haftbefehl ist Bedingung, um den Fall im Fernsehen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unterstützt wurde Zimmermann seit Januar 1969 von dem Kollegen Thaddäus "Teddy" Podgorski1), ab 1971 von Peter Nidetzky1) beim "Österreichischen Rundfunk"1) (ORF) sowie Werner Vetterli1) (ab 1976 Konrad Toenz1)) beim "Schweizer Fernsehen"1) (SRF), die live zugeschaltet wurden.

Am 24. Oktober 1997 verabschiedete sich Eduard Zimmermann nach dreißig Jahren und 300 Auftritten von der Sendung; die Reihe wurde von dem Journalisten und Rechtsanwalt Butz Peters1) sowie Zimmermann-Adoptivtochter Sabine1) mit neuer Dekoration und neuer Titelmusik fortgeführt, seit dem 18. Januar 2002 tritt Rudi Cerne1) als Moderator auf. Im Klappentext des 1997 erschienenen Buches "Aktenzeichen XY. Die spektakulärsten Fälle des Eduard Zimmermann" kann man nachlesen: "Aktenzeichen XY" schrieb Fernsehgeschichte. Die Telefahndung feiert Jubiläum: aus diesem Anlaß präsentiert BSV die spektakulärsten Fälle des Eduard Zimmermann. Schon 1967 wurde Reality TV erfunden und seitdem ist Aktenzeichen XY eine Institution im deutschen Fernsehen: Authentische Kriminalfälle hautnah präsentiert und mit Hilfe der Zuschauer gelöst – das ist Eduard Zimmermann Erfolgsgeheimnis. Neben mysteriösen Verbrechen und spannenden Enthüllungen aus den rätselhaften XY-Akten erwarten den Leser auch die Geheimnisse der Tele-Fahnder.
  

Auch im Ausland adaptierte man das erfolgreiche deutsche "Format": 1984 startete die BBC nach dem "XY"-Vorbild die Sendung "Crimewatch UK", in den Niederlanden hieß sie "Opsporing Verzocht". 1986 ging in Israel "Crime Investigation" auf Sendung, ein Jahr später erwarb die US-Fernsehgesellschaft von Eduard Zimmermann die Ausstrahlungsrechte für eine Fahndungssendung in den USA und in Kanada. In Ungarn läuft seit 1992 "Az XY akta Megoldatlan".
Inzwische existieren mit "XY gelöst"1) (ab 2022) und "XY  history"1) (ab 2024) zwei Ableger des Dauerbrenners, die von Sven Voss1) moderiert werden.
 
Fremde Links: 1) Wikipedia

→ "Aktenzeichen XY" beim ZDF; siehe auch Wikipedia sowie www.wikixy.de
    

Ein paar Informationen zu dem Mann, der "Aktenzeichen XY… ungelöst" konzipierte und populär machte:

Eduard Zimmermann erblickte am 4. Februar 1929 als uneheliches Kind im Münchner "Klinikum Schwabing"1) das Licht der Welt und wuchs anfangs in der Siedlung "Alte Heide"1) auf. Seine Mutter war zum Zeitpunkt seiner Geburt erst 17 Jahre alt, die Kindheit des kleinen Jungen von etlichen Umzügen innerhalb Deutschlands geprägt, da seine Mutter als Kellnerin oft den Arbeitsplatz wechselte. Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs lebte er bei seinen Großeltern in Ottobrunn1) nahe München, nach Kriegsbeginn schickte ihn die Großeltern zu seiner Mutter nach Magdeburg1), wo diese inzwischen einen Hotelier geheiratet hatte; als Zehnjähriger arbeitete Zimmermann im elterlichen Hotel mit.
Nach dem Besuch der Volksschule begann er 1943 eine Lehre als Bauzeichner, absolvierte 1947 ein Praktikum als Vermessungstechniker und ging als solcher 1948 nach Schweden1). Dort wandte er sich dem Journalismus zu und wurde 1949 bei Recherchen für die Stockholmer, überregionale Tageszeitung "Dagens Nyheter"1) in der "Sowjetischen Besatzungszone"1) (SBZ) in Ostdeutschland festgenommen. Wegen angeblicher Spionage 1950 zu 25 Jahren Zwangsarbeit1) verurteilt, musste er vier davon in der berüchtigten DDR-"Justizvollzugsanstalt Bautzen"1) verbüßen. Am 17. Januar 1954 wurde er im Rahmen einer Amnestie frühzeitig entlassen bzw. in die Bundesrepublik abgeschoben; während dieser Zeit entstand auch der Roman mit autobiografischen Zügen "Robert kehrt zurück".
  
