Sarah Bernhardt wurde am 22. Oktober 1844 als Marie
Henriette Rosine Bernardt und uneheliche Tochter der Niederländerin Judith van Hardin
in der französischen Hauptstadt Paris geboren. Mit acht Jahren kam die
kleine Sarah in ein Mädchenpensionat, zwei Jahre später auf Empfehlung des
aristokratischen Liebhabers ihrer Mutter, dem Duc Charles de Morny1) (1811 1865),
auf die renommierte Klosterschule Grandchamps in Versailles.
Dieser war es auch, der Sarahs Mutter vorschlug, die inzwischen Vierzehnjährige
Schauspielerin werden zu lassen und verschaffte ihr die Möglichkeit einer
Ausbildung in der berühmten "Comédie Française"1). Dort gab Sarah Bernhardt,
wie sie sich jetzt nannte, im August 1862 ihr Theaterdebüt mit der
Titelrolle in dem Stück "Iphigenie" von Racine.
Aufgrund von
Auseinandersetzungen mit einer jungen Schauspielerkollegin wurde Sarah Bernhardt
jedoch schon nach wenigen Monaten aus der "Comédie Française"
entlassen und spielte in der kommenden Zeit unbedeutende Rollen auf
Provinzbühnen. Eines dieser Engagements führte sie auch nach Brüssel, von
wo sie schwanger nach Paris zurückkam. Am 22. Dezember 1864 brachte sie ihr einziges Kind,
Sohn Maurice, zur Welt; Vater war der belgische Fürst Henri de Ligne, der auf
Druck seiner adligen Familie von Heiratsabsichten Abstand
nahm.
Sarah Bernhardt 1860, fotografiert von
Gaspard-Félix Tournachon1),
Pseudonym Nadar (1820 1910)
Quelle: Wikimedia
Commons; Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier
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Vier Jahre später schaffte Sarah Bernhardt 1868 mit ihrer Rolle
in "Kean" von Alexandre Dumas dem Älteren im "Odéon",
einem Theater in der Nähe des Jardin du Luxembourg, den
Durchbruch als Schauspielerin und wurde zur wohl berühmtesten
Theaterheroine des 19. Jahrhunderts. Ihre wunderschöne Stimme,
die Grazie ihrer Bewegungen und ihr feuriges Temperament ließen sie
auch über Frankreichs Grenzen hinweg zur "göttlichen"
Sarah Bernhardt werden. 1872 wurde sie wieder Mitglied der
"Comédie Française" und feierte mit der Hauptrolle in der
Tragödie "Phädra und Hippolyt" des französischen
Klassikers Jean Racine, als Königin in "Ruy Blas" und
als "Doña Sol in Hernani", zwei romantischen Dramen von
Victor Hugo, einen Triumph nach dem anderen.
Sie machte sowohl
die klassischen als auch modernen französischen Dramen bei
Gastspielreisen rund um den Globus bekannt und nach heutigen
Maßstäben war die Französin ein Kult-Star ihrer Zeit.
1879 gastierte sie mit ihrer eigenen Schauspieltruppe im Londoner "Gaiety Theater",
zwischen 1880 und 1881 führte sie eine Tournee durch Südfrankreich, Russland, Italien, Griechenland, Ungarn, die Schweiz,
Dänemark, Belgien und Holland sowie sogar in die USA. Auch in der neuen Welt
spielte sie in rund 50 Städten ihre wohl berühmteste Rolle: Die
"Kameliendame" von Alexandre Dumas dem Jüngeren. Nicht nur die
Großen der Welt wie beispielsweise die britische Königin Victoria oder der
russische Zar Alexander III. waren Bewunderer der grazilen Schauspielerin,
auch das "einfache" Volk begeisterte sie mit ihrer einmaligen
Darstellungskunst.
Sarah Bernhardt als Protagonistin in "Théodora", einem
Drama von Victorien Sardou1),
fotografiert von William Downey2)
(1829 1918; nach anderen Quellen gestorben 1915)
Quelle: Wikipedia
bzw. Wikimedia Commons
Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier
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Kurz vor ihrer Abreise nach St. Petersburg hatte Sarah Bernhardt den Attaché der griechischen Botschaft, Jacques Damala
kennen gelernt; am 4. April 1882 fand in London die Hochzeit statt. Sarah Bernhardt
eröffnete für ihren Mann in Paris ein eigenes Theater; doch schon wenige
Monate später kam es im Dezember 1882 zum Eklat: Jacques Damala trennte sich von
seiner Frau und hinterließ ihr ein bankrottes Theater hervorgerufen durch
seine Spielschulden sowie seine Morphiumsucht. Um den finanziellen Verlust
aufzufangen, ging Sarah Bernhardt auf eine ausgedehnte Europa-Tournee, in den Jahren 1886/87 und 1888/89 gab sie
erneut Gastspiele in Nordamerika, und zwischen 1891 und 1893 ging sie auf eine Welttournee.
Sehr bewundert wurde sie auch für ihre Darstellung von Männerrollen, wie 1899 der des "Hamlet"
in Shakespeares gleichnamiger Tragödie oder 1901 in der des Herzogs von Reichstadt
in "Der junge Adler", einem Stück über Napoleons Sohn, das Edmond Rostand ihr auf den Leib geschrieben hatte.