Wieder in Freiheit, setzte Zimmermann seine Laufbahn als freier Journalist für verschiedene Hamburger Zeitungen fort, bevor er 1959 Redakteur beim "Norddeutschen Rundfunk"1) (NDR) wurde. 1962 kam Zimmermann dann zum "Zweiten Deutschen Fernsehen"1) (ZDF) und realisierte dort ab 1967 die Sendung "Aktenzeichen XY… ungelöst".
Eine weitere Sendung von und mit Eduard Zimmermann, "Vorsicht Falle!"1) mit dem Untertitel "Nepper, Schlepper, Bauernfänger", wurde seit 1964 ebenfalls Jahre lang erfolgreich ausgestrahlt; letztmalig machte Adoptivtochter Sabine Zimmermann1) die Zuschauer/-innen im Frühjahr 2001 auf die Tricks der Betrüger und Diebe aufmerksam; seit Herbst 1997 moderierte sie das Format als Nachfolgerin ihres Vaters.
Auf seine Initiative hin gründete Eduard Zimmermann im Juni 1976 gemeinsam mit dem Nürnberger Oberstaatsanwalt Hans Sachs1) den gemeinnützigen Opferhilfsverein "Weißer Ring"1), der sich um das Schicksal von Verbrechensopfern kümmert und dessen 1. Vorsitzender Zimmermann 18 Jahre lang war. 1994 legte er den Vorsitz nieder, nachdem in mehreren Medien die Inanspruchnahme des "Weißen Rings" für seine Produktionsfirma "Securitel" in die Kritik geriet. Danach bekleidete er bis zum Jahre 2000 das Amt des Ehrenvorsitzenden → www.weisser-ring.de.
"In den 1990er Jahren verantwortete Zimmermann als Gesamtleiter und Berater das SAT.11)-Format "K – Verbrechen im Fadenkreuz"2). Die Serie führte zu äußerst kritischen Kommentaren. Bemängelt wurde insbesondere, dass Zimmermann seine ehrenamtliche Tätigkeit beim "Weißen Ring" mit seinen kommerziellen Interessen als Journalist untrennbar vermenge. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass das Format grundlegend auf dem Konzept des Reality-TV1) basiere und "das Thema Kriminalität in sensationslüsterner und voyeuristischer Weise" aufbereite." notiert Wikipedia.
Als Autor veröffentlichte er unter anderem das Buch "… der Ganoven Wunderland" (1966) und den Ratgeber "Gib dem Verbrechen keine Chance. Ein Leitfaden für mehr Sicherheit" (1989).
    
Für seine Leistungen hinsichtlich der Verbrechensbekämpfung wurde Eduard Zimmermann mehrfach ausgezeichnet: Anlässlich der 100. Sendung von "XY" verlieh ihm der damalige Bundespräsident Walter Scheel1) 1977 das "Bundesverdienstkreuz am Bande"1), Bundespräsident Richard von Weizsäcker überreichte ihm 1986 das "Bundesverdienstkreuz I. Klasse", 1998 folgte das "Große Bundesverdienstkreuz" für die Organisation "Weißer Ring". 1991 würdigte man Zimmermann mit dem "Bayerischen Verdienstorden"1), 1997 ehrte ihn der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber1) für sein Lebenswerk mit dem "Bayerischen Fernsehpreis"1) ("Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten"). Zu seinen weiteren Auszeichnungen zählten unter anderem am 12. Januar 1966 die "Goldene Kamera"1) (1966) in der Kategorie "Beste Moderation" für "Vorsicht Falle!" und am 24. Februar 1967 der "Adolf-Grimme-Preis mit Bronze"1) für das Drehbuch zu "Vorsicht Falle!". Außerdem war er "Sheriff h.c." der "International Police Association"1) (IPA; Deutsche Sektion1)) und Träger der "Goldplakette der Deutschen Polizeigewerkschaft"1).
Anlässlich des 70. Geburtstages von Eduard Zimmermann im Februar 1999 gratulierte auch der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber dem Jubilar mit den Worten: Ihr Ehrentag ist mir willkommener Anlass, Ihnen meinen Respekt für Ihr positives Wirken zu bekunden. Als Autor und Produzent von "Aktenzeichen XY" und "Vorsicht, Falle!" haben Sie einen unschätzbaren Beitrag zur Bekämpfung der Kriminalität und zur Verbrechensvorbeugung in unserem Land geleistet. Es war und ist Ihnen bei Ihrer Arbeit wichtig, die Situation des Opfers deutlich zu machen, das bei der kriminalistischen Beschäftigung mit dem Täter nur allzu leicht in den Hintergrund gerät. Eine besondere Würdigung verdient daher auch Ihr Engagement für eine bessere Unterstützung von Verbrechensopfern im Rahmen des von Ihnen begründeten "Weißen Rings". Für Menschen, die durch ein Verbrechen in schwere finanzielle, körperliche oder seelische Not geraten sind, ist diese vorbildhafte Hilfsorganisation mit Hunderten von ehrenamtlichen Mitarbeitern oft von existentieller Bedeutung. Ich danke Ihnen für Ihren herausragenden Einsatz zum allgemeinen Wohl.