In ihrer Heimatstadt Paris leitete Sarah Bernhardt inzwischen mehrere Theater, in denen sie auch auftrat, u. a. das
"Théâtre des Nations", das von ihr selbst in "Théâtre Sarah Bernhardt" umbenannt wurde und noch heute so heißt.
Sarah Bernhardt als "Hamlet" (ca. 1885 1900)
Urheber: "Lafayette Studios", James Stack Lauder2) (Pseudonym
"James Lafayette", 1853 1923)
Quelle: Wikimedia Commons (Library of Congress Prints and Photographs Division Washington,
D.C. 20540 USA);
Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier
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Auch als sich die damals 71-jährige Französin 1915 ein Bein amputieren lassen musste,
gab sie die Schauspielerei nicht auf. Sie spielte für die französischen Fronttruppen während des 1. Weltkrieges
und stand bis zu ihrem Tod auf der Bühne.
In ihren letzten Lebensjahren wirkte Sarah Bernhardt, trotz ihrer Abneigung
gegenüber dem neuen Medium, auch vermehrt in verschiedenen Stummfilmen mit.
Am bekanntesten sind "La Tosca" (1909), "La Dame aux camélias"
aus dem Jahre 1911 sowie "Les Amours de la reine Élisabeth", den
sie 1912 in Großbritannien drehte. Erstmals hatte sie 1900 eine Rolle in dem
Stummfilm "Le Duel d'Hamlet" übernommen, dann aber erklärt, sie
hasse das Filmgeschäft. 1914 wurde "La divine Sarah", wie sie ihrem
Heimatland genannt wird, Mitglied der französischen Ehrenlegion.
Sarah Bernhardt galt als talentierte Bildhauerin und
Malerin und übersetzte auch viele Stücke, in denen sie auf der Bühne
gestanden hatte. Außerdem schrieb sie einige Romane, sowie ihre Biografie
"Ma double vie. Mémoires" (dt. Mein Doppelleben), welche 1907 erstmals veröffentlicht wurde.
Ihre Liebe zu wilden Tieren war allgemein bekannt, so soll sie in ihrer
Wohnung einen Löwen und sechs Chamäleons als Hausgenossen gehalten haben.
Die legendäre Künstlerin starb am am 26. März 1923 im
Alter von 78 Jahren in Paris,
ihre letzte Ruhe fand sie auf dem dortigen Friedhof "Père Lachaise"
→ Foto der Grabstelle bei Wikimedia
Commons.
1976 wurde das Leben der berühmtesten Schauspielerin aller Zeiten von
Richard Fleischer unter dem
Titel "The Incredible Sarah" mit Glenda Jackson in der Titelrolle
verfilmt.
Sarah Bernhardt um 1890, fotografiert von
Napoleon Sarony2) (1821 1896)
Quelle: Wikimedia Commons
Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier
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Sarah Bernhardt galt als eine exzentrische, oft überspannte und launische Frau
und hatte zahlreiche Liebhaber, darunter Charles Haas (von Marcel
Proust in seinem Roman Auf
der Suche nach der verlorenen Zeit geschildert), den Schauspieler
Mounet-Sully sowie den Maler und Illustrator Gustave Doré. Bernardt schuf sich durch ihre Exzentrik ein öffentliches Image:
Sie stieg in einer Montgolfière
auf in den Himmel über Frankreich und ließ Fotos verkaufen, auf denen zu
sehen ist, wie sie in einem Sarg liegt und ihre Rollen studiert oder schläft.
Ihre Wohnung beherbergte eine Menagerie
heimischer und exotischer Tiere. (
)
Sarah Bernhardt wurde gerühmt wegen ihrer schönen Stimme, der Anmut
ihrer Bewegungen und wegen ihres Temperaments. Sie vertrat in Vollendung
einen Theaterstil, der schon bald nach ihrer Zeit ebenfalls Vergangenheit war,
einen romantischen Stil überschwänglicher Deklamation und großer Gebärden. Verhalten
kritische Stimmen merkten an, ihre Erfolge hätten ihre Wurzeln mehr im Verstand, der
sich aller Mittel perfekter schauspielerischer Technik bediene, als in der Tiefe und Wahrheit
der Empfindung. Sie selbst äußerte sich über ihre Arbeit:
"Man hat mich oft gefragt, wie viele Stunden ich täglich arbeite. Aber ich erarbeite
mir eine Rolle nicht vollständig. Ich gehe mechanisch vor, lerne Wort für Wort auswendig,
drehe und wende die Textstellen, bis ich sie auch im schnellen Dialog absolut beherrsche.
Dann, wenn ich erst einmal meinen Text ganz genau kenne&+133;, mache ich mir keine Gedanken mehr darüber.
Alles, was ich an Schmerz, Leidenschaft oder Freude zeigen muss, ergibt sich im Ablauf des Stückes. (
) Man sollte
nach einer bestimmten Körperhaltung, nach der Art und Weise eines Ausrufs nicht suchen, keinesfalls! Man sollte sie auf der Bühne
finden
"3)
Sarah Bernhardt ca. 1864, fotografiert von
Gaspard-Félix Tournachon1),
Pseudonym Nadar (1820 1910)
Quelle: Wikimedia Commons; Lizenz zur Veröffentlichung siehe hier
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