Auch nach dem Ende seiner Fernsehkarriere blieb Zimmermann in Sachen Verbrechensbekämpfung aktiv, 2001 gründete er in Zusammenarbeit mit dem ZDF  im Internet das Sicherheitsportal "e110", im Internet, welches das Bundesinnenministerium als "wichtigen Beitrag" zur Verbrechensbekämpfung und -vorbeugung bezeichnete: Per Mausklick kann man sich auf www.e110.de über Kriminalität, Sicherheit und Prävention im Web informieren. Hier findet man Tipps, wie man sich vor Einbrechern schützen kann; außerdem warnt(e) Zimmermann, ähnlich wie bei seiner früheren Sendung "Vorsicht, Falle!", vor Betrügern, die unseriöse Nebenjobs anbieten. Kriminalitätsopfer erhalten Auskunft über ihre Rechte, aber auch Themen wie Mobbing und Gewalt in der Schule, Ganoven im Urlaub und Partnervermittlung im Internet werden behandelt.
Noch wenige Jahre vor seinem Tod veröffentlichte er Ende September 2005 Münchner "riva Verlag"1) in Zusammenarbeit mit Stephanie Villiger das Buch "Auch ich war ein Gauner" mit dem Untertitel "Die außergewöhnliche Autobiographie von "Ganoven-Ede"", in der er unter anderem auch seine Vergangenheit als Straftäter thematisiert: Im Nachkriegsdeutschland schlug sich Zimmermann zunächst in Hamburg als Zeltarbeiter im "Tierpark Hagenbeck"1), als Garderobier von Willy Fritsch, später als Dieb und Schwarzmarkthändler durch, wurde festgenommen und in die "JVA Fuhlsbüttel"1) gebracht, aus der er schon tags darauf entlassen wurde. (Quelle: Wikipedia)
     
Eduard Zimmermann starb am 19. September 2009 im Alter von 80 Jahren nach längerem Leiden im Münchener1) "Christophorus-Hospiz" an den Folgen seiner Demenz-Erkrankung: die letzte Ruhe fand er in einem Familiengrab auf dem Münchener "Nordfriedhof"1) an der Seite seiner 2008 verstorbenen Ehefrau (Grabnummer: 94–11 13) → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
Der damalige ZDF-Intendant Markus Schächter1) würdigte den Journalisten und Moderator als einen Pionier des Realitätsfernsehens in Deutschland und sagte unter anderem: "Zimmermann hat die Möglichkeiten des Fernsehens für die Verbrechensbekämpfung früh erkannt und konsequent eingesetzt. Dabei hat er seine Werteorientierung zum Maßstab seiner Arbeit gemacht. Er suchte stets nach der Wahrheit, war ein Verfechter der umsichtigen und sorgfältigen Recherche. Dabei ging es ihm nicht allein um die Bekämpfung der Kriminalität. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Opfer von Verbrechen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wurden."3)

Seit 1960 war Zimmermann mit Ehefrau Rosmarie (1921 – 2008) verheiratet, welche die von Zimmermann adoptierten Töchter Heike und Sabine mit in die Ehe brachte; das Paar lebte seit 1997 im Schweizerischen Leukerbad1) (Kanton Wallis1)). Nach dem Tod seiner Ehefrau zog Zimmermann wieder nach München. Die am 22. Juli 1951 geborene Adoptivtochter Sabine Zimmermann1) co-moderierte von 1987 bis 2001 die Sendung "Aktenzeichen XY", präsentierte zwischen 1997 und 2001 die Sendung "Vorsicht Falle! – Nepper, Schlepper, Bauernfänger". Sie starb am 1. Mai 2020 im Alter von 68 Jahren nach "kurzer, schwerer Krankheit" ebenfalls im Münchener "Christophorus-Hospiz" und wurde an der Seite ihrer Eltern auf dem Münchener "Nordfriedhof" beigesetzt → Foto der Grabstelle bei knerger.de.
 
Von der Dokumentarfilmerin und Autorin Regina Schilling1) entstand die ZDF-Doku "Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann"4), welche am 10. August 2023 erstmals ausgestrahlt wurde. "Nach ihrem Film "Kulenkampffs Schuhe"1) (2018), in dem sie das Unterhaltungsfernsehen der Nachkriegsära analysierte, lässt die Regisseurin ein weiteres Mal Bild- und Lebenswelten des TV von damals aufleben. In der Rückschau transportieren sie Werte und Weltbilder ihrer Zeit – über Kriminalistik und Technik, Beruf und Familie, Frauen und Männer, Medien und Minderheiten, Täter und Opfer wie Homosexuelle, Mädchen, Prostituierte." kann man bei presseportal.zdf.de lesen → siehe auch www.ndr.de.

Siehe auch Wikipedia sowie die Nachrufe bei www.faz.net und www.sueddeutsche.de

Fremde Links: 1) Wikipedia, 2) fernsehserien.de, 4) filmdienst.de
Quelle: 3) www.heute.de (Seite nicht mehr abrufbar)

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